Neues Wahlgesetz

Was die Wahlrechtsreform in Hongkong beinhaltet

Da der Westen die Wahlrechtsreform in Hongkong kritisiert, will ich hier aufzeigen, was sie beinhalten und warum Chinas Zentralregierung sie eingeführt hat.

In Hongkong ist eine Reform des Wahlrechts in Kraft getreten, die das Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ stärken und schützen soll. Sie ist eine Reaktion auf die schweren Unruhen in Hongkong im Jahre 2019 und soll in erster Linie sicherstellen, dass die Einheit Chinas geschützt wird. Die Reform wird im Westen heftig kritisiert.

In der russischen Nachrichtenagentur TASS ist ein Artikel erschienen, der die Vorgeschichte und den Inhalt der Reform sachlich aufzeigt. Da diese Sachlichkeit in westlichen Medienberichten meist fehlt, habe ich den TASS-Artikel übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Ein Land – zwei Systeme. Wie China Hongkong regiert und was sich jetzt ändern wird

Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses billigte am 30. März die Reform des Wahlsystems der Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China

TASS, 30. März. Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses hat am Dienstag die Reform des Hongkonger Wahlsystems gebilligt und die Änderungen des Grundgesetzes der Sonderverwaltungsregion der Volksrepublik China präzisiert. Die Dekrete über Änderungen wurden vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping unterzeichnet.

Der Nationale Volkskongress unterstützte die Reformentschließung am 11. März. Der Vertreter aus Hongkong, Ma Fenggo, erklärte der TASS, dass die Änderungen Schlupflöcher in der aktuellen Gesetzgebung beseitigen würden, die „von Extremisten ausgenutzt werden könnten.“

Die TASS erklärt, was die Besonderheiten Hongkongs und was sich jetzt ändern wird.

Die Besonderheit von Hongkong

Die ehemalige britische Kolonie Hongkong, also die Sonderverwaltungszone Hongkong, fiel 1997 an China zurück. Gemäß dem Abkommen zwischen London und Peking unterhält Hongkong bis mindestens 2047 ein unabhängiges Finanzsystem, ein Justizsystem auf Grundlage des britischen Rechts und Autonomie in allen Bereichen außer der Verteidigungs- und Außenpolitik. Im April 1990 verabschiedete der Nationale Volkskongresses das Hongkonger Grundgesetz, das das von Deng Xiaoping verkündete Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ festlegte: die Erhaltung bestehender unterschiedlicher politischer und wirtschaftlicher Systeme im vereinten Chinas.

Der Regierungschef Hongkongs wird von einer Wahlkommission gewählt, die jetzt aus 1.200 Personen besteht, und wird von Peking für fünf Jahre bestätigt. Jede der vier Kategorien ernennt 300 Wahlleute: Vertreter des Industrie-, Handels- und Bankensektors; Vertreter aus Erziehung und Medizin, Rechtsanwälte und einige andere; Vertreter der Arbeitnehmer, des Sozialsektors und der Religionsgemeinschaften; Mitglieder der Regionalräte und des Legislativrates von Hongkong sowie Vertreter der Region in Peking, im Nationalen Volkskongress und des Nationalkomitees des Politischen Beratenden Volkrates.

Im Westen werden die Besonderheiten der Bildung der Wahlkommission oft kritisiert: Dort argumentiert man, dass sie die Rolle der Peking gegenüber loyalen Wirtschaft stärken und den Einfluss der Zentralregierung der Volksrepublik China in Hongkong ausweiten.

Hongkongs Legislativrat hat 70 Mitglieder, von denen 35 durch Direktwahl in fünf Distrikten gewählt werden, während die anderen 35 von Industriegemeinschaften nach professionellen Kriterien nominiert werden.

Die Verfahren für die Wahl des Regierungschefs von Hongkong und die Bildung des Legislativrates sind in zwei Anhängen zum Grundgesetz der Sonderverwaltungszone verankert. Der Nationale Volkskongress ist berechtigt, die Bestimmungen dieses Dokuments zu korrigieren.

Der Inhalt der Reform

Die Wahlkommission in Hongkong wird um ein Viertel auf 1.500 Mitglieder vergrößert und den vier Kategorien wird eine fünfte hinzugefügt, deren Vertreter von „Beratungsgremien“ benannt werden. Die Wahlleute werden nun nicht nur den Hongkonger Regierungschef wählen, sondern auch einen bedeutenden Teil der Mitglieder des Legislativrates.

Der Rat selbst wird auch größer, er wird nicht mehr aus 70, sondern aus 90 Personen bestehen, und die Kontrolle über die Zulassung von Kandidaten wird verstärkt. Nach Angaben der South China Morning Post werden nach der Reform nur 20 Abgeordnete direkt gewählt, 30 von Industrieverbänden nach professionellen Kriterien nominiert und die restlichen 40 Sitze werden von den Wahlleuten bestimmt. Dieses Verhältnis soll nach Pekings Plan „alle Risikofaktoren“ beseitigen und verhindern, dass die radikale Opposition ein Drittel der Sitze gewinnen kann, mit der sie die Annahme wichtiger Gesetzesentwürfe blockieren könnte.

Der Grund der Gesetzesänderung

2019 begannen in Hongkong die größten Proteste seiner Geschichte. Der Grund war der von der Regierung Hongkongs vorgeschlagene Gesetzentwurf, der die Auslieferung von Verdächtigen an das chinesische Festland ermöglichen konnte. Daraufhin zog die Regierung die Initiative zurück und die Opposition gewann bei Wahlen die Mehrheit der Bezirksräte.

Im Jahr 2020 ließen die Proteste wegen der Pandemie nach und im Juli verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in Hongkong das Nationale Sicherheitsgesetz, das darauf abzielte, Separatismus, Terrorismus, Untergrabung der Staatsmacht und Verschwörungen mit ausländischen Kräften zu verhindern. Das erntete Kritik im Westen, insbesondere im Vereinigten Königreich, dessen Regierung das neue Gesetz als Verstoß gegen die Deklaration über die Übergabe Hongkongs an China betrachtete.

Peking betonte später, dass die Sonderverwaltungszone von Patrioten regiert werden sollte, die Chinas Gesetze respektieren und seine Souveränität über Hongkong nicht verletzen werden. Im November verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses eine Entschließung, in der Patriotismus als zwingende Voraussetzung für alle Mitglieder des Legislativrates von Hongkong verankert wurde.

Die für September 2020 angesetzten Parlamentswahlen in der Region wurden um ein Jahr verschoben. Vertreter der radikalen Opposition hielten ihre eigenen Vorwahlen ab, in der Hoffnung, die Hälfte der Mandate im Legislativrat zu erreichen, die Annahme des Regionalhaushalts zu blockieren und den Rücktritt des Hongkonger Regierungschefs zu erreichen. Nun werden die Organisatoren der Vorwahlen nach dem neuen Gesetz angeklagt. Darüber hinaus erlaubte die Entscheidung zum Patriotismus den Behörden, vier Oppositionsabgeordnete zu disqualifizieren, woraufhin alle 15 verbliebenen Oppositionelle im Legislativrat demonstrativ ihre Rücktritte einreichten.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Ja, also… Ich kenne ja jemanden, der dort lebte. Facts from the ground sozusagen.
    Und der sitzt jetzt in Taiwan. Er sagt, er wäre „gerade noch rausgekommen“. Ende letzten Jahres.
    Die Situation in Hong Kong ist (nach seiner Einschätzung):

    – Wer als Politiker eine Anordnung der CCP kritisiert, landet im Knast. Es gibt ein Gesetz dafür.
    – Wer demonstriert, landet im Knast, ich glaube, etwa 10? Jahre lang. Jedenfalls so richtig lang.
    – Wer öffentlich eine Massnahme der CCP kritisiert, landet im Knast. Nicht übertrieben.
    – Die Demos wurden nicht von ein paar Extremisten inszeniert. Die waren ein Volksaufstand.

    Es gibt mehrere Channels enttäuschter Expats auf yt, die *alle* aus China geflüchtet sind. Mit ihren Chinesischen Frauen (und Kindern). Keiner von denen wollte das. Alle wollten weiterhin in China leben. Hier:

    https://www.youtube.com/user/serpentza
    https://www.youtube.com/user/laowhy86

    Was da gerade stattfindet, ist der totale Faschismus. Ich weiss, wir alle wollen den tollen Osten sehen, so als Gegenmodell zu unserem korrupten, durch Oligarchen regierten Westen. Aber was die Chinesen da veranstalten, kommt an die Nazis ran. Die Chinesen haben sich Hong Kong gegriffen und herrschen dort mit eiserner Hand.

    Sucht ihr nach dem Messias, sucht woanders.

  2. Ein Land 2 Systeme? Das kann auf Dauer nicht funktionieren!

    Die Chinesen werden verständlicherweise nicht zuschauen, wie der „Wertewesten“ Hongkong als Brückenkopf ständig weiter ausbaut, Beeinflussung der Menschen und gerade junge Menschen, Organisationen und andere Einrichtungen durch Politik und NGO’s vornimmt. Der britische Einfluss ist in China nicht vergessen, das Misstrauen ist verständlich. (Opiumkrieg)
    Einen chinesischen Drachen ärgert man nicht ungestraft!

    „Freiheit für Julien Assange“

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