BRICS-Erweiterung

Wie in Russland über die Ergebnisse des BRICS-Gipfels berichtet wird

In westlichen Medien war der BRICS-Gipfel kein großes Thema, weshalb es interessant ist, wie in Russland darüber berichtet wurde.

Geopolitisch war der BRICS-Gipfel mit der Erweiterung der Organisation um gleich sechs Länder eine Sensation, die westliche Medien ignorieren oder herunterspielen, denn der Gipfel hat gezeigt, dass der Westen in der der Welt immer isolierter dasteht. Hier zeige ich, wie das russische Fernsehen am Sonntag in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick darüber berichtet hat und habe den russischen Beitrag übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Was auf dem BRICS-Gipfel vereinbart wurde

Der BRICS-Gipfel, der diese Woche in Johannesburg, Südafrika, stattfand, endete mit der sensationellen Erweiterung der Organisation. Die Staats- und Regierungschefs Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas trafen die historische Entscheidung, sechs neue Mitglieder in den Club aufzunehmen. Ab dem nächsten Jahr werden Ägypten, Argentinien, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zu den BRICS gehören. Und die Erweiterung wird weitergehen. Auf dem Gipfel in Südafrika wurden die Kriterien für die Aufnahme neuer Mitglieder beschlossen. Die Anträge von 16 weiteren Ländern aus allen Kontinenten werden derzeit geprüft.

Im nächsten Jahr wird Russland den Vorsitz der BRICS übernehmen. Das wurde einstimmig beschlossen. Wir werden also ab dem 1. Januar ein noch größeres Schiff steuern und auf dem BRICS-Gipfel im Herbst in Kasan werden wir eine weitere Erweiterungswelle erleben. Was auch immer gesagt wird, aber die BRICS sind eine ernsthafte Herausforderung für den Westen. Das ist eine echte geopolitische Revolution, deren Sinn darin besteht, sich vom Dollar im Besonderen und von der amerikanischen Vorherrschaft insgesamt zu lösen.

Für Russland ist die BRICS-Erweiterung ein geopolitischer Triumph. Der Mehrheit der Welt sind die westlichen Sanktionen gegen Russland wurscht, sie will mit niemandem Krieg führen und baut ihr eigenes Modell einer multipolaren Welt auf, das auf der Achtung von Vielfalt und Vertrauen beruht. Die Zone des westlichen Einflusses wird also kleiner. Zur Veranschaulichung können wir das anhand von drei Parametern mit den so genannten G7-Ländern vergleichen: Das BIP der BRICS-Länder nach Kaufkraftparität beträgt 37 Prozent der Weltwirtschaft, während das der G7 30 Prozent beträgt; die Gesamtfläche der BRICS-Länder beträgt 35 Prozent der Erde, während die der G7 16 Prozent beträgt; die Bevölkerung der BRICS beträgt 46 Prozent der Weltbevölkerung, während die der G7 zehn Prozent beträgt.

Die BRICS wachsen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Waren die BRICS bisher vor allem ein wirtschaftliches Konstrukt, schlägt China beispielsweise vor, auch die politische Zusammenarbeit zu stärken: „Wir sollten die politische und die sicherheitspolitische Zusammenarbeit verstärken, um den Frieden zu sichern. Die Mentalität des Kalten Krieges spukt noch immer in der Welt herum. Das geopolitische Umfeld wird immer angespannter. Die BRICS-Länder sollten den Weg der friedlichen Entwicklung gehen und ihre strategische Partnerschaft stärken“, sagte Xi Jinping.

Präsident Putin nahm an dem BRICS-Gipfel per Video teil, aber seine Reden waren auffällig und wurden breit diskutiert. Die russische Delegation in Südafrika wurde von Sergej Lawrow geleitet. Aus Südafrika berichtet unser Korrespondent.

Die Straßen einer der reichsten und größten Städte Afrikas sind seit einigen Tagen für die Autokolonnen der Regierungen gesperrt. Alle Gullys wurden versiegelt und mit Farbe markiert. Die Polizeibeamten werden von ihren Kollegen zu Pferd unterstützt. Sogar die Luftwaffe ist beteiligt. Während ein Polizeihubschrauber ein vertrauter Anblick ist, sind die Kampfjets der südafrikanischen Luftwaffe die ernsthaftesten Sicherheitsmaßnahmen.

Die Polizei in Johannesburg hat den arbeitsreichsten Tag des Jahres. Die Straßen sind mit Gittern abgesperrt. Überall sind Autokolonnen unterwegs. Hier kommt der chinesische Staatschef Xi Jinping. Heute ist der BRICS-Gipfel. Und das Format ist BRICS plus mit mehr als 50 Staats- und Regierungschefs und internationalen Organisationen.

Präsident Xi erreicht das Kongresszentrum in seiner sechs Meter langen Hongqi-Limousine. Auf der anderen Seite steht die Wagenkolonne des indischen Premierministers Narendra Modi. Eine einheimische Frau trägt die Einkäufe auf dem Kopf nach Hause, was das afrikanische Flair unterstreicht.

Auch der Leiter der russischen Delegation, Sergej Lawrow, wurde auf dem Flughafen exotisch begrüßt. Vertreter der wichtigsten Völker Südafrikas – Zulus, Sotho, Kosa und Tswana – führen am Flughafen Begrüßungstänze für die Staats- und Regierungschefs der BRICS-Länder auf, von denen erwartet wurde, dass sie auf dem Gipfel wichtigste Entscheidung über die Erweiterung der Vereinigung treffen würden. Journalisten und Politikwissenschaftler versuchten, die Liste der neuen BRICS-Mitgliedsländer zu erraten. Aber sie wurde erst bekannt gegeben, als Sergej Lawrow, Xi Jinping, Narendra Modi, Lula da Silva und der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa den Saal betraten.

„Unsere fünf Länder sind zu einer Vereinbarung gekommen, über die seit geraumer Zeit verhandelt wird. Wir haben beschlossen, Argentinien, Ägypten, Äthiopien, den Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einzuladen, Vollmitglieder der BRICS zu werden“, sagte Cyril Ramaphosa.

Wladimir Putin machte in seiner Rede keinen Hehl daraus, dass die Diskussion über die BRICS-Erweiterung intensiv war: „Präsident Ramaphosa hat erstaunliches diplomatisches Geschick bewiesen, als er alle Positionen zusammenbrachte, auch die zur BRICS-Erweiterung. Ich möchte unsere neuen Mitglieder beglückwünschen, die im nächsten Jahr voll dabei sein werden.“

Zwischen Moskau und Johannesburg liegen mehr als 9.000 Kilometer, aber Wladimir Putin nimmt in vollem Umfang am Gipfel teil, wenn auch über Video. Der russische Staatschef spricht auf allen Sitzungen, führt Dialoge mit den Partnern und bestimmt gemeinsam mit ihnen die Zukunft der BRICS.

Es sind die fairen Regeln, die auf dem Respekt vor den Meinungen der anderen Teilnehmer beruhen, die die Länder zu den BRICS locken. Ab dem nächsten Jahr wird Argentinien, eines der größten und am weitesten entwickelten Länder Lateinamerikas, Mitglied der Vereinigung werden. Die Neulinge aus Afrika sind die regionale Führungsmacht Ägypten und das 123 Millionen Einwohner zählende Äthiopien. Der Nahe Osten, der noch nicht in den BRICS vertreten war, wird durch zwei arabische Staaten vertreten: die größten Erdölexporteure Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Iran schließlich ist ein Staat, der für den gesamten Persischen Golf von strategischer Bedeutung ist.

Die Vielfalt der elf BRICS-Volkswirtschaften macht sie nur noch stärker, glaubt Lula da Silva: „Viele haben gesagt, dass unsere Länder zu unterschiedlich sind und wir keine gemeinsamen Standpunkte erreichen können. Die Erfahrung zeigt jedoch das Gegenteil. Unsere Vielfalt stärkt uns.“

„Die Aufnahme neuer Mitglieder wird dazu dienen, die BRICS als weltweite Vereinigung weiter zu stärken und unseren gemeinsamen Bemühungen eine neue Dynamik zu verleihen. Sie wird auch das Vertrauen anderer Länder in die multilaterale Weltordnung stärken“, meinte Narendra Modi.

„Dieser Schritt zeigt die Entschlossenheit der BRICS-Länder, ihr Engagement für die Schwellenländer auszuweiten und die internationale Zusammenarbeit zu vertiefen, und zeugt von dem Interesse der Schwellenländer an einer Zusammenarbeit mit uns“, sagte Xi Jinping.

Das Ausmaß der neugestalteten BRICS lässt sich am deutlichsten auf der Landkarte erkennen. Zu Russland, China, Brasilien, Indien und Südafrika gesellen sich nun sechs weitere Länder aus drei Kontinenten. Algerien, Bolivien, Bolivien, Kuba, Indonesien, Kasachstan, Marokko, Nigeria, Senegal, Thailand, Vietnam und Weißrussland sind in der Warteschlange.

Die erweiterten BRICS übertreffen die G7 nun in vielerlei Hinsicht. Natürlich bei der Landfläche, bei der Bevölkerung und den Ölreserven, sogar beim BIP berechnet in Kaufkraftparität. Die BRICS haben jetzt, wie eine Fußballmannschaft, elf Spieler. Aber damit enden die Analogien zum Sport und die Geopolitik beginnt.

Putin sagte: „Ich möchte anmerken, dass die BRICS mit niemandem konkurrieren und sich niemandem widersetzen. Aber es ist auch klar, dass dieser objektive Prozess – der Prozess der Schaffung einer neuen Weltordnung – immer noch unversöhnliche Gegner hat, die versuchen, diesen Prozess zu verlangsamen und die Schaffung neuer, unabhängiger Entwicklungs- und Einflusszentren in der Welt zu verhindern. Die Länder der sogenannten Goldenen Milliarde tun alles, um die frühere, unipolare Welt zu erhalten. Sie gefällt zu ihnen, sie profitieren davon. Sie versuchen, das System des Völkerrechts durch ihre eigene sogenannte regelbasierte Ordnung zu ersetzen, deren Regeln niemand kennt. Regeln, die, das muss man sagen, zu egoistischen Zwecken benutzt werden und die je nach politischer Konjunktur nach Belieben und im Einklang mit den Interessen gewisser Länder geändert werden. Im Grunde genommen ist auch das Kolonialismus, allerdings in einer neuen Verpackung.“

Das Interesse der Medien an diesem Gipfel war groß. Die Delegationsleiter der fünf Länder wurden von den Fotografen lange Zeit nicht weggelassen, so dass sie sogar eine neue Art des Händedrucks versuchen mussten. Und der Auftritt des russischen Präsidenten auf den Großbildschirmen wurde mit Rufen und Applaus wie bei Rockkonzerten begrüßt. (Anm. d. Übers.: Das war tatsächlich so, der Applaus als Putin im Saal zugeschaltet wurde, klang eher nach einem Konzert als einer politischen Ansprache)

Und natürlich wurde auf jedes Detail geachtet. Der brasilianische Präsident trug patriotisch eine Krawatte in den Farben der Flagge seines Landes. Ein Übersetzer versuchte, Xi Jinping auf dem Teppich zu folgen und wurde von südafrikanischen Wachleuten in einem ungleichen Kampf aufgehalten. (Anm. d. Übers.: Das waren in der Tat kuriose Bilder, siehe hier)

In einer seiner Reden stellte der chinesische Staatschef klar: Die BRICS sind kein Club der wirtschaftlichen Interessen. Die Länder haben auch gemeinsame politische Orientierungen. Zum Beispiel eine friedliche Lösung in der Ukraine. China, Brasilien und die afrikanischen Länder haben ihre eigenen Pläne vorgelegt. Doch Kiew, getrieben von seinen Verbündeten, vor allem den USA, lehnt jegliche Verhandlungen ab.

„Es ist genau dieser Wunsch, die eigene Hegemonie in der Welt zu bewahren, der zu der schweren Krise in der Ukraine geführt hat. Zuerst wurde mit Hilfe der westlichen Länder ein verfassungswidriger Staatsstreich in dem Land durchgeführt. Und dann wurde ein Krieg gegen die Menschen entfesselt, die mit diesem Staatsstreich nicht einverstanden waren, ein brutaler Krieg, ein über acht Jahre dauernder Vernichtungskrieg. Unser Handeln in der Ukraine wird nur von einem einzigen Ziel bestimmt: dem Krieg, den der Westen und seine Satelliten in der Ukraine gegen die Menschen im Donbass entfesselt haben, ein Ende zu setzen“, betonte Putin.

Die BRICS-Staaten einigten sich auch auf ein koordiniertes Vorgehen bei der Reform des UN-Sicherheitsrats. Er soll erweitert werden, aber nicht durch weitere Verbündete der USA.

„Indien und Brasilien haben längst ihre Anträge gestellt und gemeinsam mit ihnen haben Deutschland und Japan das Gleiche getan. Aber von einer ständigen Mitgliedschaft Deutschlands und Japans im Sicherheitsrat kann keine Rede sein, denn das würde die Ungerechtigkeit nur verschärfen“, sagte Sergej Lawrow.

Die wichtigsten Themen der Wirtschaftsgespräche in Johannesburg waren die Abkehr vom Dollar im Handel und der Kampf gegen ungerechte Sanktionen. Das Treffen in Südafrika endete mit dem größten gemeinsamen Fototermin in der Geschichte der BRICS. Das nächste Mal werden sich die Staats- und Regierungschefs von elf Ländern in Russland treffen. Gastgeber des Gipfels wird die Stadt Kasan sein. Es wurde erstmal beschlossen, den Namen der Organisation nicht zu ändern, obwohl die Zahl der BRICS-Mitglieder gestiegen ist. Die BRICS sind eine in der ganzen Welt etablierte politische Marke.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

6 Antworten

  1. Der Zuwachs der Brics ist interessant. Mit den Saudis, den Emiraten und dem Iran sind starke Ölländer hinzugekommen. Und Ägypten, Argentinien und Äthiopien können mit einem wirtschaftlichen Wachstumsschub rechnen. Denn es ist im Interesse der BRICS den weiteren Ländern der Welt zu zeigen, dass es sich lohnt sich den BRICS anzuschließen. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis wir in Ägypten keinen Urlaub mehr machen dürfen.

  2. Ich wünsche den BRICS-Staaten von ganzem Herzen viel Erfolg, sie sind auf dem richtigen Weg aus dieser Erde endlich ein Zuhause für alle Menschen zu machen. Sie sind sich ihrer Unterschiede bewusst und genau dieser Punkt macht sie nur stärker, da gebe ich Lula da Silva vollkommen recht. Es wird kein einfacher Weg, aber: „Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker!!!“

  3. Wladimir Putin hatte sich in seiner Inaugurations-Rede auf dieser Konferenz auf das Schlüsselthema Verkehrskorridore (u.a.: Nord-Süd) fokussiert. Meine Skepsis darüber ließ eigentlich den Kopf schütteln.

    Doch mit der Erweiterung erschließt sich endlich sein Sinn!

    + Mit Iran VAR und Saudi-Arabien würde dies die Achse Russland – Indien runden!
    + Ägypten und Äthiopien wäre der Anbeginn, die frühere britisch-koloniale Nord-Süd-Achse Richtung Südafrika anzubinden.
    + Und Brasilien bildeten dann mit Argentinien einen stärkeren ‚magnetischen‘ Pol ‚rüber‘ nach Lateinamerika.

    Nein, wirklich nicht unübel – DAS GANZE! Da nähme etwas -auch geografisch- Gestalt an.

  4. Ich bitte zu beachten, dass ein Großteil, vor Allem VAE und die Saudis treue Jünger der Schwabmafia in Davos sind.
    Solange die ihr westliches Währungssystem mit Zinseszins nicht abschaffen, bleibt alles, wie Lubawitscher und andere Talmud-Brüder wünschen. Die 17 Kapitel der Agenda 2030 werden vermutlich trotzdem durchgezogen.

  5. Bei Aussagen von Herrn Röper wie dieser hier „In westlichen Medien war der BRICS-Gipfel kein großes Thema…“ nehme ich immer meine lokale Kreiszeitung als Beispiel für westliche Medien. In deren kleinen internationalen Politikteil waren letzte Woche mehrere Artikel zum BRICS Treffen und zur Erweiterung zu lesen.

    Vermutlich liest Herr Röper meine lokale Kreiszeitung nicht, aber eine einfache Google News-Suche hätte ihm ebenfalls gezeigt, dass BRICS in der letzten Woche in den westlichen Medien ein wirklich großes Thema war und dass Herr Röpers o.g. Behauptung daher empirisch nicht haltbar ist.

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