Warum die ukrainischen Kriegsgefangenen mit mir sprechen wollten

Im März habe ich einen Anruf bekommen, in dem ich gefragt wurde, ob ich Interesse hätte, mit ukrainischen Kriegsgefangenen zu sprechen, die im Gebiet Kursk in russische Kriegsgefangenschaft geraten sind. Natürlich hatte ich Interesse, denn so eine Gelegenheit bekommt man nicht oft. Also bin ich Anfang April nach Kursk gefahren.
Anrufe zu Hause
Es dürfte für die meisten sehr unerwartet sein, aber die russische Armee bietet ukrainischen Kriegsgefangenen nach ihrer Gefangennahme an, per Video zu Hause anzurufen, um Verwandten oder Freunden mitzuteilen, dass sie am Leben sind. Die Gefangennahme durch die russische Armee sieht so aus, dass die Gefangenen als erstes entwaffnet werden. Danach bekommen Verwundete medizinische Behandlung. Nach ihrer Gefangennahme, meist nach zwei oder drei Tagen, kommt ein Verhör, in dem die Gefangenen zu den Einheiten, in denen sie gedient haben, befragt werden. Danach wird ihnen angeboten, zu Hause anzurufen und Verwandten oder Freunden mitzuteilen, dass sie am Leben sind.
Das Problem dabei ist, dass nur wenige Menschen heute noch Telefonnummern im Kopf haben. Wenn ein Soldat sein Handy verloren hat, kann er das Angebot, zu Hause anzurufen, nicht annehmen, weil er die Nummern nicht kennt.
Für die Verwandten der Soldaten ist es natürlich hart, wenn sie in der Ukraine einen Brief bekommen, in dem ihnen mitgeteilt wird, ihr Vater, Bruder oder Ehemann und sei gefallen oder werde vermisst. Hinzu kommt, dass der Status eines Soldaten wichtig ist, denn es können ja nur Soldaten ausgetauscht werden und wieder nach Hause kommen, die auch als Kriegsgefangene registriert sind.
Daher ist es für die ukrainischen Angehörigen auch aus juristischen Gründen wichtig, wenn sie so einen Anruf bekommen und zu den ukrainischen Behörden gehen können, um mitzuteilen, dass ihr Verwandter nicht tot oder vermisst ist, sondern lebt und in Gefangenschaft ist.
Das Projekt
Das brachte eine Gruppe ukrainischer Kriegsgefangener auf die Idee eines Projekts, mit dem sie einerseits ukrainischen Soldaten in Kriegsgefangenschaft, die keine Telefonnummern ihrer Verwandten im Kopf haben, helfen können, die Nummern von deren Verwandten in der Ukraine herauszubekommen, damit sie zu Hause anrufen können. Außerdem, so die Idee der gefangenen ukrainischen Soldaten, könnten sich auch Ukrainer melden, denen mitgeteilt wurde, ihr Verwandter sie gefallen oder vermisst, damit die russische Armee nachschauen kann, ob diese Soldaten in Gefangenschaft geraten sind.
Diese Idee stellten die ukrainischen Soldaten der russischen Armee vor, die die Idee gut fand und unterstützte. Die Kriegsgefangenen bekamen – natürlich kontrollierten – Zugang zum Internet, um bei Bedarf die Telefonnummern oder andere Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit Verwandten von in russische Kriegsgefangenschaft geratenen ukrainischen Soldaten zu ermitteln.
Das Projekt ist heute auf TikTok und YouTube aktiv, wo ukrainische Kriegsgefangene meist auf Ukrainisch von ihren Erlebnissen in Krieg und Gefangenschaft erzählen. Sie haben auch einen Telegramkanal, über den Ukrainer mit dem Projekt in Kontakt treten können, um zu erfahren, ob ihre im Krieg als vermisst oder gefallen gemeldeten Verwandten in russische Kriegsgefangenschaft geraten sind.
Schon die Tatsache, dass die ukrainischen Soldaten damit selbst in die Öffentlichkeit gegangen sind und sich dabei mit vollen Namen vorstellen, zeigt, dass sie nicht nur freiwillig mit mir gesprochen haben, sondern dass sie selbst die Öffentlichkeit suchen.
Die Atmosphäre
Ich war nicht direkt in dem Lager, in dem die Jungs gefangen sind, sondern in einem Haus, in dem sie ihre Arbeit für ihr Projekt machen. Dort haben sie Computer, Handys, WLAN, ein improvisiertes Studio, um Videos aufzunehmen und so weiter. Um das Gebäude gibt es keinen Zaun und ich habe nur einen russischen Soldaten gesehen, der aber weniger ein Bewacher als eher der Leiter des Projektes ist. Der Umgangston dort war freundlich-kollegial und alle waren per Du.
Da ich einen ganzen Tag dort war, habe ich auch mit den Jungs gegessen. Das Essen macht dort ein ukrainischer Koch, der ebenfalls in Kriegsgefangenschaft geraten ist. Und ich muss sagen, dass ich noch nie eine so leckere und würzige Fleischsuppe gegessen habe. Ich hatte recht fades Essen erwartet und war sehr positiv überrascht.
Obwohl ihnen für diese Zusammenarbeit mit der russischen Armee zu Hause wahrscheinlich Strafen drohen, wollen viele der Jungs ausgetauscht werden und wieder nach Hause, weil sie dort Familien, Kinder oder alte Eltern haben, die Hilfe brauchen. Wir konnten dort über alles vollkommen offen und frei sprechen.
Während alle, mit denen ich darüber gesprochen habe, sich entschieden hatten, ob sie ausgetauscht werden wollen oder nicht, sagte mir einer, er sei sich in der Frage unschlüssig. Das Problem ist nämlich, dass sie in Russland formal als Terroristen gelten, weil die Kampfhandlungen in Kursk in Russland juristisch als Terrorismus eingestuft werden. Er sagte mir, es sei ja nun einmal so, dass er mit der Waffe in der Hand die Grenze überquert und den russischen Sicherheitsbehörden Widerstand geleistet hat. Andererseits droht ihm in der Ukraine wahrscheinlich eine Strafe für die Kooperation mit der russischen Armee. Die Frage, ob er ausgetauscht werden wolle, sei also ein „sehr zweischneidiges Schwert“, wie er es formulierte.
Die Jungs arbeiten mit echtem Enthusiasmus an ihrem Projekt und die Stimmung dort ist gut, wir haben auch viele Witze gemacht und gelacht, allerdings sagten sie mir in den Gesprächen auch, dass sie Gräueltaten der ukrainischen Armee gegen Zivilisten gesehen haben und dass sie sich sehr dafür schämen – erst recht, nachdem sie erlebt haben, wie gut die russische Armee die Kriegsgefangenen trotzdem behandelt. Es gab daher auch immer wieder sehr nachdenkliche Momente in den Gesprächen.
Warum ein deutscher Journalist?
Es stellt sich natürlich die Frage, warum gerade ich kontaktiert wurde, um mit den Kriegsgefangenen zu sprechen. Ich vermute, der Grund war, dass einer der Soldaten eine Schwester in Deutschland hat, die ihre Geschichte auch erzählen wollte.
Daher können wir in der Anti-Spiegel-Sendung die Geschichte der Gefangennahme eines ukrainischen Soldaten sowohl aus seiner Sicht, als auch aus der Sicht der Angehörigen erzählen, die wochenlang nichts von ihrem Verwandten gehört hatten, nachdem er zum letzten Mal angerufen hatte, um mitzuteilen, dass er an die Front geschickt wird.
Die Folge von Anti-Spiegel-TV, in der ich die Kriegsgefangenen ihre Geschichten erzählen lasse, stelle ich nach der Erstausstrahlung auch hier online.
8 Antworten
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Nächster Beitrag: Gespräche mit ukrainischen Kriegsgefangenen im Gebiet Kursk
Es gibt sie doch noch – die Humanität – sogar in Kriegszeiten….. – Respekt!
Man kann sich vorstellen, dass diese ukr. Soldaten nach dem Austausch wieder als Kanonenfutter in den Krieg geschickt werden.
Es wäre interessant, zu erfahren ob sie nicht davor Angst haben oder wirklich glauben, dass für sie der Krieg vorbei ist & sie bei ihren Familien bleiben können….
Nun die Front ist über 2000km lang!
Es stellt sich die Frage: Wie ist die Realität im Kriegsgebiet selbst und bis zu den Gefangenenlagern. Wie geht man mit den Gefangenen um. Hat es auch Hinrichtungen gegeben?
Es wäre für ein Land Taktisch klug wenn es Gefangene gut bis sehr gut behandelt. Das würde sich positiv beim Feind herum sprechen!
Kämpfe bis zum letzten Mann würden weniger und Desertation würde zunehmen!
Das extreme ist was in Gaza passiert ist!
Der Austausch ist wirklich ein zweischneidiges Schwert. Man muss bedenken, dass die Soldaten, welche regulär in den Armeen gedient haben schon graduell sehr stark ausgedünnt sind.
Diejenigen, die momentan kämpfen sind, wie in dem Interview auch klar deutlich wird, die Alten und die Schwachen. Moral spielt da schon lange keine Rolle mehr und der Westen ist mit seinen Ambitionen, nämlich der Zerstückelung von Russland und der Einnahme von lukrativen Böden mit seltenen Erden gescheitert. Ausserdem ging es natürlich noch um den Schwarmeerzugang und im erweiterten Sinn um die Handelswege (Seidenstraßenblockade usw…). Es war noch nicht einmal die Entscheidung der eurpäischen Politiker oder von amerikanischen Präsidenten, sondern von mächtigen Großkonzernen und Hintermännern (sog. grauen Eminenzen), die man nicht kennt. Die wenigsten davon sind bekannt…
Von Isarel möchte ich erst gar nicht anfangen…
Nochmal zurück zum Kontext. Es gibt viele, die Ihre Familien nicht anrufen wollen aus Angst vor Repressalien der ukr. Behörden. Andere wollen nicht zurück, um nicht verheizt zu werden. Es wäre klar, dass ich in Russaland bleiben würde, bis der Krieg zu ende ist. Denen ist doch eine Familie voll egal. In diesem Stadium wird auch ein Familienvater direkt wieder an die Front zitiert und da gibt es Sperrfeuer. Man kann gar nicht anders, als sich wieder dieser Gefahr zu stellen. Ich würde alles daran setzen zu bleiben. Auch im Terroristenstatus.. das muss eine Frau dann eben aushalten. Man hat es sich ja nicht ausgesucht!
Hier ist das Schlimme nur diese gleichgeschaltete Medienfront. Niemand würde sowas je berichten. Die ganzen Lügen würden zusammenbrechen wie ein Kartenhaus! Viele wissen auch inzwischen, dass diese Krieg keine eindeutigen Initiatoren kennt und nur diplomatisch enden kann. Aber jeder hält die Fresse, weil das persönlich Glück und die Einnahmen dran hängen. Jeder hat Rechnungen zu bezahlen und das System verzeiht keine Fehler. In einem Land wie D, in welchem über 50% der Bevölkerung die andere überwacht, oder irgendwie am Überwachungsstaat teilnimmt, da ist eine Revolution aus Wissen meines Erachtens (fast) nicht mehr möglich. Man sieht es ja an den jüngsten Wahlen. Die alternativen Parteien, werden ausgeschaltet durch einen parteiübergreifenden Zusammenschluss, der inhaltlich überhaupt keinen Sinn macht. Die andere lässt man im Keim ersticken, indem man die Wahlen geschickt um die paar tausend Stimmen reduziert, damit man den Quälgeist nicht auch noch um sich hat…. und das ist nur ein Land. In vielen anderen Ländern ist es es ähnlich und nur Ungarn bzw. Fico hat genug Mumm, sich diesem Moloch entgegenzustellen. Er hat es mit 5 Kugeln quittiert bekommen! Brüssel regiert mit eiserner Hand und die Internetzensur wird nur immer stärker. Irgendwann ist Röper (und Stein) auch nur noch über VK erreichbar. Da bin ich mir relativ sicher. Wenn nicht vorher sog. Friedenstruppen schon einen direkteren Weg gefunden haben Krieg mit Russland zu suchen.
Irgendwann ist er dann da (Cassandraeffekt) und man kann Russland endlich die Schuld dafür geben. Es soll mir dann nur keiner je eine Waffe in die Hand drücken. Niemals!
Nunja, nette Geschichten. Aber es ist doch klar, dass es hier Schönwetterreden sind. Geschichten für die Öffentlichkeit.
RÖPER! … sind Sie des WAHNSINNS?
SIE spielen mit der NOTWEHR von Münchner Merkur, ‚der Alpen-Prawda (Südeutsche)‘ und der Öldener Glocke!
All diese … wird der Deutschlandfunk in seiner Nationalen Presseschau zusammenfassen = Sie werden sein vernichtet …!
(Ironie)
Mal so ein richtiges Kriegsgefangenenlager wäre durchaus mal sinnvoll. Nicht das jemand denkt, T. Röper wird auch nur mit ausgesuchten Coop-Gefangenen in die Irre geführt.
Aber gut, wie soll es da schon aussehen, wir alle haben doch schon mal ein paar Folgen von „Ein Käfig voller Helden“ gesehen.
Nur mit einem kleinen Unterschied. In Russland dürften die meisten Insassen realisiert haben, dass der Krieg verloren ist. 😉
…..vor allem sollte man nicht die Urheber dieser Katastrophe für die Ukrainer und die Russen vergessen !!.. ….und jetzt besonders die Unterstützer aus der brd – Kolonie nicht !!.. …sie sitzen im „Warmen“ und versuchen mit allen Mitteln der Propaganda, die brd – Insassen davon zu überzeugen, dass „Russland“ die grösste Gefahr, für das brd – Gebilde samt seiner Insassen ist !!..
….der FEIND der Russen, sind die Handlanger der Globalisten und ihre Unterstützer !!..
…diese charakterlosen Gestalten, haben den 09. Mai 1945, vollkommen vergessen !!..
…Russland MUSS die MSO bis zum Erreichen der damals formulierten Ziele, ohne Wenn und Aber fortsetzen !!…😠😠