Nach dem "Tusk-Putsch"

Die EU stellt Verfahren gegen Polen ein und gibt Gelder frei

Die EU-Kommission hat mitgeteilt, sie werde das Verfahren gegen Polen einstellen, weil "kein klares Risiko mehr für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit" bestehe. Diese Erklärung zeigt, was Recht und Gesetz und sogar Verfassungen in der EU noch wert sind: Rein gar nichts.

Die EU-Kommission will das seit sechs Jahren laufende Verfahren gegen Polen wegen angeblicher Verstöße gegen die Regeln der Rechtsstaatlichkeit einstellen. Es bestehe „kein klares Risiko mehr für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit“, erklärte die Kommission. „Der heutige Tag markiert den Beginn eines neuen Kapitels für Polen“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf X (vormals Twitter). Für Polen sei das ein „wichtiger Durchbruch“, schrieb von der Leyen und gratulierte der pro-europäischen Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk. Damit steht der Freigabe aller von der EU eingefrorenen Milliarden für Polen nichts mehr im Wege.

Ich habe im Januar in einem Artikel über den Regierungswechsel in Polen berichtet, den ich aufgrund der Verstöße der Regierung Tusk gegen polnische Gesetze und sogar die polnische Verfassung nur als „Tusk-Putsch“ bezeichnen kann. Als das polnische Verfassungsgericht die Methoden von Tusk als verfassungswidrig eingestuft hat, hat die Tusk-Regierung mit einem Kommuniqué reagiert, in dem es hieß, dass das Urteil der Verfassungsgerichts „keine rechtliche Bedeutung“ habe und das Gericht selbst „nicht unabhängig und unparteiisch“ sei. Mit anderen Worten: Gesetze und Verfassung interessieren die Tusk-Regierung nicht.

So funktioniert der Rechtsstaat nach Meinung des pro-europäischen Donald Tusk. Und diese Methoden haben die EU-Kommission nun dazu gebracht, Polen zu konstatieren, dass „kein klares Risiko mehr für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit“ bestehe.

Die EU-Kommission hätte nicht offener zeigen können, dass es bei dem Verfahren gegen Polen (und auch gegen Ungarn) nie um Probleme mit dem Rechtsstaat ging, sondern nur um politischen Gehorsam. Die alte polnische und die aktuelle ungarische Regierung legen sich vor allem bei den Themen LGBT und Massenmigration quer – und für diesen politischen Ungehorsam wurden sie von der EU-Kommission bestraft.

Aus dem aktuellen Anlass zitiere ich zur Erinnerung hier noch einmal meinen Artikel „Gleichschaltung der Medien – Der Tusk-Putsch in Polen“ vom 18. Januar 2024, in dem ich auf die Verstöße der damals neu eingesetzten Tusk-Regierung gegen polnische Gesetze und die polnische Verfassung hingewiesen habe.

Gleichschaltung der Medien – Der Tusk-Putsch in Polen

Der neu gewählte polnische Ministerpräsident Tusk hat in einer Hauruck-Aktion die staatlichen Medien gleichgeschaltet, was im Westen auf keinerlei Kritik stieß. Nun hat das Verfassungsgericht die Aktion für illegal erklärt.

Was in Polen nach der letzten Wahl vor sich geht, müsste jeden zum Lachen bringen, wenn es nicht so ernst wäre. Zuerst hat die unterlegene Regierung nicht von der Macht lassen wollen und die Machtübergabe durch Bildung einer neuen Regierung verzögert, obwohl sie keine Mehrheit im Parlament hatte. Als dann endlich die neue Tusk-Regierung ins Amt kam, hat diese sofort eine Gleichschaltung der Medien gestartet. Die staatlichen Medien wurden am 27. Dezember de facto geschlossen und sofort neu gegründet, wobei das Personal durch Tusk-treue Personen ausgetauscht wurde.

Ich war bekanntlich ein heftiger Kritiker der vorherigen, radial nationalistischen polnischen Regierung, die nun abgewählt wurde. Es liegt mir daher fern, sie in irgendeiner Form zu unterstützen.

Allerdings muss man sich an geltende Gesetze halten, Putsche sind keine Lösung, ansonsten versinken Länder und auch die internationale Politik im Chaos des Faustrechts, was derzeit ohnehin überall geschieht. Die neue polnische Regierung unter Donald Tusk hat ihre Regierungsarbeit jedoch sofort nicht nur mit einem Gesetzesbruch, sondern sogar mit einem Verfassungsbruch begonnen. Und das auch ganz bewusst.

Im Unterschied zur vorherigen Regierung steht Tusk für eine Brüssel-treue und Deutschland gegenüber eher freundliche Politik. Tusk ist ein Neoliberaler nach Brüsseler Vorstellungen, während die vorherige Regierung erzkonservativ war. Ansonsten sind sei sich, obwohl sie spinnefeind sind, darin einig, dass sie eine USA-treue und anti-russische Politik für Polen wollen.

Die Feindschaft zwischen den beiden politischen Lagern in Polen ist so groß, dass Tusk sofort radikale Maßnahmen ergriffen hat, wobei die radikalsten die staatlichen Medien betrafen, die Tusk in einer Hauruck-Aktion gleichgeschaltet hat, wobei er offensichtlich bewusst gegen geltendes Recht und die Verfassung verstoßen hat. Normalerweise sind das klassische Bestandteile eine Putsches, um es beim Namen zu nennen.

Wen interessieren schon Gesetze und Verfassung?

Aber westliche Medien haben das unterstützt, weil hier ja „der Richtige“ putscht. Der Spiegel titelte beispielsweise am 12. Januar „Donald Tusks schwieriger Weg zum Machtwechsel – Ist Polens Demokratie noch zu retten?“ und schrieb unter anderem:

„Tusks Mission geht dabei weit über einen normalen Regierungswechsel in einer EU-Demokratie hinaus: Er muss die Kontrolle über ein politisches System zurückgewinnen, das die Rechtspopulisten sich rigoros und widerrechtlich angeeignet haben. »PiS hat die Verfassungsordnung verwüstet. Die neue Regierung muss jetzt sauber machen«, fasst die Warschauer »Polityka« zusammen. In Polen ist derweil eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob die Demokratie mit den Mitteln des Rechtsstaats überhaupt noch zu retten ist.“

Eine „Demokratie“ mit ungesetzlichen Mitteln retten? Das klingt absurd und ist es auch, schließlich hat Tusk die Mehrheit im Parlament und kann Gesetze ändern und so alles, was er tun will, vollkommen legal tun. Dass die PiS sich das politische System „widerrechtlich angeeignet“ habe, ist eine Unterstellung, für die ich gerne konkrete Beispiele und Belege sehen würde. Die PiS hat Gesetze erlassen, die der neoliberalen Linie in der EU nicht gefallen, aber widerrechtlich dürfte das kaum gewesen sein. Dazu gleich mehr.

Die illegale Gleichschaltung der Medien

Der Spiegel schreibt über Tusks Gleichschaltung der polnischen Medien:

„Viel wichtiger aber dürfte aus Tusks Sicht der Kampf um die Kontrolle des öffentlichen Rundfunks sein. Den Fernsehsender TVP etwa hatten die Nationalkonservativen zu einem grotesk einseitigen Sprachrohr ihrer Regierung gemacht. Im Volksmund hieß er zuletzt häufig: »TVPiS«. Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz hatte dann unlängst unter Umgehung des Rundfunkrats die TVP-Führungsriege entmachtet und den Sender formal sogar in den Zustand der »Liquidation« befördert.“

Im Klartext: Der neue Kulturminister hat die gesetzlich vorgesehenen Regeln „umgangen“, also gebrochen, die Führung der Medien gefeuert, die Sender sogar de facto geschlossen („Liquidation“), um sie danach gleichgeschaltet neu zu eröffnen. Nun werden diese Medien kein „grotesk einseitiges Sprachrohr“ der alten Regierung mehr sein, sie sind nun zu einem „grotesk einseitigen Sprachrohr“ der Tusk-Regierung geworden. Aus „TVPiS“ wurde „TV-Tusk“.

Weiter schrieb der Spiegel:

„Juristisch sind viele der Umbaumaßnahmen knifflig, es ist nicht klar, ob Tusks Regierung etwa im Falle des Rundfunks immer nach den Buchstaben des Gesetzes gehandelt hat. Wojciech Sadurski, polnischer Juraprofessor an der Universität von Sydney, ist skeptisch“

Es war also klar, dass die Tusk-Regierung gegen bestehende Gesetze und die Verfassung verstößt. Daher war der Hinweis darauf, dass die alte Regierung sich das politische System „widerrechtlich angeeignet“ habe, so wichtig. Mit dieser nicht belegten Behauptung sollen die Rechtsbrüche der Tusk-Regierung gerechtfertigt werden, denn weiter schreibt der Spiegel über die Äußerungen des zitierten Professors:

„Die »konstitutionelle Ordnung« Polens sei »Beute von Barbaren« geworden. Sie hätten nicht nur ihre Parteigänger überall im System, sondern auch ein Gewirr neuer Vorschriften hinterlassen, das allein dem Zweck des Machterhalts diene, schreibt er. Ein derartiges System könne man nicht auskämmen und dabei die Buchstaben des Gesetzes an jeder Stelle berücksichtigen. »Wenn ein Pyromane das Haus niedergebrannt hat, müssen einige beschädigte Wände eben weggehauen werden.« Sonst könne das Haus, also die polnische Demokratie, auf Dauer Schaden nehmen.“

Diese Formulierungen erinnern mich, sorry, an die Machtübernahme von Hitler. Der hat die in seinem Auftrag vom Reichstag beschlossenen, aber de facto ungesetzlichen, Maßnahmen bei der Gleichschaltung des deutschen Staates 1933 ganz ähnlich begründet.

Die Tusk-Regierung ignoriert das Verfassungsgericht

Nun hat das polnische Verfassungsgericht, das daraufhin von Abgeordneten der PiS angerufen worden war, entschieden, dass die Maßnahmen gegen die Medien verfassungswidrig waren. Aber die angeblich so demokratische Tusk-Regierung, der der Rechtsstaat angeblich so wichtig ist, ignoriert das Urteil rundweg.

Das Kulturministerium reagierte auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts mit einem Kommuniqué, in dem es hieß, dass das Urteil „keine rechtliche Bedeutung“ habe und das Gericht selbst „nicht unabhängig und unparteiisch“ sei.

Mit anderen Worten: Wen interessieren schon Recht und Gesetz?

Der Grund für die Hektik

Der Spiegel schreibt in dem schon zitierten Artikel auch:

„Kaczyński ist in Panik. Im April sind Lokalwahlen – und er hat kein Sprachrohr mehr. Die Nachrichtensparte des Senders TVP allein erreichte mehr als 60 Prozent der Rentnerinnen und Rentner in Polen. Diese stellen die Stammwählerschaft der PiS.“

Der Grund, warum Tusk sich entschieden hat, Gesetze und Verfassung Polens zu ignorieren, dürfte in der anstehenden Wahl liegen. Auf legale Weise hätte er seine Änderungen kaum so schnell durchführen können. Nun aber haben die staatlichen Medien in ihrer neuen Rolle als „TV-Tusk“ vier Monate Zeit, die öffentliche Meinung in die von Tusk gewollte Richtung zu beeinflussen und die Vorgängerregierung mit reichlich Dreck zu bewerfen.

Der Spiegel schreibt weiter:

„Es ist unwahrscheinlich, dass die Polen die neue Erzählung von der »Tuskodiktatur« kaufen oder gar Kaczyński plötzlich als Streiter für Demokratie und Freiheit sehen, argumentiert die Breslauer Politologin Anna Pacześniak. Ohnehin hätten sie die PiS eher trotz des, aber sicher nicht für das »Herummeistern« an der Verfassung gewählt. Tusk hütet sich, die sozialen Versprechen seiner nationalkonservativen Vorgänger zurückzunehmen: Das Kindergeld wurde – wie von PiS geplant – auf 800 Złoty, umgerechnet rund 184 Euro, erhöht. Senioren dürfen sich auf eine 13. und 14. Monatsrente freuen.“

Die aufgrund der offenen Rechtsbrüche und Gleichschaltung der Medien nicht unbegründete „Erzählung von der »Tuskodiktatur«“ werden die meisten Polen kaum zu hören bekommen, wofür TV-Tusk schon sorgen wird.

Die EU finanziert die Machtübernahme

Tusk hat, als er vor einigen schon mal polnischer Regierungschef gewesen ist, neoliberale, also unsoziale, Reformen durchgeführt. Dass die PiS diese zurückgenommen und auf eine sozialere Politik gesetzt hat, dürfte einer der Gründe dafür sein, dass sie bei den Wahlen trotz allem die stärkste Kraft im polnischen Parlament geworden ist. Dass Tusk daher die sozialen Wohltaten seiner Vorgänger erst einmal nicht anrührt, ist verständlich. Und das Geld dafür hat er auch, wie wir im Spiegel erfahren:

„Die neue Regierung kann es sich leisten: Aus Brüssel dürften nach und nach noch bis zu 25 Milliarden Euro an Zuschüssen fließen. Dieses Geld war für den Wiederaufbau nach Corona gedacht. Doch die Kommission hatte es zurückgehalten – wegen der zahlreichen Verstöße gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit unter der PiS.“

Dass der Grund dafür, dass die EU die Gelder zurückgehalten hat, nicht die angeblichen „Verstöße gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit unter der PiS“ waren, ist allgemein bekannt. Der Grund war vielmehr, dass sich die PiS-Regierung gegen die LGBT-Agenda und vor allem gegen die EU-weite Verteilung von Flüchtlingen gestellt hat. Als das geschah, hat die EU-Kommission plötzlich über „Verstöße gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit“ gemeckert.

Tusk ist ein braver Umsetzer der Brüsseler Politik, schließlich war er selbst von 2014 bis 2019 Präsident des Europäischen Rates und damit einer derer, die die Brüsseler Politik gemacht haben. Die EU finanziert seine Machtübernahme nun und kritisiert mit keinem Wort, dass Tusk sogar Entscheidungen des Verfassungsgerichtes kurzerhand ignoriert.

So funktioniert die EU-Demokratie: Gesetze und Verfassungen sind nichts wert, es zählt einzig die Treue zur neoliberalen und transatlantischen politischen Linie.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

8 Antworten

  1. Die „eu“-Marionette Tusk in voller Mission – und was reguläre gerichtliche Entscheidungen und ihre „Interpretationen“ betrifft – sollte man doch mal den Begriff >Delegitimierung< neu in Anwendung bringen, doch diesmal fachgerecht, nicht artgerecht… 😝😝 – und zwar inzwischen wert-los-west-lich-weit!

  2. Also ich kann da nichts Schlimmes in Polen erkennen was Tusk angeht , unserem Bundesverfassungsgericht traue ich auch keinen Millimeter . 😀
    Ok , ich geb zu , es ist schlimm , fragt sich nur für welche Seite ? 😀
    Vielleicht gibt es in Polen ja auch Drehbücher ? 😀
    Womöglich stellt sich im Nachgang noch raus das Flintenuschi auch so ein Drehbuch hat , wobei mir diese Möglichkeit selber schwer fällt zu glauben , denn die Frau spielt die Rolle der Bösen wirklich gut .

  3. Man muss sich an geltende Gesetze handeln, Putsche sind keine Lösung…
    Lieber Thomas Röper, wenn Sie diesen Anspruch doch einmal auf die Geschichte Ihres Geburtslandes projizieren würden…

  4. Man muss sich an geltende Gesetze handeln, Putsche sind keine Lösung…
    Lieber Thomas Röper, wenn Sie diesen Anspruch doch einmal auf die Geschichte Ihres Geburtslandes projizieren würden…

  5. Ein weiterer Faktor dürfte sein, dass es Absprachen über die Verwendung der jetzt freigegebenen EU-Milliarden gegeben hat.
    Jede Wette, dass Tusk einen grossen Teil davon in von der Leyens Lieblingsprojekt – den auf dem ehemalig ukrainischen Gebiet ausgetragenen unprovozierten brutalen Angriffskrieg der NAziTO gegen Russland – steckt.

  6. Ich bin mir eingentlich ziemlich sicher, dass Tusk ein Kommunist ist/war. Finde aber keinen Beleg dafür. Ich hab direkt nach dem Putsch gesagt, dass Tusk Polen ins verderben führen wird.

    1. Wer weiß das schon wirklich ?
      Vielleicht ist Tusk an Informationen gelangt wie , „alle guten Dinge sind drei“?
      Bezogen auf Ihn könnte man diese drei Dinge mal näher erklärt haben .
      1. Militärgericht ?
      2. Verurteilung ?
      3. Hinrichtung ?

      Mit dem Hintergrund dürfte so Mancher schlagartig wieder freundlich werden !

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