Propaganda

Was die Time-Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres aussagt

Das US-Magazin Time veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der angeblich einhundert einflussreichsten Menschen der Welt. Platz 1 unter den einflussreichsten Politikern belegt demnach Julia Nawalnaja. Die Liste ist aber nicht nur deshalb interessant.

Wenn Sie eine Liste der einhundert weltweit einflussreichsten Politiker erstellen müssten, wer wäre ganz oben auf der Liste? Viele würden spontan den US-Präsidenten nennen. Und der russische Präsident, auch wenn man ihn im Westen bekanntlich nicht mag, würde auf die Liste gehören, denn dass er zu den weltweit einflussreichsten politischen Persönlichkeiten gehört, kann wohl niemand bestreiten. Auch der chinesische Präsident dürfte auf die Liste kommen. Und vielleicht die Chefin der EU-Kommission, oder auch der israelische Ministerpräsident, der mit seinem Gazakrieg derzeit großen Einfluss auf die Weltpolitik ausübt. All diese Politiker würden auf so einer Liste auftauchen, wenn man sie nach objektiven Gesichtspunkten aufstellen würde.

Das US-amerikanische Time-Magazin veröffentlicht jedes Jahr die Liste der seiner Meinung nach einhundert weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten, wobei jeweils zwanzig Persönlichkeiten in einer von fünf Kategorien ausgewählt werden. Uns interessiert hier die Liste der einflussreichsten Politiker, die in diesem Jahr allen Ernstes von Julia Nawalnaja angeführt wird, was zeigt, dass das Time-Magazin mit seiner Liste vor allem eines tun will, nämlich Propaganda für die Narrative der US-Politik machen.

Aber nicht nur, dass Nawalnaja die Liste anführt, ist entlarvend. Auch die anderen auf der Liste zeigen, dass es bei der Liste vor allem um Propaganda geht. Schauen wir uns ein paar Beispiele aus der Liste an.

Julia Nawalnaja

Dass Nawalnaja die Liste für 2024 anführt, habe ich für einen Scherz gehalten, als ich das aktuelle Titelbild von Time im Netz entdeckt habe. Nawalnaja hat keine eigene politische Agenda, ist vollständig von den Zahlungen ihrer westlichen Gönner abhängig – wozu übrigens auch westliche Geheimdienste gehören – und sie ist in Russland, wo sie laut westlichen Medien nun die führende Oppositionelle gegen Putin sein soll, nicht beliebt. Die Frau hat keinerlei rhetorisches Talent, dafür aber eine Vorliebe für teure Kleidung und Luxusurlaube.

Das absurde an dem Hype um Nawalnaja ist, dass er an das westliche Publikum gerichtet ist, aber nicht an das russische, denn aus den oben genannten Gründen hat Nawalnaja selbst in der russischen Opposition kaum Unterstützung. Den Lobartikel über Nawalnaja im Time-Magazin hat übrigens US-Vizepräsidentin Kamala Harris geschrieben, die darin begeistert mitteilt:

„Zum Nutzen der Menschen auf der ganzen Welt hat Julia Nawalnaja nun ihre eigene Führungsrolle auf der Weltbühne übernommen. Nawalnaja hat geschworen, den Kampf ihres Mannes für Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit fortzusetzen und denen neue Hoffnung zu geben, die sich gegen Korruption und für ein freies, demokratisches Russland einsetzen.“

Das klingt melodramatisch, dabei ist die Sache vollkommen banal, denn es geht Nawalnaja schlicht ums Geld. Schon 2021 habe ich in einem Artikel aufgezeigt, dass Nawalny aus dem Westen alleine über Bitcoin mit fast sieben Millionen Dollar unterstützt wurde, was den opulenten Lebensstil erklärt, den er vor seiner Verhaftung mit seiner Frau geführt hat. Und das ist längst nicht alles, denn Nawalnys Büro in London, das in Wahrheit seine Arbeit gemacht hat und direkt an den britischen Geheimdienst angebunden ist, muss schließlich auch finanziert werden.

Hätte Nawalnaja nach dem Tod ihres Mannes wahrheitsgemäß gesagt, dass sie sich nicht allzu sehr für Politik interessiert, dann hätte sie auf Einnahmen in Millionenhöhe verzichtet. Aber wie hätte sie dann ihr luxuriöses Leben, inklusive des dem Vernehmen nach von Deutschland bezahlten Personenschutzes, weiterführen sollen, an das sie sich so sehr gewöhnt hat?

Donald Tusk

Der kürzlich gewählte polnische Ministerpräsident Donald Tusk steht ebenfalls auf der Liste und den Lobartikel auf ihn hat keine geringere als Ursula von der Leyen geschrieben. Sie lobt Tusk natürlich als Vorkämpfer für Demokratie.

In Wahrheit ist Tusk nichts weiter als ein strenger Kämpfer für die neoliberalen und globalistischen Ziele der EU, weshalb die EU-Kommission auch kurz nach seiner Machtübernahme die Gelder freigegeben hat, die sie der Vorgängerregierung wegen deren (angeblichen) Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit gesperrt hatte.

Das Problem dabei ist, dass Tusk alles andere als ein Kämpfer für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, denn nach seiner Machtübernahme hat er unter Bruch der polnischen Verfassung und Gesetze eine brutale Säuberungsaktion durchgezogen und die polnischen Medien in einem Tempo gleichgeschaltet, das nicht einmal bei jedem Putsch beobachtet werden kann.

Jean Carroll

Dass Jean Carroll auf der Time-Liste der zwanzig führenden politischen Führungspersonen ist, ist ein Witz. Der „Verdienst“ von Carroll ist, dass sie Donald Trump 2019 wegen einer angeblichen sexuellen Annäherung verklagt hat, die schon über zwanzig Jahre zurücklag. Das zeigt wieder, wie gehorsam Time Propaganda im Interesse der US-Regierung macht, denn Time lobt Carroll für ihren Mut, gegen Trump aufzustehen.

Mir stellt sich dabei die Frage, warum Time, wenn dem Magazin MeToo so wichtig ist, nicht auch Tara Reade auf die Liste genommen hat. Reade hat nämlich echten Mut bewiesen, als sie Joe Biden vorgeworfen hat, sie sexuell belästigt zu haben. Im Gegensatz zu Carroll wird Reade in US-Medien jedoch nicht gelobt und wegen der Verfolgung, der sie aufgrund ihrer Vorwürfe gegen den US-Präsidenten in den USA ausgesetzt ist, lebt sie heute im Exil im Moskau.

Javier Milei

Dass der frisch gewählt und ziemlich schräge argentinische Präsident Javier Milei auf der Liste steht, ist nicht überraschend. Er führt in Argentinien Reformen durch, die die neoliberalen Eliten der USA in Begeisterung versetzen. Er schafft fast alle Sozialprogramme ab und will Argentinien politisch möglichst dicht an die USA führen, wobei er am liebsten die argentinische Währung abschaffen und den US-Dollar als Landeswährung einführen würde. Außerdem will er möglichst alle Kontakte seines Landes zu Russland und China kappen.

Dass so ein US-Lakai auf die Liste von Time kommt, kann nicht überraschen.

Der ebenfalls recht frisch gewählte brasilianische Präsident Lula da Silva hingegen, der sich erfolgreich gegen unberechtigte Korruptionsvorwürfe gewehrt hat, für die er sogar im Gefängnis gesessen hat, ist nicht auf der Liste. Kein Wunder, schließlich kritisiert er die US-Politik, hat einen völlig anderen Blick auf den Ukraine-Konflikt als die USA und beschuldigt Israel wegen dessen Vorgehen in Gaza.

Dass Milei auf der Liste ist, Lula da Silva hingegen nicht, bestätigt ebenfalls, dass die Liste nur ein Instrument zur Stützung der US-Narrative ist.

Ferdinand Marcos

Ferdinand “Bongbong” Marcos ist der 2022 gewählte Präsident der Philippinen und Sohn des langjährigen Diktators mit gleichem Namen. Sein Verdienst ist es, dass er die ehemalige US-Kolonie wieder auf einen der USA treuen politischen Kurs geführt hat. Das schreibt Time in dem Lobartikel über Maros auch ganz offen:

„Bongbong hat sich der chinesischen Aggression im umstrittenen Südchinesischen Meer standhaft widersetzt und das Bündnis seines Landes mit den USA angesichts „steigender Spannungen in unserer Region und der Welt“ gestärkt, wie er letzten Mai sagte.“

Jack Smith

Auch die Tatsache, dass Jack Smith auf der Liste ist, zeigt, wie propagandistisch die Liste ist. Smith ist der Sonderermittler, der die krummen Geschäfte von Hunter Biden, dem Sohn von US-Präsident Biden, „aufklären“ soll. Dabei hat er sich dadurch verdient gemacht, dass er dem Gericht einen Deal vorgeschlagen hat, der Hunter Biden von jeder Strafverfolgung befreit und ihm praktisch totale Immunität garantiert hätte. Das war der Richterin jedoch zu dreist und sie hat den Deal abgelehnt.

Außerdem ist seine Lebensgefährtin Katy Chevigny die Frau, die den Propagandafilm Becoming über Michelle Obama gedreht hat. Und die Mitarbeiter von Jack Smith sind während seiner Ermittlungen gegen Hunter Biden im Weißen Haus ein- und ausgegangen.

Für diese tatkräftige Unterstützung der US-Demokraten wurde Jack Smith mit der Aufnahme in die Time-Liste belohnt.

Die Ukraine und Israel dürfen natürlich nicht fehlen

Dass es bei der Time-Liste nur um die Unterstützung der US-Politik geht, zeigen die Namen Andrej Jermak und Rachel Goldberg-Polin.

Jermak ist Leiter des Büros des ukrainischen Präsidenten Selensky und bekannt für seinen radikalen Nationalismus und in der Ukraine berüchtigt für seine Korruption und seinen Kampf gegen alle Andersdenkenden. Aber da die Ukraine irgendwie auch erwähnt werden muss, darf ein ukrainischer Vertreter auf der Liste nicht fehlen. Den Lobartikel auf ihn durfte übrigens der Falke und Ex-NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen schreiben, der Jermak für seinen Kampf für die Demokratie lobt, was man angesichts von Jermaks „Verdiensten“ in der Ukraine als Satire abtun kann.

Von Rachel Goldberg-Polin, laut Time immerhin eine der weltweit einflussreichsten politischen Führungspersönlichkeiten, dürften die wenigsten je gehört haben. Ihr „Verdienst“ besteht darin, dass ihr Sohn bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober entführt wurde und sie zu den eifrigsten Aktivisten gehört, die die Freilassung der Geiseln fordern. Da auch Israel auf der Prioritätenliste der US-Regierung ganz oben steht, musste die Time-Liste auch an das Thema erinnern.

Das waren nur einige Beispiele dafür, wer 2014 laut Time zu den einflussreichsten politischen Führungspersönlichkeiten der Welt zählt, aber ich denke, das Prinzip, nach dem die Liste erstellt wird, ist klar geworden.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

27 Antworten

  1. Da haben wir ja noch Satya Nadella, der Chef von Microsoft. Die Firma die einem zwingt ihre schlechten und überteuerten Dienste in der Cloud zu nutzen. Micorosft, denen letztes Jahr die Master Keys gestohlen wurden und seither dutzende Cyberkriminelle auf deren Plattform sich tummeln, was sie ja gerade vor Kurzem zugeben mussten.

  2. Ich kann nur immer wieder meinen Hut ziehen vor Ihrer stoischen Unbeirrbarkeit- das Sie sich überhaupt die Mühe geben, diesen ganzen Schwachsinn immer und immer wieder auseinanderzufalten. Immer wieder unbeirrt offenzulegen. Explicare würde der Lateiner sagen.
    Viele hätten hier schon längst abgewunken . Und doch. Es steht ja doch so einiges auf dem Spiel. Unser eigenes Leben – und das unserer Nachfahren – unter anderem

  3. Im Westen wird wohl der einzige Kritikpunkt an der Liste sein, dass darin nicht genug Transperson*innen enthalten sind. (Schlussfolgerung daraus dann: Diese armen unterprivilegierten Menschen werden systematisch unterdrückt, sonst wären ja mindestens 90 von ihnen auf der Liste. Es müssen sofort neue Gesetze erlassen werden, die dafür sorgen, diese Ungleichheit aufzuheben. Die nächsten 46 US-Präsidenten nach Biden müssen alle Trans*innen sein, um die 46 bisherigen cisgender auszugleichen!)

    1. deine Idee finde ich gar nicht mal so schlecht, mir ist der offene Wahnsinn lieber als die hinterhältige Lüge! Also lieber offen Trümmertunten und Transgestörte als dieses versteckte „Firstgentleman“ zB mit Michael Obama als Mann und Barack als erster schwuler Präsi, aber eben nicht offen!
      Das fand ich auch besonders schlimm am Corona-Terror, nicht offener Totalitarismus, nein, ein „Virus“!
      Kamala Harris ist auch ein Mann, meint zumindest Mr.E- Transpokalypse https://wickedtruths.org/en/the-transgender-agenda/

      1. Kamala Harris ist eiskalt und machtgeil, mir stellt sich eher die Frage, ob die Teilnehmer der „Eliten“ noch Menschen sind? Die haben so tote Augen, vielleicht sind das ja diese echsenartigen Aliens?

  4. Wie wäre es mal mit einer Liste der 100 einflussreichsten Menschen , Die es auf Grund von „plötzlich und unerwartet“ nicht mehr auf die aktuelle Liste geschafft haben ?
    Oder ist diese Liste nur für die 2./3. Reihe gedacht ?

  5. Es tut mir Leid aber in Brasilien herrscht ein Klima der Zensur und der politischen Verfolgung. Beispiel ist die vor kurzem öffentlich geführte Auseinandersetzung zwischen der Plattform X (Musk) und der Generalstaatsanwalt Alexander. Lula ist definitiv korrupt. Genau wie jede Regierung in Lateinamerika. Ich komme ursprünglich aus Ecuador, ich weiß wovon ich rede.

    1. aha – wo herrscht das denn nicht? Evt. ist es nur der augenblickliche Standpunkt des Betrachters?

      X ist auch nicht das Heldenepos, dass man nun unbedingt sehen will…auch wenn es nutr leicht die Richtung geändert hat seit Musk da ist… Man sollte nie vergessen, er hat auch seine Interessen & würde sicher weinen wenn seine Mrd. futsch sind weil er nicht so springt wie die Mächtigen es wollen…

      Keine Ahnung, was in Brasilien wirklich abläuft – so wie DE es wohl für 205 Länder der Welt nicht wirklich wissen sondern nur Medienauswürfe glauben oder nicht.
      Wie läuft es denn so in Ecuador?

  6. Also auf dem Titelbild,erkenne ich nur den Footballspieler Patrick Mahomes, aber der hat wirklich Einfluss.
    Der kann Liga und Schiedsrichter so gut zum Vorteil seiner Mannschaft beinflussen, mit Sieges-Garantie :b).
    Wer ist der Rest???? Braucht die wer?

  7. Die Westpresse betreibt Selbstmord…sollte mir recht sein.
    Propaganda funktioniert nur,wenn sie halbwegs logisch daherkommt.
    Das tut sie längst nicht mehr.
    Natürlich spielt dabei das hirngewaschene Volk noch eine Rolle.

    Falls sie noch immer darauf Anspricht,ist der Weg des Westens in die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten…

  8. Genauso geht es wohl auch bei der Oscar Nominierung zu. Man lobt einen aus seiner Blase hoch. Genauso gehts in letzter Zeit mit den Nobelpreisen. Eine Clique hält die Welt umklammert.

  9. Mit dieser Liste verhält es sich genauso wie mit der Forbes Liste, dort stehen die wirklich reichsten Menschen/Familien der Welt auch nicht drauf.

    Wer war 1938 auf dem Cover des Time Magazines? Hitler!

    1. Kam als nächste Person aus einem Deutschen Derivat dann nicht Merkel auf das Times Titelbild als „Die mächtigste Frau der Welt“.
      Die Griechen haben das 2008 früh erkannt und ihr dann sogleich das kleine Bärtchen aufgemahlt.

  10. Das ist nie und nimmer die Liste der einflussreichsten Menschen der Welt, sondern nur die derjenigen, die im Interesse anderer am meisten ins Rampenlicht geschoben und gesehen und gehört werden sollen.

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