Koalitionsvertrag

Teil 2: Gesetz über ausländische Agenten geplant

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird angekündigt, dass nun auch Deutschland ein Gesetz über ausländische Agenten bekommen soll.

Über den neuen Koalitionsvertrag könnte man eine sehr lange Artikelserie schreiben, aber ich will mich auf eine kurze Serie beschränken, in der ich auf die Themen eingehe, die Meinungs- und Pressefreiheit betreffen.

Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, dass Deutschland nun auch eine Gesetz über ausländische Agenten bekommen soll. Für alle Leser, die neu auf dem Anti-Spiegel sind, muss ich zuerst erklären, was es mit den Gesetzen über ausländische Agenten auf sich hat, danach kommen wir zu dem, was der Koalitionsvertrag darüber sagt, und dann dazu, mit welcher offen zur Schau gestellten Doppelmoral die neue Bundesregierung vorgehen will.

Die Mutter aller Gesetze über ausländische Agenten

Westliche Medien und Politiker kritisieren Russland, weil es 2012 ein Gesetz über ausländische Agenten eingeführt hat. Was die westlichen Medien dabei immer verschweigen, ist die Tatsache, dass es sich dabei nicht um eine russische Erfindung handelt, sondern um eine US-amerikanische. Die USA haben schon 1938 den FARA-Act (Foreign Agents Registration Act, auf deutsch Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten) eingeführt.

Nach dem US-Gesetz drohen jedem, der in den USA mit ausländischer Finanzierung politisch tätig wird und sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert, Geld und/oder Gefängnisstrafen. Außerdem müssen „ausländische Agenten“ ihre Veröffentlichungen als vom „ausländischen Agenten“ stammend kennzeichnen.

Das FARA-Gesetz wird in den USA sehr restriktiv angewendet. Die damalige russische Studentin Maria Butina zum Beispiel wurde in den USA 2018 aufgrund dieses Gesetze zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, als Waffennärrin Kontakte zur US-Waffenlobby geknüpft zu haben. Dass sie mit einigen US-Waffenlobbyisten gesprochen hat, reichte schon aus, um zu über einem Jahr Gefängnis verurteilt zu werden.

Russland hat das FARA-Gesetz der USA im Grunde nur abgeschrieben, wobei jedoch die Strafen in der russischen Kopie des US-Gesetzes weniger streng sind, als im amerikanischen Original. An dem FARA-Gesetz der USA hatten und haben die deutschen „Qualitätsmedien“ nichts zu kritisieren. Sie teilen ihren deutschen Lesern nicht einmal mit, dass es in den USA so ein Gesetz gibt, das sehr streng angewendet wird.

Außerdem verschweigen die deutschen Medien ihren Lesern, dass auch die EU inzwischen so ein über ausländische Agenten hat, das sie als Teil eines „Paketes zum Schutz der Demokratie“ bezeichnet. Vor kurzem wurde so ein Gesetz auch in Frankreich ins Parlament gebracht. Und in Kanada wurde so ein Gesetz im Sommer 2024 im Eiltempo durch das Parlament gepeitscht.

Und nun bekommt auch Deutschland so eine Gesetz, das sicher einen schönen Namen bekommen und der Öffentlichkeit beispielsweise als „Demokratieschutzgesetz“ präsentiert wird.

Das deutsche Gesetz über ausländische Agenten

Im Koaltionsvertrag heißt es:

„Mit Vereinen und Verbänden, die von ausländischen Regierungen oder mit ihnen verbundenen Organisationen gesteuert werden und die beziehungsweise deren Mitglieder oder Strukturen von Verfassungsschutzämtern beobachtet werden, wird es keine Zusammenarbeit geben. Wir führen eine Pflicht zur Offenlegung der Finanzierung dieser Vereine und Verbände ein und überwachen diese.“

Das ist exakt das, was auch Russland tut. Aus dem Ausland finanzierte Organisationen in Russland, die sich in die Politik einmischen und daher von den Behörden beobachtet werden, fallen unter das Gesetz für ausländische Agenten. Und diese Organisationen müssen ihre Finanzen offenlegen. Die Bundesregierung scheint ihr Gesetz über ausländische Agenten also sehr eng an die russische Version anlehnen zu wollen, die deutsche Medien und Politiker so heftig kritisieren.

Darauf, wie die Bundesregierung das im Detail umsetzen wird, bin ich schon sehr gespannt und werde es genau beobachten und berichten.

Die Doppelmoral bei politischen Stiftungen

Die Finanzierung der politischen Einflussnahme, gegen die sich Gesetze über ausländische Agenten wenden, kommt in der Regel von Stiftungen und NGOs. Der Westen weiß, warum er dagegen vorgehen will, denn im Westen weiß man, wie effektiv diese Arbeit ist. Im Westen sind es ungezählte Stiftungen und NGOs, die die Politik in anderen Ländern beeinflussen wollen, wie zum Beispiel die Soros-Stiftungen, die Gates-Stiftung, USAID (gegen das Trump gerade vorgeht) und andere.

Und auch Deutschland hat solche Stiftungen, denn alle vom deutschen Staat finanzierten Stiftungen der Blockparteien CDU/CSU (Konrad-Adenauer-Stiftung), SPD (Friedrich-Ebert-Stiftung), FDP (Friedrich-Naumann-Stiftung) und Grüne (Heinrich-Böll-Stiftung) sind im Ausland ausgesprochen aktiv.

Während die Bundesregierung nun gegen alle vorgehen will, die aus dem Ausland versuchen, die deutsche öffentliche Meinung und Politik zu beeinflussen, steht im Koalitionsvertrag aber auch:

„Politische Stiftungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, zu internationalen Partnerschaften und zur Demokratieentwicklung. Deshalb wollen wir die administrativen und finanziellen Rahmenbedingungen für die internationale Arbeit der politischen Stiftungen weiterentwickeln und verbessern. Ihre Stellung im Ausland werden wir schützen.“

Hinter den schönen Worten „zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, zu internationalen Partnerschaften und zur Demokratieentwicklung“ steckt nichts anderes, als die Politik und öffentliche Meinung im Ausland zu beeinflussen. Und dafür sind in Deutschland die politischen Stiftungen zuständig, die die Bundesregierung im Koalitionsvertrag ausdrücklich stärken will.

Die Doppelmoral dahinter zeigt sich aktuell in Georgien. Dort hat die Regierung letztes Jahr ebenfalls ein Gesetz gegen ausländische Agenten eingeführt, das die Bundesregierung und die deutschen Medien heftig kritisiert haben. Und natürlich haben die Stiftungen der deutschen Parteien Büros in Georgien und haben dort die Kampagne gegen das georgische Gesetz unterstützt, wie man auf deren Seiten (Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung und Heinrich-Böll-Stiftung) nachlesen kann.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

    1. „Vereinen und Verbänden, die von ausländischen Regierungen oder mit ihnen verbundenen Organisationen gesteuert werden“

      Darunter fallen auch Parteien, deren Parlamentarier Stipendien, Beraterhonorare, Aufsichtsratsvergütungen, Vergütungen für Vorträge oder ähnliches von ausländischen Organisationen erhalten.

      Finde ich gut! Keine Zusammenarbeit mit Parteien, deren Mandatsträger Nebeneinkünfte von ausländischen Organisationen kassieren.

      Fallen unter dieses Gesetz auch Politiker, die während ihrer Amtszeit Beraterhonorare oder Aufsichtsratsvergütungen für die Zeit danach aushandeln?

      1. Wäre gut, wenn es wirklich so abgefasst würde. Aber man kennt doch die faschistoiden Schwerstkriminellen in der reGIERung: Die machen mit Sicherheit Ausnahmen für EU-reGIERungen (EU wird als Land und damit Inland angesehen) und die US-reGIERung (die oberen 0,1% der USA sind ja Götter, die können gar nichts böses tun, warum also ihre Agenten registrieren? Die helfen uns doch nur…).
        Aber wer einmal in Russland ein Geschäft gemacht hat, auch wenn er nur einem Russen eine Pizza geliefert hat, muss sich registrieren und wird aufs Schärfste überwacht.
        Heil Merz!

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