Nach dem Terroranschlag

Wie in Russland über die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert wird

Nach dem grausamen Terroranschlag von Moskau wird in Russland über die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert. Hier zeige ich, wie russische Medien darüber berichten.

Nach dem grausamen Terroranschlag von Moskau waren und sind die Empörung und die Wut in Russland unermesslich. Nicht nur einfache Russen, sondern auch einflussreiche Politiker fordern die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens hat der Moderator dazu eine sehr langen und sehr nachdenklich machenden Kommentar abgegeben, der so gar nicht zu dem Bild von Russland passt, das die westlichen Medien zeichnen. Daher habe ich den Kommentar von Dmitri Kisseljow, der im Westen als Putins „Chefpropagandist“ bezeichnet wird, übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Russland diskutiert erneut über die Wiedereinführung der Todesstrafe

Der Durst nach Rache sollte nicht den Verstand trüben. Denn selbst wenn die Todesstrafe jetzt wieder eingeführt würde, wäre es unmöglich, die vier, die den Massenmord begangen haben, zum Tode zu verurteilen, da das Gesetz keine rückwirkende Kraft hat. Wer darauf besteht, muss den grundlegenden Artikel 1 unserer Verfassung aufgeben, in dem es heißt, dass Russland ein „Rechtsstaat“ ist.

Natürlich gibt es in unserer Geschichte einen Fall aus der Sowjetzeit, in dem Chruschtschow einen neu verabschiedeten Strafrechtsparagrafen rückwirkend eingeführt hat. Das war der berühmte Fall der Währungsspekulanten Rokotow, Faybaschenko und Jakowlew. Zunächst wurden sie nach Paragraf 88 des Strafgesetzbuches der Russischen Sowjetrepublik „Verstoß gegen die Vorschriften über Devisengeschäfte“ verurteilt, doch dann entschied Nikita Chruschtschow, dass die Strafe zu milde sei. Auf seine Anweisung hin fügte der Oberste Gerichtshof der UdSSR dem Paragrafen 88 die Todesstrafe hinzu, und bei dem neuen Prozess wurde das Urteil gegen die drei gefällt, woraufhin sie alle erschossen wurden.

Wollen wir solche Regeln im modernen Russland? Offensichtlich nicht, trotz aller Trauer eines jeden von uns.

Das bedeutet, die Terroristen zu erschießen, wird nicht gehen. Aber was werden sie bekommen? Garantiert eine lebenslange Haftstrafe in einer speziellen Strafkolonie. Das ist kein Zuckerschlecken.

Das ist Salman Radujew, ein Terrorist, der zu lebenslanger Haft in der speziellen Strafkolonie „Weißer Schwan“ in Solikamsk verurteilt wurde. Er starb dort im Jahr 2002. Die Bedingungen sind so, dass das ein Fall ist, bei dem die Lebenden die Toten beneiden. Es wäre besser, wenn man sie erschießen würde. Das sagen sie selbst.

Wladimir Muchankin, der wegen Mordes an acht Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, sagte: „Ich degradiere in diesem Gefängnis. Natürlich bin ich ein Feigling, ich habe Angst vor vielen Dingen, wissen Sie, ich habe meine Zähne verloren und die Gabe der normalen, menschlichen Sprache. Weil es hier nur Befehle gibt, wie bei einem Hund: ‚Jawohl‘ und so weiter. Gehen müssen wir nach vorne gebeugt mit auf den Rücken gefesselten Händen. Ja, es wäre natürlich besser, erschossen zu werden.“

Es wäre besser, erschossen zu werden. Aber diese Entscheidung gibt es nicht. Eine Entscheidung ist schon Freiheit. Aber das ist lebenslange Haft, ohne jede Entscheidungsfreiheit. Kann man das überhaupt nachvollziehen? Diese Existenz – man kann es nicht Leben nennen – ist ausgesprochen hart.

Die Hände eines jeden Mörders im Gefängnis sind blass, weil die Sonne nie auf sie scheint. Sie halten unnatürlich verdreht, so dass man sehen kann, ob etwas zwischen den Fingern versteckt ist. Ein Gefangener, der auf einen Befehl wartet, sieht aus wie eine Schaufensterpuppe, in dieser Haltung wartet ein Sträfling jeden Tag mehrmals auf die Erlaubnis, aufzustehen, sich zu setzen, sich umzudrehen – alles auf Kommando: zu essen und zu arbeiten.

Jeder Gefangene, der zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, träumt davon, eine Arbeit zu bekommen, aber er bekommt sie frühestens zehn Jahre nach Beginn der Haftstrafe, vorausgesetzt, der Gefangene hat nie gegen die Regeln verstoßen. In der Strafkolonie „Schwarzer Delphin“ gibt es zwei Arten von Zellen für Lebenslängliche: Zweibett- und Vierbettzellen. Das Bett, der Nachttisch, die Bank und der Tisch sind mit dem Boden verschraubt. Morgens wird das Bett sorgfältig hergerichtet und darf bis zum Schlafengehen nicht berührt werden.

Die Gefangenen werden nur aus drei Gründen aus der Zelle geholt: für einen einstündigen Spaziergang auf das Dach des Gefängnistrakts, zur Arbeit, und der Weg in die Werkstatt oder zum Spaziergang wird in drei Etappen mit einer Augenbinde erledigt. Manchmal werden sie zu Gerichtssitzungen in einen Nebenraum gebracht, wo sie sofort auf einen Schemel geschnallt werden. Der Gefangene muss dabei immer Meldung machen und sagen, wie viele Menschen er getötet hat.

Im „Schwarzen Delphin“ sitzen 700 Personen, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Sie sitzen dort, wo die Verurteilten nach dem Pugatschow-Aufstand ihr Leben verbracht haben. Alle zu lebenslänglich Verurteilten, ohne Ausnahme, schreiben ein Gnadengesuch. Theoretisch ist es möglich, nach 25 Jahren Haft auf Bewährung freizukommen, aber nur in der Theorie. Niemand hat es je geschafft, ein Vierteljahrhundert unter solchen Bedingungen zu überstehen.

Andrei Smechow, der wegen dreifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, erzählt: „Du stehst morgens auf, schaust dich um und denkst – oh, oh, oh, oh, oh, mein ganzes Leben hier zwischen diesen Gittern zu verbringen. Es wäre besser, mich zu…“

Jedenfalls ist die Todesstrafe in den allermeisten Ländern der Welt verboten. Von den 193 UN-Mitgliedstaaten verhängen nur 52 Länder die Todesstrafe.

Da ist China, wo man sogar für Bestechung oder Drogenhandel sterben kann. Weiter Iran, Saudi-Arabien, Ägypten, Weißrussland und die USA. Die Anwendung der Todesstrafe in den USA ist ein eigenes Thema. Dort werden neue Methoden der Tötung von Verurteilten praktiziert. Zu den Neuerungen gehört die Erstickung mit Stickstoff, bei der dem Menschen der Sauerstoff entzogen wird. Der Tod ist schmerzhaft und tritt begleitet von Krämpfen 19 Minuten nach Beginn der Gaszufuhr ein.

Der weltweite Trend geht dahin, die Todesstrafe abzuschaffen. Die UN-Generalversammlung befasst sich fast jedes Jahr mit diesem Thema und die Mehrheit ist gegen die Todesstrafe. Auch Russland stimmt gegen sie. Allerdings gibt es auch gegenteilige Bewegungen, das muss man fairerweise sagen. Erst vor zwei Wochen hat die Demokratische Republik Kongo, früher Zaire, das Verbot der Todesstrafe aufgehoben, das in dem afrikanischen Land seit 2003 in Kraft war. Im 21. Jahrhundert ist dies das zweite Mal auf der Welt, dass ein Staat die Todesstrafe wieder eingeführt hat. Das erste Mal war es Pakistan, das vor 10 Jahren das Moratorium für die Todesstrafe aufhob, das in diesem Land nur sechs Jahre lang galt. Eine Rückkehr zur Todesstrafe in unserem Land würde also bedeuten, dass wir nach Pakistan und dem Kongo das dritte Land der Welt wären, das das derzeitige Moratorium aufhebt.

Eines der Argumente der Gegner der Todesstrafe ist die Möglichkeit eines Justizirrtums. Und solche Fälle hat es in der Geschichte gegeben. Auch bei uns, in Amerika und in anderen Ländern.

Der wohl berühmteste Fall eines Justizirrtums in unserem Land ist der Fall von Alexander Kravtschenko, einem Einwohner von Schachty im Gebiet Rostow, der 1983 unschuldig erschossen wurde. Um den aufsehenerregenden Fall der Vergewaltigung und Ermordung eines 9-jährigen Schulmädchens „abzuschließen“, „bedrängten“ die Ermittler Kravtschenko, der beim Diebstahl ertappt worden war, und er beschuldigte sich selbst der Vergewaltigung und des Mordes. Das Gericht in Rostow verhängte ein Todesurteil, aber Kravtschenko legte Berufung ein und behauptete, er habe unter Zwang ein falsches Geständnis abgelegt.

Die Strafe wurde auf 15 Jahre herabgesetzt, aber die Verwandten des Opfers bestanden auf einer Überprüfung des Falles, und die Strafe wurde wieder verschärft. Später wurde die Tragödie mit dem Mädchen noch gründlich untersucht und die Schuld des Serienmörders, pädophilen Vergewaltigers und Kannibalen Andrej Tschikatilo wurde bewiesen. Auf sein kriminelles Konto gingen Morde an mindestens 43 Menschen mit dem Ziel der sexuellen Befriedigung. Er wurde 1994 erschossen.

Manche würden sagen: „Das ist gerecht.“ Aber was ist mit dem wichtigen klassischen Grundsatz der Gerechtigkeit, demzufolge es besser ist, hundert Schuldige freizulassen als einen Unschuldigen zu verurteilen? Und in diesem Fall wurde ein Unschuldiger nicht nur verurteilt, sondern auch erschossen.

Ein weiterer Fall dieser Art ist die Erschießung des 28-jährigen Georgi Chabarow, der fälschlicherweise der Vergewaltigung und des Mordes an einem Mädchen beschuldigt wurde. Zunächst verurteilte ihn das Gericht zu einer 14-jährigen Haftstrafe, doch die Mutter des vergewaltigten und ermordeten Mädchens wandte sich an die Öffentlichkeit und begann, bei den Kollegen in der Fabrik Unterschriften zu sammeln, um die Hinrichtung des „Wahnsinnigen Chabarow“ zu fordern. Die Menschen unterstützten die Mutter nach Kräften. Chabarow wurde 1983 nach einem neuen Gerichtsurteil erschossen. Später bewies das Gericht im Fall dieser Vergewaltigung die Schuld des Serienmörders und Vergewaltigers Nikolaj Fefilow. Er erlebte den Prozess nicht mehr – er wurde 1988 von einem Zellengenossen getötet. Aber erschossen wurde ein anderer Mann.

Die Liste solcher Fälle in unserem Land ist unendlich lang. Ein amerikanisches Beispiel ist Reuben Kant aus dem Bundesstaat Texas. Er wurde 1993 durch die Giftspritze hingerichtet – wegen angeblichen Raubmordes. Zwölf Jahre später wies die Lokalzeitung „Houston Chronicle“ nach, dass Reuben Kant von einem einzigen Zeugen überführt worden war. Der Mann widerrief später seine Aussage und gab zu, dass er über einen Mann, den er nicht einmal kannte, einfach gelogen hatte.

Soweit zu Justizirrtümern als Argument gegen die Todesstrafe. Das Hauptargument ist jedoch nach wie vor das unabänderliche Menschenrecht auf Leben, ein grundlegendes und unwiderrufliches Recht. Das Recht auf Leben ist in der aktuellen russischen Verfassung verankert.

Artikel 20 Absatz 1 der russischen Verfassung lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben“. Aber dann, im zweiten Absatz, ist die Todesstrafe als vorübergehende Maßnahme „bis zur Aufhebung“ vorgesehen: „Die Todesstrafe kann bis zu ihrer Abschaffung durch Föderales Gesetz als außergewöhnliche Strafmaßnahme für besonders schwere Verbrechen gegen das Leben verhängt werden, wobei dem Angeklagten das Recht eingeräumt wird, dass sein Fall von einem Gericht unter Mitwirkung von Geschworenen verhandelt wird“.

Das heißt, die Abschaffung der Todesstrafe war von Anfang an in unserer Verfassung verankert. Das ist der 1993 eingeschlagene Weg. Das Ziel ist ihre Abschaffung. Und wir sind, das muss man sagen, auf diesem Weg ziemlich stetig vorangekommen, obwohl es zu Sowjetzeiten ein gewisses Hin und Her mit diesem Thema gab.

Am 28. Oktober 1917 schaffte Lenin die Todesstrafe ab, aber nicht einmal ein Jahr später wurde die Todesstrafe für diejenigen wieder eingeführt, die an „Weißgardistenorganisationen, Verschwörungen und Aufständen“ beteiligt waren. Im Januar 1920 wurde die Todesstrafe erneut abgeschafft, aber im Mai erließ der Revolutionäre Militärrat Russlands ein Dekret „Über revolutionäre Tribunale“, in dem die Todesstrafe vorgesehen war. Stalin hob die Todesstrafe 1947 auf, aber 1950 wurde sie für die schwerwiegendsten Tatbestände Hochverrat, Spionage und Mord wieder eingeführt.

Bis zum Ende der UdSSR wurde die Todesstrafe auf Dutzende von Straftaten ausgedehnt, darunter auch auf Wirtschaftsdelikte. Und sie wurde in großem Umfang angewendet. Von 1962 bis 1989 wurden in der UdSSR mehr als 20.000 Menschen erschossen.

Im neuen Russland wurde der Triebtäter aus Odintsovo, Sergej Golowkin, genannt Fischer, als Letzter hingerichtet. Der Serienmörder, Pädophile und Kannibale, dem mindestens elf Teenager zum Opfer fielen, wurde am 2. August 1996 im Butyrskaja-Gefängnis erschossen. Das Urteil wurde kurz vor der Unterzeichnung des Dekrets „Über die schrittweise Verringerung der Anwendung der Todesstrafe im Zusammenhang mit dem Beitritt Russlands zum Europarat“ durch Präsident Boris Jelzin gefällt. Vorher hatte Russland auf Jelzins Anweisung auch das berühmte Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten unterzeichnet. Artikel 1 des Protokolls ist kategorisch: „Die Todesstrafe wird abgeschafft. Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden“.

Seit 1996 ist in Russland ein Moratorium für die Todesstrafe in Kraft. In der Verfassung ist die Todesstrafe als vorübergehende Maßnahme für eine Übergangszeit zwar immer noch enthalten, aber als ein vergangene Etappe, und die Praxis des Strafvollzuges ist schon anders. Todesurteile werden durch lebenslange Haftstrafen ersetzt.

Im Jahr 1999 bestätigte das russische Verfassungsgericht den eingeschlagenen Weg und im Jahr 2009 hat es das Moratorium für die Todesstrafe in Russland in seinem Urteil als unbefristet und „unumkehrbar“ eingestuft. Und zur Klarstellung wurde hinzugefügt: „Diese Entscheidung ist endgültig und kann nicht angefochten werden“.

Es ist wichtig festzuhalten, dass sich Russland durch die schwere Prüfung brutaler Terroranschläge – seien es die Bombenanschläge auf Häuser in Moskau, Wolgodonsk und Buynaksk, das Geiseldrama und die Todesopfer beim Musical Nord-Ost, die Stürmung der Schule und die Erschießung von Kindern in Beslan, die Bombenanschläge auf Passagierflugzeuge, die U-Bahn und den Newski-Express – unbeirrt auf die endgültige Abschaffung der Todesstrafe zubewegt.

Jedes Mal kommt das Thema der Rückkehr zur Todesstrafe dann wieder in der Gesellschaft auf. Und bisher zeigen alle Umfragen, dass mehr Menschen für die Todesstrafe sind als gegen sie. Aber diese Position ist doch eher emotional und berücksichtigt die Risiken der Rückkehr zu den blutrünstigen Praktiken der Vergangenheit nicht. Und überhaupt, haben wir unseren Plan für Erschießungen nicht erfüllt? Erinnern wir uns an unsere Geschichte.

Die Wiedereinführung der Todesstrafe bedeutet eine völlig andere Natur unserer Gesellschaft und unseres Staates. Sie ist die Aufhebung des Rechts auf Leben, was eine völlig andere humanitäre Grundlage bedeutet. Und das Verfassungsgericht hat nicht das Recht, seine eigenen Entscheidungen aufzuheben. Sonst würde es bedeuten, dass das Verfassungsgericht die Verfassung heute so auslegt und morgen anders! Wohin soll das führen?

Valery Zorkin, der Oberste Verfassungsrichter, sagte zu Recht, dass man dann eine neue Verfassung bräuchte, denn das Recht auf Leben in Artikel 20 kann nicht einfach durch eine Änderung aufgehoben werden: „Aber ich möchte Sie daran erinnern, dass dieser Artikel 20 sich auf das zweite Kapitel „Menschenrechte und Bürgerrechte“ bezieht. Tatsache ist, dass die Verfassung so aufgebaut ist, dass man praktisch eine neue Verfassung verabschieden muss, um diesen Artikel zu ändern, ihm eine andere Bedeutung zu geben. Wenn also die Autoren, die dafür sind, das wollen, sollen sie es versuchen, aber ich konnte nicht anders als das zu sagen. Ich möchte betonen, dass das nicht meine subjektive Meinung ist, sondern ich habe im Namen der Richter gesprochen und die konsolidierte Position des Verfassungsgerichts zu diesem Thema dargelegt.“

Das sagte er auf dem 10. Richterkongress in St. Petersburg im vorletzten Jahr, als das Thema zur Sprache kam. Und heute sind die Worte, die der Chef des Verfassungsgerichts Zorkin damals sagte, hochaktuell. Zorkin bezog sich auf die unwiderrufliche Entscheidung des Verfassungsgerichts von 2009 und fragte: „Damals sagte das Verfassungsgericht: ‚In Russland hat sich ein verfassungsrechtliches System entwickelt, in dessen Rahmen die Bürger der Russischen Föderation das Recht erhalten haben, nicht zur Todesstrafe verurteilt zu werden.‘ Sagen Sie mir bitte, wie man in diesen Fällen jetzt die Todesstrafe einführen soll?“

Hören Sie, die Todesstrafe ist ein hartes Instrument. Es ist gut, dass wir jetzt Putin als Anführer Russlands haben. Für ihn ist das Leben eines jeden unserer Mitbürger unbezahlbar. Für Putin sind unsere historische Erfahrung und sein beruflicher Hintergrund beim KGB eine starke Impfung gegen Grausamkeit.

Aber nach Putin wird es einen anderen geben. Und wer weiß, inwieweit dieser andere die humanitäre Atmosphäre im Lande verändern wird. Tatsache ist, dass die Persönlichkeit an der Spitze des Staates immer das Gesetz gefärbt hat. Und es gab Zeiten, in denen die Existenz der Todesstrafe es uns ermöglichte, die Strafen gemäß bereits bestehender Paragrafen bis zum Äußersten zu erweitern.

Jetzt haben wir ein verfassungsrechtliches System, in dem die Rückkehr zur Todesstrafe praktisch unmöglich ist – weder durch ein Dekret des Präsidenten, noch durch ein Referendum, noch durch eine Entscheidung des Parlaments oder des Verfassungsgerichts. Aber natürlich kann man, wenn man will, alles brechen. Und was für ein System werden unsere Nachkommen von uns erben? Auch das ist keine einfache Frage. Wer und was kommt danach?

In dieser Woche erklärte Dmitri Peskow, der Sprecher des Präsidenten, der Kreml beteilige sich nicht an der Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Und in der Tat äußert sich Wladimir Putin im Moment nicht dazu. Das heißt aber nicht, dass er keine Meinung dazu hat. Die hat er, er hat sie bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht und bestätigt. Seien Sie versichert, dass sie sich auch jetzt nicht geändert hat.

Die Sendung „Direkter Draht mit dem russischen Präsidenten“ im Jahr 2013. Damals war das jüngste Ereignis ein aufsehenerregendes Verbrechen, der brutale Mord in Belgorod, bei dem sechs Menschen durch die Schüsse eines Wiederholungstäters getötet wurden. Also wurde Putin nach der Todesstrafe gefragt.

Putin antwortete darauf: „Die Frage der Todesstrafe wird in der Gesellschaft schon lange diskutiert. Wissen Sie, wenn manchmal solche Dinge passieren, möchte man zum Stift greifen, um die Dokumente zur Wiedereinführung der Todesstrafe unterschreiben, oder die Abgeordnete bitten, dies zu tun. Aber wir müssen mit Experten sprechen, mit Kriminologen. Und die Experten sind der Meinung, dass eine Verschärfung der Strafe nicht zu einem Rückgang der Kriminalität führt. Ich habe dieses Beispiel schon einmal erwähnt. Im Römischen Reich wurde für Taschendiebstahl die Todesstrafe verhängt und die meisten Taschendiebstähle wurden während öffentlicher Hinrichtungen begangen, weil da so viele Menschen auf den Plätzen versammelt waren. Das ist so ein Beispiel aus dem Lehrbuch der Kriminologie. Ich verstehe die Empörung der Menschen und den Wunsch, Verbrecher zu bestrafen, aber die Frage ist die Effektivität. Wir haben die lebenslange Haftstrafe. Ich versichere Ihnen, die Haftbedingungen dort sind weit von einem Sanatorium entfernt.“

Es ist klar, dass die Ermittler nun allem in diesem sehr komplexen Fall auf den Grund gehen, alle Verbindungen aufdecken und diejenigen finden müssen, die noch nicht gefunden wurden, und das Gericht wird die Mörder und alle Beteiligten unweigerlich bestrafen müssen – mit aller Strenge des russischen Rechts.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

28 Antworten

    1. Die Abschaffung der Todesstrafe ist ein Anfang, aber M.E. gehören in der Folge auch ein menschenwürdiger Strafvollzug bzw. humane Haftbedingungen dazu. Ein langsames verrecken lassen unter drakonischen Bedingungen erinnert eher an eine Todesstrafe auf Raten.
      Und wenn Putin schon das Lehrbuch der Kriminologie bemüht, dann sollten er und wir nicht vergessen, das Resozialisierung immer Bestandteil von Strafe sein sollte, wenn man eine humane Gesellschaft haben möchte. Ich hoffe sehr, das Russland als junge Demokratie noch dazu lernt.

      1. Gebe ich Ihnen grundsätzlich recht.
        Manche Zeitgenossen sind allerdings derart gefangen in ihrem ideologischen Fanatismus dass eine Resozialisierung nicht möglich ist.
        Und Idioten wie solche Attentäter sollen ruhig auch körperlich und seelisch Schmerzen verspüren.

        1. Merkwürdig! Sie geben mir grundsätzlich Recht, widersprechen aber im nächsten Satz.
          Nur Mal zum nachdenken: ist Freiheitsentzug nicht schon eine gewaltige Strafe? Ihre Gedanken sind leider von Rache geprägt, nicht von Humanismus.

      2. Es wird wohl immer ein Problem bleiben, in wie weit es für verschiedene Straftaten eine angemessene Bestrafung gibt. Für Mörder und Kinderschänder wäre ein zu humaner Strafvollzug unangebracht, da ihre Opfer keine Chance auf Wiedergutmachung haben. Der erhobene Zeigefinger für jugendliche Intensivtäter kann auch keine Lösung sein. Es gibt bisher kein Land auf dieser Welt, dass eine Ideallösung gefunden hat.

          1. Wiedergutmachung kann immer nur symbolisch stattfinden, denn eine Tat wurde ja bereits begangen und der Schaden zugefügt. Im übrigen haben die Skandinavier mit humanem Strafvollzug gute Erfahrungen gemacht. Dort gibt es die geringsten Rückfallquoten.

            1. Das sehen wir definitiv anders – eine Strafe ist nicht nur rhetorisch – sondern der Begriff trägt seine Bedeutung voraus.

              Wenn zum Beispiel jemand deine Tochter vergewaltigt – bringst du ihm dann auch noch Kaffee und Kuchen – oder wirst du ihn so bestrafen, daß er das nie wieder tut?

        1. Wiedergutmachung kann immer nur symbolisch stattfinden, denn eine Tat wurde ja bereits begangen und der Schaden zugefügt. Im übrigen haben die Skandinavier mit humanem Strafvollzug gute Erfahrungen gemacht. Dort gibt es die geringsten Rückfallquoten.

          1. Welche Drogen muß man eigentlich nehmen, um solchen Blödsinn abzusondern? In Schweden gibt es immer mehr Nogo-Bereiche wegen zunehmender Migrantengewalt, obwohl sie anfangs besonders hilfsbereit waren. Die BRD und Österreich haben sich auch als großartige Willkommensklatscher hervorgetan und zahlen mit die höchste finanzielle Unterstützung und trotzdem wird die Zahl der Gewaltstraftaten durch Menschen, die rundum gepudert werden immer höher, weit über dem allgemeinen Bevölkerungsanteil. Dieser Teil Europas bekommt Kriminalität, wie sie schon lange in den USA üblich sind. Anscheinend funktionieren Streicheleinheiten bei vielen Menschen nicht, um sie von Gewalttaten abzuhalten.

            1. Haben sie auch gehaltvolleres im Hirn als die pauschale Gleichsetzung von Straftaten mit Migranten? Vielleicht setzten sie sich mal mit Rechtsphilosophie und Moral/Ethik auseinander anstatt
              billige Stammtischparolen abzusondern. Könnte das Diskussionsniveau hier anheben.

      3. Ich bin froh über diese bereits hier vorgefundene Anmerkung zu humanen Haftbedingungen.

        Gestolpert bin ich beim Lesen auch über die Bezeichnung solcher fragwürdigen Straflager: „eine lebenslange Haftstrafe in einer speziellen Strafkolonie“

        Mancher könnte nun folgern, „speziell“, wie auch in der Bezeichnung „spezielle Militäroperation“, stünde für „besonders grausam“.

  1. Terror, Terror oder auch eine Portion Error?

    Als ich den ersten Beitrag zu diesem Ereignis las, kam mir der Gedanke – „Wieso brennt die Hütte lichterloh bei einer Schießerei“ – in den Sinn, beließ es aber dabei.

    Nun treten doch einige Zweifel an den allgemein veröffentlichten Darstellungen auf.

    Dazu drei Beiträge:

    swprs.org/the-moscow-concert-hall-attack-may-have-been-a-staged-event/

    off-guardian.org/2024/03/28/a-very-curious-crocus-video/

    Hier von Bedeutung der Kommentar eines „Christian“ und dessen Verweisen in seinem Beitrag:
    pressefreiheit.rtde.tech/kurzclips/video/201077-terroranschlag-auf-konzerthalle-von-westen/

    Was meint das Fußvolk dazu?

  2. Die Todesstrafe ist fast immer eine schlechte Idee – wegen der Möglichkeit eines Justizirrtums und weil auch ein Mörder sich ändern kann.
    Aber über Ausnahmen in besonderen Einzelfällen könnte man nachdenken – z.B. wenn es Russland gelingen sollte, den echten Drahtzieher hinter dem Terroranschlag (also den auf der anderen Atlantikseite) zu fangen. Der würde in keinem Gefängnis lange bleiben, da käme sofort ein NAziTO-Spezialkommando, um ihn zu befreien, und eine Horde von korrupten Anwälten, um das zu rechtfertigen. Um so etwas zu verhindern wäre eine Ausnahmeregelung sinnvoll – aber 2 Grundvoraussetzungen für die Verhängung der Todesstrafe müsste sein, dass überhaupt kein Zweifel an der Schuld besteht und dass der Verbrecher jemand ist, der in weiten Teilen der Welt über dem Gesetz steht.

    1. Die Möglichkeit eines Justizirrtums ist abzuwägen gegen die Möglichkeit des Rückfalls also der Tatwiederholung. In beiden Fällen kostet es Unschuldigen das Leben. Wenn man nur diesen Aspekt betrachtet, dürfte die Bilanz eher für die Todesstrafe sprechen.

      1. Tatwiederholung kann man auch bei lebenslanger Haft im Hochsicherheitstrakt weitgehend ausschliessen — damit sind wir dann wieder bei denen, die durch korrupte Justiz befreit würden, für die ich auch eine Ausnahme machen würde.

  3. Das effektivste Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität ist die umfassende Ursachenforschung und die aus dieser Forschung erhaltenen Erkenntnisse umgesetzt in Präventionsmaßnahmen.
    Doch leider gilt das Sprichwort: Es kann der friedliebenste Mensch nicht im Frieden leben, wenn es seinem (NATO-)Nachbarn nicht gefällt. Zumal dann nicht, wenn es offensichtliche Begehrlichkeiten bezüglich wichtiger Rohstoffe auf russischem Territorium gibt.

    1. Ich bin entschiedener Gegner der Todesstrafe. Rehabilitierung und Wiedergutmachung sind besser als Rache, gern auch mit nachdrücklicher Umerziehung der Täter. So viel Druck wie nötig, nicht wie möglich, sonst ist das kontraproduktiv.

    2. @ Guenter
      Es ist sogar zutiefst logisch.

      Danke für diesen wunderbaren Vortragslink.
      Ich hatte schon immer Probleme mit dem 1 Abs. 1 GG,
      konnte das aber nie richtig einordnen.
      Der Vortrag von Andreas Thiel bringt es perfekt auf den Punkt.

  4. Ich bin für Menschenwürdige Haftstrafen, weil das Christlich ist. Todesstrafen, quälen und bewusstes erniedrigen wirkt irgendwann zurück. Wir sind eine Menschheitsfamilie und müssen Wege finden Hass zu überwinden. Staatliche Brutalität macht die Menschen nicht besser, schreckt nicht ab und hilft weder der Gerechtigkeit noch dem Land. Irgendwann wird man selber so, Russland gut daran auf die Verfassung und Putin zu hören.

  5. Bei dem menschlichen Abschaum der gerade daran gehindert wird die komplette Welt zu versklaven und dafür ein paar Milliarden Menschen töten wollen , ist die Todesstrafe genau das richtige Werkzeug um diesen Abschaum aus der Gesellschaft zu entfernen !
    Scheinbar herrscht zum Thema Todesstrafe auch hier totale Ahnungslosigkeit !
    Die EU zb. hat ein Gesetz das erlaubt die Bevölkerung zu töten , ist kein Geheimnis , war auch hier schon auf dem Tisch , wurde halt wie so oft ignoriert !
    In Deutschland gibt es rechtlich auch noch die Todesstrafe , die Militärgesetze wie zb. SHEAF , sind fester Bestandteil des deutschen Recht und dort wird ganz klar beschrieben für welche Vergehen man die Todesstrafe bekommt , auch das kann man nachlesen !
    Wird zwar nicht genutzt , aber rechtlich wäre es möglich !
    Möchte nicht wissen in welchen Ländern die Todesstrafe noch möglich ist , sicherlich gut vergraben damit es Keiner erfährt .
    Was also ist an der Einführung der Todesstrafe in Russland so besonders ?
    Ist doch nur wieder Futter für die Ahnungslosen , für die Informierten ist das nichts Besonderes !
    In der Realität brauch Niemand die Todesstrafe einzuführen , abseits der Justiz gehört töten zum Tagesgeschäft , man beseitigt einfach den Abschaum , das entlastet die Gerichte und Straflager/Gefängnisse , muss man positiv sehen !

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