Gesichtsverlust vermieden

Das klare „jein“ der Türkei zum NATO-Beitritt von Schweden und Finnland

Deutsche Medien überschlagen sich mit Meldungen darüber, die Türkei habe dem NATO-Beitritt von Schweden und Finnland zugestimmt. Aber ist das so? Die Antwort ist jein.

Die Türkei hatte zu keinem Zeitpunkt etwas gegen den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland. Die türkische Regierung hat den sogar begrüßt, allerdings ein paar Bedingungen gestellt. Schweden und Finnland beherbergen Mitglieder der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und bieten ihnen auch politische Plattformen. Da die Türkei sich seit Jahrzehnten mit der PKK im Krieg sieht, kann die Türkei nach eigenem Empfinden der NATO-Mitgliedschaft von Ländern, die ihren Kriegsgegner unterstützen, nicht zustimmen. Außerdem haben beide Länder den Export bestimmter Rüstungsgüter in die Türkei verboten, was unter Verbündeten in einem Militärbündnis auch nicht eben normal ist.

Die Forderungen der Türkei (mehr Informationen dazu finden Sie hier) sind also durchaus nachvollziehbar, denn entweder ist man in einem Bündnis und unterstützt sich gegenseitig, oder nicht. Ein Bündnis nach dem Motto „Ja, aber“ ist kein Bündnis. Die Frage war also, ob die Türkei bei ihren Forderungen hart bleibt, oder einknickt – oder ob Schweden und Finnland einknicken und einige ihrer Gesetze ändern.

Am 28. Juni haben die Türkei, Schweden und Finnland unter Vermittlung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg ein Memorandum unterzeichnet, das die Einladung der beiden Länder in die NATO möglich macht. Der Teufel liegt dabei im Detail, aber die NATO hat ein wichtiges Ziel erreicht und die Blamage vermieden, dass die offizielle Einladung an die beiden Länder auf dem NATO-Gipfel am türkischen Veto scheitert.

Die westliche Presse hat sofort gejubelt, alles wäre geklärt. Der Spiegel zum Beispiel hat begeistert getitelt „Nato-Norderweiterung – Türkei stimmt Beitritt Finnlands und Schwedens zu

Die russischen Medienberichte waren weniger eindeutig und haben türkische Stimmen zitiert, die sagten, in dem Memorandum sei der Weg in die NATO-Mitgliedschaft aufgezeichnet worden. Die russische Nachrichtenagentur TASS zum Beispiel hat den türkischen Justizminister danach wie folgt zitiert:

„“Die Vereinbarung (das unterzeichnete Memorandum zwischen der Türkei, Schweden und Finnland, Anm. TASS) bedeutet nicht, dass der Beitrittsprozess (von Schweden und Finnland, Anm. TASS) bereits abgeschlossen ist. Es gibt einen festgelegten Prozess, und wir werden ihn beobachten“, zitierte ihn İhlas mit den Worten.“

Daher habe ich mich auf die Suche nach dem Text des Memorandums gemacht, was nicht einfach war, weil zwar viele Medien alles mögliche zitiert haben, der vollständige Text aber nur schwer zu finden ist.

Das Prozedere

Aber ich war hartnäckig und habe den Text des Memorandums schließlich in einem Artikel der türkischen Nachrichtenagentur bianet gefunden. Die Lektüre des Textes zeigt, dass die Skepsis der russischen Medien nicht unberechtigt ist, denn das Problem des türkischen Widerstandes gegen den NATO-Beitritt ist noch nicht vom Tisch. Es wurde lediglich vereinbart, es zu lösen, aber das muss erst einmal umgesetzt werden.

Dass die NATO-Staaten nun einstimmig die Einladung der beiden nordischen Länder verkünden können, bedeutet aber noch nicht, dass sie damit sofort NATO-Mitglieder werden. Den NATO-Beitritt müssen die Parlamente aller Mitgliedsstaaten der NATO ratifizieren, erst dann treten sie der NATO bei. Die Türkei kann den NATO-Beitritt also immer noch verhindern oder herauszögern, wenn sie der Meinung ist, dass die beiden Beitrittskandidaten ihre Verpflichtungen aus dem Memorandum nicht umsetzen.

Das Memorandum

In dem Memorandum verpflichten sich Finnland und Schweden nämlich zu einigem, was sie erst noch umsetzen müssen. So heißt es in Punkt 5 des Memorandum zum Beispiel:

„Finnland und Schweden bestätigen, dass die PKK eine verbotene terroristische Organisation ist. Finnland und Schweden verpflichten sich, die Aktivitäten der PKK und aller anderen terroristischen Organisationen und ihrer Ableger sowie die Aktivitäten von Einzelpersonen in angeschlossenen und inspirierten Gruppen oder Netzwerken, die mit diesen terroristischen Organisationen verbunden sind, zu verhindern. Die Türkei, Finnland und Schweden sind übereingekommen, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um die Aktivitäten dieser terroristischen Gruppen zu verhindern. Finnland und Schweden lehnen die Ziele dieser terroristischen Organisationen ab.“

Da die PKK in diesem Ländern – zumindest nach Meinung der Türkei – bisher frei agieren durfte, wird sich erst noch zeigen, ob die beiden Länder nun tatsächlich so gegen die PKK vorgehen, dass es die Türkei zufriedenstellt und sie bereit ist, den NATO-Beitritt der beiden Ländern auch zu ratifizieren. In Punkt 8 des Memorandum sind auch konkrete Schritte vorgesehen, an denen die Türkei das messen kann, zum Beispiel:

„Finnland und Schweden werden die anhängigen Ersuchen der Türkei um Abschiebung oder Auslieferung von Terrorverdächtigen zügig und gründlich behandeln, wobei sie die von der Türkei zur Verfügung gestellten Informationen, Beweise und Erkenntnisse berücksichtigen, und die erforderlichen bilateralen Rechtsrahmen schaffen, um die Auslieferung und die Sicherheitszusammenarbeit mit der Türkei im Einklang mit dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen zu erleichtern.“

Einladung ist nicht Beitritt

Das könnte durchaus kompliziert werden, denn dazu müssen Gesetze geändert werden. Beide skandinavischen Staaten waren bisher ein sicherer Hafen für PKK-Mitglieder, deren Auslieferung die Türkei fordert. Erdogan kann also abwarten, ob die Schweden und Finnland die in dem Memorandum genannten Schritte tatsächlich umsetzen.

Die Türkei ist bei ihren ursprünglichen Forderungen hart geblieben. Schweden und Finnland haben in dem Memorandum de facto versprochen, alle türkischen Forderungen zu erfüllen. Daher hat die Türkei sich mit der Einladung der beiden Staaten in die NATO einverstanden erklärt, aber die Türkei kann die Ratifizierung – und damit den tatsächlichen NATO-Beitritt – trotzdem noch verhindern oder hinauszögern, wenn sie der Meinung ist, dass Schweden und Finnland die türkischen Forderungen nicht umsetzen.

Natürlich würde es enormen Druck der NATO bedeuten, wenn die Türkei sich nach der offiziellen Einladung wieder querstellt, aber Erdogan ist für seinen Dickkopf bekannt und berüchtigt. Es könnte also weiterhin spannend bleiben.

Nachtrag: Ein Leser hat mir den Link Originaltext des Memorandums auf der Seite der NATO geschickt. Den Link finden Sie hier, die türkische Nachrichtenagentur hat den Text korrekt wiedergegeben.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

44 Antworten

      1. So einfach ist das sicher nicht, was da abläuft..

        Doch in erster Linie mal ein „Klasse Recherche“ . Ich selbst war noch nicht so weit vorgedrungen. Gerade für die Briten ist das sehr wohl ein interessantes Thema, nicht nur aus NATO-Anlass. Immerhin verloren die Briten quasi einen EU-Gerichtsdhofsprozess. 2018 wurde durch den Gerichtshof die PKK aus der EU-Terrorliste genommen und kurz danach wieder auf Antrag der Briten wieder aufgenommen. Im April diesen Jahres gabs die letzte Anhörung zur Sachlage. Europaweit ein vielbeachtetes Thema.

        Insoweit wird sich noch herausstellen, welche Seite letztendlich „gekauft “ wird.

        1. Aber sicher ist das so einfach: Die USA wollen Finnland und Schweden in der Nato haben und müssen dafür Erdogan ruhig- bzw. zufriedenstellen. Die EU tut was Herrchen verlangt – auch wenns eigentlich die Nato betrifft. Ergo wird – da ihr Status sowieso auf Messers Schneide – 100%-ig die PKK fallengelassen und weiterhin als Terrororganisation eingestuft bleiben. Genau so und nicht anders wird es sein.

    1. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass unter anderem diese Art von „Flexibilität“ der Untergang des Westens sein wird, denn sie ist hohl, komplett wertentleert und eigentlich eine morallose Hure die sich immer an den Meistbietenden verkauft.

      1. das gleiche passiert doch mit EU und Ukrostan: diese Vollpfosten wollen ein Land in die EU holen, in dem aktuell Krieg ist und massive Kampfhandlungen stattfinden. Daher könnte es sein, dass, wenn der Krieg zu Ende ist, von der Rumpf-Ukraine nur noch das wirtschaftlich, finanziell, landwirtschaftlich und demografisch vollständig unbedeutende Zentralgebiet übrig ist. Und ob dann die Egomanen-und-ich-zuallererst-EU an dem verarmten Fetzen Land Interesse haben, ist schwer vorstellbar.
        Und genau so wird es mit der NATO passieren: Sobald Russland den Krieg gewonnen hat, kann sich die NATO auflösen.

    2. Das haben die USA schon immer so gemacht. Wie oft haben sie Verbündete erst aufgebaut und sie dann fallen gelassen als sie sie nicht mehr brauchten. Nur ein paar Beispiele:
      – Vietnam -> Hmong
      – Irak -> Kurden
      – Afghanistan -> Taliban (damals gegen Russland)
      Die USA sind so flexibel, die können sich, ohne mit der Wimper zu zucken, ins genaue Gegenteil verbiegen.

  1. Wenn ich das bei der türkischen Nachrichtenagentur richtig gelesen/überflogen habe, ist ganz allgemein von terroristischen Organisationen die Rede, deren Feststellung an die EU-Gesetzgebung gebunden ist. Sollte Erdogan so dumm sein – oder kann er aus unbekannten Gründen nicht anders?

    Wer dem Teufel einen Gefallen tut, den nimmt er zum Dank mit in die Hölle.

    1. #some1, eindeutig:
      Punkt 5- Finland and Sweden confirm that the PKK is a proscribed terrorist organisation. Finland and Sweden commit to prevent activities of the PKK and all other terrorist organisations and their extensions, as well as activities by individuals in affiliated and inspired groups or networks linked to these terrorist organisations. Turkiye, Finland and Sweden have agreed to step up cooperation to prevent the activities of these terrorist groups. Finland and Sweden reject the goals of these terrorist organisations.
      =
      Finnland und Schweden bestätigen, dass die PKK eine verbotene terroristische Organisation ist. Finnland und Schweden verpflichten sich, die Aktivitäten der PKK und aller anderen terroristischen Organisationen und ihrer Ableger sowie die Aktivitäten von Einzelpersonen in angeschlossenen und inspirierten Gruppen oder Netzwerken, die mit diesen terroristischen Organisationen verbunden sind, zu verhindern. Die Türkei, Finnland und Schweden sind übereingekommen, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um die Aktivitäten dieser terroristischen Gruppen zu verhindern. Finnland und Schweden lehnen die Ziele dieser terroristischen Organisationen ab.

      Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

      1. Karl, genau lesen! Eine verbotene Organisation – von wem verboten? Von der EU, das geht aus dem Kontext hervor. Wenn die EU sie nicht mehr verbietet, dann ist das so und die Bestimmung ist gegenstandslos.

  2. ….Erdogan, wurde aus Washington erpresst, ist woanders zu lesen.. ..Reaktion aus Russland, ..der Russische Politiker Andrei Klimov, Mitglied im Föderationsrat sagte in einem Interview mit RIA Novosti folgendes.. „Russland ist eine so mächtige militärische und politische Macht, dass all diese Staaten im globalen strategischen Sinne keine Rolle spielen“, sagte der Senator… …Auf die Frage eines Reporters, wie bald Schweden und Finnland der Nato beitreten können, antwortete Klimov: „Die Geschwindigkeit, mit der sie zu einem Ziel werden, sollte sie beunruhigen.“…
    …bin gespannt, wann die ersten US – Söldner, an der finnischen Grenze in der Nähe von Murmansk auftauchen, nur 120 km entfernt vom Hauptquartier der Russischen Nordflotte ??😎😈

  3. „……denn das Problem des türkischen Widerstandes gegen den NATO-Beitritt ist noch nicht vom Tisch. Es wurde lediglich vereinbart, es zu lösen, aber das muss erst einmal umgesetzt werden.“

    Verschwörungstheoretisch behaupte ich mal, dass es da ein geheimes Zusatzabkommen gibt. Der türkische Despot lässt sich ganz sicher nicht von ein paar unverbindlichen Sätzen über den Tisch ziehen, dazu ist er viel zu klug. In seinem Vernichtungskrieg gegen die Kurden braucht er Erfolge. In ein paar Monaten wissen wir mehr, sofern es dann NATO-Europa noch gibt.

  4. Das Memorandum ist meines Erachtens das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht.

    Es verhält sich damit ähnlich dem, was Russland mit den 2+4 verträgen so passiert ist.
    Auch die Verträge, welche mit Gasprom geschaffen worden waren, oder die Simens-Turbinen, die man 2017 eben trotzdem geliefert hatte. Alles ähnlich im Kontext.

    Der NATO ging es im Grundegenommen nur um diese eine Zustimmung Erdogans. Egals wie hoch der Preis, egal wie schwer das Zugeständis! Ich bin mir sicher, die hätten auch noch Bidens Oma draufgelegt, wenn das ein Ja von Erdogan bedeutet hätte. Denkt Ihr allen Ernstes, wenn die erst mal Mitglid in der NATO sind, würde nach dem Memo noch irgend ein Hahn krähen?
    Ich wundere mich im Ernst warum er nicht auch die Auslieferung von seinem Erzfeind Fettulah Gülen aus den USA gefordert hatte. Das war doch immer sein geheimes Ziel und der ursprüngliche Grund des Putschversuchs in seinem Land gegen Ihn selbst. Wer in solch einer Position hätte nicht genau das gefordert…?

    Es gibt meiner Meinung nach nun 2 Varianten. Entweder er hat sich wirklich durch Geld, Macht, die F-35 und die obige Zusage breitschlagen lassen (was für einen Mann in seiner Position sowas von doof wäre), oder es ist etwas „perfideres“passiert.
    Die Amis sind ja dafür bekannt, dass Sie in ausweglosen Situationen auch gerne mal kurzfristig eskalieren. Ich könnte mir also vorstellen, dass bei der galoppierenden Inflation, die das Land gerade zu ertragen hat, es für ein Spezialkommando der USA relativ einfach gewesen sein muss in ein paar abgesicherte Bereiche seines Lebens vorzudringen und Ihn in einem passenden Moment abzufangen.
    Dann kommt das Spiel, welches Ihr vermutlich aus dem Film „Pulp Fiction“ mit „Samuel L. Jackson & John Travolta“ kennt… eben genau das ein paar Spezialisten mit einer guten Phrase (natürlich auf Türkisch) á la

    „Der Pfad der Gerechten ist zu beiden Seiten gesäumt mit Freveleien der Selbstsüchtigen und der Tyrannei böser Männer. Gesegnet sei der, der im Namen der Barmherzigkeit und des guten Willens die Schwachen durch das Tal der Dunkelheit geleitet. Denn er ist der wahre Hüter seines Bruders und der Retter der verlorenen Kinder. Und da steht weiter ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, daß sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe.“

    usw.

    plus ein paar Backpfeifen

    und siehe da, dann wird fleissig unterschrieben um dann nicht wie ein Depp dazustehen, wird so ein Wisch (das Memo) noch gleich mit dazugelegt, damit behauptet werden kann, dass er mit „Würde“ unterzeichnen konnte. So wird ein Ei draus!

    PS: Habe mir mal die Mühe gemacht, den Spruch durch den googelätor zu schicken. Das Ergebnis auf Türkisch ist interessant:

    Doğruların yolu, bencillerin öfkesi ve kötü adamların zorbalığı ile her iki tarafta da sıralanmıştır. Merhamet ve iyi niyet adına karanlıklar vadisinde zayıflara rehberlik edene ne mutlu! Çünkü o, kardeşinin gerçek koruyucusu ve kayıp çocukların kurtarıcısıdır. Ve orada ayrıca kardeşlerimi zehirlemeye ve yok etmeye çalışanlara karşı büyük intikam eylemleri gerçekleştirmek istediğimi ve onları gazapla cezalandıracağımı bilmeleri için şöyle diyor: onlara.

    Auf Japanisch ist es noch interessanter, aber ich habe es mir erspart euch den Text hier auch noch einzufügen, versuchte es einfach mal selbst. Coole Schrift! Vielleicht braucht man es irgendwann ja einmal, falls Kishida auch in die NATO eintreten möchte, oder Taiwan…

  5. Erdogan einen Sultan zu nennen zeugt von wenig Geschichtsverständnis.
    Wäre Erdogan ein Sultan, dann wäre sein oberster Berater sicherlich ein Kurde.
    Ich halte die Politik Erdogans für ein Verbrechen. Seine Verbrechen werden einzig und allein deshalb von der NATO gedeckt, weil die USA ein noch viel größerer Verbrecher ist.

    Man mag Erdogans Kaltschnäuzigkeit bewundern, mit der er Interessenkonflikte maximal für seine Zwecke auszunutzen weiß. Aber seine Forderungen werden weder den Frieden in Kurdistan fördern noch den Terrorismus bekämpfen. Ganz im Gegenteil.

    1. @winfriedKarl
      Im Grunde sind es immer noch die Folgen einer Trennung der Machtzentren des römischen Reiches in einen Ost- und einen Westteil.
      Der Westen entfremdet sich ab 500 zunehmend vom Osten. Ab 1500 fällt dann noch das Oströmische Reich ganz weg und Westeuropa kehrt sich von da an Amerika zu.

      Diese Spaltung bedeutet einen Westen, der keine organische Verbindungen mehr mit dem Osten hat und ihn auch deshalb kaum verstehen kann.
      Der Spalt zwischen Ost und West verläuft in etwa dort, wo sich die Orthodoxe Kirche mit der römisch katholischen Kirche begegnet und das ist mitten durch die Ukraine.

    2. Wenn Sie die seit 100 Jahren dank der Briten auf vier sehr unterschiedliche Länder verteilten Kurden als Kurdistan bezeichnen, dann sind Sie sicher auch fürs Deutsche Reich in den Grenzen von 1871.

        1. Lach nicht. 😉
          Die Zeit mit dem Staufer Friedrich II war politisch gar nicht mal die schlechteste.
          Seit dem muss keiner mehr Kreuzzüge veranstalten um nach Jerusalem pilgern zu können. Es ist ein Abkommen, dass bis heute hält.

          Und das heilige römische Reich mit gewähltem Wanderkaiser wäre auch gar keine schlechte Blaupause für ein Europa der Regionen.

      1. Deutschland 1871 ist in meinen Augen wenig erstrebenswert. Das war schon bei seiner Gründung in Versailles klar, das das Ärger geben muss.

        Was das „Wilde Kurdistan“ angeht, so kann ich hoffentlich zwischen Karl May und der Wirklichkeit unterscheiden. Was die Engländer getan haben folgte einem klaren Machtkalkül. Dafür darf ich aber nicht die Kurden verantwortlich machen. Vor Jahren hätte Erdogan die Chance gehabt Frieden zu schließen. Er hat sich dann aber dazu entschlossen lieber den Diktator zu mimen. Seit dem werden Hütten plattgewalzt, Bürgermeister eingesperrt, Menschen vertrieben und Islamisten angesiedelt.
        Das Terrorargument trifft eher auf Erdogan zu als auf irgendwelche Kurden.
        Hätte Schweden noch ein Quäntchen Stolz dann würde Erdogan auch die richtige Antwort bekommen.

  6. Wer ist der Westen?
    Westen ist eine Himmelsrichtung und nichts anderes!
    Welche Knechte bestimmen über Krieg und Frieden?

    Wer sind die Hintertanen und die Behüter des Systemfehlers, der Spielregeln?
    Wer denkt in solchen Grundsätzen?

    „Ich bin der Herrscher über die Wahrheit, ich bestimme was Wahrheit ist und ich bestimme was Gut oder Böse ist, ich bestimme wer ich Selbst sein will!“

    http://freigeldpraktiker.de/weltenaufgang/blog/article/g7-das-treffen-der-knechte

  7. Erdogan dürfte nicht vergessen haben, dass der gescheiterte Putsch vom Nato-Stützpunkt Incirlik ausging. Immerhin wurden Bomben auf das Parlament in Ankara geworfen.
    Es gibt eine – nicht verifizierte – Meldung, dass Erdogan eine Warnung vor dem Putsch möglicherweise sogar von Putin aufgrund von Geheimdienstmeldungen bekam, die ihm seinen Aufruf zum Widerstand an seine Anhänger ermöglichte. Der führte bekanntlich zum Scheitern des Putsches.

    1. Ich bin mir bei diesem Putsch nicht sicher, ob wirklich die üblichen Verdächtigen dahinter gesteckt haben. Die Berichterstattung in den Propagandamedien hat nicht gepasst.

      Normalerweise verkünden sie bei einer Farbrevolution oder einem pro-NATO-Putsch sofort, was der Zuschauer denken soll. An dem Abend mit dem Türkei-Putsch haben sie den Eindruck gemacht, dass sie weder wissen, was wirklich los ist, noch Material vorbereitet hatten, um Erdogan zu verteufeln und die Putschisten in den Himmel zu loben oder umgekehrt.

      Vielleicht war das aber auch nur eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, nicht einmals die Propagandamedien zu informieren, weil es ja einen Whistleblower geben könnte und das Ziel diesmal ein NATO-Land und nicht Hinterabsurdistan bei Hatnochkeinervongehört war.

      1. Meine Version:
        Es hat sicherlich ein paar Dumme auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik gebraucht, die dachten sie machen einen Putsch. Erdogan wusste aber davon und hat den Putschversuch dann für sich genutzt um seine Diktatur zu errichten.

        1. Sind Sie PKK Fan? Anders kann ich mir die Verwechslung von Kurden und nationalistischen Separatisten nicht erklären.

          Schon mal mit normalen Kurden zu tun gehabt, die von der PKK mafiös erpresst wurden?? Ich schon.

  8. Schweden hat sich gestern Abend verpflichtet, dass es als Nato-Alliierter die Türkei im Kampf gegen Bedrohungen ihrer nationalen Sicherheit uneingeschränkt unterstützt. Dazu gehörten „weitere Änderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften“, ein hartes Vorgehen gegen PKK-Aktivitäten und der Abschluss eines Abkommens mit der Türkei über Auslieferungen.

    Schweden ändert also auf Druck der Türkei (und der Nato!) seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften?? Ich kann’s kaum glauben, so furchtbar ist das. Ministerpräsidentin Andersson verspielt mit Riesenschritten den ehemals guten Ruf des Landes. Schweden quo vadis??

  9. Oh ab wann ist denn dann der Traum eines Kurdistan mal wieder ausgeträumt ?
    Einiges scheint den eifrigen Tippern erst jetzt aufzufallen oder ist das neu?

    https://twitter.com/RuwaydaMustafah/status/1540114699072798720

    In den Kommentaren findet man

    „Kurden können und werden respektiert, wenn sie ihre Streitkräfte vereinen und unabhängig vom Einfluss politischer Parteien und Clans sind. Die Weltwirtschaft und der Einfluss hängen von einer starken Armee/Militär ab.“

    Bleibt nur die Frage wer will sich da vereinen? Kurdistan verteilt sich auf mehrere Länder u.a. die Türkei. Vor ein paar Tagen konnte man vom Syrischen Teil das lesen

    „AANES-Sprecher: Die AANES ist ein Teil Syriens, und die Verteidigung der Grenzen ist die Aufgabe der Streitkräfte, wo immer sie sich befinden, einschließlich der Streitkräfte der Regierung von Damaskus.“

    Und wer flüstert den Kurden ( welchen) da etwas ins Ohr ? John Brennon.

  10. „Lieber Recep Tayyip,
    Ich habe mit gerade mein Fotoalbum angesehen, von dem letzten NATO-Gipfeltreffen. Erinnerst Du Dich noch? Am 2. Tag warst Du stockbetrunken und hast Dich dann gleich mit 2 Epstein-Angestellten gleichzeitig beschäftigt! Hier ein schönes Erinnerungsfoto, da erinnerst Du Dich bestimmt auch gerne nochmal dran!
    Bist Du jetzt einverstanden, dass Schweden und Finnland beitreten, wenn sie Dir nur auf dem Papier ein paar Zugeständnisse machen? Doch bestimmt, oder? Wäre doch schade, wenn diese schönen Fotos versehentlich nicht auf Deinem Nachttisch, sondern auf dem Schreibtisch des Justizministers landen würden.

    Endsieg über die Russen heil,
    Jens Stoltenberg und Deine anderen Freunde bei der Nord-Amerikanischen Terror-Organisation (NATO).“

  11. Schade, dass Erdogan nicht auch die Auslieferung von Böhmermann gefordert hat.
    20 Jahre Haft in einem Ziegenbock- Stall ohne Aussicht auf eine vorzeitige Entlassung ohne Gleitmittel.
    Und mal ganz nebenbei: Ein Ex- Kollege ist vor etwa 10 Jahren nach Schweden ausgewandert. Dort ist ein nicht gerader kleiner der Bevölkerung nicht so begeistert, wie es die MSN dem Dummdeutschen gern verkaufen möchten. Ähnlich sieht es in Finnland aus. Dort kursieren Karikaturen, auf denen eine finnische Sauna zu sehen ist, an deren Giebel sich die Abschußrampe für eine amerikanische Atomrakete zu sehen ist.
    Warum fängt Putin seinerseits nicht an, seine „Liebesgrüße aus Moskau“ auf Cuba zu stationieren? Hat zwar 1962 nicht geklappt, aber jetzt, wo der Westen Russland in den letzten 30 Jahren mit der Nato- Osterweiterung (die es ja eigentlich nicht geben sollte) dermaßen auf die Pelle gerückt ist, sollte diese Maßnahme für Putin doch ebenso legitim sein, oder?

    1. Ich würde mir von Russland auch wünschen, einmal die Methoden der USA zu kopieren, damit sie sehen, wie das von der anderen Seite aus ist…
      Warum keine Farbrevolution in Finnland und Schweden anzetteln, um die NATO-Anhänger loszuwerden? Und in Schweden das undemokratische Königshaus gleich mit?

    2. „Liebesgrüße aus Rußland“ würden ein neues Wettrüsten starten, das auch das späte, überdehnte, aber hochgerüstete US-Imperium mit seinen gedruckten Dollars – die wir erarbeiten müßten – durchaus noch einmal gewinnen könnte, weil es vor den Toren der Heimat „um alles“ ginge; da würde auch das kriegsmüde amerikanische Volk eher – right or wrong, my country – wieder mitmachen.
      Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine dagegen bedrängt Rußland dagegen zwar geostrategisch, wirtschaftlich blutet die NATO jedoch weit mehr aus. Der Krieg scheint uns weit, aber der allgemeine Wohlstand verfällt drastisch, zumal bei der unfähigen EU und besonders bei unseren Rot-Grünen Spinnern in ihrem wohldotierten Wolkenkuckuksheim. Da dürfte die Zeit eher für Rußland mit seiner realpolitisch sehr fähigen Mannschaft arbeiten.

      Ich hoffe, daß uns hier im Wessi-Westen der ideologisch durchgeformte Hintern einmal richtig auf Grundeis geht und sich wieder zu einer nüchternen Realsicht der Dinge bequemt.

  12. Am allerliebsten wäre mir ein Tauschgeschäft, Norwegen und Finnland treten bei, die Türkei verlässt die Nato. Erdogan ist der einzige dem ich zutraue das schaffen zu können.
    Naja, egal, erstmal gute Nachrichten. Mein erster Gedanke als ich Meldungen a la „die treten bei“ gehört habe war das man Erdogan ordentlich über den Tisch gezogen hat. Ich dachte schon die treten bei und haben „sich verpflichtet“ die Bedingungen zu erfüllen was dann natürlich nie passiert wäre… Danke für diesen richtigstellenden Artikel.

  13. Der Artikel klingt insgesamt leicht verzweifelt („Einladung ist nicht Beitritt“). Das Ziel, die NATO von Rußland fernzuhalten, hat ja offenbar nicht geklappt. Da wollen wir mal hoffen, dass die anderen Ziele Rußlands (insbesondere die Entnazifizierung) besser laufen.

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