Erdgas und kein Ende

Wie in Russland über die neue Folge des Märchens der ukrainischen Hobbytaucher und über die Gaslage in der EU berichtet wird

Die politische Woche in Europa war voller spannender Themen, wie der Fortsetzung des Märchens über die Hobbytaucher, die die Nord Streams gesprengt haben sollen, oder andere kaputte Kabel in der Ostsee. Und natürlich kriselt die Wirtschaft in Europa und das Gas dürfte bald auch wieder teurer werden.

Ich übersetze jede Woche den Bericht, den der Deutschland-Korrespondent am Sonntag zum wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens beiträgt. Immer wieder erfahre ich dort Dinge über Deutschland oder Österreich, über die deutsche Medien nicht berichtet haben. Neben all dem Interessanten, was der Bericht diese Woche enthielt, gab es diese Woche auch eine Information über Österreich, die den westlichen Medien – wenn überhaupt – nur sehr kleine Meldungen wert waren. Vielleicht finden Sie das Detail in diesem russischen Bericht, den ich übersetzt habe. Wenn nicht, dann finden Sie es heute Nachmittag in einem gesonderten Artikel von mir.

Beginn der Übersetzung:

Was auf die nächste deutsche Regierung zukommt

Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur RIA Novosti, die sich auf Daten von Eurostat stützen, wurde Russland im September zum ersten Mal seit dem Frühjahr 2022 zum wichtigsten Gaslieferanten der EU. Europäische Unternehmen haben im September Gas aus Russland im Wert von 1,4 Milliarden Euro gekauft. Etwa 40 Prozent der Lieferungen entfielen auf Flüssiggas, 60 Prozent auf Pipelinegas.

An zweiter Stelle lag Algerien, das die Führung abgab. Das Volumen seiner Lieferungen betrug 1,1 Milliarden Euro. Die USA lagen mit 990 Millionen Euro ebenfalls unter den Top 3. Norwegen bleibt mit 975 Millionen Euro an vierter Stelle. Großbritannien schließt die Top 5 mit 429 Millionen Euro ab.

Unter diesen Umständen klingen die Worte von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen seltsam: „Wir bekommen immer noch viel LNG aus Russland, und warum sollten wir es nicht durch amerikanisches LNG ersetzen, das für uns billiger ist und die Energiepreise senkt?“

Das bedeutet, dass Europa jetzt zum eigenen Schaden Gas von Russland kauft? Das ist schwer vorstellbar. Aber Ursula von der Leyen ist gut darin, Blödsinn zu reden. Wie war das mit ihrer Aussage von vor zwei Jahren, Russland würde für seine Raketen Chips aus europäischen Küchengeräten nehmen? Und das alles sagte sie demonstrativ in den Farben der ukrainischen Flagge gekleidet.

Eine französische Journalistin, eine Mitbegründerin von Le Monde, hat auf Telegram sarkastisch ein Video aus dem Jahr 2022 veröffentlicht, in dem Ursula von der Leyen sagte: „Das russische Militär baut Chips aus Geschirrspülern und Kühlschränken aus, um ihre militärische Ausrüstung zu reparieren, denn sie haben keine Halbleiter mehr. Die russische Industrie stürzt ab.“

Nach dem Oreschnik-Angriff auf Juschmasch klingt das besonders tiefgründig. Und hier ist unsere Heldin Ursula, wie sie diese Woche in Brasilien über einen Zaun klettert – der Inbegriff von Gesetzestreue und Strenge.

Warum sollte man sich wundern, dass Europa gerade abstürzt, wenn es von solchen Leuten geführt wird?

Und was ist mit Macron, der Champion der Unbeliebtheit in seinem eigenen Land? Und mit Scholz, den die Deutschen nicht mögen? Und was ist mit einem Starmer in Großbritannien, dessen Beliebtheitswerte in den Keller stürzen? Woher soll Europa eine andere Politik bekommen?

Aus Europa berichtet unser Deutschland-Korrespondent.

Der kalte, düstere und windstille November hat das Thema der europäischen Gasversorgung wieder einmal ganz oben auf die Tagesordnung gebracht. Bereits in dieser Woche sind die Reserven in den unterirdischen Lagern auf unter 90 Prozent gesunken, die Preise sind gestiegen und haben die Marke von 520 Dollar pro tausend Kubikmeter überschritten. Im Wettbewerb um Flüssiggaslieferungen ist der europäische Markt in eine weitere Preisrallye mit Asien eingestiegen.

Bloomberg gibt eine düstere Prognose ab: „Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein großer Industriezweig Werksschließungen, Stellenabbau und Abschreibungen in Milliardenhöhe ankündigt. Auch die Haushalte werden die Auswirkungen zu spüren bekommen: Die Gas- und Strompreise werden steigen, was die Inflation anheizt. Versetzen Sie sich nun in die Lage des Vorstands eines weltweit tätigen energieintensiven Produktionsunternehmens. Wie lange würden Sie brauchen, um zu entscheiden, dass Europa nicht der beste Ort für zukünftige Investitionen ist?“

Laut Eurostat hat Russland bei den Gaslieferungen nach Europa wieder die Führung übernommen, und obwohl man sich sehr bemüht hat, sich von den russischen Lieferanten abzuschneiden, treibt die Angst, dass das tatsächlich passieren könnte, die Preise in die Höhe. In Brüssel wären sie froh, wenn sie irgendwo billigeres Gas finden würden, aber das gibt es nirgendwo: Europa und billig sind zwei miteinander unvereinbare Dinge, egal, wie man es misst.

Eric Mamer, der Sprecher der EU-Kommission, sagte: „Die Frage des Preises ist eine Frage, die man unterschiedlich betrachten kann. Man kann es in Dollar oder Euro ausdrücken, oder man kann es politisch ausdrücken. Und es ist ganz klar, dass eine weitere Abhängigkeit von russischen Energieimporten sehr kostspielig ist – politisch, strategisch und geopolitisch.“

Aber das ist allein ihre europäische Entscheidung. Vor einiger Zeit hat der österreichische Konzern OMV, ein langjähriger Partner von Gazprom, Gazprom vor einem europäischen Schiedsgericht auf 230 Millionen Euro verklagt, angeblich für Gas, das im Jahr 2022 geliefert werden sollte, aber nicht geliefert wurde. Der russische Konzern war mit der Entscheidung nicht einverstanden und stellte Ende letzter Woche die Gaslieferungen an Österreich ein, die der Käufer offensichtlich nicht bezahlen wollte.

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer schaltete die schwere Artillerie ein und verkündete: „Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen mitteilen, dass wir uns auf diese Entwicklung vorbereitet haben, dass die Republik Österreich nicht erpressbar ist, dass Sie, die österreichischen Konsumenten, nicht erpressbar sind. Das heißt, ich kann Ihnen versprechen, dass niemand in Österreich frieren wird, weil es an Gas mangelt. Und kein Haus in Österreich wird kalt sein.“

Die Chefin der EU-Kommission von der Leyen ließ es sich natürlich nicht nehmen, sich ebenfalls zu Wort zu melden: „Putin setzt Energie wieder als Waffe ein. Er versucht, Österreich und Europa zu erpressen, indem er die Gaslieferungen kürzt. Wir sind darauf und auf den Winter vorbereitet. Die Gasspeicher in der EU sind voll.“

Das Füllen der Gasspeicher wird ab Frühjahr gezählt. Die eigentliche Ironie ist jedoch, dass der wichtigste österreichische Umschlagplatz in Baumgarten nicht weniger Gas erhalten hat. Nun kauft es einfach die Slowakei und verkauft es dann an die Nachbarn weiter, was bedeutet, dass Nehammer nicht lügt, wenn er verspricht, dass niemand aus Gasmangel frieren wird, aber sie könnten aus Geldmangel frieren. Das Land steht vor einer 30-prozentigen Erhöhung der Wohnnebenkosten.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Umstand, der sich negativ auf das Wohlergehen der Verbraucher in ganz Mitteleuropa auswirken könnte. Am 31. Dezember läuft der Vertrag aus, auf dessen Grundlage Gazprom noch Gas durch die Ukraine liefert, etwa 42 Millionen Kubikmeter pro Tag. Und Kiew weigert sich, ihn zu verlängern.

In diesem Zusammenhang formuliert der slowakische Premierminister Fico eine sehr aktuelle Bitte an die EU-Kommission: „Wie wettbewerbsfähig können wir sein, wenn der Gaspreis in den USA ein Viertel und der Strompreis die Hälfte von dem in Europa beträgt? Also bitte, Frau Ursula von der Leyen und die gesamte EU-Kommission, bereiten Sie einen Vorschlag vor, der garantiert, dass Europa die gleichen Energiepreise wie die USA und andere Länder haben wird.“

Für Frau von der Leyen ist es ganz einfach. Sie tauscht russisches Flüssigerdgas gegen amerikanisches aus, und Europa hat mit einem Fingerschnippen alles gelöst. Von der Leyen ist es nicht gewohnt, über Details nachzudenken. Zum Beispiel über die Tatsache, dass die USA ihre LNG-Kapazitäten fast ausgeschöpft haben und ihre Beziehungen zu den Abnehmern oft in Form von langfristigen Verträgen eingehen, aber das ist eine Form der gegenseitigen Verpflichtung, die Brüssel im letzten Jahrzehnt verbannt hat.

Bloomberg schreibt: „Noch mehr Verwirrung. Die Idee macht keinen Sinn. Europäische Versorgungsunternehmen, die unter dem Druck stehen, die von Brüssel und den nationalen Regierungen auferlegten grünen Ziele zu erfüllen, werden sich wahrscheinlich nicht auf die von den amerikanischen LNG-Produzenten geforderten 15- bis 20-jährigen Verträge einlassen.“

Von der Leyens Idee wird für Europa nicht funktionieren, aber das bedeutet nicht, dass sie den USA nicht gefällt, weil sie Europa in Richtung einer vollständigen Ablehnung von russischem Gas bewegt, wie sie von der Regierung Biden und davor von Donald Trump vorangetrieben wurde.

In dieser Woche verhängte Washington Sanktionen gegen die Gazprombank, über die unfreundliche Länder ihre Lieferungen bezahlt haben, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Trump sie nach seinem Amtsantritt von der schwarzen Liste streichen wird. Der designierte Präsident wird Rick Grenell, den ehemaligen US-Botschafter in Deutschland, der dafür bekannt wurde, dass er Merkels Büro mit Sanktionsdrohungen und Forderungen nach einem Baustopp für Nord Stream 2 bombardierte, während er im Namen Trumps an Berliner Gay-Pride-Paraden teilnahm, zum Sondergesandten für die Ukraine ernennen.

Wegen der Explosionen der Gaspipelines scheint das Thema an Relevanz verloren zu haben, aber zum ersten Mal wurde bei Recherchen zu den Terroranschlägen ein anderer Stream erwähnt: Turkish Stream.

Valery Saluzhny sagte ukrainischen Soldaten, die in England ausgebildet werden, gerade: „Denken Sie daran, dass der Krieg jeden Tag brutaler wird. Er lässt fast keine Überlebenschance. Lernen Sie, keine Angst vor dem Tod zu haben, keine Angst zu haben, dem Feind in die Augen zu sehen.“

Der Name des ehemaligen ukrainischen Oberbefehlshabers Saluzhny, der jetzt ukrainischer Botschafter in London ist, tauchte in dieser Woche gleich zweimal auf: einmal bei seinem Besuch auf einem britischen Übungsplatz, wo er seine Landsleute auf den Tod vorbereitete, und das zweite Mal in einer weiteren Recherche des Magazins Spiegel, das die Fake-Version über ukrainische Taucher und die Yacht Andromeda weiterentwickelt, von der aus die Gaspipelines angeblich vermint wurden. Aus Saluzhny machen sie schon lange den Organisator dieser Terroranschläge, aber es kommt noch besser.

Der Spiegel schreibt, nach den Erzählungen einiger Beteiligter soll Saluzhny vorgeschlagen haben, das Schwarze Meer in Betracht zu ziehen. Auf dem Grund des Schwarzen Meeres verläuft eine weitere Pipeline mit russischem Gas und versorgt ein NATO-Land: „Turkish Stream“ verbindet Russland mit der Türkei.

Und weiter schreibt der Spiegel: „Die Kommandoführer sind begeistert, Saluzhny denkt offenbar noch größer als sie. Sie planen jetzt zwei simultane Operationen. Doch der Turkstream-Anschlag wird später scheitern.“

Warum und woran sie scheiterten, wird nicht gesagt. Das ist eine deutsche Medien typische Nichterzählung, aber das „Scheitern“ bedeutet ja nicht, dass die Idee grundsätzlich aufgegeben wurde. Nicht in Kiew natürlich, sondern in Washington. Erdogan ist aber nicht Scholz, er kann böse werden, aber das wird die Amerikaner wohl kaum aufhalten, wenn sie meinen, dass es sein muss.

Und den Europäern wird langsam beigebracht, dass die Sabotage aller möglichen maritimen Infrastrukturen vielleicht nicht normal, aber doch ein einfaches Zeichen der Zeit ist, eine der Möglichkeiten der hybriden Kriegsführung. Jedes Jahr werden in der Ostsee Dutzende von Fällen registriert, in denen verschiedene auf dem Meeresboden verlegte Kabel durch Schleppnetze und Anker zerrissen werden. Diese Woche wurden zwischen Deutschland und Finnland sowie zwischen Litauen und Schweden zwei Internetverbindungen gekappt.

Es ist absolut normal geworden, wenn nicht Russland zu beschuldigen, eben sich selbst zu betrügen. Franziska Brantner, die Parteichefin der Grünen, sagte: „Das ist ein weiteres Beispiel für Russlands hybride Kriegsführung. Wir haben noch nicht alle Beweise, die Ermittlungen laufen noch.“

Und der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius meinte: „Die Verteidigungssituation in Europa muss sich natürlich auf die Bedrohung durch Russland konzentrieren, nicht nur militärisch, sondern auch hybrid. Niemand glaubt, dass diese Kabel versehentlich gekappt wurden.“

So reiht sich die Zerstörung der Gaspipelines – der größte Terrorangriff auf zivile Infrastruktur, die Umwelt der Region und alle ihre Bewohner – allmählich in eine Reihe gewöhnlicher Unfälle ein, deren Täter man nicht suchen muss.

Und die Pipelines gehen nicht verloren, denn der amerikanische Milliardär Stephen Lynch hat Interesse am Kauf der drei zerstörten und dem überlebenden Strang der Nord Streams gezeigt. Er geht davon aus, dass er sie nach dem Konkurs des derzeitigen Betreibers zu einem Schnäppchenpreis erwerben kann, weil, wie er glaubt, dass andere potenzielle Käufer einfach Angst vor amerikanischen Sanktionen haben und so soll die baltische Gastransportinfrastruktur billig unter die Kontrolle des amerikanischen Kapitals kommen. Der Plan sieht immer noch wage aus, aber insgesamt spiegelt er die Meinung der Wirtschaft, einschließlich der europäischen Wirtschaft, wider, dass die Nord Streams ein zu großartiges Gut ist, um für immer vergessen zu werden.

Den polnischen Präsidenten Duda ärgert das offensichtlich, denn er erklärte: „Wahrscheinlich sucht Deutschland nach einer Möglichkeit, mit Russland zu verhandeln, um zu Energieverträgen mit Russland zurückzukehren, um Energieträger von Russland kaufen zu können. Was bedeutet das für uns? Das scheint ein Versuch zu sein, die Nord Stream-Pipeline wieder zurückzuholen.“

Die deutsche Wirtschaft denkt darüber nach, aber die politische deutsche Führung ist von solchen Überlegungen weit entfernt. Seit Ende 2021, als Nord Stream 2 vollständig betriebsbereit war, beugt sich die Regierung Scholz den Forderungen der EU-Kommission, die das bereits fertiggestellte Projekt mit zusätzlichen Genehmigungen und Gutachten überschwemmt hat.

Und nach dem Februar 2022 verhängte sie sofort Sanktionen gegen die Lieferung von Technik zum Transport von Gas. Und selbst als die Turbinen von Nord Stream 1 eine Generalüberholung inklusive Verschiffung nach Kanada benötigten, zeigte Scholz kein Interesse an Nord Stream 2, was aus von der Leyens vorgetäuschter Hysterie zu echter Panik führte, als Gas mehr als dreitausend Euro pro tausend Kubikmeter kostete, und dann zur schleichenden Deindustrialisierung Deutschlands führte.

Gerade verkündete Mercedes, man müsse „mehrere Milliarden Euro pro Jahr einsparen“. Das bedeutet Massenentlassungen. Bosch, der größte Zulieferer, wird wegen der sinkenden Nachfrage fast viertausend Mitarbeiter entlassen. Ford stellt seine Produktion in Europa ein, das ist ein weiteres Minus von viertausend Arbeitsplätzen, die meisten davon in Deutschland.

Wenn der Winter irgendwo heiß sein wird, dann an der Gewerkschaftsfront. Daniela Cavallo, Betriebsratsvorsitzende und Mitglied des Aufsichtsrats von Volkswagen, sagte auf einer Kundgebung: „Was Sie heute sehen, ist nur ein Aufwärmen für das, was ab Anfang Dezember passieren wird, wenn das Management unsere Vorschläge nicht ernst nimmt.“

Siebentausend VW-Beschäftigte marschierten zur Werkszentrale und forderten zehn Prozent mehr Lohn und eine Absage an die Schließung von drei Werken in Deutschland. Aber die Geschäftsleitung hat alles ausgerechnet: Die Löhne müssen um zehn Prozent gekürzt und die Werke geschlossen werden. Und es gibt keine Alternativen – den ganzen Konzern Deutschland erwarten harte Zeiten.

„Die Welt“ schreibt: „Die Ähnlichkeit zwischen Volkswagen und dem Zustand des Landes ist frappierend. Volkswagen braucht Reformen, genau wie die deutsche Wirtschaftspolitik: weniger Bürokratie, höhere Produktivität, modernere Technik. Das klingt harmlos, aber es bedeutet, dass jeder von uns etwas verlieren wird. Die fetten Jahre sind vorbei, und Merkels ruhige Zeit, in der alle gut gelebt haben, wird nicht wiederkommen.“

Merkel selbst ist diese Woche mit ihren Memoiren kurz ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zurückgekehrt. Wenn Deutschland eine ruhige, bequeme Ära zu Grabe trägt, wer ist dann würdiger, zum Abschied ein paar nette Worte darüber zu sagen?

Altbundeskanzlerin Angela Merkel sagte im Interview: „Ich bin bei meinen Entscheidungen geblieben. Ich sah es als eine meiner Aufgaben an, für billiges Gas für die deutsche Wirtschaft zu sorgen. Jetzt sehen wir die Folgen der hohen Energiepreise für unser Land. Ich hätte keine politische Mehrheit und schon gar kein Verständnis bei der Wirtschaft gehabt, kein Gas mehr aus Russland zu beziehen. Ich hielt das Nord Stream 2-Projekt für politisch sinnvoll.“

Die deutsche Industrie äußert immer noch ihr Unverständnis darüber, die Energiebeziehungen zu Russland zu kappen. Manchmal tut sie deutlich, aber meistens im Stillen. Sie geht einfach woanders hin.

Und Scholz, der damit beschäftigt ist, eine parteiinterne Revolte zu unterdrücken, um ihn als Kanzlerkandidaten durch den populäreren Boris Pistorius zu ersetzen, bleibt. Auch die Grünen, die bei der Verfolgung ihres klimaneutralen Kurses völlig die Realität verloren haben, bleiben. Und die CDU bleibt, Merkels Partei, die jetzt von Friedrich Merz geführt wird, den sie auf jede erdenkliche Art und Weise herumgeschubst hat, und der ganz anders ist als sie. Die CDU wird die vorgezogenen Neuwahlen im Februar wahrscheinlich gewinnen und Merz wird für die nächsten vier Jahre Bundeskanzler. Darüber, dass er Deutschland retten wird, ist in der Fachwelt allerdings nichts zu hören.

Dabei ist es möglich, dass die nächste deutsche Regierung eine weitere Krise im Energiesektor bewältigen muss. Wenn zu den politischen Risiken und dem verschärften Wettbewerb mit Asien noch ein mehr oder weniger kalter Winter hinzukommt, an dessen Ende die unterirdischen Speicher zu weniger als 40 Prozent gefüllt sein werden, werden die Bedingungen in Europa denen ähneln, die zum Preisschock von 2022 geführt haben.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

6 Antworten

  1. Oh, ein Rätsel! „Vielleicht finden Sie das Detail in diesem russischen Bericht,…“
    Ist es die Tatsache, dass Österreich das Gas nicht bezahlen wollte, deshalb stellt Russland die Lieferung ein?
    “ Vor einiger Zeit hat der österreichische Konzern OMV, ein langjähriger Partner von Gazprom, Gazprom vor einem europäischen Schiedsgericht auf 230 Millionen Euro verklagt, angeblich für Gas, das im Jahr 2022 geliefert werden sollte, aber nicht geliefert wurde. Der russische Konzern war mit der Entscheidung nicht einverstanden und stellte Ende letzter Woche die Gaslieferungen an Österreich ein, die der Käufer offensichtlich nicht bezahlen wollte.“

    1. Nein @roserl, das Rätsel, es ist immer noch ungelöst, ist, wer in Österreich den Polit-Oskar für die raffinierteste Umsetzung der genialsten ideologisch geprägten Ideen erhält.
      Für eine eindeutige Lösung gibt es leider zuviele Kandidaten und KanditatINNEN.
      (Der Kommentar enthält erwas Ironie und Sarkasmus)

  2. > Immer wieder erfahre ich dort Dinge über Deutschland oder Österreich, über die deutsche Medien nicht berichtet haben. (Artikel)

    … und immer wieder erfahre ICH HIER Dinge über Deutschland, über die in deutschen Medien nicht oder massiv verzerrt berichtet wird. Danke dafür, @ThomasRöper! Ganz besonders auch für die Übersetzungen.

  3. Vermutlich ist die OMV auf politischen Druck gegen Gasprom vor Gericht gezogen, denn normalerweise dürften beide kein Interesse an einer Beschädigung ihrer jahrzehntelangen Beziehung haben. Ein Schiedsspruch gegen russische Unternehmen ist heute die Regel. Nachdem die in Kanada zur Wartung gebrachten Turbinen wegen der Sanktionen nicht zurück kamen, konnte Gasprom die vereinbarte Menge nicht liefern. Darum hätte die OMV eher gegen die Sanktionen oder für die Öffnung NS 2 klagen müssen, was natürlich unmöglich war.

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