Das Ende des ukrainischen Gastransits und die Folgen für Transnistrien
Weitgehend unbemerkt spielt sich in Europa eine humanitäre Katastrophe ab, seit die Ukraine den Transit von russischem Gas zum 1. Januar beendet hat. In Transnistrien sind die Heizungen abgeschaltet und auch Strom gibt es nur noch stundenweise.
Das hat zwei Gründe: Einerseits hat Kiew den Transit von russischem Gas eingestellt und andererseits hat Moldawien die Bezahlung offener Gasrechnungen in Höhe von etwa 700 Millionen Dollar verweigert, sodass Gazprom Moldawien nicht mehr beliefert. Moldawien kauft sein Gas nun viel teurer in Europa ein und lässt Transnistrien am ausgestreckten Arm verhungern, oder besser gesagt, erfrieren.
Zankapfel Transnistrien
Transnistrien gehört völkerrechtlich zu Moldawien, aber als dort nach dem Zerfall der Sowjetunion Nationalisten die Macht übernahmen, hat sich Transnistrien, in dem vor allem Russen und Ukrainer leben, für unabhängig erklärt und es kam zu einem Krieg, denn russische Truppen beendet haben. Seitdem patrouillieren sie die Kontaktlinie gemeinsam mit moldawischen und transnistrischen Soldaten.
Es gab in den Jahrzehnten danach keine Zwischenfälle an der Grenze, die Kontaktlinie ist ruhig. Der Konflikt um Transistrien ist der ruhigste eingefrorene Konflikt der Welt, was aber nicht heißt, dass man ihn bei Bedarf nicht wieder anheizen könnte.
Die russischen Soldaten in Transnistrien sind dem Westen ein Dorn im Auge und die prowestliche Regierung Moldawiens möchte Transnistrien wieder in den moldawischen Staat eingliedern und hat die Kontakte zur abtrünnigen Republik auf ein Minimum heruntergefahren und den Druck erhöht. Der ungelöste Grenzkonflikt ist ein Hindernis auf dem Weg in EU und NATO, den die prowestliche Regierung Moldawiens mit aller Kraft eingeschlagen hat.
Nun scheint die moldawische Regierung ihre Chance zu sehen und macht keine ernsthaften Anstalten, Transnistrien zu helfen. Die moldawische Regierung hofft anscheinend darauf, dass Transnistrien unter der Energieblockade einknickt. Moldawien bietet Transistrien zwar an, es mit an den europäischen Börsen gekauftem Gas zu versorgen, aber diese Preise kann Transnistrien nicht bezahlen.
Hinzu kommt, dass es wohl nicht genug Pipeline-Kapazitäten gibt, um Moldawien und Transnistrien aus Europa mit ausreichend Gas zu versorgen. Die einzige Pipeline aus Rumänien nach Moldawien hat nur eine Kapazität von 1,5 Milliarden Kubikmetern pro Jahr, was nicht einmal die Hälfte des Gasbedarfs von Moldawien und Transnistrien deckt. Ohne den ukrainischen Gastransit ist das Problem kurzfristig nicht lösbar.
Moldawien verhindert humanitäre Hilfe
Am 15. Januar hat die russische Regierung verkündet, sie werde Gas gratis als humanitäre Hilfe nach Transnistrien schicken, aber die moldawische Regierung sperrt sich dagegen, das Gas durch Moldawien nach Transnistrien zu pumpen.
Moldawien schuldet Gazprom 700 Millionen Dollar für frühere Gaslieferungen, erkennt die Schulden aber nicht an, was dazu geführt hat, dass Gazprom Moldawien kein billiges Gas mehr über die TurkStream-Pipeline liefert. Die moldawische Regierung hat es daher abgelehnt, das Gratisgas über sein Land nach Transnistrien zu lassen. Präsidentin Sandu hat solche Lieferungen sogar als illegal bezeichnet.
Außer der ukrainischen Pipeline, die Kiew gesperrt hat, gibt es jedoch keine Möglichkeit, Gas nach Transnistrien zu pumpen, ohne dass das Gas durch Moldawien geht, weshalb unklar ist, wie Russland das liefern will. Die einzig in Frage kommende Pipeline hat, wie oben erwähnt erstens keine ausreichenden Kapazitäten und zweitens läuft sie aus Rumänien über Moldawien nach Transnistrien.
Der vom Westen geschürte Konflikt
Die Slowakei ist bekanntlich ebenfalls ein Opfer der ukrainischen Gasblockade. Andrej Danko, der stellvertretende Parlamentspräsident der Slowakei, hat in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS erklärt, dass dieser Konflikt um Transnistrien vom Westen bewusst geschürt wird. Auf die Frage, ob Transnistrien aufgrund der Einstellung des Gastransits durch die Ukraine zu einem neuen Spannungsherd werden könne, antwortete er:
„Der Westen schafft Konflikte und schafft politische Marionetten wie Selensky. Wenn ein Konflikt entsteht, bedeutet das, dass das ihre Taktik ist. Natürlich kommt es zu Konflikten, wenn die Energiepreise steigen und die Menschen nicht genug Geld haben. Dann wird es einfacher, die Menschen zu kontrollieren. Denn wenn die Menschen Angst haben, können sie nicht arbeiten.“
Daher sei es, so Danko, „nicht die Frage, ob es zu einem solchen Konflikt kommt, diese Konflikte laufen bereits“.
Die Strippen ziehen die USA
Die Aussage, dass es der Westen ist, der diesen und andere Konflikte schürt, wird dadurch bestätigt, dass ausgerechnet ein Vertreter der USA, deren Ziel es ist, die russischen Friedenstruppen aus Transnistrien zu vertreiben, am 15. Januar mitgeteilt hat, die Ukraine werde den Gastransit nicht wieder aufnehmen.
Geoffrey Pyatt, unter der Biden-Regierung stellvertretender US-Außenminister für Energieressourcen, ist in Europa dadurch bekannt geworden, dass er bei dem berühmten „Fuck-the-EU-Telefonat“ mit Victoria Nuland ihr Gesprächspartner war. Pyatt sagte am 15. Januar auf einem Seminar des Atlantic Council zu dem Thema des ukrainischen Gastransits:
„Präsident Selensky hat angemerkt, dass vor 25 Jahren 130 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr durch die Ukraine auf europäische Märkte gelangten, heute liegt diese Zahl bei Null. <…> Russland hat seinen traditionell wichtigsten Energiemarkt verloren und ich bin überzeugt, dass es dahin kein Zurück gibt.“
Zu den „außergewöhnlichen Veränderungen, die in den letzten Jahren im globalen Energiesystem stattgefunden haben“, zählte er „das Ende der Abhängigkeit Europas von russischer Energie, das dramatische Wachstum der amerikanischen Flüssiggasindustrie und die Steigerung der Ölförderung“. Und er fügte hinzu:
„Wir sind jetzt der größte Flüssigerdgas-Exporteur der Welt und bis zum Ende der Trump-Regierung werden wir unseren derzeitigen Energieüberfluss verdoppelt haben, was in der amerikanischen Geschichte beispiellos ist.“
Er erinnerte daran, dass die Slowakei, Ungarn und Österreich für die Aufrechterhaltung der russischen Gaslieferungen nach Europa seien, die USA jedoch die Weigerung der EU unterstützten, russische Energieträger zu nutzen. Washington, so Pyatt weiter, „unterstützt nachdrücklich das Ziel Brüssels“, sich bis 2027 von der russischen Energieversorgung zu lösen.
Sie sagen es ganz offen
Das war ausgesprochen ehrlich, denn Pyatt hat damit recht offen gesagt, dass es die USA sind, die den Kurs der europäischen Energiepolitik bestimmen, und nicht etwa Brüssel. Die USA wollten den europäischen Gasmarkt seit etwa 15 Jahren übernehmen, hatten mit ihrem teuren Flüssiggas aber keine Chance gegen das billige russische Gas.
Erst die Entscheidung der EU, möglichst kein russisches Pipelinegas mehr zu kaufen und stattdessen auf Flüssiggas umzusteigen, hat den europäischen Markt für das teure US-Gas geöffnet. Die USA profitieren davon in vielerlei Hinsicht. Erstens verkaufen sie ihr teureres Gas nach Europa, zweitens haben sie die EU damit in eine Abhängigkeit von amerikanischem Gas gebracht und damit politisch erpressbar gemacht, drittens führen die explodierten Energiepreise in Europa zu einer Abwanderung europäischer Industrien in die USA und viertens nutzen die USA die Energiekrise in Europa auch politisch, wie das Beispiels Transnistrien zeigt.
Wer nun bezweifelt, dass man Pyatts Aussagen so interpretieren kann, wie ich es tue, der sei an weitere Zitate von Pyatt erinnert.
Schon am 27. März 2024 erklärte Pyatt beispielsweise, dass die US-Regierung davon ausging, dass der Transitvertrag der Ukraine, der Ende 2024 tatsächlich ausgelaufen ist, nicht verlängert wird:
„Das ist besonders wichtig im Zusammenhang mit dem erwarteten Ende des Transits durch die Ukraine Ende dieses Jahres, wenn der Transitvertrag ausläuft. Es gibt Unterstützung für den ‚vertikalen Korridor‘, um Gas nicht-russischer Herkunft nach Mitteleuropa zu bringen, einschließlich zu Märkten wie Ungarn, Österreich und der Slowakei, die weiterhin von russischem Gas abhängig sind. Die Türkei kann hier also eine wichtige Rolle als Eintrittspunkt für Gas nicht-russischer Herkunft in diesen ‚vertikalen Korridor‘ spielen, der durch Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine führen würde, wobei die im westlichen Teil des Landes verfügbare Gasspeicherkapazität der Ukraine nutzen würde.“
Damit hat Jeffrey Pyatt offen gesagt, dass die USA das russische Gas aus TurkStream ebenfalls durch „Gas nicht-russischer Herkunft“ ersetzen wollen, das die Türkei in die Leitung nach Europa einspeisen soll.
Dazu habe ich damals geschrieben, dass es also niemanden verwundern sollte, wenn auch TurkStream eines Tages in die Luft gejagt wird, wobei die westlichen Medien – wie schon bei den Nord Streams – natürlich wieder keinerlei Fragen an die USA haben werden, die die Hauptprofiteure dieser Geschichte sind.
Und so ist es ja auch gekommen. Zum Beispiel am 15. Januar – interessanterweise der Tag, an dem Pyatt seine oben zitierte Aussage gemacht hat – hat die Ukraine neun mit Sprengstoff beladene Drohnen gestartet, die einen Abschnitt der TurkStream-Pipeline in Südrussland zum Ziel hatten.
Deutschen Medien wie dem Spiegel war das jedoch nicht einmal eine Meldung wert.
5 Antworten
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»Die moldawische Regierung freut das und sie scheint darauf zu hoffen, die abtrünnige Republik nun wieder einverleiben zu können, aber die Strippen ziehen wieder die USA.«
Und was ist mit Russland? Muss Russland ohnmächtig zuschauen wie die USA die Kontrolle über einen Staat nach dem anderen an sich reißt?
Es ist jetzt höchste Zeit, dass Russland und China ein Militärbündnis abschliessen.
Lawrow wird das Zitat zugeschrieben: Der Westen ist ein sterbendes Raubtier. Wenn wir es reizen, schlägt es wild um sich. Wir müssen es still zum Friedhof begleiten.
Transnistrien wurde im gleichen Jahr wie Moldawien ein selbständiger Staat. Wer M. anerkennt muß das auch mit T. tun.
Da Transnistrien bereits 2008 per Volksentscheid den Anschluß nach Russland wollte kann Russland T. gleich sofort offiziell angliedern. Es wird sowieso Zeit ganz Cherson, Nikolajew und Odessa zu befreien.
Man stelle sich ein equivalentes Szenario vor, bei dem statt russischer Truppen, US-amerikanische in so einer Lage wären. Tja, jeder wie er kann…
Tja – Transnistrien, Moldawien und Rumänien…..
Problem für Transnistrien – (noch!) gibt es keine direkte Landverbindung zu Russland, diese würde nämlich mit einem Schlage Unmengen an Problemen beseitigen…
Problem für Moldawien – die stehen unter dem Druck, Transnistrien zu okkupieren/annektieren, doch dazu brauchen sie Hilfe…
Diese hätten sie gerne von Rumänien, als Teil von Rumänien wären sie automatisch in der nato…
Problem für Rumänien – es braucht noch einen „Kopf“ – hier als Präsident gedacht, der genug zu nato und „eu“ steht – so wie bis dato dieser Iohannis, doch der ist out-of-order, auch wenn er noch ganz schnell und illegal einen Premierminister „vereidigt“ hat, der der gebrauchte sklave im Parlament ist…
Als Alternative im Präsidialamt stehet (selbstverschuldet!) nun eben KEIN williger sklave mit genug Eiern in der Hose zur Verfügung, der eben diese „Militärhilfe&Angliederung“ lostritt – es steht nur ein nato-und-„eu“-Skeptiker zur Verfügung, den zwar das Volk will – aber nicht die fremdherrschende Mafia in Brüssel/Washington/Jaffa – also ist da doch noch einiges an „Arbeit“ zu leisten – um endlich zu Potte zu kommen….
Doch ich denke, daß die „Schwierigkeiten“ in altbekannter Manier sowie mit neuesten Methoden in Angriff genommen und „beseitigt“ werden, scheiß auf das Volk – ist in einer „modernen demokratie“ doch völlig irrelevant…..
Es sei denn, Russland ist konsequent und schnell genug dieses Dilemma wie einen Gordischen Knoten aufzulösen…
Hab ich da noch was vergessen?
Doch bitte nur echte Fakten und keine ellenlangen Monologe und spam-Attacken….. 😝😇