So viele Lügen...

Wenn der Spiegel über die neue russische Doku über Putin berichtet…

In Russland ist zum 25. Jahrestag von Putins erster Amtseinführung als Präsident eine Doku erschienen, über die der Spiegel berichtet hat. Allerdings war der Spiegel-Artikel eher lustig und zeugte von Unwissen über Russland - oder würde der Spiegel bewusst so viel lügen?

Ich habe schon kurz darüber berichtet, dass zum 25. Jahrestag von Putins erster Amtseinführung als russischer Präsident im Jahr 2000 in Russland eine Doku mit einem langen Interview mit dem russischen Präsidenten veröffentlicht wurde. Darin hat Putin auch erstmals seine Privatwohnung im Kreml gezeigt. Die Doku war durchaus sehenswert (und ist in Russland gerade zur meist geschauten Doku der letzten 5 Jahre aufgestiegen).

Der Spiegel fühlte sich berufen, die Doku in einem langen Artikel mit der Überschrift „Dokumentarfilm zum 25. Jubiläum – Viel Stuck, Rüschengardinen und überall Gold – zu Hause bei Wladimir Putin“ zu kommentieren und wie nicht anders zu erwarten, kam dabei wieder einmal eine gehörige Portion Desinformation heraus. Ich will hier auf nicht auf das im blumigen Relotius-Stil geschriebene Beiwerk eingehen, von dem es in dem Artikel sehr viel gibt, sondern mich auf die Aussagen beschränken, die zumindest ein wenig handfeste Informationen enthalten, auf die man eingehen kann.

Vorweg sei schon gesagt, dass ich immer wieder überrascht bin, wie dreist der Spiegel lügt. Vor allem das letzte Beispiel, das ich in diesem Artikel behandle, hat mich in seiner Dreistigkeit beeindruckt, weil es eine geschickte Lüge des Spiegel ist, die kein deutscher Leser (ohne gute Kenntnisse von Russland) erkennen kann.

Seit wann sind Dokus spontan?

Der Spiegel-Artikel beginnt mit drei Absätzen ohne wirklichen Informationsgehalt, die die Doku und auch Putin wie üblich schlecht aussehen lassen sollen. Dann eröffnet der Spiegel-Schreiberling seinen Lesern, dass Putin dem Journalisten Sarubin seine Kremlwohnung sicher nicht spontan gezeigt habe, wie es in dem Film suggeriert werde.

Schon das ist Unsinn, denn in allen Ankündigungen des Films hat Sarubin erzählt, wie er Putin schon vor vielen Jahren nach seiner Privatwohnung im Kreml gefragt hat, wie Putin da damals mal versprochen hat, sie irgendwann zu zeigen und wie das nun aus Anlass dieser Doku eingelöst wurde. Von spontan kann also keine Rede sein und auch der Film suggeriert keine Spontanität

Aber um zu belegen, wie die russischen Zuschauer angeblich getäuscht werden, legt der Schreiberling nochmal explizit nach:

„Nichts ist zufällig in diesem Film, alles sicher vorher abgesprochen.“

Natürlich. Jede Homestory, ob mit einem Sternchen oder einem Politiker, ist abgesprochen. Wer etwas anderes denkt, der ist naiv. Und natürlich weiß der Spiegel-Heini, der den Artikel geschrieben hat, das, denn er hat über 40 Jahre Journalismus auf dem Buckel. Naja, oder eben das, was man beim Spiegel als „Journalismus“ bezeichnet.

Putins Wohnung

Die Privaträume im Kreml, die Putin in der Doku zeigt, sehen so aus, wie Räume in russischen Zarenpalästen (und auch der Kreml ist ein Palast) eben aussehen. Prunkvoll, mit Stuck, Gold, Säulen und so weiter. Ich würde so nicht wohnen wollen, es wirkt ungemütlich, aber ich muss ja auch nicht im Kreml wohnen.

Aber der Spiegel lässt sich darüber ausführlich aus:

„Die Wohnung ist voll von neurussischem Pomp: viel Stuck, schwere Rüschengardinen und überall Gold an den Wänden. Dazu Empire- und Louis-Seize-Mobiliar. Selbst im kristallverspiegelten Fahrstuhl, der in die Wohnung führt, steht eine graziös geschwungene Sitzbank, die wohl Napoleon bei seinem Rückzug 1812 vergessen hat. Das Speisezimmer mit den mannshohen Spiegeln und einem prominent platzierten Zarenporträt verströmt den Hauch eines Museumssaals und wirkt so steril und unbenutzt wie jeder andere Raum.“

Ja, die Räume wirken tatsächlich steril. Aber was will man von der Dienstwohnung eines Präsidenten erwarten, in der er nicht wirklich wohnt, sondern im Grunde nur schläft, um einen kurzen Weg ins Büro zu haben? Soll Putin dem Journalisten sein ungemachtes Bett und seine auf dem Boden verstreuten Socken zeigen?

Übrigens sieht die Kanzlerwohnung im deutschen Bundeskanzleramt nicht anders aus, wenn ein Kanzler sie der Öffentlichkeit zeigt. Scholz, der sich ziemlich erfolglos als TikTok-Star versucht hat, hat auch mal seine Kanzlerwohnung gezeigt. Die ist natürlich in einem anderen Stil gehalten als der Kreml, aber auch die Kanzlerwohnung war ausgesprochen steril und hatte den Charme eines lieblosen Hotelzimmers.

Weiter schreibt der Spiegel:

„Vom Speisezimmer geht es weiter in die Küche, in der offenbar seit Langem nicht mehr gekocht worden ist.“

Ach was! Glaubt der Spiegel-Heini wirklich, dass Putin sich nach der Arbeit noch sein Essen selbst kocht? Wie auch im Kanzleramt gibt es im Kreml eine Küche, die alle Mitarbeiter bis hin zum obersten Chef versorgt und bekocht.

Wollte Putin Präsident werden?

Danach kommt der Spiegel dann endlich mal auf einige Themen und Fragen, die in der Doku behandelt wurden. Der Spiegel schreibt:

„Als man ihm vor über 25 Jahren den Präsidentenposten angetragen habe, sei er sich nicht sicher gewesen, ob er dazu bereit war, erklärt er Sarubin. Aber er habe verstanden: Das Wichtigste sei, einfach nur daran zu arbeiten, »dass unser Land mächtig ist und eine Perspektive hat«.“

Ja, das ist längst bekannt: Putin wurde im Jahr 1999 mehrmals angeboten, der Nachfolger von Jelzin als russischer Präsident zu werden und Putin hat mehrfach abgelehnt. Er wollte das Amt nicht. Aber er wurde von den Oligarchen um Jelzin dazu überredet, wie einige von denen selbst einige Jahre später, nachdem Putin die Oligarchen entmachtet hatte, in Interviews bedauernd erzählten.

Beresowksi, der zu Jelzins Zeiten wohl mächtigste Oligarch, sagte in einem Interview später, Putin sei für sie der ideale Kandidat gewesen, weil Putin den Job nicht wollte. Mit so einem, den man lange überreden muss, erwarteten sie keine Probleme und sie dachten, sie könnten so weitermachen, wie es unter Jelzin gewesen ist.

Die Oligarchen hatten das falsch verstanden und gedacht, Putin wäre für sie genauso leicht lenkbar, wie Jelzin. Aber Putin hatte das Angebot mehrmals ausgeschlagen, weil er wusste, dass als Präsident die Oligarchen entmachten musste, wenn er Russland wieder nach vorne bringen wollte, und dass der Machtkampf sehr gefährlich werden konnte, denn damals herrschten in Russland Mafia und Korruption. Putin konnte sich nicht einmal sicher sein, dass der Sicherheitsapparat hinter ihm als Präsident stehen würde. Putin hatte damals eine Frau und zwei jugendliche Töchter, die er nicht in Gefahr bringen wollte.

Das ist keine „russische Propaganda“, das haben die Gegner Putins einige Jahre später in Interviews erzählt. Aber der Spiegel suggeriert, dass der „Machtmensch“ Putin nach dem Amt gestrebt habe und nun bei den Fragen nach der Anfangszeit kokettiert.

Die Sanktionen

Die Doku, das darf man nicht vergessen, ist für das russische Publikum gemacht. Ich berichte oft, dass Russland – trotz oder wegen der Sanktionen – wirtschaftlich boomt. Das beschäftigt die Russen natürlich, die oft selbst wirklich glauben können, wie gut ihr Land mit dem Wirtschafts- und Sanktionskrieg des Westens fertig wird.

Daher war die Frage für die Russen durchaus interessant, über die der Spiegel schreibt:

„Seinem ersten großen Thema nähert sich der Reporter sehr vorsichtig: Ob es nicht ein Aderlass gewesen sei, als vor drei Jahren ausländische Unternehmen massenhaft Russland verlassen hätten.“

Putin antwortete darauf, dass das im Jahr 2022 natürlich riskant war und dass niemand wissen konnte, ob und wie gut Russland mit all dem fertig werden würde.

Aber bevor der Spiegel auf die Antwort Putins kommt, muss er seinen Lesern erst noch einmal erklären, was die zu denken haben:

„Im Klartext hätte die Frage heißen müssen, warum Putin den Krieg gegen die Ukraine, der noch immer offiziell »militärische Spezialoperation« heißt, begonnen habe und die westlichen Firmen daraufhin abgezogen seien. »Ja, das Risiko war groß, wir waren ziemlich abhängig von der Außenwelt, das war gefährlich«, antwortet der Präsident. Aber jetzt produziere man das meiste ja selbst.“

Die Doku hat ganz sicher nicht den Sinn, den Russen zu erklären, warum Russland in der Ukraine interveniert hat, denn das wissen die Menschen in Russland. Aber der Spiegel schreibt danach sofort:

„Und dann beginnt er mit der Rechtfertigung seines Überfalls auf das Nachbarland. Diese Erzählung über die Ukraine zieht sich durch den ganzen Film, die beiden kommen in ihrem Gespräch immer wieder darauf zurück, und bald hat man den Eindruck, als habe der Streifen allein die Aufgabe, den Russen zu erklären, warum Russland durch diesen Krieg heute von der übrigen Welt weitgehend isoliert ist.“

Da ist sie wieder, die beliebte Lüge der westlichen Medien, Russland sei angeblich „von der übrigen Welt weitgehend isoliert“. Das ist Unsinn, denn es ist umgekehrt: Der Westen hat sich isoliert.

An den Sanktionen und der anti-russischen Politik beteiligen sich etwa 50 Staaten, also die Staaten des Westens, während die restlichen 140 Staaten sich an der anti-russischen Politik nicht beteiligen und weiterhin gute Beziehungen zu Russland haben. Trotz allen Drucks ist es dem Westen nicht gelungen, Russland zu isolieren, sondern der Westen hat sich selbst isoliert, wie die Reaktionen der Länder des globalen Südens zeigen.

Und dass die Ukraine ein zentrales Thema einer aktuellen Doku über Putin ist, kann niemanden verwundern, denn natürlich sind die tragischen Ereignisse in der Ukraine auch in Russland seit drei Jahren das beherrschende Thema.

Ohne Lügen kann der Spiegel nicht

Danach wird der Spiegel-Schreiberling dreist:

„Bilder vom Einmarsch der Russen 2014 auf der Krim sind zu sehen, die jubelnden Menschen dort, die »Russland« und »spassibo« rufen, danke. Wir sehen die gepflegten Weinhänge und die neuen Hochhäuser der Halbinsel und Putin im ersten Zug, der hoch über dem Schwarzen Meer über die gewaltige neue Krimbrücke fährt. »Nur der russische Mensch kann so etwas schaffen«, sagt der Präsident. Und dass »unser Land zerfallen wäre«, wenn Russland 2014 nicht die Krimbevölkerung unterstützt hätte. Eine seltsame Logik.“

Diese Aussage hat es in dem Film in dem Zusammenhang nicht gegeben, das ist gelogen. Das Thema, wie der US-geführte Westen Russland zerschlagen wollte, wird in der Doku erwähnt, aber erst 20 Minuten nachdem es um die Ereignisse auf der Krim ging.

Die vom Westen gewollte Zerschlagung Russlands ist ein von den westlichen Medien gut gehütetes Geheimnis, das fast nie erwähnt wird. Aber tatsächlich gibt es diese Bestrebungen und sie werden von den westlichen Regierungen mit viel Geld finanziert.

In der Doku wurden diese Bemühungen des Westens im Zusammenhang von Putins ersten Jahren als Präsident erwähnt, als Russland tatsächlich kurz vor dem Auseinanderbrechen war, was Putin jedoch verhindern konnte.

In seinem Artikel stellt der Spiegel-Heini es jedoch so dar, als habe Putin sein Vorgehen ab 2014 mit der Gefahr des Auseinanderbrechens Russlands begründet, was schlicht unwahr ist. Unmittelbar danach schreibt der Spiegel nämlich:

„Er meint damit das aggressive Vorgehen des kollektiven Westens, der mithilfe des Naziregimes in Kyjiw Russland bedroht habe. Auf dem Bildschirm erscheint eine Landkarte, die Russland zerstückelt zeigt – geteilt in ein Kernrussland, ein selbstständiges Sibirien und eine Fernostrepublik – dies eben seien die amerikanischen Pläne gewesen.“

Und das sind die amerikanischen Pläne bis heute. Der Spiegel berichtet darüber nur nicht, obwohl das keine geheimen Informationen sind und die entsprechenden Projekte vom Westen ganz offen finanziert werden.

Wie üblich Lügen zum Minsker Abkommen

Über das, was in der Doku über das Minsker Abkommen gesagt wird, schreibt der Spiegel:

„Dann kommt Putin auf das Minsker Abkommen von 2015 zu sprechen, mit dem die Kämpfe im Osten der Ukraine gebremst werden sollten. In Minsk jedoch hätten ihn Politiker wie Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande getäuscht. Sie hätten keinen Frieden, sondern nur eine Pause gewollt, um die Ukraine zu bewaffnen. Merkel habe später auch zugegeben, dass im Gegensatz zu Russland weder Deutschland, noch Frankreich oder die Ukraine vorgehabt hätten, die Punkte des Minsker Abkommens einzuhalten. Eingeblendet wird als angeblicher Beweis der öffentliche Auftritt von Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel im Sommer 2022 im Berliner Ensemble – wo sie freilich etwas ganz anderes gesagt hat.“

Das ist geschickte Propaganda, denn die Bilder von Merkel werden in der Doku nicht „als angeblicher Beweis“ für irgendwas gezeigt. Der Beweis war Merkels Interview in der „Zeit“ vom Dezember 2022, von dem in Russland wirklich jeder weiß und in dem sie klar gesagt hat, dass das Minsker Abkommen nur dazu da war, Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen. Und auch die anderen Unterzeichner Hollande und Poroschenko haben das später offen zugegeben.

Und auch Selensky hat es offen gesagt – und zwar im Spiegel. Im Februar 2023 hat Selensky im Spiegel-Interview offen gesagt, dass er das Minsker Abkommen nicht umsetzen wollte.

Aber das hat der Spiegel schnell wieder vergessen und suggeriert seinen Lesern stattdessen, es sei „russische Propaganda“, dass der Westen keinen Frieden in der Ukraine wollte, sondern das Minsker Abkommen zur Aufrüstung der Ukraine gegen Russland genutzt hat.

Eine der Fragen, die sich die Russen spätestens seit Merkels offenem Eingeständnis stellen, ist, warum die russische Regierung – und auch Putin selbst – sich vom Westen acht Jahre lang hat an der Nase herumführen lassen. Daher war die Frage, die Sarubin Putin dazu gestellt hat, eine sehr kritische Frage, was im Spiegel aber ganz anders klingt:

„Sarubin zeichnet sich durch die hohe Technik der Suggestivfrage aus und legt dem Gesprächspartner die Antwort immer gleich mit in den Mund: »Das ist doch schwer zu glauben, dass man einen Mann wie Sie täuschen kann«, staunt er.“

Putin hat danach offen zugegeben, dass die russische Regierung sich hat täuschen lassen. Das ist offensichtlich, aber welcher Regierungschef gibt so etwas bei einem so wichtigen und folgenschweren Thema offen zu? Von deutschen Regierungspolitikern habe ich seit Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr gehört, dass sie mal einen wichtigen Fehler offen eingestanden hätten. Und von deutschen Journalisten habe ich nicht gehört, dass sie bei schmerzhaften und folgenschweren Fehlern deutscher Politiker mal nachgebohrt hätten.

Der Westen gegen Russland

In Russland fragt man sich nach dem Erfahrungen der letzten Jahre, wann die russische Regierung bemerkt hat, dass der Westen Russland betrügt. Der Spiegel berichtet über diese Passage der Doku so:

„»Wann haben Sie verstanden, dass der Westen nicht mehr unser Partner ist?«, fragt Sarubin seinen Gastgeber. »Gleich zu Beginn der Nullerjahre«, sagt der – und das ist nun wirklich interessant: Zu jener Zeit wurde er bei seinem Auftritt im Deutschen Bundestag noch als Friedensbringer und Brückenbauer gefeiert. Jetzt behauptet Putin, er habe schon damals gesehen, »wie heimtückisch unser geopolitischer Gegner ist: Er sagt das eine und tut etwas völlig anderes«. Schon während des Tschetschenienkrieges habe der Westen die Terroristen und Fundamentalisten im Kaukasus unterstützt.“

Hier versucht der Spiegel-Heini einen Widerspruch zu konstruieren, den es nicht gibt. Putin hat in den ersten Jahren seiner Amtszeit versucht, ein gutes Verhältnis zum Westen aufzubauen. Sein Auftritt im Bundestag 2002 war ehrlich und ernst gemeint.

Allerdings ist es nicht neu, dass die USA und der Westen in Tschetschenien damals eingesickerte arabische Islamisten unterstützt haben, die dort einen „Islamischen Staat“ (kommt Ihnen der Begriff bekannt vor?) aufbauen wollten. Und Putin hat schon vor vielen Jahren im Detail berichtet, wie er sich darüber bei US-Präsident Bush Junior beschwert hat, mit dem Putin persönlich, wenn auch nicht politisch, ein hervorragendes Verhältnis hatte. Diese Geschichten sind keineswegs neu, sie sind in Russland seit weit über zehn Jahren bekannt.

Der Widerspruch ist ein anderer. Die Russen beschäftigt heute, warum ihre Regierung trotz aller offensichtlichen Betrügereien des Westens so lange und so naiv versucht hat, mit dem Westen eine Einigung zu finden. Aber diesen Widerspruch erwähnt der Spiegel-Heini lieber nicht, sondern konstruiert stattdessen einen Widersprich, den es nicht gibt.

Und eine Propaganda-Lüge zum Schluss

Der Spiegel-Artikel endet mit einer Episode, die in Russland jedes Kind kennt. Beim Spiegel klingt das so:

„Und dann kommt ein letzter Clip. Da fragt Putin in einer Schule einen Jungen, ob der denn wisse, wo Russlands Grenzen seien, wo es ende. »An der Beringstraße gegenüber Amerika«, antwortet der Kleine korrekt. Doch Putin korrigiert ihn sanft: »Russland kennt keine Grenzen, Russland endet nirgendwo.«“

Der Spiegel formuliert es so, als habe Putin Weltmachtsfantasien und wolle Russland ohne Limit ausdehnen. Das geht jedoch nur, weil der Spiegel hier wirklich dreist lügt, was er problemlos tun kann, weil wohl kaum ein Deutscher die Episode, um die es dabei geht, kennt.

Putin hatte den Jungen nicht gefragt, „wo Russlands Grenzen seien, wo es ende“, sondern Putin hat dem Jungen eine kleine Fangfrage gestellt und gefragt, wo Russlands Grenze endet. Und Russlands Grenze endet nirgendwo. Die deutsche Grenze auch nicht. Eine Grenze führt einmal um ein Land herum und hat keinen Anfang und kein Ende.

Der Junge ist auf die kleine Fangfrage hereingefallen und hat so geantwortet, wie der Spiegel berichtet. Und Putin hat dem Jungen lachend geantwortet, dass Russlands Grenze nirgendwo endet.

Das Putin-Zitat, mit dem der Spiegel seinen Artikel beendet, ist vollkommen falsch übersetzt und daher de facto frei erfunden, auch wenn es den Vorfall gegeben hat. Aber diese Propaganda-Lüge passt natürlich zur westlichen Propaganda, dass Putin angeblich ein riesiges Imperium erobern will, denn das suggeriert der Spiegel hier. Aber das ist reine Propaganda…

Hier ist das Video von den Vorfall. In Russland ging das viral, wie in Deutschland den Ausspruch „sie hat die Haare schön“ (ja, der Verglich ist unpassend, aber Sie verstehen, was ich meine – jeder Russe kennt das). Bei einer Fernsehgala im russischen Fernsehen sind talentierte Kinder aufgetreten und auch Putin war auf der Bühne. Unter dem Video finden Sie die Übersetzung davon.

Путин: граница России нигде не заканчивается

Putin: „Du kannst Länder erraten, stimmts?“
Junge 1: „Ja“
Putin: „Ouagadougou ist die Hauptstadt von welchem Land?“
Junge 1: „Burkina Faso“
Putin: „Und wie hieß das Land früher?“
Junge 1: (überlegt länger und Putin will ihm schon die Antwort ins Ohr flüstern) „Ober… irgendwas…“
Putin: (lacht) „Obervolta, sehr gut!“
Putin: (zum anderen Jungen) „Und womit machst Du uns eine Freude?“
Junge 2: „Ich kenne alle Grenzen, alle Umrisse von Ländern und Hauptstädte.“
Putin: „Und wo endet die Grenze von Russland?“
Junge 2: „Die Grenze von Russland endet an der Beringstraße gegenüber Amerika.“
Putin: „Russlands Grenze endet nirgendwo…“ (lacht und nimmt den Jungen in den Arm)


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

14 Antworten

  1. Zitat aus dem Artikel:
    „Der Widerspruch ist ein anderer. Die Russen beschäftigt heute, warum ihre Regierung trotz aller offensichtlichen Betrügereien des Westens so lange und so naiv versucht hat, mit dem Westen eine Einigung zu finden. “

    Man mag das als „naiv“ betrachten, was die russische Regierung unter Putin ‚versuchte‘ – doch wer spätestens die Doku von 2017 „der Präsident“ mit & über Putin sah, kann das alles nachvollziehen & gut verstehen!

    Russland war 1999/2000 tatsächlich am „Zerbrechen“ & mit einiger Wahrscheinlichkeit wäre genau das passiert wenn Jelzin auch nur 1 oder 2 Jahre länger im Amt geblieben wäre!
    Putin hatte gar keine andere Wahl als MIT dem ‚Westen‘ Einigungen zu versuchen! Konfrontationen & wenn sie nur verbaler Natur gewesen wären, hätten einen Zerfall Russlands nur beschleunigt. Putin MUSSTE alles versuchen, damit Russland wieder auf die Beine kommt. Dass er das getan hat ohne dass Russland sich „verbiegen“ musste, ist eigentlich ein echtes Heldenepos!

  2. Zu denken, dass dieses „Schmierblatt“ SPIEGEL mehrheitlich von Leuten gelesen wird, die sich für „gebildet“ halten, während die große Masse wohl eher gar nichts liest oder nur um 20:00Uhr die 15min Verblödungsdosis TS inhaliert: Das kann heftige Übelkeit, Angstzustände und starke Zweifel an der Zukunftsfähigkeit Deutschlands erzeugen.
    Und einmal mehr: ‘ex oriente lux‘.

    1. „Man fragt sich, was eher da war, das abgrundtiefe Niveau des Journalismus oder die Bildungsferne des Publikums in Deutschland.“
      Da verwette ich meinen @r$ch drauf: Mit Sicherheit ersteres u. a. mit dem Zil von letzterem…

  3. Die heutige absolute Masse deutscher „Journalisten“ haben nur ein Talent sie können lügen bis sich die Balken biegen. Sie strotzen vor Unwissenheit und Halbbildung man kann sie nicht mal als Fachidioten bezeichnen. Sie sind die willfährigen Spießgesellen der Macht ausübenden „Eliten“!

  4. Bin vermutlich der einzige hier ohne TV / Zeitung, womit ich solche Beschäftigung auch für Zeitverschwendung halte. Wichtig neben Weltpolitik und -wirtschaft ist mir speziell die Übersetzung der gründlichen und sehr unterschiedlichen russischen Texte – dafür meinen Dank.

  5. Kann es eigentlich sein das Hermann Neef der Großvater des Autoren ist? Der war SA-Mitglied, mindestens der 2.Stunde und hat da bis zum Kriegsende fleißig Karriere gemacht. Auch dem lag das „Schreiben“ im Blut.

    Aber mal praktisch, dass der Spiegel so etwas hinter der Paywall versteckt. Die Kunden welche für diesem Mist zahlen, werden dafür zweifellos dankbar sein. Während Nichtkunden dies vielleicht als gezielte Hetze werten und anzeigen könnten. Fragt sich halt nur bei wem, ist schließlich alles bereits stramm auf Regierungslinie oder will mit so etwas nichts zu tun haben. So läuft und lief es halt bei der Gleichschaltung.

  6. Wer MSM liest, hört und sieht, ist selbst schuld. Der Russe ist der Feind – Punkt. Etwas anderes bekommt man hier im besten Deutschland aller Zeiten nicht mehr zu hören. Ohne mich.

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