Trotz offener Rechnungen: Moldawien bekommt weiterhin Gas und einen neuen Vertrag von Gazprom
Der Streit um Gaslieferungen zwischen Moldawien und Gazprom ist beendet. Es ging dabei darum, dass der langfristige Liefervertrag, der Moldawien Gaslieferungen für einen niedrigen Preis gesichert hatte, ausgelaufen war und die Verhandlungen um einen neuen Vertrag ins Stocken geraten waren, weil Moldawien seine Gasrechnungen seit Monaten nicht bezahlt hat. Gazprom wollte, dass Moldawien zunächst seine Schulden bezahlt und hat Moldawien für die Zeit der Vertragsverhandlungen angeboten, bis Dezember Gas zum Preis von 790 Dollar pro 1.000 Kubikmeter zu liefern. Das ist zwar mehr als das Doppelte dessen, was Moldawien bei einem langfristigen Vertrag zahlt, aber immer noch weniger als an der europäischen Börse.
Für „Qualitätsmedien“ wie den Spiegel war das Thema ein gefundenes Fressen. Die Schulden Moldawiens wurden dem Leser entweder verschwiegen, oder bestenfalls in einem Nebensatz erwähnt. Stattdessen wurde den Lesern der Eindruck vermittelt, Gazprom setze Gas als Druckmittel gegen die neue pro-westliche Regierung in Moldawien ein.
Gazprom liefert trotz offener Rechnungen Gas
Nun wurde der Streit beigelegt und es wurde ein neuer langfristiger Vertrag geschlossen, der Streit um die Schulden wurde ausgeklammert und soll gesondert entschieden werden. Das bedeutet im Klartext, dass Gazprom Moldawien Gas wieder zu einem günstigen Preis liefert, obwohl Moldawien offene Rechnungen bei Gazprom hat. Das hätte doch allen „Qualitätsmedien“ Überschriften wie „Danke Gazprom!“ entlocken müssen.
So war es aber nicht. Der Spiegel hat aus dem Anlass einen Artikel veröffentlicht, in dem es trotzdem so klingt als nutze Russland Gas als Druckmittel. Nach den reißerischen Überschriften der letzten Tag zu dem Thema, war die Überschrift im Spiegel dieses Mal erstaunlich sachlich, sie lautete schlicht „Neuer Liefervertrag – Moldau und Gazprom legen Gasstreit bei„. In dem Artikel wird zunächst sachlich gemeldet, dass beide Seiten eine Einigung erzielt haben und dass der neue Gaspreis bisher nicht genannt worden sei.
Danach kam in dem Spiegel-Artikel folgender Absatz:
„Russland hatte die Schulden der Republik Moldau bei Gazprom auf rund 709 Millionen Dollar beziffert. Nach dem Auslaufen des alten Liefervertrags Ende September hatten sich beide Seiten zunächst nicht auf neue Konditionen verständigen können. Angesichts der Zahlungsrückstände Moldaus hatte Gazprom mit einem Lieferstopp mitten in der Heizsaison gedroht. Die EU und Deutschland hatten überlegt, wie man dem wirtschaftlich schwachen Land helfen kann, das von prowestlichen Politikern regiert wird.“
Der Wert der westlichen Solidarität
Schon der erste Satz erweckt beim Spiegel-Leser Misstrauen gegenüber Gazprom, denn er suggeriert, dass Gazprom die Schulden zu hoch ansetzt. Besonders interessant ist der dritte Satz, denn dort ist wieder einmal von russischen Drohungen die Rede, ohne die der Spiegel bei kaum einem Artikel über Russland auskommt. Gazprom hätte Moldawien damit gedroht, in der Heizsaison die Gaslieferungen einzustellen, was natürlich ziemlich herzlos von Gazprom wäre.
Gazprom ist eben nicht so nett, wie die USA. Die USA drohen den Europäern nicht, im Winter kein Gas zu liefern. Die USA liefern einfach kein Gas und halten sich dabei nicht mit Drohungen auf. Das amerikanische Gas geht nach Asien und Lateinamerika, wo es noch teurer verkauft werden kann als in Europa. Und während die USA – Heizsaison hin oder her – einfach kein Gas liefern, liefert Gazprom sogar an Länder, die ihre Rechnungen nicht bezahlt haben. Und das auch noch zu Preisen, die um ein Vielfaches niedriger sind als die Preise, die die USA verlangen oder die das Gas an den europäischen Börsen kostet.
Aber das erfährt der Spiegel-Leser nicht, der erfährt am Ende des Absatzes hingegen, wie nett der Westen im Gegensatz zu den bösen Russen ist, denn in der EU und Deutschland hatte man sich Gedanken darüber gemacht, wie man Moldawien helfen könnte. Bei diesen Gedanken ging es um eine Finanzspritze in Höhe von 60 Millionen Euro für Moldawien, nur kann man Euros leider nicht in Gaskraftwerken verheizen. Für das Geld hätte Moldawien seinen Gasverbrauch für etwa zwei Wochen decken können, wenn es damit Gas an der europäischen Börsen hätte kaufen müssen.
Die „Hilfe“ aus Deutschland und der EU war also ein PR-Gag, der an der Lage in dem Land kaum etwas geändert hätte, zumal Europa selbst zu wenig Gas für den Winter hat. Die Solidarität des Westens, die der letzte Satz suggerieren sollte, ist nichts wert, denn die Hilfe der EU und Deutschlands wäre ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen und die „Freunde“ in den USA liefern ihr Gas lieber an den „Feind“ China als an die „Freunde“ in Europa, weil die Chinesen mehr bezahlen. Die westliche Solidarität und Freundschaft wird in Dollar bemessen und daher sind die USA beim Thema Gas China gegenüber momentan freundlicher gestimmt als gegenüber der EU.
Die ewige Lüge vom Gas als Druckmittel
Obwohl diese Episode ein weiteres Mal gezeigt hat, dass Russland sein Gas nicht nur nicht als Druckmittel einsetzt, sondern es sogar dann noch zu günstigen Konditionen liefert, wenn der Abnehmer nicht alle Rechnungen bezahlt hat, behauptet der Spiegel im letzten Absatz seines Artikels mal wieder das Gegenteil:
„Der Streit erinnerte an frühere Konflikte etwa mit der Ukraine. Russland hatte Vorzugspreise beim Gas für ehemals verbündete Länder deutlich in Richtung Marktpreise erhöht, als diese sich dem Westen zuwandten.“
In diesem Absatz entspricht nur eine Aussage der Wahrheit: In der Tat erinnerte der Streit an die früheren Konflikte mit der Ukraine, denn auch die haben alle damit begonnen, dass die Ukraine unbezahlte Gasrechnungen in Milliardenhöhe hatte. Dass Russland der Ukraine die Gaspreise erhöht hat, weil sie sich dem Westen zugewandt hat, ist Blödsinn. Die Ukraine kauft ihr Gas nicht mehr bei Russland, sondern kauft russisches Gas von europäischen Zwischenhändlern, die es für einen kräftigen Aufschlag als „europäisches Gas“ an die Ukraine verkaufen. Wie das abläuft, können Sie hier nachlesen.
Diese absurde Haltung der chronisch bankrotten Ukraine, Gas wesentlich teurer einzukaufen als nötig, verwundert die Russen immer wieder, wie ich erst kürzlich erneut berichtet habe. Die Details der vergangenen Gaskonflikte zwischen der Ukraine und Russland können Sie hier nachlesen.
9 Antworten
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In jüngeren Jahren, vor 3 bis 4 Jahrzehnten, habe ich den Spiegel regelmäßig gelesen, oft von der ersten bis zur letzten Seite. Ich hatte ihn bergeweise daliegen. Dann fing es an, dass mich dieser immer gleiche sprachliche Stil, dieser Relativismus wie eine fade Suppe abzustoßen begann. Er war damals noch nicht so abartig antirussisch und heuchlerisch wie heute, aber ich habe die „Berge“ dann entsorgt und den Spiegel als Lektüre abgehakt. Wer liest den heute noch? Trotzdem ist es gut, dass Thomas Röper sich kritisch und beispielhaft mit dem inzwischen zum reinen Propagandablatt verkommenen „Nachrichtenmagazin“ beschäftigt. Eigentlich sollte das täglich mit allen wichtigen Medien geschehen, um ihren schlechten Einfluss auf Politik und Volk ein wenig in Frage zu stellen.
Hätte Deutschland, das ich ‚in der Welt‘ weiterhin für ein wichtiges Land halte, in den letzten 20 Jahren eine Außenpolitik nach dem Muster Willy Brandts betrieben, dann wäre die Welt heute in einem etwas besseren Zustand. Dies auch als Gegenargument für das wiederkehrende, aber schwache Argument, Deutschland müsse immer als Vasall der USA auftreten und könne nicht anders. Anscheinend können auch viele Deutsche nicht anders: entweder kleinkariert und provinziell oder größenwahnsinnig.
Wo sie recht haben…
Für mich war der Spiegel eh schon immer ein linksgedralltes Blatt, eher mit Vorsicht zu geniessen. Zumal mir diese Corona-Hörigkeit gewaltig aufstieß.
Seit Relotius ist der Spiegel für mich gestorben. Ich vermute, der ist gar nicht gegangen (worden) sondern hat jetzt sein Büro im Keller und schreibt da fleissig weiter.
Meine „Spiegel-Geschichte“ begann Anfang der 90er Jahre. Nach der „Wiedervereinigung“ war das Blatt für mich, als „gelernten DDR-Bürger“ eine interessante Informationsquelle, um die westliche Sicht auf die Welt „nachzuholen“. Allerdings gab es schon damals Beiträge, die mich ratlos zurückließen. Und die betrafen allesamt die „Neuen Bundesländer“ bzw. die DDR. Diese Artikel waren einseitig ideologisiert und von Sachwissen so gut wie gar nicht getrübt. Das Land, das da beschrieben wurde, war nicht die DDR, in der ich gelebt hatte und auch nicht der Osten, in dem ich lebte.
Ich hab dann mal erfahren, daß man beim Spiegel nach der „Wende“ ganze zwei (in Zahlen 2) Journalisten aus dem Osten eingestellt hatte, die aber komischerweise nie mit Artikeln über den Osten betraut wurden. Fehlende Sachkunde war schon damals das Prinzip. Klar, daß es mit dem Internet und dem Einbrechen der Auflagenzahlen nicht besser werden konnte.
Das ist typisch Spiegel: die ideologische Leitlinie kommt „von oben“ und nicht etwa von den Leuten vor Ort! Genauso wie beim Thema Russland heute. Es geht ausschließlich um Propaganda.
Mich interessiert dabei, was von den Behauptungen der „prowestlichen Regierung“ zu halten ist, wonach die Schulden angeblich auf in Transnistrien verbrauchtem Gas beruhen sollen, für das sich diese „prowestliche Regierung“ nicht verantwortlich fühlt.
War das „Hilfsangebot“ aus Brüssel mit den 60 Mio Euro nicht sogar nur ein Kreditangebot?
Diese Vozugsbedingungen klingen ja nett, passieren aber auf Kosten der Russen / Gasprom. Gefällt mir als Investor garnicht.
So, Du bist Investor? Wieviel Milliarden investierst Du denn so im Schnitt?
„So, Du bist Investor? Wieviel Milliarden investierst Du denn so im Schnitt?“
😂😂😂 Ist wohl eher so ein Ding wie, „Ich bin Veganer“, ob es jemanden interessiert oder nicht. 😅