Propaganda

Der Spiegel über gute und böse Provokationen

Der Spiegel zeigt einmal mehr, wie sehr er Propaganda verbreitet, anstatt Journalismus zu betreiben. Dieses Mal geht es um den Fernen Osten, also um Russland, China, Taiwan und Japan. Warum ich dabei auch noch an Syrien denken muss, zeige ich auch auf.

Im Spiegel konnten wir am Freitag erfahren, dass deutsche Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan fahren, was aber keine Provokation sein soll, weil es sich dabei ja um internationale Gewässer handelt, die jedes Schiff jederzeit durchfahren kann. Außerdem konnten wir im Spiegel am gleichen Tag erfahren, dass „Russland einen Zwischenfall mit Japan provoziert“ habe. Die „Provokation“ bestand darin, dass russische Kampfflugzeuge das gleiche getan haben, wie die deutschen Kriegsschiffe: Sie sind im internationalen Luftraum geflogen.

Diese Beispiele von Doppelmoral und Messen mit zweierlei Maß, für die deutsche Medien wie der Spiegel bekannt sind, schauen wir uns genauer an. Und dann erkläre ich noch, was das mit Syrien zu tun hat.

Freie Schifffahrt bei Taiwan

Ich habe im Juli in einem Artikel aufgezeigt, warum die westliche Politik in der Taiwan-Frage mehr als verlogen ist. Kurz gesagt ist der Grund, dass kein westliches Land Taiwan als Staat anerkennt, sondern dass alle westlichen Staaten offiziell die Ein-China-Politik anerkennen, der zufolge Taiwan eine abtrünnige chinesische Provinz ist. Gleichzeitig beliefern sie Taiwan aber mit Waffen und stärken ihm bei seiner selbst erklärten Unabhängigkeit den Rücken, die Details können Sie hier nachlesen.

Die Taiwan-Straße ist internationales Seegebiet, weshalb dort natürliche alle Schiffe, auch Kriegsschiffe, nach Lust und Laune hin- und herfahren dürfen. Aufgrund der Tatsache, dass der US-geführte Westen Taiwan faktisch als Vasall gegen China päppelt, was eine permanente Kriegsgefahr einschließt, will China, dass Kriegsschiffe Passagen durch die Taiwan-Straße bei China anmelden.

Völkerrechtlich hat China dazu kein Recht, aber politisch ist Chinas Haltung verständlich, zumal der Westen Taiwan gegen China aufrüstet, obwohl der Westen Taiwan offiziell als Teil Chinas anerkennt.

Die USA schicken ihre Kriegsschiffe immer wieder demonstrativ durch die Taiwan-Straße und berufen sich dabei auf den Schutz der freien Schifffahrt. Das klingt zwar toll, ist aber Blödsinn, weil China die freie Schifffahrt, vor allem von zivilen Schiffen in der Straße von Taiwan, in keiner Weise behindert.

Wir haben es hier also durchaus mit Provokationen des Westens zu tun, die zwar völkerrechtlich nicht zu beanstanden sind, aber de facto keine Grundlage haben, denn die Freiheit der Schifffahrt ist dort nicht bedroht. Provokationen sind diese Fahrten trotzdem, denn es sind politische Provokationen, was auch niemand ernsthaft bestreitet.

Deutschland fühlt sich als treuer US-Vasall nun ebenfalls berufen, zwei Kriegsschiffe durch die Taiwan-Straße zu schicken, was zwar keinerlei praktischen Nutzen hat, aber China provozieren soll. Allerdings ist China Deutschlands wichtigster Handelspartner und es stellt sich die Frage, ob es im Interesse der Deutschen und der deutschen Wirtschaft ist, den wichtigsten Handelspartner grundlos zu provozieren. Wie gesagt, ist das vor allem eine politische Frage.

Dass Deutschland dabei als US-Vasall handelt, konnte man sogar im Spiegel-Artikel über die geplante Passage zwischen den Zeilen lesen. Der Spiegel berichtete, dass Peking die Durchfahrt als Provokation ansieht und begründet dann ausführlich, warum die Passage trotzdem in Ordnung ist. Der Spiegel-Artikel endete wie folgt:

„Bei einer ersten Mission hatte die Marine die Straße von Taiwan 2021 noch gemieden. Die Bundesregierung wurde damals teils scharf kritisiert: Sie habe voreilig gegenüber Peking nachgegeben.“

Es geht dabei also vor allem darum, die US-Interessen zu unterstützen und nicht die Interessen Deutschlands. Wenn die USA die Bundesregierung scharf kritisieren, dann gibt diese umgehend nach und schickt doch Schiffe durch die Taiwan-Straße.

„Russland provozierte Zwischenfall“

Am gleichen Tag erschien beim Spiegel ein Artikel mit der Überschrift „Provokation – Russische Flugzeuge umkreisen Japan, Tokio reagiert“, in dessen Einleitung wir erfahren:

„Zwei russische Tu-142 haben laut der japanischen Armee nahe dem japanischen Luftraum Kontrollflüge absolviert. Tokio schickte eigene Kampfjets los. Es war nicht der erste von Russland provozierte Zwischenfall.“

Wir halten fest: Russische Kampfflugzeuge waren im internationalen Luftraum unterwegs und haben den japanischen Luftraum nicht verletzt. Was war daran eine „Provokation“?

Aber wenn russische Flüge nahe des Luftraums eines anderen Staates eine „Provokation“ sind, warum bezeichnet der Spiegel die täglichen Patrouillenflüge von Kampf- und Aufklärungsflugzeugen der NATO entlang des russischen oder chinesischen Luftraums nicht als „Provokation“?

Übrigens zeigen diese Spiegel-Artikel noch an weiteren Details, wie sehr der Spiegel seine Leser desinformiert. Die Tatsache, dass kein westlicher Staat Taiwan als Staat anerkannt hat, sondern dass alle westlichen Staaten offiziell die Ein-China-Politik anerkannt haben, verschweigt der Spiegel in seinen Artikeln über Taiwan generell. Und in Artikeln über die Manöver westlicher Kriegsschiffe in der Taiwan-Straße erwähnt der Spiegel das erst recht nicht, weil Spiegel-Leser dann verstehen könnten, dass es sich dabei mindestens um politische Provokationen gegen China handelt.

So geht der Spiegel auch in seinem Artikel über den „Zwischenfall“ bei Japan vor. In dem Spiegel-Artikel erfahren wir unter anderem:

„Die russischen Flugzeuge beendeten den Überflug demnach im Norden bei den Hokkaido-Inseln. Laut dem Ministerium überquerten sie auch die Kurilen – ein Gebiet mehrerer kleiner Inseln zwischen Japans Norden und der russischen Kamtschatka-Halbinsel. Beide Länder beanspruchen das Territorium für sich.“

Die Wahrheit ist, dass die Kurilen als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges Teil Russlands wurden. Völkerrechtlich ist das unbestritten und allgemein anerkannt. Japan möchte die Inseln gerne zurückbekommen, aber das ist Wunschdenken und genauso unrealistisch, als würde Deutschland fordern, dass Polen und Russland die ehemaligen deutschen Ostgebiete inklusive Kaliningrad zurückgeben.

Aber der Spiegel stellt das anders dar, um zu suggerieren, Russland habe unrechtmäßige Ansprüche auf die Kurilen angemeldet, denn der Spiegel verschweigt, dass die Inseln russisch sind, sondern formuliert es so, dass man denken könnte, das seien japanische Inseln, die die russischen Kampfflugzeuge im Rahmen ihrer „Provokation“ unrechtmäßig überflogen haben.

So kann man durch Weglassen und bewusst schwammige Formulierungen Falschinformationen verbreiten, ohne sie tatsächlich ausgesprochen zu haben. Das ist ein beliebtes Mittel der westlichen Propaganda: Sie informiert unvollständig und ungenau, um die Leser zu desinformieren, ohne die Lügen konkret gesagt zu haben.

Was das mit Syrien zu tun hat

US-Kampfflugzeuge verletzen täglich den syrischen Luftraum. Die Meldungen darüber gibt es täglich in den Nachrichtentickern, aber im Westen berichtet darüber niemand. Alleine am Donnerstag gab es sechs Verletzungen des syrischen Luftraums. Ich würde die Meldungen darüber gerne täglich veröffentlichen, aber da ich den Anti-Spiegel im Ein-Mann-Betrieb führe, sind meine Ressourcen begrenzt und ich kann nicht über alles berichten, worüber ich gerne berichten würde, weshalb ich darüber nur sporadisch berichte, Beispiele aus der Vergangenheit dafür finden sie hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.

Das sind unbestritten „Provokationen“, denn Syrien ist ein souveräner Staat, in dessen Luftraum ausländische Kampfflugzeuge ohne die Erlaubnis der syrischen Regierung nichts zu suchen haben.

Wie laut hätten der Spiegel und die anderen westliche Medien wohl aufgeheult, wenn die russischen Flugzeuge tatsächlich den japanischen Luftraum nicht nur verletzt hätten, sondern – wie die US-Flugzeuge in Syrien – täglich nach Lust und Laune über Japan herumfliegen, spionieren und sogar Ziele bombardieren würden?


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

15 Antworten

  1. Es geht dabei also vor allem darum, die US-Interessen zu unterstützen und nicht die Interessen Deutschlands.

    Dabei ging es schon 1989, als Alfred Herrhausen und Detlev Rohwedder erschossen wurden. Die wollten nationale Politik und keine globale (US-Politik), und nur darum geht es.. Also mußten sie weg. Die bRD ist Vasall, darum gab es damals keine Aufarbeitung wie heute bei der Sprengung von Nord Stream.

  2. Was haben deutsche Kriegsschiffe überhaupt im Pazifik zu suchen? Wenn unsere Marine zu viele Schiffe und zu viel Geld für Diesel hat – dann ist es Zeit, den Verteidigungsetat drastisch zusammen zu streichen.

    1. Natürlich genau das selbe, was die Ostindien-Kompanien seit 500 Jahren machen. Wenn die Vertragsverhandlungen nicht so laufen, wie die Gesellschafter es gerne hätten, schicken sie Kanonenboote. Haben die noch nie selbst bezahlt. Die Kosten haben sie schon immer dem Steuerzahler aufgedrückt.

  3. Übrigens – sie finden unzählige Filme über das Spionageflugzeug SR-71 Blackbird. Alle beschreiben begeistert die überlegene Technologie. Niemand erwähnt: diese Flugzeuge hatten die USA eigens für die Verletzung das sowjetischen Lauftraumes gebaut.

    Die Frage, ob die USA das Recht haben, den Luftraum anderer Länder zu verletzen existiert überhaupt nicht.

    1. Immer wieder die selbe Geschichte mit den doppelten Maßstäben bei denen. Entwickeln und unterhalten zur Verletzung anderer Lufträume die SR-71 oder auch die U-2 und bekommen hysterische Anfälle, wenn mal ein Ballon über ihren eigenen Luftraum fliegt.

      Früher als im tiefsten Westen lebendes Kind/Jugendlicher habe ich die Amerikaner als wohlwollenden großen Bruder wahrgenommen. Die ersten tiefen Kratzer bekam mein positives Bild während eines Schüleraustauschprogramms, als ich zwei Mal drei Wochen (einmal hier, einmal dort) in direkten Kontakt mit Amerikanern kam. Dumm. Verlogen. Prüde.

      Mittlerweile habe ich nur noch abgrundtiefe Verachtung für diesen menschlichen Abschaum über. Das ist mittlerweile so tiefgreifend, daß ich mich über jeden getöteten Amerikaner freue.
      Ich weiß, das soll nicht so sein, es ist aber nun mal so.
      Das haben sie sich wirksam erarbeitet.

  4. Die Juden sind immer die Guten und bestimmen somit selbst wer die Bösen sind!
    Wer zu Ihnen nett ist, der bekommt dieses Recht auf Zeit übertragen.
    Somit gibt es den Bösen und den guten Massenmord!
    Die USA darf sich als ein auserwähltes Land bezeichnen, weil sie wohl von Wen kotrolliert werden?
    Natürlich darf es keine Allgemeinerung geben, so wie die Deutschen auch niemanden umgebracht haben!

  5. Es ist schon ein grosser Unterschied, ob ein (am besten mit Atombomben bestücktes) NATO-Kampfflugzeug oder ein russisches Aufklärungsflugzeug in die Nähe eines verfeindeten Landes fliegt. Wir wissen doch aus der Geschichte, dass die NATO ein reines Verteidigungsbündnis ist, das nur in Selbstverteidigung zurückschiesst, wenn es gar keine andere Möglichkeit mehr gibt, während die Russen ständig unprovozierte Angriffs- und Vernichtungskriege führen.

    Alleine in den letzten 35 Jahren:
    1989: Russland zieht sich aus der DDR zurück und zwingt damit Deutschland, die maroden Strukturen zu übernehmen. Dass diese Schwächung der deutschen Wirtschaft nicht benutzt wurde, um eine russische Invasion in Deutschland zu ermöglichen, ist nur den heldenhaften friedenserhaltenden Drohungen der NATO zu verdanken. Russland verspricht, sich keinen Zoll weit in Richtung der NATO auszubreiten; trotzdem verschwindet in den nachfolgenden Jahren der Abstand zwischen der russischen Grenze und den nächsten NATO-Stützpunkten.

    1990: Russland überzeugt den Irakischen Diktator davon, Kuwait zu überfallen, die NATO befreit das Land praktisch ohne zivile Opfer

    1991: die Russen lösen in Jugoslawien Volksabstimmungen über den Austritt von Teilrepubliken aus, die das Land in einen Bürgerkrieg stürzen, bis die NATO ihn endlich friedlich beendet.

    2001: die Russen fliegen russische Flugzeuge ins World Trade Center und ins Pentagon, und zwingen die friedliche NATO damit, Afghanistan und Irak den Frieden zu bringen.

    2011: Russland führt einen unprovozierten Angriffskrieg gegen die NATO-Friedenstruppen in Syrien

    2014: Russland weigert sich, Libyen zu vernichten, und zwingt damit die NATO dazu, diese friedliche Mission durchzuführen

    2014: Russland weigert sich, das Ergebnis der fairen und demokratischen Wahlen in der Ukraine anzuerkennen und verursacht damit den unprovozierten Bürgerkrieg des Donbas gegen die legitime Regierung der Ukraine

    2022: Russland überfällt grundlos die Ukraine

    Und wenn man in der Geschichte noch weiter zurückgeht, wird es nur noch schlimmer – z.B. die unprovozierte Invasion Russlands in die Ukraine, Polen und Deutschland 1945, bei der russische Truppen Konzentrationslager errichten, die kurz darauf von den Amerikanern befreit wurden.

  6. Die ganze Kiste ist ja noch viel absurder:
    Wenn nämlich, wie Thomas richtig ausführt, niemand (zumindest im Wertelos-Westen) Taiwan als souveränen Staat anerkennt, sondern offiziell die „Ein-China-Politik“ vertritt, dann ist die Taiwan-Straße ja ein Binnenmeer innerhalb des „Einen-Staates“ China. Und fremde Kriegsschiffe haben da demnach weniger als gar nichts zu suchen.
    Analog könnte man mal versuchen, chinesische Kriegsschiffe zwischen Helgoland und Husum kreuzen zu lassen. Oder zwischen Florida und Key West? Viel Vergnügen!

    1. Noch absurder. Bis 1971 hatte die nach Taiwan geflüchtete Kuomintang Sitz und Vetorecht im UN Sicherheitsrat. Ein-China-Politik bedeutete ursprünglich: Die kommunistische Regierung in Peking ist illegal, wir erkennen die Kuomintang als Regierung für ganz China an. Seit 1971 bedeutet Ein-China-Politik: den Kommunisten Märchen erzählen und das Gegenteil machen.

  7. Das bekannte Spiel eben! Vor Jahren war es ein regelmäßiger „Sport“ von deutschen „Qualitätsmedien“, über der Ostsee „abgefangene russische Militärflugzeuge“ zu melden. Abgefangen ist ein militärischer Begriff dafür, daß man die Flugzeuge im eigenen Luftraum zum Abdrehen und Verlassen des Luftraumes oder zur Landung im eigenen Land zwingt. Jeder Leser mußte also annehmen daß hier Luftraumverletzungen durch die Russen vorlagen, aber nein, all diese Manöver fanden immer im Internationalen Luftraum statt!

    Einmal war sogar zu lesen, britische Abfangjäger hätten ein russisches Flugzeug „aus seinem Interessengebiet abgedrängt“. Wir lernen: GB hat also über der Nordsee „Interessengebiete“ weit außerhalb seiner 12-Meilen-Zone. Russland hat sowas offenbar nicht…

    Im Fall Taiwan gab es im Okrober 2021 zwei Wochen land ständig Meldungen über „Luftraumverletzungen chinesischer Kampfflugzeuge in Taiwan“ zu lesen. Der Spiegel beging allerdings den Fehler, in einem der ersten dieser Artikel ausführlich zu erklären, was eine „ADIZ“ ist. Nämlich ein international unverbindliches Luftaufklärungsgebiet jenseits des eigenen Luftraumes.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Air_Defense_Identification_Zone#Republik_China_(Taiwan)

    Und daß sich die ADIZ Taiwans mit bis zu 400 Kilometer Ausdehnung sogar über Teile des chinesischen Festlandes ersteckt!! Also über Hoheitsgebiet der VR China. Womit auch klar war, daß entgegen der Behauptung in der Überschrift, die chinesischen Jets NICHT im „Taiwanischen Luftraum“ waren.

    https://www.spiegel.de/ausland/china-dringt-mit-35-kampffliegern-in-taiwans-luftraum-ein-a-e4a1f060-516e-437f-b838-388cf949e5b5

    Man beachte den Zusatz unten. Spiegel hat all die genannten Artikel Monate später, als sie keiner mehr las, geändert. Während der Kampagne habe ich mehrere Beschwerden per E-Mail geschickt, und nichts passierte. Die Lüge blieb stehen.

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