Wie beeinflusst die Bundestagswahl das Verhältnis zu Russland?
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In Russland hat man die Bundestagswahl mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, denn immer noch hegen viele russische Experten und Medien die Hoffnung, dass es Deutschland als großes Land mit Gewicht in der EU sein könnte, dass den Anstoß zur Verbesserung der Beziehungen zu Europa bringen könnte. Andere in Russland sind da weniger optimistisch und haben Deutschland im Grunde abgeschrieben und sehen in der Politik der aktuellen Bundesregierung eher eine Rückkehr Deutschlands zur anti-russischen Politik der Tradition des Zweiten Weltkrieges.
Aber alleine das zeigt, dass man in Russland immer noch mit großem Interesse auf die deutsche Politik blickt, egal, ob der Blick auf Deutschland dabei hoffnungsvoll oder pessimistisch ist. Nicht umsonst gibt es beispielsweise im bei Vesti Nedeli, dem wöchentlichen Nachrichtenrückblick im russischen Fernsehen, jeden Sonntag einen Bericht des Deutschland-Korrespondenten, den ich jede Woche für den Anti-Spiegel übersetze.
So viel Aufmerksamkeit, dass es in der Sendung jede Woche einen Bericht aus dem Land gibt, erfahren neben Deutschland nur die USA. Aus anderen Ländern wie beispielsweise Frankreich, Italien, Großbritannien oder auch China gibt es in der Sendung nur ab und zu gesonderte Berichte, wenn dort gerade etwas Interessantes passiert ist.
Daher war es wenig überraschend, dass russische Redaktionen – und übrigens auch das weißrussische Fernsehen – mich im Vorwege für Montag um Interviews gebeten haben, um mit mir über die Bundestagswahl zu sprechen.
Die Frage, die mir dabei in jedem Interview gestellt wurde, war, was die Bundestagswahl für das Verhältnis Deutschlands zu Russland bedeutet und was sich dabei mit einer neuen Regierung ändern könnte. Daher will ich dazu mir meine Meinung dazu erklären, die ich auch in den Interviews abgegeben habe.
Was sich unter Merz ändern könnte
Friedrich Merz, der zukünftige Bundeskanzler, ist im Wahlkampf mit sehr anti-russischen Äußerungen aufgefallen. Unvergessen ist seine Drohung, wäre er Kanzler, würde er Putin ein Ultimatum stellen: Entweder Putin stellt den Beschuss ukrainischer Städte innerhalb von 24 Stunden ein, oder Merz würde der Ukraine Taurus-Raketen liefern, damit Kiew damit tief nach Russland hinein feuern kann. Für die Lieferung der Taurus spricht Merz sich immer noch nachdrücklich aus.
Da Noch-Kanzler Scholz angekündigt hat, nicht als Minister in eine Regierung Merz einzutreten, wäre die wichtigste Stimme in Deutschland, die gegen die Lieferung der Taurus war, verschwunden. Verteidigungsminister Pistorius, der in der SPD sicher eine wichtige Rolle spielen wird, wenn sie in die neue Regierung eintritt, scheint damit kein großes Problem zu haben, weshalb eine Merz-Regierung bestehend aus CDU/CSU und SPD die Raketen wohl an Kiew liefern würde. Und eine andere Koalition als diese ist rechnerisch unmöglich, weil Merz eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hat.
Natürlich kann es sein, dass Merz nicht alles, was er als Oppositionsführer oder im Wahlkampf gesagt, als Kanzler auch umsetzt, denn es ist das eine, laut etwas zu fordern, aber es ist etwas anderes, dafür als Kanzler die Verantwortung zu tragen und es zu tun.
Insgesamt wäre zu erwarten, dass die neue Regierung unter Merz noch anti-russischer sein wird als die Scholz-Regierung, in der zwar die Grünen als die radikalsten Anti-Russen der deutschen Politik vertreten waren, aber in der Scholz zumindest deren radikalste Ideen ausgebremst hat.
Auf Deutschland kommt es nicht an
Aber tatsächlich ist es eigentlich ziemlich unwichtig, was Deutschland will, denn die Entscheidungen werden in der EU getroffen, wo eine explizit anti-russische EU-Kommission mit Figuren wie von der Leyen oder Kallas das Sagen hat. Diese Kommission hat in den letzten Jahren weitgehend den Kurs der Europäer vorgegeben, dem die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten gefolgt sind.
Das könnte sich nun allerdings ändern, weil die Kritiker des anti-russischen Kurses – also vor allem Orban aus Ungarn und Fico aus der Slowakei – nun mutiger werden dürften, nachdem Trump US-Präsident ist und sich an Russland annähern und den Krieg in der Ukraine beenden will. Andererseits gibt es in der EU aber auch die radikalen Anti-Russen, das sind vor allem die Balten, Skandinavier und Polen.
Und es gibt auch Frankreich, wo Macron von dem anti-russischen Kurs nicht abweichen will, weil man in Frankreich Russland die Schuld für den Verlust von Einfluss in den ehemaligen französischen Kolonien in Afrika gibt. Frankreich will sich an Russland für den Verlust an internationalem Einfluss rächen und daher den Krieg in der Ukraine möglichst lange weiterführen. Es ist daher nur logisch, dass es ausgerechnet Macron ist, der immer wieder die Entsendung von europäischen Truppen in die Ukraine ins Spiel bringt.
In diesem europäische Chor ist Deutschland nur eine Stimme von vielen. Und nach drei Jahren Scholz und Baerbock hat Deutschland massiv an Einfluss verloren, was es einem Friedrich Merz, immerhin ein Neuling in der internationalen Politik, nicht erleichtern wird, schnell wieder die gewichtige Rolle in Europa zu spielen, die Deutschland unter Merkel noch hatte.
Kurz und gut, man muss realistisch festhalten, dass Deutschland derzeit keinen wirklich entscheidenden Einfluss auf die Linie der europäischen Politik hat. Deutschland ist natürlich nicht unwichtig, aber nach Scholz und Baerbock ist Deutschland auch nicht mehr das politische Schwergewicht, dass es vor einigen Jahren noch war.
Was wird die EU tun?
Der Einzug von Trump ins Weiße Haus hat alles verändert. Unter der Biden-Regierung war die EU ein Vasall, der mit seiner den Transatlantikern treu ergebenen EU-Kommission alles umgesetzt hat, was Washington wollte. Deutschland war dabei einer der wichtigsten Erfüllungsgehilfen und hat alle eigenen Interessen vergessen. Deutschland hat in den letzten drei Jahren unter Scholz und Baerbock auf keinem Gebiet eine eigenständige Politik verfolgt, was einer der Gründe dafür ist, warum Deutschland international heute so sehr an Gewicht verloren hat.
Nun ist Trump im Weißen Haus und der hat die Politik der USA kardinal geändert. Die Frage wird daher sein, wie die EU darauf reagiert. Will sie wirklich den Krieg gegen Russland alleine fortsetzen? Oder knickt sie ein, wenn die USA das Ukraine-Abenteuer verlassen?
Die entscheidende Frage ist daher, ob und wie sich Trump und Putin einigen. Danach wird sich die EU entscheiden müssen, was sie tun will.
Und dabei ist wiederum die Frage, ob man in Brüssel der Meinung ist, dass Trump nur ein vorübergehendes Ereignis ist, das man nun eben vier Jahre ertragen muss, wie man es ja bei Trumps letzter Amtszeit schon getan hat, oder ob man in Brüssel davon ausgeht, dass die Änderung der US-Politik von Dauer ist.
Prognosen sind schwierig
Daher ist es momentan so schwer, Prognosen darüber abzugeben, wie die Politik der neuen Bundesregierung gegenüber Russland aussehen wird. Wie gesehen, hängt das davon ab, ob und wie Trump und Putin sich einigen, und wie die EU darauf reagiert. Bei dieser Entscheidungsfindung in der EU wird Deutschland natürlich eine Rolle spielen, aber wie gewichtig die Stimme Deutschlands in der EU unter Merz sein wird, weiß heute noch niemand.
Auch ist nur schwer zu sagen, ob Merz ein radikaler Anti-Russe ist, der den Kampf gegen Russland notfalls ohne die USA weiterkämpfen will, oder ob er im Interesse der Wirtschaft von der anti-russischen Linie abweicht, wenn beispielsweise sein ehemaliger Arbeitgeber BlackRock in Russland große Gewinne winken sieht, bei deren Realisierung die Russland-Sanktionen stören.
Wie sich die russisch-deutschen Beziehungen unter Merz entwickeln, muss man also abwarten. Zuerst muss man abwarten, ob und worauf sich Trump und Putin einigen, dann muss man die Reaktion der EU abwarten. Und erst dann wird es interessant, wie sich die neue Bundesregierung verhält.
Kurz und gut, von Deutschland hängt derzeit in der Außenpolitik nicht viel ab. Deutschland ist durch die Sanktionen wirtschaftlich geschwächt und durch die willen- und kopflose Politik von Scholz und Baerbock ist Deutschland auch politisch geschwächt.
Könnte Merz handeln, wie er will, würde er die Konfrontation mit Russland wohl sogar eskalieren, wenn man seinen bisherigen Erklärungen glauben darf. Ob und wie schnell er seine Fahne in einen neuen Wind hält, wenn der politische Wind sich drehen sollte, muss man abwarten.
Objektiv kann man festhalten, dass die Rolle Deutschlands in der internationalen Politik in Russland meiner Meinung nach überschätzt wird, denn die Zeiten von Politikern vom Schlage Willy Brandt, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl, die zumindest in einigen Fragen noch wirklich eigene außenpolitische Visionen hatten, ist lange vorbei. Spätestens seit Angela Merkel wird Deutschland von politisch konzept- und willenlosen Gestalten regiert, die die US-Politik widerspruchslos umsetzen, und nur noch reagieren, aber nicht selbst agieren.
Merz dürfte ebenfalls in diese Kategorie fallen, denn von ihm habe ich in Fragen der Außenpolitik außer wilden – und nicht durchdachten – Drohung in Richtung Russland nicht viel gehört. Dass er eigene Visionen für die deutsche Außenpolitik hat – wie sie Brandt, Schmidt und Kohl zumindest in einigen Fragen hatten, und die sie dann auch geduldig umgesetzt haben -, sehe ich bei Merz nicht.
Generell fällt auf, dass Merz im Wahlkampf keine eigene Strategie für die wirtschaftliche und politische Entwicklung Deutschlands vorgelegt hat, was darauf hindeutet, dass er sich politisch in die Reihe von Merkel und Scholz einfügen dürfte.
Initiativen zur Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen erwarte ich unter Merz daher nicht.
12 Antworten
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Nicht zu vergessen folgenden Aspekt…:
https://test.rtde.tech/meinung/237837-blackrock-wird-kanzler/
Schön zu sehen, daß ich mit meinen Annahmen und Äußerungen nicht alleine stehe…..
Natürlich.
Und damit Millionen Rentner (darunter auch ich in einigen Jahrzehnten).
Gut so!
Wenn 90% hier schon lange die Radieschen von unten sehen….
Nazi CDU ist an der macht unf AFD die zweite NAzi partei wird auch immer stärker….es kommen bewusst nazis an die macht in europa und gleichzeitig werden alle andere farbigen menschen vorlame mit islam glauben ins vsier genommen..Israel lacht und tanzt wie verrückt
Hallo Herr Röper,
Dazu kann ich nur sagen das es beim UN-Sicherheitsrat eine Feindstaatenklausel gibt.
Der noch nicht ernannte Bundeskanzler März sollte sich darüber mal Gedanken machen.
Ich habe übrigens heute gelesen, daß hinter den Kulissen ernsthaft überlegt wird, mit dem abgewählten, aber bis zur Konstituierung des neuen Bundestages, die spätestens am 24. März erfolgen muß, formell noch existierenden alten Bundestag mit den alten Mehrheiten, noch schnell einige Beschlüsse zu fassen. Darunter vor allem die Aufhebung der „Schuldenbremse“ für die Finanzierung des Krieges gegen Russland!
Hintergrund: im neuen Bundestag haben AfD und Linke (theoretisch) eine sogenannte „Sperrminorität“. Heißt, sie sind mit gut einem Drittel der Sitze zwar klar in der Minderheit, können aber Beschlüsse, die eine zwei-Drittel-Mehrheit erfordern, verhindern. Beispielsweise eine Grundgesetzänderung. Und da die „Schuldenbremse“ ins GG geschrieben wurde….
Habeck soll schon Bereitschaft signalisiert haben, und Baerbock wäre so ein „Abschiedsgeschenk „sicher auch recht. Dazu paßte ja auch ihr Verplappern mit den schon vereinbarten 700 Milliarden der EU für die Fortsetzung des Krieges und die massive Aufrüstung der EU, welche aber erst nasch den Wahlen verkündet werden sollten.
Das nennt man auch „klare Prioritätensetzung“. Das Land geht vor die Hunde, die USA lassen die EU mit den Kriegskosten sitzen und bereichern sich selbst an den Bodenschätzen der Ukraine, aber die größte Sorge der deutschen Politik ist, daß das Geld für den Russlandfeldzug ausgehen könnte…
Link:
https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/sperrminoritaet-afd-linke-100.html
Wenn das mal kein dummer Zufall ist, dass Trump 500 Mrd zurück haben will und sich das in etwa mit dem geplanten EU Verteidigungsfonds deckt
Es ist doch absolut nichts passiert.
Es war doch absolut klar dass die CDU die stärkste Kraft wird und mit Rot oder Grün/ beide koaliert
Die deutschen Bürger sind zufrieden mit der Politik, warum sollten sie diese abwählen …
Das einzig interessante war lediglich ob die afd 25% der Sitze holt.
Hat sie nicht, somit ist sie absolut bedeutungslos
Der Typ ist einfach nur ein Spezial Dragee. Der blubbert einfach irgendwas daher, von dem er denkt, dass es gerade gut ankommt. Ob er es jemals realisiert interessiert ihn beim blubbern nicht. Hauptsache er macht Punkte. Wenn nicht wird einfach was neues geblubbert. Scheißegal was er da 10 min zuvor noch gesagt hat. Und wenn es sein muss haut er auch auf den putz oder tut so. Ein echter Vollblutpolitiker. wie ihn die deutschen toll finden.
Im Sommer wird es heiz, wer dann noch in Deutschland ist, wird nicht nur verbrennen.
Nun ja, ich kann ja nur von mir ausgehen …. Aber wenn ich doch immer rausposaune, dass mich die deutsche Innenpolitik nicht interessiert, ich mit diesem Interessensverlust auch mir gegenüber eingestehe, dass ich keine Ahnung davon hab, und dann x Anfragen bekomme, ob ich nicht zu deutschen Wahlen eine Analyse abgeben könnte, dann würde ich mangels Kompetenz ablehnen anstatt Blasen zu verbreiten. Allerdings muss dies ja jeder für sich entscheiden 😉