Haftbefehl, war da was?

Das russische Fernsehen über Putins Mongolei-Besuch

Obwohl die Mongolei Mitglied des Römischen Statuts ist, hat sie den russischen Präsidenten Putin mit staatlichen Ehren empfangen, anstatt ihn zu verhaften. Das russische Fernsehen zeigt sich über die Reaktionen im Westen amüsiert.

Ich habe vor einigen Tagen schon über Putins Besuch in der Mongolei und darüber berichtet, was das über das Ansehen des Internationalen Strafgerichtshofes bedeutet, der bekanntlich einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt hat. Hier übersetze ich den kurzen Bericht, den das russische Fernsehen am Sonntag in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick dazu gebracht hat.

Beginn der Übersetzung:

Ausländische Medien jammern, dass die Mongolei Putin nicht verhaftet hat

Die Mongolen sind ein freundliches und gutmütiges Volk. Wir haben traditionell enge und gute Beziehungen, die so weit gehen, dass die Mongolei zu Sowjetzeiten vollständig zu unserem Militärbezirk Transbaikalien gehörte. Im Jahr 1992 haben wir alle unsere Truppen friedlich von dort abgezogen.

Wie man auf der Landkarte leicht erkennen kann, hat die Mongolei nur zwei Nachbarn. Das Land liegt ziemlich sicher und gemütlich zwischen Russland und China. Aber Amerika träumt davon, wie es sich auch hier einnisten kann. Letztes Jahr kam US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zu einem Erkundungsbesuch in die Mongolei und beschrieb die Schönheit einer Zusammenarbeit mit der NATO, und vor einem Monat kam Außenminister Blinken mit dem dreisten Vorschlag aus Washington nach Ulaanbaatar, die USA sollten für die Mongolei ein „dritter Nachbar“ werden. So hat er es gesagt: „Wir haben im Rahmen des umfassenden strategischen Dialogs bereits viel getan. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass dies nicht das Ende der Fahnenstange ist. Die USA wären glücklich, der dritte Nachbar der Mongolei zu sein.“

Gerade jetzt wird die neue Sojus-Wostok-Gaspipeline von Russland nach China durch die Mongolei vorbereitet. Man kann sich vorstellen, wie gerne die Amerikaner die neue Pipeline in die Luft jagen würden, wenn man sie in die Mongolei ließe.

Wie auch immer, der offizielle Besuch des russischen Präsidenten in der Mongolei wurde von Anfang an von der Aufregung in den westlichen Medien begleitet. Sie schürten die Idee, dass Putin in der Mongolei aufgrund des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag verhaftet werden sollte. Dabei ist der IStGH mit Sitz in Den Haag nur ein leerer westlicher Bauchnabel, dessen Zuständigkeit kaum jemand anerkennt. Zumindest wird er von Ländern wie den USA selbst, aber auch von China, Indien, der Türkei, Israel und Russland ignoriert. Die Mongolei, man stelle sich vor, gehörte zu den Ländern, die den IStGH anerkennen, aber auch auf ihn spucken.

Die New York Times schrieb: „Anstatt Putin zu verhaften, wie vom IStGH, der Ukraine und Menschenrechtsorganisationen gefordert, gab die Mongolei, die ihren Energiebedarf weitgehend auf Kosten Russlands deckt, dem russischen Führer in der Hauptstadt Ulaanbaatar einen Empfang mit rotem Teppich.“

Der britische Guardian bedauert ebenfalls, dass Putin in der Mongolei nicht verhaftet wurde: „Stattdessen wurde Wladimir Putin von einer berittenen Ehrengarde in traditioneller Kleidung empfangen, die an die von Dschingis Khan, dem Mongolenherrscher aus dem 13. Jahrhunderts erinnert. Der mongolische Präsident Uhnagiin Khurelsukh hieß den Gast später willkommen, und der russische Staatschef erklärte, dass sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf allen Gebieten entwickeln“.

Und das hat der sehr herzliche und erfolgreiche Besuch des russischen Präsidenten in der Mongolei ja auch bestätigt.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Voller Staatsempfang. Die Mongolei und die RF haben halt vorher abgeklärt wie es läuft.
    Die Mongolei entschied sich für Zusammenarbei.
    Süfafrika sagte den Staatsbesuch ab. (auch abgeklärt, Südafrika fürchtete Repressionen vom Wertloswesten.) Also kein Besuch.
    Es bleibt das jahrhundertealte Konzept: Gesandte tötet man nicht und Staatsoberhäupter schon gar nicht.
    Der ISTGh kann ja inzwischen Blair, Sarkozy und Schröder aburteilen, die sind Greifbar.

  2. Punkt für Russland … die Haltung der Mongolei zeigt, dass man durchaus Mitglied dieses Vereins sein kann und trotzdem eine eigene Meinung zu dessen „Urteilen“ haben kann …
    Vielleicht ein Zeichen dafür, dass die „Alte Ordnung“ an allen Ecken bröckelt und selbst Staaten der „2. Reihe“ ein neues Selbstbewusstsein entwickeln.
    Hatte ich eigentlich einst von Südafrika auch erwartet … die haben leider gekniffen …

  3. Nein, entgegen der „üblichen“ Berichterstattung hat ICC formal KEINE Festnahme und Auslieferung von Putin im Kontext des Staatsbesuches in der Mongolei verlangt.

    Ganz einfach weil der ICC dies schon rein formal gar nicht verlangen darf !

    Von Personen mit diplomatischer Immunität oder dergleichen eines nicht-Vertragsstaates (wie Russland) darf der Gerichtshof auch von den Vertragsstaaten grundsätzlich keine Auslieferung (Vollstreckung) einfordern.

    Dies ist im Artikel 98 des Rom-Statut explizit so geregelt, Zitat amtliche Übersetzung des Statut [1]:

    “1. Der Gerichtshof darf kein Überstellungs- oder Rechtshilfeersuchen stellen, das vom ersuchten Staat verlangen würde, in Bezug auf die Staatenimmunität oder die diplomatische Immunität einer Person oder des Eigentums eines Drittstaats entgegen seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zu handeln, …

    Aus dem Völkergewohnheitsrecht heraus genießen Staatsoberhäupter von eingeladenen Drittstaaten etc. Immunität gegen Strafverfolgung, Zitat Wikipedia-Artikel “Diplomatenstatus” [2]:

    “Amtierende Staatsoberhäupter, bei Besuchen aufgrund amtlicher Einladung …, sind nicht nach dem WÜD, sondern nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht umfassend geschützt. Sie sind von der Gerichtsbarkeit des Gastlandes befreit …!

    Fazit 1:

    Die Mongolei handelt im Einklang mit dem Rom-Statut und braucht sich vor niemandem dafür zu rechtfertigen und die Mongolei „beschädigt“ damit auch nicht die Autorität des ICC — eben weil dies im Rom-Statut so vorgesehen ist.

    Fazit 2:

    Medienberichterstattung ist meistens „fake“

    Quellenangaben:

    [1] http://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2002/586/de

    [2] de.wikipedia.org/wiki/Diplomatenstatus

    1. Mal so ganz nebenbei eine Frage zur Handhabung eines Haftbefehls gegen Putin:
      Wie könnte er denn aus der Mongolei nach Den Haag überstellt werden?
      Über Russland, über China oder im Koffer eines ausländischen Diplomaten ??

  4. Einfach peinlich, was die westlichen Medien abziehen! Klar, daß hier mit Dschingis Khan assoziiert wird, der mit seinen Horden bis nach Europa räuberte, und nicht einfach nur eine festlich-traditionelle Kleidung gesehen wurde. Man sollte den Begriff „Journalist“ durch „Framer“ ersetzen.

  5. „die Mongolei, die ihren Energiebedarf weitgehend auf Kosten Russlands deckt“

    Zum Kaputt Lachen!
    Die Mongolei ist eines der reichsten Länder der Welt an Bodenschätzen.
    Kupfer, Kohle, Erdöl und seltene Erden.
    Also genug Tauschmaterial für Russisches Gas!
    Bestimmt nicht gratis!

    USA, die größten Pharisäer der Erde, kaufen Russisches Erdöl, um ihre eigenen Quellen zu schonen!
    Ach ja Vertragstreue: Die USA hat seit ihrem Bestehen weder international noch national irgendeinen Vertrag gehalten! Entweder gekündigt oder bevorzugt gebrochen!

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