Wer politisiert denn?

Das russische Außenministerium über Vorwürfe aus dem Westen in Sachen Impfstoffe

Westliche Politiker werfen Russland das vor, was sie selbst tun: Russland soll das Thema Impfungen angeblich politisieren. Darauf hat das russische Außenministerium nun reagiert.

Vor einigen Tagen habe ich im Detail darüber geschrieben, wie der Westen das Thema Impfungen politisiert. Westliche Politiker sagen ganz offen, dass sie sich gegen den russischen Impfstoff stellen, weil sie der Meinung sind, dass Russland politisch davon profitieren könnte, wenn andere Länder seinen Impfstoff Sputnik-V benutzen. Die US-Regierung hat Staaten Mittel- und Südamerikas massiv unter Druck gesetzt, damit sie den russischen Impfstoff nicht bestellen. Gleichzeitig sind westliche Impfstoffe jedoch Mangelware, weil der Westen die Pharmakonzerne nicht zwingt, die Produktion in Lizenz zu erlauben. Meinen ausführlichen Artikel dazu finden Sie hier.

Der Grund für den Mangel an Impfstoffen ist banal: Wenn sie ihre Impfstoffe selbst produzieren, verdienen die Pharmakonzerne mehr Geld, als wenn sie gegen Gebühr eine Lizenz vergeben und auch andere Firmen und Laboratorien die Impfstoffe produzieren lassen. Im Ergebnis verzögert der Westen damit aus Profitgier die Produktion von Impfstoffen, was zu unnötig verlängerten Lockdowns mit allen wirtschaftlichen und sozialen Folgeschäden führt.

Gleichzeitig beschuldigt der Westen aber Russland, das bereit ist, andere Länder seinen Impfstoff in Lizenz produzieren zu lassen, das Thema Impfungen zu politisieren. Das ist der Klassiker der westlichen Politik: Man wirft dem anderen vor, was man selbst tut – und zwar sogar dann, wenn der andere nicht einmal tut, die Vorwürfe also schlicht gelogen sind.

Dafür hat Maria Sacharova, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, in einer offiziellen Erklärung, die ich übersetzt habe, sehr deutliche Worte gefunden.

Beginn der Übersetzung:

Mit Überaschung haben wir die Aussage von US-Außenminister Blinken gehört, dass Russland angeblich „das Vertrauen in sichere und wirksame Impfstoffe gegen das Coronavirus untergräbt“. Was hat Russland damit zu tun? Zeigen Sie zumindest Ihren eigenen Medien Fakten dazu. Was wir bei der Frage der Impfungen sehen, sind viele gegenseitige Vorwürfe der westlichen Partner gegeneinander und gegen die Aktivitäten ihrer eigenen Pharmaunternehmen. Russland mischt sich nicht ein in die Zeitpläne der Lieferungen, die Reihenfolge der Impfungen in westlichen Ländern, in die Lizenzierung westlicher Medikamente oder die Aussetzung ihrer Verwendung. Wir lesen von dem was geschieht auch nur in den westlichen Mainstream-Medien selbst.

Das ist umso lächerlicher als vor dem Hintergrund der konsequent entpolitisierten Haltung Russlands, offen mit allen Interessierten an der Lieferung von Impfstoffen zu arbeiten, gemeinsam deren Wirksamkeit zu untersuchen und die Produktion lokal in verschiedenen Regionen der Welt zu ermöglichen.

Wir haben auch die öffentlichen Äußerungen einiger Vertreter der Europäischen Kommission, darunter des für den Binnenmarkt zuständigen EU-Kommissars Breton, darüber gehört, dass es in der EU keinen Bedarf an dem russischen Sputnik-V gibt.

In diesem Zusammenhang müssen wir leider feststellen, dass die Europäische Kommission ihre anfängliche, merklich hinkende Linie der Zusammenarbeit ausschließlich mit westlichen Unternehmen fortsetzt: Verträge über die Lieferung von Impfstoffen werden nur mit Herstellern aus der EU, den Vereinigten Staaten und Großbritannien geschlossen.

Wir möchten daran erinnern, dass Sputnik-V bereits im August 2020 vom russischen Gesundheitsministerium registriert wurde. Doch selbst jetzt, da die Wirksamkeit und Sicherheit von Sputnik-V nicht mehr in Frage gestellt wird und während die weltweite Nachfrage nach diesem Impfstoff exponentiell wächst, auch aus den EU-Ländern selbst, bestreitet Herr Breton kategorisch den Bedarf der EU für den russische Impfstoff. Ist das etwa kein politisierter Ansatz?

Man möchte hoffen, dass diese Haltung gegenüber Sputnik-V und de facto gegenüber den eigenen Bürgern seitens der Europäischen Kommission das Tempo der Prüfung unseres Antrags auf Zulassung des russischen Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittel-Agentur nicht beeinflussen wird. Vor allem angesichts des Interesses vieler EU-Mitgliedstaaten an unserem Impfstoff und der Aussagen des Direktors des Europäischen Regionalbüros der WHO, dass es in Europa wirklich einen Bedarf für den russischen Impfstoff gibt.

Ende der Übersetzung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. So viel zum Thema „Schaden vom Deutschen Volk abwenden“.
    Das es immer noch Menschen gibt, die Vertrauen in die Deutsche Politik haben, liegt einfach daran, dass es kaum möglich ist gegen die Macht der Mainstream-Medien zu argumentieren.
    Ich sehe es täglich in meinem Bekanntenkreis, man findet die Politik gut, bescheinigt den Akteuren vernünftiges Krisenmanagement, die Maßnahmen sind zwar nicht toll, aber notwendig. Meistens sind das Leute die finanziell nicht schlecht gestellt sind, solider Mittelstand eben. Wenn man in der Situation ist, dass am Ende des Geldes nicht noch ein Haufen Monat übrig ist, ist das ja auch alles gar nicht so schlimm, klar kann man nicht ins Kino, oder den Biergarten usw.
    Sein Bierchen kann man aber auch ganz angenehm auf der Terrasse im eigenen Garten genießen. Dank Heimkino und 55 Zoll Flat-TV verliert die Pandemie ihren Schrecken. Ganz anders geht es hingegen den Prekär Beschäftigten, oder denen die ihren Job gleich ganz verloren haben. Die allein erziehende Mutter zweier Kinder in der kleinen Mietwohnung sieht das wohl etwas anders, aber da kann man halt nix machen, schon gar nicht drüber nachdenken. Das würde ja ein Mindestmaß an Empathie voraus setzen.
    Ein klein wenig erinnert mich dieses Verhalten an einen Film, ich glaube von Monty Python. Da saßen sie auf ihrer absaufenden Insel Atlantis und sangen bis zum Schluss: „Wir sinken nicht…“!
    Das große Erwachen wird auch für diese Menschen noch kommen, nämlich dann, wenn irgendwann die Rechnung aufgemacht wird…

  2. Ich habe aufgehört, andere, vor allem im eigenen privaten Umfeld, „erhellen“ zu wollen. Das sitzt bei denen sooo tief, daß selbst Fakten zwar gesehen aber trotzdem ignoriert werden. Wenn der Mainstream sagt, die Wand ist schwarz, dann ist sie schwarz, auch wenn ein Foto zeigt, daß sie rot ist, oder sie direkt davor stehen und es selbst sehen. Ab und zu ein „Echt jetzt?“, „Oho!“ oder so als Antwort ist alles und nach 2 Minuten wieder vergessen. Der entscheidende Moment für mich war, als die 2. Corona Welle (na endlich!) begann, und das Problem wieder auf das an die Grenzen kommende Gesundheitssystem mit den Intensivbetten abgestellt wurde. Auf der offiziellen Seite des RKI (!) ist festgehalten, daß es am 1. Mai 2020 insgesamt 32.044 Intensivbetten gab (von 1.262 gemeldeten Krankenhäusern). Am 15.12.2020 waren es noch 27.153 Intensivbetten (1.290 Klinikmeldungen). Die Frage, wo die 5.000 Intensivbetten geblieben sind, hat überrascht, aber das war letztlich nach einem Moment des Erstaunens wieder vorbei. Die Leute wollen die Wahrheiten nicht hören. Letztlich geht es nur nach dem Motto, wer nicht hören will muß fühlen. Das wird aber noch dauern. Unendlicher Gehorsam und Leidensfähigkeit sind den Deutschen in die Wiege gelegt. Ich versuche es jetzt nur noch mit kleinen Nadelstichen… Macht auch Spaß und ist nicht mehr so frustrierend!

    1. Dass lange Zeit soviele Intensivbetten gemeldet waren lag auch, daran dass es für die Kliniken massive finanzielle Anreize gab. Das wurde im September „korrigiert“. Dann konnte man schön die zusammen schrumpfenden Kapazitäten darstellen und die Personalnot in den Vordergrund stellen (die real ist und jahrelanges sparen und schlechte Bezahlung Grund haben).

      Reals ist aber auch dass, die reale Intensivbettenbelegung seit August weitgehend konstant ist, mit varieerenden Verhältnissen an C19.
      An den Statistiken der Helios Kliniken sieht man auch, dass die Klinikauslastung 2020 unterdurchschnittlich war. Obwohl 20 Krankenhäuser geschlossen wurden. Jetzt fehlt das Geld in den Krankenhäusern und noch mehr sollen schließen.
      Das ist alles so unendlich absurd.

      Ansonsten geht es mir wie Ihnen. Die Menschen wollen es nicht hören. Und wenn man doch mal jemand ins grübeln bekommt kriegt das Weltbild wieder Struktur wenn man weiß, dass der Feind der Russe ist. (erlebe ich genau so in meinem Umfeld.)

  3. Apropos Sputnik V . Gibt es Meldungen aus Russland bezüglich Todesfälle und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen aus Pressemitteilungen oder auch Informationen aus dem privaten Umfeld? In der EU soll es lt. Berichten angeblich schon rd. 3500 Todesfälle, auch unter mit Biontech, geimpften gegeben haben, was mit Blick auf den AstraZeneca-Skandal wohl tatsächlich stimmen könnte.

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