Die Sicht der Anderen: Das russische Fernsehen über die CDU und die Wahl von AKK

Im wöchentlichen Nachrichtenüberblick des russischen Fernsehens war natürlich auch der Führungswechsel in der CDU ein Thema. Wie das russische Fernsehen den CDU-Parteitag sieht, habe ich hier übersetzt.
 
Beginn der Übersetzung:
 
517 gegen 482 Stimmen. 3,6% der Delegierten machten Annegrete Kramp-Karenbauer zur Führerin der Christlich-Demokratischen Union. Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der Stichwahl konnte sie die Emotionen nicht zurückhalten. In diesem Moment war eine weitere Person in der Halle, die auch einen persönlichen Sieg feiern konnte: Angela Merkel. Der Bundeskanzlerin war es jedoch unangenehm, in der Öffentlichkeit Freude zu zeigen, Kramp-Karenbauer nennt man „Mini-Merkel“, und weil es den Wunsch nach Veränderung gab, hätte zu große Freude einen negativen Eindruck machen können. Deshalb gratulierte sie der Nachfolgerin kurz und energisch zu dem schwierigen Sieg und überließ ihr das Podium.
 
„Andere Parteien sind neidisch, wenn sie eine solche Konkurrenz in der CDU sehen. Dieser Kampf war für uns ein Impuls, er war fair, aber er sollte heute nicht enden. Unser Aufschwung soll weitergehen, er soll verbunden sein mit dem Ziel, dass uns alle eint: diese große Volkspartei zu schützen“ sagte Kramp-Karenbauer.
 
Annegret Kramp-Karenbauer (AKK, wie sie in der Presse heißt) ist die ehemalige Ministerpräsidentin des kleinen Saarlandes an der Grenze zu Frankreich. Sie hat drei Kinder. Musik und Sport sind ihre Hobbys. Ihr ganzes Leben in der großen Politik passt in die Ära von Merkel, es waren auch genau 18 Jahre. Zu Beginn des Jahres holte die Kanzlerin AKK für die Position der CDU-Generalsekretärin aus der Region, mit dem Ziel, sie für den höchsten Parteiposten vorzubereiten. Die Rechnung ist einfach: Wenn es in Verbindung mit dem Rückgang der Umfragewerte und einer Reihe von Niederlagen bei Wahlen notwendig ist, die Macht mit jemandem zu teilen, dann wenigstens mit „meinem Mädchen“. Merkel hat das natürlich nicht laut gesagt.
 
„Es ist an der Zeit, eine Seite im Buch der Geschichte umzublättern. Ich bin mit einem einzigen Gefühl erfüllt: Dankbarkeit. Es war eine große Freude für mich und eine große Ehre. Vielen Dank“ sagte Merkel.
 
Ihre Chancen, bis zu den Bundestagswahlen 2021 im Kanzlersessel sitzen zu bleiben, sind jetzt deutlich gestiegen. Es war Rettung im letzten Moment: Die Katastrophe in Form von Friedrich Merz, der „Anti-Merkel“ genannt wurde, raste wie ein Schnellzug auf sie zu. Früher war er Chef der CDU-Fraktion im Bundestag, bis die Kanzlerin ihn 2009 aus der Politik ekelte.
 
Nun ist er ein Mann in einem teuren Anzug, der im eigenen Privatjet zum Parteitag kam. Ein Transatlantiker und Lobbyist, ein Top-Manager für den globalen Investmentfonds Black Rock, der der Meinung ist, dass die Steuererklärungen auf einen Bierdeckel passen sollten. Hinter ihm steht die Wirtschaft und der Bundestagspräsident, Wolfgang Schäuble. Sein eindrucksvolles Combeback beruhte auf der Kritik an dem Wohlfahrtsstaat, der auf Umverteilung und nicht auf die Produktion von Gütern fixiert war.
 
„Wir brauchen eine Agenda im Interesse der Arbeiter in unseren Fabriken, der Polizisten auf unseren Straßen, der Lehrer in unseren Schulen, der Ärzte und des medizinischen Personals in unseren Krankenhäusern, der privaten Unternehmer und der vielen Handwerker. Mit anderen Worten, im Interesse derjenigen, die nicht um Hilfe rufen sondern ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, die in ihrem Leben Erfolge erzielen, die sich an uns, die Vertreter des Staates, mit einer Bitte wenden: Lassen Sie uns in Ruhe arbeiten!“ sagte Friedrich Merz, als Kandidat für den Posten des Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union.
 
Alles wurde im letzten Moment entschieden, was es nie in der Geschichte der CDU gegeben hat, und 48% sind ein hervorragendes Ergebnis für jemanden, der erst im Oktober aus der politischen Versenkung herauskam, gegen den der Parteiapparat arbeitete, dessen Wählerschaft auch von einem dritten Kandidaten – dem Gesundheitsminister Jens Špan – umworben wurde, der in der ersten Runde aus dem Rennen flog: Ein offen schwuler als Parteichef ist immer noch zu extravagant für diese Partei, in deren Namen das Wort „Christlich“ steht. Konservative Werte, Familie, Wohlstand, Kampf gegen illegale Migration, Kampf gegen die Stärkung der Radikalen – bei Merz und Kramp-Karenbauer ist alles mehr oder weniger gleich. Für Russland wären beide schwierige Partner.
 
Der grundlegende Unterschied ist die Nähe zu Merkel. Merz‘ Sieg hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit den vorzeitigen Ruhestand für die Kanzlerin bedeutet.
 
„Die von Wahl Annegret Kramp-Karenbauer kann für kurze Zeit Ruhe in die CDU/CSU bringen, die nach den turbulenten Wochen erschöpft ist. Aber es ist kaum wahrscheinlich, dass die Ruhe lange anhält.“ schreibt die Süddeutsche Zeitung.
 
In der CDU gibt es eine Spaltung, aber die Regierungspartei Deutschlands hat sich dennoch entschieden, die Komfortzone vorerst nicht zu verlassen. Es hängt auch von AKK ab, die zeigen sollte, dass sie den alten Apparat ein wenig auffrischt, aber keine großen Änderungen durchführt.
 
Es war die richtige Entscheidung, sie ist diejenige, die die nach links und rechts abgewanderten Wähler zurückgewinnen kann, die zur Alternative für Deutschland und den Grünen gegangen sind. Mit der Wahl von Kramp-Karenbauer machte die Partei Angela Merkel ein wunderbares Geschenk, doch anders als den Dirigentenstock und den Korb mit Wein und Früchten, den sie von der Partei bekam, kann dieses Geschenk der Kanzlerin auch wieder weggenommen werden.
 
Die Opposition hat bereits begonnen, den Bürgern zu erklären, dass sich mit dem Führungswechsel in der CDU nichts geändert hat und dass es keinen Grund gibt, zur CDU zurückzukehren. 2019 stehen Wahlen in den östlichen Ländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen an, die für die Christdemokraten sehr problematisch werden können.
 
Die Merkel-Kramp-Karenbauer-Partei sollte dort gewinnen, sonst könnte sich in einem Jahr wieder die Frage nach der Parteiführung stellen, mit viel dramatischeren Konsequenzen für die aktuell stärkste deutsche Partei. So ein Merz oder irgendein anderer findet sich sicher.
 
Ende der Übersetzung
 
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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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