Valdai-Club

Putin im O-Ton über das Ende des Dollars und eine BRICS-Währung

Der russische Präsident Putin hat sich am Donnerstag über drei Stunden den Fragen der internationalen Experten des Valdai-Clubs gestellt. Ich übersetze die interessantesten Antworten Putins und hier geht es um die Antwort, die Putin auf eine Frage zur Zukunft des US-Dollars und einer künftigen BRICS-Währung gegeben hat.

Ich kenne keinen Staatschef, der sich mehrmals pro Jahr die Zeit nimmt, sich auf wichtigen Konferenzen zu verschiedensten Themen über mehrere Stunden den Fragen der internationalen Experten und Journalisten zu stellen. Beim Valdai-Club geht es jedes Jahr um geopolitische Themen und ich werde hier die in meinen Augen interessantesten Antworten von Putin übersetzen.

Hier übersetze ich, wie Putin auf eine Frage über die Zukunft des Dollar und eine künftige BRICS-Währung gegeben hat.

Beginn der Übersetzung:

Wissen Sie, ich stütze meine Position auf das, was unsere Experten uns vorschlagen, und ich vertraue ihnen. Das sind natürlich internationale Experten. Und ich habe vorher über unseren Vorschlag gesprochen. Und wenn eine Idee entsteht, dann besteht meine Aufgabe darin, diese Ideen, diese Vorschläge im Land, in der Expertengemeinschaft, sowohl in der Regierung als auch in der Zentralbank voranzutreiben, sie irgendwie entsprechend zu formalisieren und, wenn verstanden wurde, worüber die wir sprechen, diese Ideen unseren Partnern vorzuschlagen.

Eine dieser Ideen habe ich Präsident Lula vorgeschlagen. Er fand das interessant, er hat unsere Experten in Brasilien empfangen und das auch auf einem sehr guten Niveau. Zu diesen Treffen hat er Vertreter der Zentralbank und des Finanzministeriums, im Grunde fast der gesamten Wirtschaft, eingeladen. Und unsere Kollegen und Freunde in Brasilien zeigten Interesse. Ich möchte jetzt zwei Worte zu dem sagen, worüber wir sprechen.

Dasselbe haben wir auch mit den anderen BRICS-Ländern gemacht. Ich habe mit fast allen Staatschefs, allen, hervorragende Gespräche geführt und allen haben diese Ideen insgesamt gefallen.

Worum geht es? Erstens: Was ist neu? Wir schlagen vor, eine neue Investitionsplattform zu schaffen, die elektronische Vermögenswerte nutzt und diese weiterentwickelt. Das heißt, es geht um die Schaffung einer elektronischen Zahlungsplattform, mit deren Hilfe in Schwellenmärkten investiert werden könnte, und das sind vor allem die Märkte Südasiens, Afrikas und teilweise Lateinamerikas.

Ich wiederhole es noch einmal: Warum denken wir so? Wir gehen davon aus, dass dort sehr starke demografische Prozesse stattfinden. Dort kommt es zu Bevölkerungswachstum und Kapitalakkumulation. Der Urbanisierungsgrad ist dort noch unzureichend und wird sicherlich noch zunehmen. Und wenn die Urbanisierung zunimmt und wächst, werden dort neue Zentren des Wirtschaftswachstums entstehen, und die Menschen dort werden danach streben, ihren Lebensstandard und ihr Wohlbefinden zu erhöhen, und daher werden ihnen auch die Regierungen folgen. Unserer Meinung nach werden sich diese Regionen der Welt am schnellsten entwickeln. China, Russland, Saudi-Arabien und einige andere Länder werden unserer Meinung nach ebenfalls wachsen, aber die Regionen der Welt, die ich gerade erwähnt habe, werden ein viel größeres und schnelleres Wachstum zeigen. Sie benötigen Investitionen, Technologie, Personal und Schulung. Mit neuen Investitionsmöglichkeiten und einer neuen Plattform glauben wir, dass das erreicht werden kann.

Darüber hinaus können wir diese Instrumente, elektronische Instrumente, praktisch inflationsfrei machen, denn wenn es einen Überschuss gibt, können wir ihn abziehen. Wenn es nicht genug gibt, können wir zusätzliche herausgeben und sie mithilfe der Kontrolle der Zentralbanken und der BRICS New Development Bank regulieren. Auch der Führung der BRICS New Development Bank hat diese Idee gefallen.

Hier gibt es unterschiedliche Sichtweisen und unterschiedliche Herangehensweisen. Insgesamt interessierten sich einige mehr für diese Ideen, andere weniger, aber wir haben uns darauf geeinigt, eine Arbeitsgruppe auf Expertenebene, auf Regierungsebene, einzurichten. Wir werden uns nun in der Regierung darum kümmern. Wir haben es nicht eilig.

Das ist keine Reaktion auf die heutigen Ereignisse, nein. Das ist nicht einmal eine Antwort, um Restriktionen im Finanzbereich irgendwie entgegenzuwirken. Jetzt sage ich dazu noch zusätzlich etwas. Nein, das ist nur eine Idee, wie wir die Arbeit in vielversprechenden und schnell wachsenden Märkten organisieren können. Das gilt nicht nur für die BRICS-Staaten, sondern auch für die Länder, die nicht Mitglied der BRICS sind. Das ist einfach eine Gelegenheit für uns, zu investieren, in diese Märkte einzutreten, und für sie ist das eine Gelegenheit, unsere Möglichkeiten zu nutzen.

Und wenn das nicht anders möglich ist, werden wir uns nur auf vielversprechende Projekte konzentrieren, die umgesetzt werden und eine Rendite bringen, dann kann dieser Mechanismus gestartet werden, unserer Meinung nach wird er funktionieren.

Heute führt auch die Verwendung nationaler Währungen zu Ergebnissen. Für Russland beispielsweise werden bereits zwei Drittel unseres Handelsumsatzes in Landeswährungen abgewickelt. 88 Prozent der BRICS-Staaten werden in Landeswährungen bedient.

Wir sprechen jetzt über den Einsatz elektronischer Instrumente für den Austausch von Finanzinformationen zwischen den Zentralbanken unserer Länder, das sogenannte System BRICS-Bridge. Wir haben mit allen unseren BRICS-Partnern auf Expertenebene diskutiert. Und das zweite System, das ebenfalls im Rahmen der BRICS liegt, wir haben über die Abwicklung an Wertpapierbörsen gesprochen. Heute scheint mir das optimal zu sein. Das ist es, woran wir arbeiten und woran wir in naher Zukunft arbeiten müssen.

Ich habe auf Expertenebene und in Journalistenkreisen oft gehört, dass wir über die Schaffung einer einheitlichen Währung nachdenken müssen. Aber es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Und solche Ziele haben wir nicht, denn um über eine Art gemeinsame Währung zu sprechen, ist eine stärkere Integration der Volkswirtschaften untereinander notwendig. Das ist das erste. Und zweitens muss die Qualität der Volkswirtschaften auf ein gewisses Niveau angehoben werden, damit sie in Qualität und Wirtschaftsstruktur sehr ähnlich und kompatibel sind. Alles andere wäre nur unrealistisch und vielleicht sogar schädlich. Darum haben wir es nicht eilig.

Ich möchte mit dem enden, womit ich normalerweise beginne, wenn ich Fragen dieser Art beantworte. Wir haben nicht versucht, den Dollar aufzugeben und streben auch nicht danach, das zu tun. Das tun die politischen und finanziellen Regierungen der USA oder Europas selbst, wenn sie Zahlungen in Euro verweigern. Der Euro hat sich noch nicht als Weltwährung etabliert, und sie begrenzen das mit ihren eigenen Händen selbst. Das Unsinn.

Was Europa betrifft, besteht das allgemeine Problem darin, dass Entscheidungen im Bereich der Wirtschaft von Politikern getroffen werden, die für diese Länder leider oft nicht einmal Experten auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft sind. Und das geht nur zum Nachteil dieser Länder. Deshalb lehnen wir in Russland jedenfalls den Dollar nicht ab, und das haben wir auch nicht. Uns wird einfach die Möglichkeit verwehrt, den Dollar als Zahlungsmittel zu nutzen. Das verweigern sie uns. Aber das ist meiner Meinung nach eine schreckliche Dummheit der US-Finanzregierung, denn die gesamte Macht der USA beruht heute darauf, auf dem Dollar. Sie nahmen das und scheiden das alles mit ihren eigenen Händen ab.

Und ich hätte gedacht, dass der Dollar, egal was passiert, wie eine heilige Kuh war, die man nicht anfassen durfte. Nein, sie haben sie mit ihren eigenen Händen genommen und ihr die Hörner abgeschlagen, sie haben ihren Euter nicht gewaschen, sondern ihn im Gegenteil bis zum letzten gemolken. Was ist das? Aber sie sind selbst Schuld. Die Zahlungen in Dollar gehen in der Welt noch nicht stark zurück, wie auch die Möglichkeiten der Geldanlage, sogar in ihren engsten Partnerländern gehen sie langsam zurück, sie werden kleiner, und das entwickelt sich bereits zu einem Trend. Sie machen das alles mit ihren eigenen Händen.

Aber wir kämpfen nicht, unsere Vorschläge zielen nicht darauf ab, den Dollar zu bekämpfen. Wir reagieren einfach auf die Herausforderungen der Zeit, auf neue Trends in der Entwicklung der Weltwirtschaft, wir denken über die Schaffung neuer Instrumente nach, und zunächst einmal ist natürlich das Aktuelle, wie ich schon zu Anfang sagte, die Schaffung eines Systems, die Nutzung bereits etablierter Systeme in jedem Land, der Austausch von Finanzinformationen, und wir werden die von mir angegebenen Instrumente entwickeln.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

10 Antworten

  1. Der Aspekt, dass der Westen dich mit den Sanktionen selbst das Wasser abgräbt – warum nur komme ich dabei bloß auf das Bild, wo jemand auf dem Ast eines Baumes sitzt, und diesen vor sich zum Stamm hin absägt?

  2. Es bräuchte ein System mit einer automatisch etablierten Referenzwährung, bei dem aber die Wechselkurse der angehörigen Nationen schwanken und sich anpassen können, ähnlich dem System mit dem alten ECU vor dem Euro-Unfug. Das erlaubte jedem Land seine eigene Währungspolitik zu bestimmen, d.h. die eigene Währung mehr oder weniger hart zu machen und mehr oder weniger Inflation zu provozieren.

  3. Die Weiterentwicklung der 3. Welt nach der Kolonialzeit und der ehemals kommunistischen Blöcke zu aufstrebenden Wirtschaftsnationen hat Fahrt aufgenommen.
    Der entwickelte Westen versucht dieser Entwicklung zu begegnen mit aggressiverem Schutz seiner Ressourcen und Schutz seiner Absatzmärkte.
    Diese Strategie des Westens kann auf die Dauer nicht funktionieren. Die Russen und Chinesen haben kapiert, dass die Wirtschaftswelt der Zukunft eine multilaterale sein wird, solange nicht Vernichtungskriege ganze Kontinente in die Steinzeit zurückwerfen.
    Die Restwelt fernab des Westens ist imstande auch ohne westliche Hilfe den wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt zu meistern. Der Westen muss sich entscheiden, ob er Teil der neuen multilateralen Welt werden will oder weiter auf Konfrontation und Ausgrenzung setzen will. Die Zeit der unipolaren Weltherrschaft ist jedenfalls vorbei.

    1. Die Russen und Chinesen waren Teil der zu kolonisierenden Welt. Der 2.WK war der Versuch des deutschen Kapitals sich ein eigenes „Indien“ zu zu legen. Deshalb sind Russland und China heute die treibenden Kräfte bei der Entkolonialisierung der Welt.

  4. Leider ist die Übersetzung in einigen wichtigen Punkten wieder mal äußerst BESCHEIDEN! SCHADE!
    Und ansonsten leider auch wenig konkret! Selbst der Sachkundige vermag allerhöchstens zu erahnen, was geplant ist!
    Es wird allerdings bestätigt, dass der Euro offensichtlich die richtige Richtung ist ABER eben FALSCH ADMINISTRIERT wird, was bereits schon seit Jahren insbesondere in
    http://fragen-der-freiheit.de diskutiert wird!
    Siehe auch daselbst die Fragen von
    – Umlaufsicherung
    – Verstetigung der Konjunktur
    – Geld ohne Mehrwert
    – Tauschgerechtigkeit
    – Geld als Wertmesser, Wertaufbewahrer, Tauschgegenstand und Strömungsgröße in einem globalen Zusammenhang…
    P

    1. „Es wird allerdings bestätigt, dass der Euro offensichtlich die richtige Richtung ist“

      Wie bitte ? Der € war mal zu der DM = 0,50cent Wert .
      Kurz darauf wurde aus 1DM = 1€
      Heute entspricht 1DM = 2€ Im Kauf-Wert
      Ein riesiger Beschiss, der für weitere Armut und konzentrierter Zerstörung der Mittelschicht und Arbeitsplätze sorgte.
      Reiche wurden reicher, Arme ärmer..

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