Koordinierte Aktion

Ganz schön viele Zufälle: Ist die Bundesregierung gegen RT DE aktiv geworden?

Auf der Seite FragDenStaat ist eine Anfrage wegen des Entzuges der Sendelizenz von RT DE veröffentlicht worden, die nahe legt, dass die Bundesregierung lügt, wenn sie behauptet, sie habe mit dem Vorgang nichts zu tun.

FragDenStaat ist eine Internetplattform, über die Anfragen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes sowie anderer Gesetze an Behörden gestellt werden können. Auf der Seite wurde eine Anfrage veröffentlicht, die ein Bürger wegen der Frage der Sendelizenz von RT DE gestellt hat. Der Bürger bat um folgendes:

„Die Begründung des Bescheides vom 22.12.2021, mit dem die Medienanstalt Berlin-Brandenburg den europäischen Satellitendienst Eutelsat gezwungen hat, die Ausstrahlung des neuen deutschsprachigen Senders RT DE über die Plattform Eutelsat 9B einzustellen.“

Die offizielle Linie der Bundesregierung ist, dass sie nichts mit dem Vorgang zu tun hat, das hat Baerbock bei ihrem Besuch in Moskau gesagt und das antworten auch alle Vertreter der Bundesregierung auf entsprechende Fragen in der Regierungspressekonferenz. Das bedeutet, dass der Vorgang ein rein formaljuristischer Vorgang sein und dass die Medienanstalt diese Anfrage problemlos beantworten können müsste.

Aber Pustekuchen!

Die Antwort der Medienanstalt

Laut FragDenStaat wurde die Beantwortung der Anfrage abgelehnt und die Begründung ist interessant. Die Medienanstalt schreibt am 2. Februar, dass sie die Beantwortung verweigern darf, wenn „das Bekanntwerden des Akteninhaltes dem Wohle des Bundes schwerwiegende Nachteile bereiten würde.“ Und sie fügt weiter aus:

„Es ist wahrscheinlich, dass eine Veröffentlichung der Verfahrensakte zu gewichtigen diplomatischen Spannungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Russland führen würde.“

Die Medienanstalt bezieht sich darauf, dass Lawrow bereits im Vorwege mit Gegenmaßnahmen gegen deutsche Medien in Russland gedroht hat, sollten die Schikanen gegen RT DE kein Ende finden.

Dieser Bezug ist jedoch Unsinn, denn Lawrow hat diese Gegenmaßnahmen angekündigt, weil er der Meinung ist, dass die Bundesregierung Einfluss auf die Medienanstalt ausgeübt hat. Wenn die Akte klar belegen würde, dass es sich um einen formaljuristischen Routinevorgang handelt, auf den die Bundesregierung in keiner Weise eingewirkt hat, dann wäre Lawrows Argument entkräftet.

Man fragt sich also, was in der Verfahrensakte zu finden ist, das dem Bund „schwerwiegende Nachteile“ bringen könnte, wenn in der Akte nur steht, dass die Bundesregierung sich nicht eingemischt hat.

International koordinierte Aktion

Das Vorgehen gegen RT ist kein rein deutsches Thema. Auch in Frankreich hat sich die Aufsicht RT zur gleichen Zeit vorgenommen. Und auch in anderen westlichen Staaten bekommt RT gerade Probleme. Dazu hat sich die Sprecherin des russischen Außenministeriums geäußert und ich habe ihre offizielle Erklärung übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Am 3. Februar wurde bekannt, dass die französische Regulierungsbehörde für audiovisuelle und digitale Kommunikation (Arcom) eine Untersuchung gegen RT France eingeleitet hat, die auf Anschuldigungen einiger nicht genannter „Verbände“ beruht.

Die Medienaufsichtsbehörde macht keine Angaben zum Inhalt der Vorwürfe. Eine Anfrage des Chefredakteurs des Senders blieb vorerst unbeantwortet. Gleichzeitig wurden einige französische Medien aus irgendeinem Grund in die Einzelheiten des Falles eingeweiht und in ihren Veröffentlichungen wird behauptet, dass der Grund für das Verfahren einige „Mängel“ seien, die der Sender angeblich bei der Berichterstattung über die Protestaktionen der Bewegung der „Gelbwesten“ begangen habe. Ich verstehe, dass die Coronavirus-Pandemie Frankreich schwer getroffen hat und dass viele Prozesse sind dort verlangsamt worden sind, aber doch nicht so sehr. In welchem Jahr fanden die Proteste statt und wann wurden diese Berichte veröffentlicht? Warum erinnert man sich erst jetzt an sie? Warum passiert das parallel zu den Schikanen, die von Deutschland gegen RT DE ausgelöst wurden, und den Äußerungen des britischen Außenministeriums über mögliche Sanktionen gegen russische Medien? Auch die angeblichen Vorwürfe gegen die Berichterstattung über Ereignisse in Syrien und in der Zentralafrikanischen Republik. Das ist eine starke Geschichte.

Wir würden gerne glauben, dass es sich um ein Missverständnis handelt, das sich bald aufklären wird, aber es fällt uns schwer, das zu glauben. Wir glauben das nicht – wir hoffen es. Vor allem angesichts der Behandlung, die die Korrespondenten von RT France seit einigen Jahren von den dortigen Behörden erfahren. Wir haben dieses Thema bei unseren französischen Kollegen angesprochen. Außenminister Sergej Lawrow hat sich mehr als einmal öffentlich dazu geäußert und die Informationen wurden über diplomatische Kanäle weitergegeben. Offensichtlich herrscht in Paris eine andere Denkschule vor.

Obwohl es verfrüht wäre, Analogien zu ziehen, ist es schwierig, die Angriffe auf das französische RT-Büro losgelöst von den Ereignissen in Deutschland, den unmissverständlichen Erklärungen des britischen Außenministeriums und den „Berichten“ zu betrachten, die vor etwas mehr als einer Woche auf der Website des US-Außenministeriums erschienen sind. Vier Länder: die Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich haben dem russischen Fernsehsender RT den Krieg erklärt. Oder handelt es sich um zufällige zeitliche Zusammenhänge? Das ist eine geplante Aktion. Wozu wird das getan? Um ihre eigenen, angelsächsischen Thesen im Informationsraum zu fördern und keine Gelegenheit für die Verbreitung von Gegenargumenten, objektiven Materialien und der Position der anderen Seiten zu bieten.

Überhaupt ist das, was Berlin tut, jenseits des Verständnisses, was Meinungsfreiheit bedeutet. Es handelt sich um Propaganda und einen Verstoß gegen demokratische Grundsätze. Dieser Schritt war das Signal, das eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen unsererseits auslöste.

Die Situation, die sich um die RT-Länderbüros in Frankreich, Deutschland und einer Reihe anderer Länder, die sich als Musterdemokratien betrachten, entwickelt hat, deutet, wenn nicht auf einen koordinierten Angriff auf den russischen Sender, so doch zumindest auf eine einheitliche Praxis der selektiven Einhaltung der Grundsätze zum Schutz der Pressefreiheit und des Meinungspluralismus hin.

Angesichts des einhelligen Schweigens der zuständigen Menschenrechtsinstitutionen der internationalen Organisationen zu den Tatsachen dieses Drucks nimmt dessen Intensität, wie die Praxis leider zeigt, im Laufe der Zeit nur zu und nimmt immer aggressivere Formen an. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen der betreffenden Länder, diskreditiert ihr erklärtes Bekenntnis zu den hohen Idealen der Demokratie und entwertet jeden Anspruch auf eine Führungsrolle in diesem Bereich.

Wir erwarten eine unparteiische, faire und transparente Prüfung dieses Falles und fordern Paris auf, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um normale Bedingungen für die berufliche Tätigkeit von RT France zu gewährleisten.

Ende der Übersetzung

Und? Was glauben Sie? Hat sich die Bundesregierung in den Vorgang eingemischt? Welchen Grund hat die Medienanstalt, die Anfrage abzulehnen, wenn in der Akte nichts über Einflussnahme der Bundesregierung zu finden ist? Und ist es Zufall, dass drei weitere westliche Staaten zur gleichen Zeit gegen RT vorgehen?

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

23 Antworten

  1. Impressum
    Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.
    FragDenStaat
    Singerstr. 109
    10179 Berlin
    Bildnachweise

    🦄 Viele der wunderbaren Illustrationen wurden von Rainbow Unicorn gemacht. 🦄

  2. Daß in „D“ freies Denken, freie Berichterstattung, Meinungsfreiheit, freie Meinungsäußerung sowie freie Presse nicht erwünscht sind (noch nie waren!) – ist ein „offenes Geheimnis“… – welche repressive Maßnahmen diejenigen erwartet, welche diese ihre doch im „Grundgesetz“ verankerten Rechte wahrnehmen wollen kann man täglich erleben. – Sehr deutlich auf einer Demo in Berlin zu sehen gewesen – als Demonstranten mit dem GG in der Hand ihre Rechte verteidigen wollten – welches ihnen von den „polizisten“ aus den Händen gerissen wurden mit der doch arg befremdlichen Begründung…: Grundgesetz gibt es nicht mehr – hat die Führerin verboten…

    Ergo ist für uns definitiv der (hündisch-sklavische) Staat hinter dem Verbot gegen RT zu suchen…

    …achja – in Berlin gibt es die meisten Demos – doch Berichterstattung dazu ist ebenso untersagt oder dramatisch unter Niveau gedrückt – ins lächerliche gezogen bzw. als „rechtsradikal“ abgestempelt… – typisch für diese faschistische Diktatur… 😤😤

  3. „Zudem lässt der gesamte Akteninhalt tiefgehende Rückschlüsse auf den geschützten internen Willensbildungsprozess der Medienanstalt Berlin-Brandenburg zu.“

    Na gerade darum ging es ja!

  4. Alles is waar wat u schrijft. Maar dat er weinig verandert, daar is Rusland zelf schuld aan. Nu wordt door Rusland de keutel alweer ingetrokken. Begrepen uit de pers (SNA), dat bij het bezoek van Olaf Scholz op 15 februari in Moscow , der Deutschen Welle aanwezig mag zijn met een cameraman en journaliste.

    Alles was du schreibst ist wahr. Daran, dass sich wenig geändert hat und wird, ist aber Russland selbst schuld. Jetzt hat Russland den Kot wieder eingezogen. Aus der Presse (SNA) ging hervor, dass beim Besuch von Olaf Scholz am 15. Februar in Moskau die Deutsche Welle mit einem Kameramann und einem Journalisten anwesend sein wird.

      1. Das ist es ja geraade: WEil die Armleuchter gefeuert wurden. War auch Zeit – mir hat dieser Kanal noch nie so richtig gepasst, entweder Kleingartengeplänkel oder tendenziöse Falschinformation bis hin zum Aufruf zum Wahlboykott.

  5. Welche „deutsch-französischen Vermittlungsbemühungen” (mabb-zu-rt-seite-3_geschwaerzt.pdf)? Es vermitteln doch Deutschland, Frankreich und Russland zwischen der Ukraine und den Rebellengebieten.

  6. Kurze Antwort auf kurze Frage: aber selbstverständlich! Und auch der Trick mit der Bundesnetzagentur wurde von oben lanciert.

    Nach den letzten Äußerungen von Habeck muss man sich die vielleicht wichtiger Frage stellen: Wer führt in Deutschland eigentlich die Politik, wenn sich Baerbock/Habeck einerseits und Scholz als Kanzler konträr widersprechen?

      1. Eben! Und besser als mit dieser Laiendarstellertruppe kann man es den Menschen eigentlich nicht mehr zeigen. Trotzdem denken noch viele Menschen, dass sie mit Wahlen in der Politik etwas verändern können.

  7. Man muss wohl sicherlich mehr als nur gutglaeubig sein, um die Verlautbarungen unserer gegenwaertigen „high performance Regierung“ zu den Vorgaengen zu RT DE nicht als konzertierte Aktion unter massgeblicher Verantwortung der gegenwaertig amtierenden deutschen Regierung zu entlarven. Es ist, nach meiner unmassgeblichen Meinung, nur mehr als erbaermlich, wenn sich diese Gestalten in personam eines hochstaplerischen Aussenministeramtsinhabers mit Assistenz einer bildungstechnisch gescheiterten Person in der Funktion eines Staatsministers fuer Kultur mit oeffentlichen Absonderungen entbloeden, die jeder Halbkretin sofort als schamlose Luege erkennt. Es ist beachtlich, das der russische Aussenminister sich herabgelassen hat, sich auf dieses Niveau einzulassen.

          1. Danke fuer das huebsche Kompliment, das ich, natuerlich ungebraucht, an Sie zurueckgebe. Amuesieren Sie sich doch bitteschoen „koeniglich“ (?) gern weiter. Wenn Sie sich ein wenig anstrengen, wird es Ihnen, vielleicht, irgendwann gelingen, Ihr geistiges Niveau auf ein neues Level zu heben. May the force be with you!

    1. Sie haben vielleicht meinen Kommentar nicht verstanden. Mit meiner Auffassung von Spaß kann ich mir vorstellen, dass Lawrow sich nicht herabgelassen hat, sondern sich mit Vorfreude auf so ein dummes Weib gefreut hat, um es mit eigenen Augen und Ohren zu sehen und zu hören. Das bringt doch mal etwas Abwechslung in den politischen Alltag und ich kann mir sogar vorstellen, dass er danach den chinesischen Außenminister angerufen hat: „Die musst du unbedingt einladen. Unbezahlbar!“

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