Farbrevolution

Die Ereignisse in und um Georgien seit Ende letzter Woche

In Georgien ist die versuchte Farbrevolution in ihre heiße Phase übergegangen. Seit Donnerstag gibt es jeden Tag Straßenschlachten zwischen einem pro-westlichen Mob und der Polizei, während der Westen der georgischen Regierung droht und erste Sanktionen verhängt.

Nachdem die georgische Regierung im Mai ein Gesetz gegen ausländische Einmischung in die georgische Politik erlassen hat, das NGOs, Medien und Blogger, die 20 und mehr Prozent ihrer Einnahmen aus dem Ausland bekommen, verpflichtet, ihre Finanzen offenzulegen, damit jeder sehen kann, in wessen Interesse sie tätig sind, haben sich die Beziehungen des Westens zu Georgien verschlechtert. Die EU hat die Kontakte zur georgischen Regierung abgebrochen und die USA haben mit weiteren Drohungen reagiert, sollte das Gesetz in Kraft bleiben.

Bei den Parlamentswahlen am 26. Oktober hat die georgische Regierung die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht. Die vom Westen finanzierte Opposition erkennt den Wahlsieg nicht an, gleiches gilt für die amtierende georgische Präsidentin, eine französische Staatsbürgerin, und den Westen.

Es folgte ein Monat mit friedlichen Demonstrationen.

Am 28. November hat die georgische Regierung auf das Verhalten der EU reagiert und verkündet, die von der EU für den Beitritt geforderten Reformen fortzusetzen, den Beitrittsprozess selbst aber bis 2028 einzufrieren. Georgien werde seine Reformen so fortsetzen, dass die Gespräche 2028 wieder aufgenommen werden können und dass ein EU-Beitritt 2030 möglich ist.

Die Unterbrechung der Beitrittsverhandlungen begründete die Regierung mit den unfreundlichen und arroganten Schritten der EU und die Regierung forderte respektvolle Kontakte und Verhandlungen auf Augenhöhe. Georgien sei ein stolzes Land und wolle keine Almosen.

Daraufhin eskalierten die Proteste in der Nacht zum 29. November zu offenen Straßenschlachten, bei denen Dominik Reichert, mein Ko-Moderator von Anti-Spiegel-TV, von einem Gummigeschoss der Polizei am Kopf verletzt wurde.

Ich werde nun die Ereignisse seit dem 29. November chronologisch zusammenfassen.

Freitag, 29. November

In Georgien

In oppositionellen Kanälen in sozialen Netzwerken wurden Aufrufe veröffentlicht, strategische Einrichtungen im Land zu blockieren, gab der georgische Innenminister in einer Erklärung bekannt:

„In sozialen Netzwerken werden Aufrufe verbreitet, Demonstrationen abzuhalten und verschiedene Objekte von strategischer Bedeutung zu blockieren, darunter Fernseh- und Radiosender, Bahnhöfe, zentrale Autobahnen und andere wichtige Objekte.“

Ihm zufolge hätten sich die mit EU-Fahnen marschierenden Demonstranten auch mit Eisenrohren und Schlagstöcken bewaffnet und wollten sich den Polizeibeamten widersetzen. In den ersten beiden Tagen der Proteste wurden 42 Polizisten verletzt.

Ausländische Einmischung

Das deutsche Außenministerium bestätigte, dass die georgische Präsidentin Salome Surabischwili am 28. November ein Treffen mit ausländischen Diplomaten abgehalten habe, an dem auch ein Vertreter Deutschlands teilnahm. Das ist deshalb heikel, weil die deutsche Botschaft in Georgien schon am 9. November offen zu einer Revolution in Georgien aufgerufen und ein deutscher Politiker die Protestler damals zusätzlich angefeuert hat.

Das französische Außenministerium erklärte seine Bereitschaft, die „europäischen Bestrebungen“ der Einwohner Georgiens weiterhin zu unterstützen, und forderte die georgische Regierung auf, das Recht auf friedlichen Protest zu respektieren. Die entsprechende Erklärung wurde vom Pressedienst des französischen Außenministeriums veröffentlicht, darin hieß es:

„Frankreich beobachtet die Lage in Georgien genau. Wir sind besorgt über Berichte über Repressalien gegen Demonstranten und Journalisten und fordern die Achtung des Rechts auf friedliche Demonstrationen. Gemeinsam mit seinen europäischen Partnern wird Frankreich weiterhin enge Beziehungen zum georgischen Volk pflegen und seine europäischen Bestrebungen unterstützen, die man nicht verraten darf.“

Samstag, 30. November

In Georgien

Ministerpräsident Irakli Kobachidse erklärte, dass das Szenario des ukrainischen „Maidan“ in Georgien nicht wiederholt werden könne, da das Land über starke Institutionen und weise Menschen verfüge:

„Die Radikalen und ihre ausländischen Geldgeber versuchen immer, einen Grund für Unruhen im Land und eine Ukrainisierung Georgiens zu finden. Sie haben noch nicht erkannt, dass Georgien im Gegensatz zur Ukraine im Jahr 2013 ein unabhängiger Staat mit starken Institutionen ist. Und das Wichtigste ist das erfahrene und weise Volk, dessen Standhaftigkeit niemand erschüttern kann, und das kein „Maidan“-Szenario zulässt.“

Weiter erklärte er, dass die Sicherheitskräfte bei den Protesten einen Angriff auf die Verfassungsordnung des Landes verhindert hätten.

Die georgische Präsidentin und französische Staatsbürgerin Salome Surabischwili erklärte gleichzeitig, sie werde ihr Amt trotz Ablauf ihrer Amtszeit nicht aufgeben, da das Parlament „illegitim“ sei:

„Ich bleibe Ihre Präsidentin, denn ein illegitimes Parlament kann keinen neuen Präsidenten wählen.“

Am 26. November hat das Parlament die Präsidentschaftswahlen für den 14. Dezember und die Amtseinführung des neuen Präsidenten für den 29. Dezember angesetzt. Die Regierungspartei „Georgischer Traum – Demokratisches Georgien“ ernannte den Abgeordneten Michail Kawelaschwili zu ihrem Präsidentschaftskandidaten.

Nach einer Verfassungsänderung wird der Präsident des Landes erstmals nicht durch das Volk, sondern – ähnlich wie in Deutschland – von einem 300-köpfigen Wahlgremium gewählt, das sich aus Abgeordneten und öffentlichen Persönlichkeiten zusammensetzt.

Die Proteste gingen an dem Tag unvermindert weiter. Unter anderem versuchten mehrere Dutzend Menschen, in das Gebäude des georgischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzudringen und forderten eine Live-Übertragung ihrer Forderungen. Die Demonstranten, darunter bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, sagten, dass der Sender aus dem Staatshaushalt finanziert werde und er Nachrichten daher unparteiisch senden müsse, insbesondere zum Thema der Proteste.

Im Zentrum der Hauptstadt errichteten die Demonstranten Barrikaden, sie legten Feuer vor dem Parlament und die Straßenschlachten setzten sich fort.

Gewaltbereite Demonstranten griffen das georgische Parlamentsgebäude an, schlugen Fenster ein und beschädigten 48 Räume, wie der georgische Parlamentspräsident am nächsten Tag mitteilte. Fast alle Fenster an einer Seite des Gebäudes seien beschädigt, die Heiz- und Kühlanlagen des zentralen Parlamentsgebäudes seien zerstört, das Lagerhäuser und das Computerlabor des Schulungszentrums seien beschädigt, die Parlamentscafeteria sei vollständig zerstört.

Der georgische Staatssicherheitsdienst erklärte, dass die fortgesetzten Angriffe gegen das Parlament zeigten, dass der Versuch einer illegalen Machtergreifung stattfinde. An dem Tag wurden 50 Demonstranten festgenommen.

Ausländische Einmischungen

Die USA setzten ihre strategische Partnerschaft mit Georgien aus, da die georgische Regierung beschlossen habe, die EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 auf Eis zu legen, erklärte das US-Außenministerium. Laut der amerikanischen Regierung habe die georgische Regierung „mit der Aussetzung des EU-Beitrittsprozesses gegen den Willen des Volkes gehandelt“ und damit angeblich „die Möglichkeit der Annäherung an Europa aufgegeben und Georgien für den Kreml verwundbarer gemacht“.

Das US-Außenministerium behauptete weiter, dass die Handlungen der Regierungspartei „gegen wesentliche Bestimmungen der strategischen Partnerschaft zwischen den USA und Georgien verstoßen, die auf gemeinsamen Werten und einem Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft, Menschenrechten und Grundfreiheiten sowie zur Bekämpfung der Korruption basieren.“ Daher würden die USA „diesen Mechanismus außer Kraft“ setzen, heißt es in der Erklärung.

Gleichzeitig verurteilte das US-Außenministerium „die übermäßige Anwendung von Gewalt“ gegen Demonstranten durch Polizeibeamte und forderte die georgische Regierung auf, „auf den Weg der transatlantischen Integration zurückzukehren und eine transparente Untersuchung aller Verstöße bei den Parlamentswahlen durchzuführen und die anti-demokratischen Gesetze aufzuheben, die die Versammlungs- und Meinungsfreiheit einschränken.“

Sonntag, 1. Dezember

In Georgien

Die Proteste gingen unvermindert weiter, die Demonstranten setzten auch Molotowcocktails, Feuerwerkskörper und Wurfgeschosse gegen die Polizei ein. In den ersten drei Tagen der Proteste wurden 113 Polizisten verletzt.

Ausländische Einmischung

Die georgischen Botschafter in den USA, Bulgarien und den Niederlanden, sowie der amtierende georgische Botschafter in Italien legten aus Protest gegen die Entscheidungen der Regierung ihre Ämter nieder. Auch der stellvertretende georgische Außenminister trat vor dem Hintergrund der Proteste und der Straßenschlachten zurück.

Die georgische Präsidentin Surabischwili besprach die Lage im Land telefonisch mit dem neuen Vorsitzenden des Europäischen Rates, Antonio Costa, und der EU-Kommissarin für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, hieß es in einer Presseerklärung der Präsidialverwaltung:

„Die Präsidentin Georgiens hat die Lage in Georgien gerade eben mit dem Vorsitzenden des Europäischen Rates, António Costa, und der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, gesprochen, die vor einigen Tagen Charles Michel und Josep Borrell in der EU-Kommission ersetzt haben.“

Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb auf X, dass die drei baltischen Staaten beabsichtigen, persönliche Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die „die berechtigten Proteste in Georgien unterdrücken“. Darüber hinaus wies der Außenminister darauf hin, dass in den baltischen Ländern „Demokratiegegner und Menschenrechtsverletzer“ nicht willkommen seien. Das Außenministerium teilte mit, dass ein Dutzend hochrangiger Beamter des georgischen Innenministeriums sanktioniert und mit Einreisesperren in die baltischen Staaten belegt würden.

An dem Tag führte auch der litauische Präsident Gitanas Nauseda ein Telefongespräch mit der georgischen Präsidentin Surabischwili. Laut Nauseda würden die Entscheidungen der georgischen Regierung nicht den Erwartungen der georgischen Präsidentin und der Mehrheit der georgischen Gesellschaft entsprechen.

Aus dem Büro der neu ernannten EU-Chefdiplomatin Kallas kam ebenfalls eine Erklärung, in der es hieß:

„Das georgische Volk ist erneut auf die Straße gegangen, um sein Streben nach einer EU-Mitgliedschaft zu bekräftigen. Die EU verurteilt aufs Schärfste die Gewalt gegen friedliche Demonstranten, die sich entschieden für ihre europäische und demokratische Zukunft einsetzen. Dieses Vorgehen der georgischen Regierung wird direkte Auswirkungen auf unsere Beziehungen haben.“

Das sind praktisch wortwörtlich die Formulierungen, mit denen die EU während des Maidan der ukrainischen Regierung gedroht hat, wenn sie die gerichtlich verbotenen Protestcamps auf dem Kiewer Maidan gewaltsam auflösen würde. Den Einsatz von Gummiknüppeln, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Radikalen auf dem Maidan hat die EU scharf verurteilt, während sie zwei Monate später nicht protestiert hat, als die Maidan-Regierung mit Panzern, Artillerie und Luftwaffe gegen die damals noch unbewaffneten Anti-Maidan-Proteste im Osten der Ukraine vorgegangen ist.

Montag, 2. Dezember

In Georgien

Die Proteste von einigen tausend Demonstranten gingen unvermindert weiter. Sie blockierten Straßen im Stadtzentrum und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei.

Der georgische Ministerpräsident Kobachidse hat nicht ausgeschlossen, dass die Regierung das Verfassungsgericht anruft, um Oppositionsparteien für illegal zu erklären, denn sie hätten „sich in diesen Tagen offen gegen die Verfassungsordnung Georgiens gestellt, was eine direkte Grundlage dafür schafft, das Verfassungsgericht anzurufen und die Oppositionsparteien für verfassungswidrig zu erklären“. Konkret nannte er die Partei des ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili „Vereinigte Nationalbewegung“, die Koalitionen „Für den Wandel“ und „Starkes Georgien“ sowie die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Giorgi Gacharia „Gacharia für Georgien“.

Vertreter der Opposition haben Schüler und Lehrer dazu aufgerufen hatten, in Streik zu treten, die Schulen nicht zu besuchen und an den Protesten teilzunehmen. Die georgische Präsidentin Surabischwili unterstützte den Aufruf.

Ministerpräsident Kobachidse erklärte daraufhin, er halte es für unmoralisch, Schulkinder zu den regierungsfeindlichen Protesten in Tiflis hinzuzuziehen:

„Aus moralischer Sicht gibt es dafür keine Erklärung oder Rechtfertigung. Dies ist nur eine weitere der gewohnten unmoralischen Aktionen.“

Außerdem schloss er auf einer Pressekonferenz jegliche Verhandlungen mit den Protestlern aus.

Ausländische Einmischung

Politico berichtete unter Berufung auf zwei ungenannte EU-Diplomaten, die EU werde wegen der Proteste und der Aussetzung des Beitrittsprozesses zur EU möglicherweise Sanktionen gegen Vertreter der georgischen Regierungspartei verhängen. Den Informationen von Politico zufolge könnte die Aussage der neuen EU-Chefdiplomatin Kallas, dass das Vorgehen gegen die Demonstranten und die Entscheidung der georgischen Regierungspartei, den Beitrittsprozess zur EU auszusetzen, „Konsequenzen seitens der EU haben“ und die Einführung von EU-Sanktionen gegen Mitglieder der Regierungspartei bedeuten.

Das nächste Treffen der EU-Außenminister, das am 16. Dezember stattfinden wird, „wäre ein geeigneter Zeitpunkt“, um eine Entscheidung zu treffen, sagte einer der Gesprächspartner von Politico. Dem anderen Diplomaten zufolge könnten die Sanktionen „jederzeit vorgeschlagen“ werden, auch in dieser Woche, und später beschlossen werden.

Politico berichtete auch, die EU könne das 2017 mit Georgien geschlossene Abkommen zur Visaliberalisierung aussetzen, das Georgiern einen dreimonatigen visafreien Aufenthalt in EU-Ländern ermöglicht. Politico zufolge neige die EU nun dazu, „härtere Maßnahmen zu ergreifen, die deutlich machen, wie teuer Tiflis‘ Abkehr von Europa werden könnte“.

Vor allem die Aussetzung der Visafreiheit dürfte die Unzufriedenheit auf Seiten der Protestler weiter schüren, weil die in vielen Ländern als Errungenschaft angesehen wird, auch wenn nur wenige tatsächlich davon Gebrauch machen.

Estland hat, wie zuvor von den baltischen Staaten angekündigt, gegen elf Vertreter der georgischen Regierung individuelle Sanktionen verhängt. Ihnen ist die Einreise nach Estland untersagt. Der estnische Außenminister begründete die Maßnahme mit der „Beteiligung an groben Menschenrechtsverletzungen und der gewaltsamen Unterdrückung legitimer Proteste“.

Dienstag, 3. Dezember

In Georgien

Die georgische Botschafterin in Tschechien Teia Maisuradse ist nach der Erklärung von Ministerpräsident Kobachidse, die Verhandlungen mit der EU einzufrieren, als sechste georgische Diplomatin von ihrem Posten zurückgetreten. Auf X erklärte sie:

„Ich bin vom Posten der georgischen Botschafterin in der Tschechischen Republik zurückgetreten. Es war mir eine große Ehre, fast zwei Jahrzehnte lang den nationalen Interessen meines Landes zu dienen, seine transatlantische Integration zu fördern und seine Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen.“

Ministerpräsident Kobachidse erklärte, hinter den Protesten in Tiflis stünden Vertreter der georgischen Oppositionsparteien sowie von Nichtregierungsorganisationen (NGO). Auf einer Pressekonferenz sagte er:

„Die Politiker, die diese Gewalt organisiert haben, die sich aber in ihren Büros versteckt haben, werden sich der Verantwortung für die Ereignisse dieser Tage sicher nicht entziehen können. Ich erinnere auch daran, dass sich die Leiter der reichen NGOs, die an diesen gewalttätigen Aktionen teilgenommen und sie unterstützt haben, sich in diesen Büros versteckt halten.“

Er fügte hinzu, dass die Regierung wisse, dass es NGOs waren, die die Demonstranten mit speziellen Tränengas-Schutzbrillen ausgestattet und ihnen Pyrotechnik und andere Ausrüstung gekauft haben.

Damit sei der vierte Versuch der georgischen Opposition, eine Revolution im Lande zu inszenieren, gescheitert, erklärte Kobachidse:

„In diesen vier Jahren wurden vier Versuche unternommen, nationalistisch-maidanische Revolutionen zu organisieren. Das ist eine Tatsache. Im Juni 2022 gab es den ersten Versuch, einen nationalistischen Maidan zu organisieren, als uns der Kandidatenstatus [für den EU-Beitritt] nicht zuerkannt wurde und aus dem Ausland finanzierte NGOs die politische Bühne betraten und den Rücktritt der Regierung und die Machtübernahme forderten. Im Frühjahr 2023 gab es den zweiten Versuch für einen nationalistischen Maidan, im Frühjahr 2024 den dritten Versuch, und jetzt haben wir den vierten gescheiterten Versuch erlebt, einen nationalistischen Maidan zu organisieren.“

Er wies darauf hin, dass die Opposition mehr Ressourcen zur Verfügung hätte, wenn sie nur einen statt vier Versuche zur Revolution unternommen hätte:

„Jetzt sehen wir, dass in diesen vier Jahren eine Menge Ressourcen verbraucht wurden. Dementsprechend war die vierte Welle der Revolution viel schwächer als sie hätte sein können.“

Ihm zufolge kamen in den letzten beiden Tagen weniger Menschen, darunter auch Radikale, zu den Kundgebungen vor dem Parlament.

Das georgische Verfassungsgericht hat die von Präsidentin Surabischwili und Oppositionspolitikern eingereichten Klagen, die darauf abzielen, die Parlamentswahlen vom 26. Oktober für verfassungswidrig zu erklären, nicht zur Prüfung angenommen, hieß es in einer Erklärung des Gerichts.

Der Generalsekretär der Regierungspartei erklärte, dass 30 Prozent aller auf den Kundgebungen in Tiflis identifizierten Personen Ausländer seien:

„30 Prozent der bei den Kundgebungen in Tiflis, auf den zentralen Straßen, identifizierten Personen sind Vertreter ausländischer Staaten. Was ist hier los? Irgendjemand muss diese Merkwürdigkeit doch erklären, oder?“

Das Patriarchat der georgisch-orthodoxen Kirche erklärte, es halte den Aufruf der georgischen Präsidentin Surabischwili an Schulkinder, sich an den regierungsfeindlichen Protesten zu beteiligen, für äußerst alarmierend. Das Patriarchat erklärte auf Facebook, in den letzten Tagen seien in Tiflis Kundgebungen abgehalten worden, bei denen die Lage angespannt sei und oft unbekannte Gegenstände in alle Richtungen geworfen würden und bei denen es zu Handgreiflichkeiten komme:

„Unter diesen Umständen sind alle Erklärungen der georgischen Präsidentin, die <….> sich bemühen sollte, die Polarisierung zu verringern und den Hass in der Gesellschaft zu neutralisieren, um die Psyche und die physische Gesundheit der zukünftigen Generation vor den aktuellen Ereignissen zu schützen, äußerst alarmierend.“

Das Patriarchat bezeichnete es auch als empörend, dass unbekannte Personen Schulen betreten, die Schulleitungen konfrontieren und Schüler zur Teilnahme an Protesten auffordern.

Der Vorsitzende der Regierungspartei und ehemalige georgische Ministerpräsident Irakli Garibaschwili sei aus der Partei ausgetreten, berichtete der oppositionelle Fernsehsender Mtavari Arxi unter Berufung auf seine Quellen. Die Gründe für Garibaschwilis angeblichen Austritt aus der Partei wurden nicht genannt. Der Politiker dementierte die Nachricht kurz darauf.

Die gewalttätigen Proteste und Zusammenstöße mit der Polizei gehen weiter.

Ausländische Einmischung

Die lettische Regierung 13 georgische Staatsbürger zur Persona non grata erklärt und ihnen die Einreise ins Land untersagt, gab das lettische Außenministerium bekannt. Das Ministerium veröffentlichte keine Namensliste der Personen, gegen die ein Einreiseverbot verhängt wurde.

Der stellvertretende britische Außenminister Stephen Doughty erklärte, London rufe die georgische Regierung auf, zuzuhören, die „Situation zu entschärfen und nicht weiter den verhängnisvollen Weg der Abkehr von europäischen Werten zu gehen“. Er argumentierte, neue Schritte weg von demokratischen Normen und Freiheiten würden „Georgiens internationalem Ruf nur schaden und das Risiko bergen, die Beziehungen zu Freunden und Partnern grundlegend zu beschädigen“.

Das britische Außenministerium verurteilte die Anwendung von Gewalt „gegen Demonstranten und Journalisten“ durch georgische Polizisten und wies darauf hin, dass die OSZE das Geschehen als eine „schwere Verletzung des Rechts auf Versammlungsfreiheit“ betrachte. Die Menschen in Georgien würden deutlich machen, dass sie mit der Entscheidung der Regierung, „die weitere Entwicklung des Landes in Richtung einer europäischen Zukunft auszusetzen, was in direktem Widerspruch zur georgischen Verfassung steht, nicht einverstanden sind“, erklärte Doughty.

Das georgische Außenministerium hat die Botschafter Litauens und Estlands sowie den Geschäftsträger der lettischen Botschaft wegen der Verhängung von Sanktionen dieser Länder gegen Vertreter georgischer Behörden vorgeladen. Das geht aus einer Erklärung des Pressedienstes des georgischen Außenministeriums hervor. Bei dem Treffen im Außenministerium sei auch erklärt worden, dass Georgien den internationalen Normen verpflichtet sei und die staatlichen Organe im Einklang mit der Verfassung und internationalen Standards handeln, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Land zu gewährleisten.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

25 Antworten

  1. Ich befürchte, dass die georgische Unabhängigkeit verlieren wird.
    Als nächstes werden Sanktionen verhängt, Attentate verübt, UN-Truppen (auch für die westliche Spionage) entsendet.
    Die NATO wird bald intervenieren, wie in Jugoslawien.
    Altbekanntes Muster, immer wieder erfolgreich.

    1. @Dr. Mabuse

      Keine Chance!

      Zwar ist die Vorgehensweise der Initiatoren der Farbrevolutionen die gleiche wie in der Ukraine , aber ihre Möglichkeiten die Randalierer zu unterstützen sind unvergleichlich geringer als 2014 auf dem Maidan, die georgische Regierung ist selbstbewusster, und last but not least, es fehlen die militanten Bandera-Faschisten.

      Deine Befürchtungen sind, Gott sei Dank, ungerechtfertigt.

  2. Irgendwie erinnert der Westen an einen Gebrauchtwagenhändler, Der einem Kunden ein „Spitzenangebot“ macht und der vor anderen Gebrauchtwagenhändlern warnt, denn die würden ihn nur betrügen.

    Wenn man dann etwas unschlüssig ist, wird der Gebrauchtwagenhändler pampig und legt das Auto des Kunden mit einer Parkkralle still.

    Was wird dieser Gebrauchtwagenhändler wohl für den Kunden wollen, nur das Beste im Rahmen seiner freien Entscheidungen?

    So langsam sollte man in Georgien etwas misstrauischer werden.

      1. Ich glaube es spricht sich langsam herum, wie man mit diesen Gesellen umzugehen hat.
        Wladimir Putin hat vor ein paar Jahren mal ein ziemlich ernstes Gespräch mit Alexander Lukaschenko
        auf seiner Privatjacht geführt. Dieser hat die Vorschläge von ihm dann zeitnah in die Tat umgesetzt.
        Seitdem läuft der Weissrussische Laden. 🙂

        1. Genau! Und darum müssen die Rädelsführer ergriffen und ganz schnell zu hohen Haftstrafen verurteilt werden. Dann würden sich die übrigen Regime-Change-Elemente ganz schnell zurück in ihre ausländischen Rattenlöcher verziehen und der Spuck ist vorbei.

          Was mich wundert: Dass eine ganze Reihe von georgischen Botschaftern im politischen Westen offensichtlich auf der Seite der anti-georgischen Kräfte stehen.

          Der Westen ist so hinterfotzig! Man kann sich nur noch ununterbrochen übergeben!

          1. Das Problem dabei ist, dass der Westen das sofort propagandistisch ausnutzen würde: „Die Regierung, die durch Wahlbetrug an die Macht gekommen ist, ist brutal gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Die EU will die Menschenrechte wiederherstellen, und schickt Beobachter (Militär), um die schlimmstenfalls mit Kieselsteinen bewaffneten Regierungsgegner, die von den Machthabern brutal zusammengeschossen werden, zu beschützen.“

            Die üblichen Verdächtigen glauben es, und damit hat man schoneinmal die nächsten Demonstranten gesichert, und in den westlichen Ländern eine ganze Reihe eigentlich harmlose Menschen gefunden, die für die „humanitäre Unterstützung der Unterdrückten“ (also den nächsten Versuch der Revolution) spenden. Gerade um die Weihnachtszeit dürften sich da viele großzügige Spender finden, die nicht damit einverstanden wären, wenn sie wüssten, was wirklich vor sich geht.

    1. Das Misstrauen der geografischen Nachbarn Russlands beruht auf der Tatsache, mit einer Großmacht benachbart zu sein, der man an Machtmitteln nichts entgegenzusetzen hat.

      Und diese Angst wächst sich seit Jahrzehnten zu einer richtigen Paranoia aus, die das logische Denken auffrisst.

      Da können die US-Gangster weltweit Verbrechen begehen, und trotzdem wird ständig dem Nachbarn völlig irrationale Machtgier und territoriale Begehrlichkeit unterstellt, während man sich gegenüber den USA regelrecht prostituiert.

  3. Ein Tor, das einmal geöffnet worden ist, läßt sich meist nicht wieder schließen. Atombombe, Genmanipulation, Internet. Die Einmischung in die Innenpolitik anderer Staaten findet über das Internet statt. Die Jubelmedien sind überall erreichbar. Die folgen einer einfachen Agenda, Auflösung der Nationalstaaten. Und wenn dich die Ausländer mit ihrer Geburtenstärke an die Wand drücken, dann bist du ein Rassist.
    Deshalb wird Donald Trump auch von unseren Medien dämonisiert.

  4. Ich lese und höre immer wieder, in der georgischen Verfassung sei der EU-Beitritt des Landes als verbindliches Ziel festgelegt. Ist es nicht ziemlich idiotisch, so etwas in die Verfassung eines Landes aufzunehmen?

    1. Wenn man die Interessen des Landes im Kopf hat, ist das idiotisch — aber wenn man stattdessen die Interessen der USA vertritt, macht es Sinn – dann hält man das in der Verfassung fest, damit es schwierig wird, die Entscheidung rückgängig zu machen, wenn die westlichen trojanischen Pferde einmal eine Wahl verlieren (wie jetzt geschehen).

      Dieser Verfassungsparagraph dürfte der Grund sein, warum trotz allen Verbrechen, die die EU gerade ganz offensichtlich in Georgien begeht, der Beitritt nur bis 2028 auf Eis gelegt wird. Genau, was Adolfine Surabischwili und andere Anti-Georgier damit erreichen wollten.

      Bis eine Verfassungsänderung umgesetzt ist, die den Nichtbeitritt ermöglicht, hat die EU noch viele Chancen, eine neue Revolution anzuzetteln oder auch eine Wahl zu stehlen.

      1. nicht unbedingt. „ausgeseztzt“ ist ja nicht „aufgehoben“. So kann das als Ziel ruhig da stehen. Es müssen halt bei den Verhandlungen für Georgien akzeptable Bedingungen formuliert werden. Das impliziert also keinen Zwang im Sinne „wir bestimmen, Du hast zu unterschreiben“, was ja auch der Grund für das Aussetzen ist.
        Für die EU ist das neu, notmal ist, dass die Staaten betteln, rein zu kommen. Ein Beitritt mit einem eigensinnigem Aspiranten ist gewöhnungsbedürftig.

      2. Man könnte ja alle möglichen tollen Ziele in die Verfassung schreiben, z.B. die Verdoppelung des BIP alle 20 Jahre oder die Senkung des Durchschnittsalters der Bevölkerung. George Orwell hätte bestimmt noch ein paar bessere Ideen.

  5. Nun das kann ja spannend werden, wenn anschließend die ganzen Vorgänge von Gewalt sowie Beihilfe und Aufruf zur Gewalt anschließend gerichtlich aufgearbeitet werden sollten!?
    Da könnte ja so manche NGO so einiges auf die Mütze bekommen!??
    P

      1. Eher nicht — die werden sich nur darüber ärgern, dass Georgien jetzt etwas langsamer beitritt, und so lange schon einmal die nächste Revolution vorbereiten, ein 5. Versuch kann ja (aus deren Sicht) nichts schaden…

  6. 30 Prozent der bei den Kundgebungen in Tiflis, auf den zentralen Straßen, identifizierten Personen sind Vertreter ausländischer Staaten.

    „Richtig. Das sind ganz offensichtlich alles Russen. Deshalb müssen wir sofort NATO und EU beitreten, und Russland den Krieg erklären!!!“
    — Adolfine Surabischwili

  7. Die USA setzen also ihre strategische Partnerschaft ausser Kraft weil Georgien die EU Betrittssverhandlungen verschoben hat? Danke. Damit hat der Ami doch einmal mehr bewiesen, dass die EU nur eine Aussenstelle des Washingtoner Deep State Sumpf ist.

  8. Der Westen schießt mit seinen Reaktionen mal wieder ein kräftiges Eigentor. So, wie man Russland durch die Sanktionen erst in die Arme Chinas getrieben hat, was man eigentlich verhindern wollte, treibt man jetzt Georgien in die Arme Russlands. Chapeau, kann man da nur sagen. Daß ausgerechnet Frankreich sich gegen übertriebene Polizeigewalt ausspricht, ist der Gipfel. Mit welcher Brutalität die französische Polizei gegen die Gelbwesten vorgegangen ist, obwohl es sich nicht um einen versuchten Staatsstreich (wie in Georgien) handelte, sondern nur um Proteste gegen eine Benzinpreiserhöhung, sollte man nicht vergessen. Die Verlogenheit des Westens ist wirklich nicht zu überbieten, aber solange er solche Eigentore schießt, ist mir das recht.

Schreibe einen Kommentar