USA

Das russische Fernsehen über „das Echo des Krieges in Amerika“

Der Krieg in Israel hat Auswirkungen auf die USA, wo wohlhabende Juden wichtige Parteispender sind, wo es aber auch immer mehr Unterstützung für die Palästinenser gibt.

Ich übersetze den Korrespondentenbericht aus den USA, den das russische Fernsehen Sonntags in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick zeigt, fast jede Woche, weil darin über Dinge berichtet wird, die man in deutschen Medien in der Regel nicht erfährt. Daher habe ich den Bericht auch heute wieder übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Chaos, Terror und Tod: Das Echo des Krieges hallt in Amerika wider

Jetzt ist es unmöglich, ein Gesetz zu verabschieden, irgendeine wichtige Entscheidung zu treffen, einschließlich der Lieferung von Waffen an die Ukraine und Israel, und einen Haushalt zu verabschieden. Im ersten Anlauf konnte kein Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt werden. Die nächste Abstimmung könnte am Montag stattfinden. Beim letzten Mal konnte der Sprecher erst im 15. Anlauf gewählt werden. Die Pause könnte lange dauern. Aus den USA berichtet unser Korrespondent.

Das Echo des Krieges hallt in Amerika wider. In den Farben ihrer Nationalflaggen stehen sich Israelis und Palästinenser in den führenden US-Universitäten gegenüber. Washington und Arizona, New York und Kalifornien – kaum ein Universitätscampus ist von Protesten verschont geblieben. Längst nicht alle sind friedlich.

Die Tränen jüdischer Studenten haben keine Wirkung auf progressive Pädagogen. Die Universitäten haben nicht nur einfach Märsche zur Verteidigung Palästinas zugelassen, in Harvard fand man eine Rechtfertigung für den Angriff. Dort hieß es: Die Palästinenser leben seit zwanzig Jahren wie in einem Freiluftgefängnis. Drei Dutzend Studentenorganisationen unterzeichneten einen Brief, in dem sie Israel für die Geschehnisse verantwortlich machten.

„Im August 2004 wurden 545 palästinensische Kinder getötet und kein einziger Amerikaner hat damals ein Wort dazu gesagt. Ich glaube, dass ein palästinensisches Kind den gleichen Wert hat wie ein israelisches Kind. Wenn man also diese Art von Hass schürt, bekommt man im Gegenzug Hass und Rache“, sagte Cornel West, ein ehemaliger Harvard-Professor und US-Präsidentschaftskandidat.

Millionen von Juden und Millionen von Arabern leben in den USA. Amerikanische Gelder in Milliardenhöhe sind in der Region investiert. Der Konflikt im Nahen Osten ist den USA näher, als es scheint. Die Intifada hat den Times Square erreicht. Wenn man sich die Transparente dort genau ansieht und die Slogans anhört, kann man den Stil von BLM, der Bewegung, die vor einigen Jahren durch Amerika zog, wieder auf den Straßen erkennen. Diesmal mit für Palästina erhobenen Fäusten.

„Palästina ist das Südafrika unserer Zeit. Wenn wir nicht einen mutigen und entschlossenen Schritt unternehmen, um dem imperialistischen Projekt namens Israel ein Ende zu setzen, sind wir verloren“, sagte Patrice Cullors, eine Gründerin der BLM-Bewegung.

Die Radikalen lassen die, die gegen den Angriff der Hamas sind, nicht zu Wort kommen. Das amerikanische Model Kylie Jenner schrieb in einem sozialen Netzwerk, dass sie für immer mit Israel sei. Die Nachricht musste sie bald wieder löschen und sie verlor eine Million Follower.

„Sie hat 400 Millionen Follower, sie schreibt einfach, dass sie Israel unterstützt. Aber sie muss den Beitrag nach einer Stunde löschen, weil sie angegriffen wird. Dieselben Leute posten wahrscheinlich ukrainische Flaggen, aber wenn es um Israel geht, ist es etwas anderes“, sagte die Journalistin Megan Kelly.

„Das ist die Normalisierung des Antisemitismus, des Hasses auf Israelis, das ist es, was die Linke tut. Wir sehen das daran, was an unseren Universitäten passiert“, antwortete ihr Senator Ted Cruz alarmiert.

Facebook, das Mark Zuckerberg gehört, schlägt zurück und löscht mehrere pro-palästinensische Seiten mit Millionen von Followern. Telegram verhält sich neutral. Es hat Support auf Hebräisch eingeführt, aber keine Hamas-Kanäle blockiert.

Auf den Stufen des Kongresses findet ein Gedenkgottesdienst für die in Israel Getöteten statt. Nicht alle 400 Kongressabgeordneten sind gekommen, um die Opfer zu betrauern. Die Kongressabgeordnete Rashida Talib ist eine ethnische Palästinenserin und eine Vertreterin des ultraliberalen Flügels der Demokratischen Partei. Und diejenigen in der Partei, die nicht wegen der Herkunft, sondern aus Überzeugung für Palästina sind – das sind 55 Abgeordnete -, haben einen Brief an Biden geschrieben, in dem sie Israel aufforderten, sich im Rahmen des Völkerrechts zu verhalten.

„Halten Sie den Mund zum Teufel! Sie stehen auf der Seite des Feindes, auf der Seite der Terroristen. Die Hamas ist eine Herde von Tieren, die wie Tiere behandelt werden müssen. Wir haben die Chance, die Welt neu zu ordnen. Besiegen Sie Putin in der Ukraine, besiegen Sie jetzt die Hamas“, fordert Senator Lindsey Graham.

Ein US-Geschwader unter Führung des Flugzeugträgers Gerald R. Ford wurde in das östliche Mittelmeer entsandt. Näher an Israel, nach Jordanien, werden weitere Kampfjets und Bomber der US-Luftwaffe verlegt.

Der Konteradmiral vergießt eine Träne. John Kirby ist ein ehemaliger Marineoffizier und jetzt Sprecher des Weißen Hauses. Seine emotionale Rede ist eher eine PR-Aktion. Die Regierung muss den Kongress aus all den Zweiflern überzeugen, Israel zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Doch die Abgeordneten sind selbst in Tränen aufgelöst: „Wir haben keine voll funktionsfähige Legislative.“

Der Kongress ist in der zweiten Woche ohne Sprecher und kann nicht arbeiten. Die Republikanische Partei, die über die Mehrheit verfügt, hat sich noch nicht für einen Kandidaten entschieden. Einer ist der Kongressabgeordnete Jim Jordan. Er wird von Trump selbst unterstützt, aber nicht von allen seinen Parteigenossen. „Wir müssen Israel helfen, daran gibt es keinen Zweifel“, sagt Jordan zu Reportern. Über die Ukraine hat der potenzielle Sprecher kein Wort verloren. Er gehört zu den Abgeordneten, die jedes Geld für Kiew strikt ablehnen.

„Wir haben keinen speziellen Inspektor, der die Verwendung unserer Gelder in der Ukraine überwacht, wie wir es in Afghanistan getan haben. Wir wissen, dass die Ukraine historisch gesehen auf der Liste der korruptesten Länder steht. Wir müssen sehr, sehr vorsichtig sein. Ich glaube nicht, dass unser Geld derzeit angemessen überwacht wird“, betonte Rand Paul, republikanischer US-Senator aus dem US-Kongress.

Auch auf die amerikanischen Waffen, die an die Ukraine geliefert werden, muss ein Auge geworfen werden, denn die Ukraine gibt sie weiter, oder besser gesagt, verkauft sie weiter. Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Green ist sicher, dass die Hamas-Kämpfer Israel mit Gewehren angegriffen haben, die Washington nach Kiew geschickt hat: „Die Politik der Biden-Administration ist für alles verantwortlich, was jetzt passiert. Milliarden amerikanischer Steuergelder in einen Stellvertreterkrieg mit Russland in der Ukraine zu stecken, hat zu Instabilität in der ganzen Welt geführt und bringt uns dem Dritten Weltkrieg näher, was eine Krise der nationalen Sicherheit darstellt.“

Um das eigene Gesicht und die Unterstützung der Verbündeten und Abhängigen zu wahren, versucht die Regierung Biden, die Hilfe für Israel an die Hilfe für die Ukraine zu koppeln, andernfalls wird es unmöglich, Geld für Kiew durch den unnachgiebigen republikanischen Kongress zu schieben. Der US-Haushalt für das nächste Jahr konnte wegen der Hilfe für die ukrainischen Streitkräfte nicht verabschiedet werden. Früher haben sie Schecks in Milliardenhöhe ausgestellt, jetzt sind sie bei Millionen angelangt und verteilen die letzten davon, wie John Kirby, Koordinator für strategische Kommunikation beim Nationalen Sicherheitsrat der USA, sagte: „Was die Finanzierung der Ukraine angeht, so kommen wir langsam an das Ende der Fahnenstange. Wir haben 200 Millionen Dollar angekündigt und wir werden diese Hilfe so lange wie möglich fortsetzen, aber sie wird nicht endlos sein.“

Aber Bidens nationaler Sicherheitsberater versichert, dass Washington nicht zerrissen ist und allen eine helfende Hand reichen wird: Israel, der Ukraine und Taiwan. Das verspricht auch Jake Sullivan, aber versprechen kann er eine Menge.

„Sullivan führt die gesamte Regierung regelmäßig in die Irre, wenn es um den Stand der Sicherheitsbedrohungen in der Welt geht. Nur acht Tage bevor die Hamas ihren plötzlichen barbarischen Angriff auf Israel startete, behauptete Sullivan, dass ‚der Nahe Osten heute so ruhig ist wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr'“, erinnert Marsha Blackburn, eine amerikanische Politikerin der Republikanischen Partei.

Die Gegner werfen der Regierung Biden vor, in der Nahostpolitik versagt zu haben. Sie hat sich mit Saudi-Arabien zerstritten, sich von Israel distanziert und eine Normalisierung der Beziehungen zum Iran angestrebt. Der Iran wird übrigens von den Washingtoner Falken für den Angriff auf Israel verantwortlich gemacht. Das Weiße Haus hat noch kurz vor dem Angriff Vermögen des Irans in Höhe von sechs Milliarden Dollar freigegeben.

„Unter dem Betrüger Joe gab es Chaos, Blut, Terror und Tod. Schauen Sie sich an, was jetzt passiert. Alles nur, weil das Weiße Haus von einer Lachnummer besetzt ist. Amerikas Feinde auf der ganzen Welt können ihr Glück nicht fassen“, sagte Donald Trump.

Eine Gelegenheit, über sich selbst zu lachen, gab Biden am Tag zuvor. In Pennsylvania stürzte er fast auf einer winzigen Treppe. Um nicht von den Stufen zu fallen, hielt sich der alte Präsident lange am Geländer fest. Er hat alles unter Kontrolle, wie er danach sagte: „Wir sorgen dafür, dass Israel alles hat, was es braucht, um sich zu verteidigen und auf diese Angriffe zu reagieren. Die dringende Lösung der humanitären Krise in Gaza hat für mich ebenfalls Priorität. Wir dürfen nicht vergessen, dass die große Mehrheit der Palästinenser nichts mit den schrecklichen Angriffen der Hamas zu tun hat und dass auch sie unter diesen Angriffen leiden.“

Biden hält Israel von einer groß angelegten Bodenoperation ab und hält Tel Aviv den US-Medien zufolge an der kurzen Leine. Wie ihr historisches Heimatland dressiert wird und wie Juden in Amerika selbst terrorisiert werden, gefällt den jüdischen Geschäftsleuten, den wichtigsten Spendern der Demokraten, offensichtlich nicht. Die Wahlkampfgelder für den Kandidaten Biden werden davon abhängen, wie viel Unterstützung Präsident Biden den Israelis zukommen lässt.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

10 Antworten

    1. @MxNx

      Semiten sind ALLE Nachkommen von Sem, dem Sohn von Noah. Gem. Wikipedia, Zitat, zu den Semiten zählen: die Amharen, Tigrinya, Araber, Hyksos, Malteser, Minäer, Sabäer, Amoriter, Ammoniter, Akkader/Babylonier/Assyrer/Aramäer, Hebräer, Kanaaniter, Moabiter, Nabatäer, Phönizier und Samaritaner.
      Ergo Israelis (Hebräer, Kanaaniter) sind einige unter vielen anderen.
      Wobei die meisten Juden sind wohl Khasaren,ein Stamm aus der Schwarzmeerregion, die sich einstmals für das Judentum als Staatsreligion entschieden haben und wohl eher zu Krimtataren zu zählen sind, als zu den Semiten.
      Ergo, wer einen Syrer beschimpft ist da eher ein Antisemit, als wenn er damit einen Israeli angeht.
      Auf jeden Fall hat Semitismus nichts, aber auch absolut nichts mit der jüdischen Religion zu tun, wirklich gar nichts!

  1. Es ist wirklich erstaunlich, wie ausgewogen dieser Artikel die Situation beschreibt und beide Seiten ausführlich zu Wort kommen lässt.
    Das ist um so beeindruckender, als man bei Video-Berichten jetzt den Eindruck bekommt, es seien nur noch fanatische Irre unterwegs. Da scheint das russische Publikum offenbar sehr viel ausgeglichener zu sein, denn solche Berichte werden ja für entsprechende Zielgruppen geschrieben.

  2. Der Kreml kooperiert nicht nur mit dem Iran, mit Syrien und mit Katar, sondern ist auch für Saudi Arabien ein anerkannter Mitspieler in der Region. Die Arabischen Emirate tun das, was die Sauds tun und kooperieren mit dem Kreml. In den Arabischen Emiraten bringen reiche Russen ihr Vermögen in Sicherheit. Wenn das keine Botschaft ist?
    Das nennt man OPEC Plus.
    Wenn Biden in Riad anruft, ruft Riad im Kreml an.
    Die USA sind ölabhängig.

  3. Biden im CBS-Interview auf die Frage, ob es US-Truppen in Gaza brauche: „Ich denke nicht, dass das notwendig ist. Israel hat eine der besten Kampftruppen des Landes. Ich garantiere, dass wir ihnen alles zur Verfügung stellen werden, was sie brauchen.“
    Hat der 51. Bundesstaat Israel also „eine der besten Kampftruppen des Landes“ (=USA)? Oder ist Israel ein Teil Palästinas? Rätselhaft…

    (Hat jemand eine wortgenaue Transkription auf Englisch?)

  4. Als ich diesen Artikel las, hatte ich ständig einen Satz von Karl Marx im Gedächtnis: „Religion ist Opium für das Volk.“

    In meinen Augen, ist es in diesem Fall nicht die jeweilige Religion an sich, sondern der Umstand, dass man im Namen der jeweiligen Religion oder mit Verweisen auf die Religion ganz schön vieles zu begründen und rechtzufertigen versucht, was eigentlich nicht rechtzufertigen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob dies den betroffenen Religionen immanent ist, oder nicht.

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