Syrien

Teil 1: Der Westen und die islamistischen Terroristen

Nach dem Machtwechsel in Syrien bemüht sich der Westen um ein gutes Verhältnis mit den neuen Machthabern. Dass es sich dabei um eine Terrororganisation handelt, die aus der Al-Qaida hervorgegangen ist, wird geflissentlich ignoriert.

In Syrien hat die islamistische Terrororganisation Hayat Tahrir asch-Scham (HTS) die Regierung von Präsident Assad gestürzt und die Macht übernommen. HTS ist aus der Al-Qaida in Syrien hervorgegangen und hatte auch Verbindungen zum IS. Als Russland 2015 in den Syrienkrieg eingegriffen hat, wurden die islamistischen Terroristen innerhalb von zwei Jahren besiegt und der größte Teil Syriens stand, mit zwei Ausnahmen, wieder unter der Kontrolle der Regierung.

Der Westen und die Terrororganisationen in Syrien

Den Nordosten, wo die syrischen Ölfelder liegen, halten US-Truppen besetzt, offiziell um die dort lebenden Kurden vor Assad und der Türkei zu schützen. Die syrischen Kurden werden von der YPG, einer Tochterorganisation der im Westen als Terrororganisation eingestuften Kurdischen Arbeiterpartei PKK geführt, weshalb die westlichen Medien die YPG als Teil der Demokratischen Kräfte Syriens bezeichnen, um davon abzulenken, dass der Westen mit Organisationen zusammenarbeitet, die er selbst als Terrorgruppen einstuft. Die USA arbeiten in Syrien also mit der Tochterorganisation einer Gruppe zusammen, die sie selbst Terroristen eingestuft haben.

Den Nordwesten Syriens, die Region Idlib, kontrolliert HTS unter dem Schutz der Türkei. Auch HTS ist im Westen als islamistische Terrororganisation eingestuft, was den Westen aber nie daran gehindert hat, HTS zu unterstützen und derzeit erleben wir in den westlichen Medien, wie diese islamistische Terrorgruppe verharmlosend als „bewaffnete syrische Opposition“ bezeichnet wird, die Syrien endlich von Assad „befreit“ hat.

Aus geopolitischen – und nicht etwa aus moralischen – Gründen unterstützt der Westen die neuen islamistischen Machthaber in Syrien. Die USA und Großbritannien haben schon am 9. Dezember erklärt, man könne HTS bald von der Terrorliste streichen. Am 12. Dezember erklärten die G7, sie seien bereit, die neuen Machthaber beim Übergangsprozess in Syrien zu unterstützen, und am 17. Dezember erklärte die EU, sie wolle ihre Vertretung in Syrien wieder eröffnen.

Gute Islamisten, böse Islamisten

Wie verlogen und zynisch die Politik des Westens ist, zeigt der Vergleich mit Afghanistan, wo mit den Taliban ebenfalls Islamisten an die Macht gekommen sind, die auch eng mit Al-Qaida verbunden sind. Obwohl die heutigen Taliban um einiges gemäßigter sind als sie es in den 90er Jahren waren und obwohl nach den wenigen vorliegenden Umfragen 99 Prozent der Afghanen die Taliban unterstützen und unter der Scharia leben wollen, redet im Westen niemand davon, die Taliban von der Terrorliste zu streichen oder Afghanistan wieder als sicheres Land zu bezeichnen, in das man die afghanischen Flüchtlinge zurückschicken könnte. Und dass die Taliban den Drogenanbau in Afghanistan faktisch beendet haben, der während der Besetzung des Landes durch die NATO florierte, wird im Westen auch kaum erwähnt.

Bei den Al-Qaida-Islamisten, die nun in Syrien die Macht ergriffen haben, verhält sich der Westen ganz anders. Nur wenige Tage nach der Machtübernahme durch die Islamisten haben Deutschland und Österreich die Bearbeitung von Asylanträgen von Syrern gestoppt und in deutschen Medien wird bereits aktiv über die Abschiebung der in Deutschland lebenden Syrer diskutiert.

Auch andere EU-Länder handeln ähnlich. Der lettische Innenminister beispielsweise erklärte, sein Land werde die Gewährung von politischem Asyl für Flüchtlinge aus Syrien einstellen:

„Nach dem Sturz des Regimes des ehemaligen Präsidenten der Arabischen Republik Baschar al-Assad gibt es keinen Grund mehr, Flüchtlingen aus Syrien in Lettland politisches Asyl zu gewähren.“

Die wahren Gründe

Wenn man bedenkt, dass der US-geführte Westen einst den Krieg gegen den Terror ausgerufen hat, um Islamisten – namentlich Al-Qaida – zu bekämpfen und unter diesem Vorwand diverse Kriege, angefangen bei Afghanistan, begründet hat, und dass der Westen auch seine Luftangriffe auf Syrien offiziell mit dem Kampf gegen die Islamisten des IS begründet hat, dann wird die ganze Doppelmoral des Westens noch offensichtlicher. Und es zeigt sich, dass Präsident Putin Recht hatte, als er den Westen 2014 öffentlich beschuldigte, den IS in Syrien nicht zu bekämpfen, sondern in Wahrheit mit dem IS zusammenzuarbeiten, um Assad zu stürzen.

Der Westen verfolgt im strategisch wichtig gelegenen Syrien verschiedene Interessen. Zum Einen unterstützt der Westen Israel und nach dem Sturz von Assad musste der Iran Syrien verlassen und die Nachschublieferungen des Iran an die Hisbollah und die Hamas, die ebenfalls durch Syrien liefen, sind nun gekappt. Es ging also einerseits um die Unterstützung Israels.

Ein anderer Grund ist, dass Assad und Russland eng verbündet waren und dass Syrien die einzige russische Marinebasis im Mittelmeer beherbergt, die dem Westen schon lange ein Dorn im Auge ist. Die neue EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas nannte am 16. Dezember die Bedingungen für einen Dialog mit den neuen Machthabern in Syrien:

„Wir müssen die Bedingung für den Dialog mit der syrischen Regierung stellen, dass sie russische Stützpunkte loswerden müssen.“

Kallas versprach, der neuen syrischen Regierung diese Bedingung bei bevorstehenden diplomatischen Kontakten mitzuteilen. Kallas fügte hinzu, dass der EU-Botschafter, der bisher in Beirut war, für den Aufbau der Beziehungen zwischen der EU und der neuen syrischen Regierung zuständig und bereits nach Damaskus gereist sei. Eine seiner Aufgaben sei es, mit der neuen syrischen Regierung in Kontakt zu bleiben, „damit die das alles verstehen“.

Kallas sagte auch, dass Iran und Russland „nicht Teil der Zukunft Syriens sein dürfen“, dass die EU „der wichtigste Geber von Hilfe für die neue Regierung in Damaskus“ werden sollte und dass die EU beabsichtige, Anfang 2025 in Brüssel eine internationale Gebekonferenz für Syrien abzuhalten.

Die „westlichen Werte“

Außerdem erwarte die EU von der neuen Regierung, dass sie „die territoriale Integrität und Souveränität Syriens respektiert, eine inklusive Regierung bildet und die Rechte von Frauen und Minderheiten, einschließlich religiöser Minderheiten, schützt“.

Letzteres sollte man nicht allzu ernst nehmen, denn die Rechte von Frauen und anderen gesellschaftlichen Gruppen sind für den Westen nur dann wichtig, wenn sie sich politisch instrumentalisieren lassen, schließlich hat der Westen beispielsweise keinerlei Berührungsängste mit Saudi-Arabien, wo Frauen de facto rechtlos sind, wo ein Königshaus absolutistisch herrscht, wo Homosexuelle hingerichtet werden und wo Hinrichtungen noch nach mittelalterlicher Manier durch Enthauptung auf einem öffentlichen Platz stattfinden.

Die Frage ist für den „Werte-Westen“ nicht, ob die neue syrische Regierung Frauen entrechtet oder die Scharia einführt, die Frage ist einzig und allein, ob die neue syrische Regierung die Russen und den Iran aus Syrien rauswirft. Wenn sie das tut, darf sie gerne Frauen zu Hause einsperren und Regenbogenfanatiker öffentlich enthaupten, alles kein Problem.

In Syrien zeigen die westlichen Werte ein weiteres Mal ihr wahres Gesicht.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

8 Antworten

  1. Na – ob der Zauberlehrling da so agiert wie der Möchte-gern-Meister es befiehlt…. – denke es sind berechtigte Zweifel angebracht, und wenn die HTS erst mitbekommt, daß sie nur benutzt werden – dann ist die Gesäßpastete erst recht am dampfen…
    Ich denke, das ist der HTS auch schon klar – ebenso wie sie ihren „Terrorstatus“ nie loswerden werden.
    Für den Terror-westen zählen nur die gewünschten Ergebnisse – nicht der Weg und/oder die Mittel – da bleibt wie immer viel auf der Strecke…

  2. Nur als historischer Hinweis: Das ging ja schon damit los, dass der Westen in Afghanistan in den 1970ern die „Mudschaheddin“ aufgebaut und ausgerüstet hat, damit die die „kommunistische“ Regierung stürzen und somit die Sowjetunion zwingen, gemäß dem Beistandsvertrag mit Afghanistan dort einzumarschieren. „Ich habe den Russen in Afghanistan ihr Vietnam bereitet“, nannte das später selbstgefällig der „adlige“ (von „edel“!) polnische Russenfresser Brzezinski.

    Und Al-Qaida (eigentlich: „die Datenbank“ – nämlich all jener, die sich in einem Büro in den VAE freiwillig zum Kampf in Afghanistan gegen den damals noch russischen „Satan“ meldeten) wurde in den 1990er nach Jugoslawien geflogen (inkl. eines gewissen Herrn bin Laden) um dort auf Seiten der muslimischen Glaubensbrüder gegen die Serben zu kämpfen. Die „Fluglinie“ für den Transport von Kämpfern und Waffen – sowas transportiert ja nicht jeder einfach so – war eine gewisse „CIA“ …

  3. Kennen Sie „Wimmelbilder“? Kinder und Erwachsene lieben „Wimmelbilder“. Kinder lieben sie, weil sie stundenlang darauf sehen und immer wieder Neues entdecken können. Erwachsene lieben sie, weil sie Kinder auf diese Weise zumindest eine Zeitlang ruhigstellen können. Beliebte Themen für „Wimmelbilder“ sind Häfen, Weihnachts- oder Wochenmärkte, Bauernhöfe; Zirkuszelte oder Jahrmärkte. Es gibt „Wimmelbilder“ aus Städten und aus verschiedenen Jahrhunderten, es gibt sie als Bücher, Kalender, im Internet, als Plakate oder als Teppiche für Kindergärten.

    Gemeinsam ist allen, dass sie Phantasiebilder sind, die mit der Wirklichkeit nichts (mehr) zu tun haben. Als „Wimmelbild“ können Sie sich vorstellen, was derzeit von Medien und Politikern der westlichen Hemisphäre und ihren Partnern im östlichen Mittelmeerraum und in der arabischen Golfregion über Syrien produziert wird. Von Karin Leukefeld.

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=126339

    1. Ja , ganz netter Artikel , für meinen Geschmack zu viel Blabla !
      Vergesslichkeit ist ein guter Helfer beim Geschichten erzählen ! 😀
      Damals ist im Irak nahezu das Gleiche passiert wie jetzt in Syrien !
      Damals hatte 800 Sandalen auf Mopeds 30.000 Soldaten überraschend besiegt ! 😀
      Und jetzt erzählt man in Syrien eine ähnliche Geschichte über Moped und Pickup Sandalen ! 😀
      Die haben ganz überraschend das Assad-Regime gestürzt ! 😀
      Wie das wirklich abgelaufen ist wurde sogar hier erzählt , aber scheinbar hält man die Leser für saublöd und erzählt immer noch die Geschichte vom „Assad-Sturz“ , unglaublich ! 😀
      Genau wie damals im Irak , war das auch jetzt in Syrien sauber geplant gewesen , da ist nichts zufällig passiert ! 😀

  4. Also ich finde, die US-Faschisten sollten ihre muslemischen Brüder ruhig unterstützen.
    Bis dann bei Meinungsverschiedenheiten wieder ein Hochhaus dran glauben muss (kann man ja auch selber anleiern).

    Das spielt denen absolut in die Hände, denn dann winkt die lückenlose Totalüberwachung, samt Durchgriffsrechten. Der feuchte Traum jedes faschistischen Regimes.

    The land of the free… bleibt es natürlich offiziell. Aber dabei schön die Hände auf der Bettdecke lassen!

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