Veröffentlichtes Telefonat: US-Präsident Biden wusste schon im Juli, wie ernst die Lage in Afghanistan war
Am 31. August hat Reuters gemeldet, dass ihnen ein Telefonat zwischen US-Präsident Biden und dem damaligen afghanischen Präsidenten Ghani sowohl als Transkript als auch als Tonaufnahme vorliegt. In dem 14-minütigen Telefonat haben Biden und Ghani am 23. Juli über die Lage in Afghanistan gesprochen und es geht daraus klar hervor, dass die vom Bidens Regierung gespielte Überraschung über den schnellen Sieg der Taliban gelogen war.
Das Telefonat
In dem Telefonat hat Biden unter anderem gesagt:
„Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass in der Welt und in Teilen Afghanistans der Eindruck besteht, dass es mit dem Kampf gegen die Taliban nicht gut läuft. Ob das nun stimmt oder nicht, es ist notwendig, ein anderes Bild zu vermitteln.“
Das ist das eindeutige Eingeständnis der Tatsache, dass Biden und seine Regierung (und wohl auch die anderen westlichen Regierungen) lügen, wenn sie behaupten, sie wären überrascht von dem schnellen Taliban-Vormarsch. Mehr noch: Biden sagt auch ganz offen, dass er der Öffentlichkeit ein anderes Bild vermitteln – die Öffentlichkeit also belügen – möchte.
Der damalige afghanische Präsident Ghani, der bei seiner späteren Flucht aus Kabul knapp 170 Millionen Dollar in bar geklaut hat, die dem afghanischen Staat gehören, sagte in dem Telefonat:
„Wir haben es mit einer groß angelegten Invasion zu tun, die sich aus Taliban, voller pakistanischer Planung und logistischer Unterstützung sowie mindestens 10.000 bis 15.000 internationalen Terroristen, überwiegend Pakistanern, zusammensetzt.“
Es war der US-Regierung (und wohl auch den anderen westlichen Regierungen) ganz offensichtlich schon im Juli klar, was kommen würde. Ghani und seine Regierung werden mit allen Nato-Regierungen gesprochen und um Unterstützung gebeten haben.
Das zweite Telefonat
Weiter schreibt Reuters, dass es später am selben Tag ein weiteres Telefonat ohne Biden gab. Bei dem zweiten Telefonat sprachen Bidens nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, General Mark Milley und der Befehlshaber des US-Zentralkommandos, General Frank McKenzie, mit Ghani.
Auch bei diesem Gespräch ging es um die Täuschung der Öffentlichkeit über die Ereignisse in Afghanistan. Milley, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff, sagte zu Ghani:
„Die Wahrnehmung in den Vereinigten Staaten, in Europa und in den Medien ist eine Erzählung über die Dynamik der Taliban und eine Erzählung über den Sieg der Taliban. Und wir müssen gemeinsam demonstrieren und versuchen, diese Wahrnehmung und dieses Narrativ umzukehren“.
Und McKenzie fügte verräterischer Weise hinzu:
„Ich glaube nicht, dass die Zeit hier unser Freund ist. Wir müssen schnell handeln“
Es war den Verantwortlichen ganz offensichtlich vollkommen klar, dass nun alles sehr schnell gehen würde. Nur die Öffentlichkeit sollte das bis zuletzt nicht erfahren. Aus irgendeinem Grund wollte man lieber inkompetent erscheinen, indem man hinterher behauptet, man sei ganz überrascht und die Geheimdienste hätten versagt, als sich auf das Kommende vorzubereiten, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken und so die eigenen Bürger und die afghanischen Helfer der Nato rechtzeitig aus Afghanistan zu evakuieren.
Washingtoner Intrigen
Die Echtheit der Telefonate wird nicht bestritten, stattdessen haben alle Betroffenen inklusive dem Weißen Haus es abgelehnt, den Inhalt der Telefonate zu kommentieren.
Ich weise immer wieder darauf hin, dass und warum man sehr wachsam sein muss, wenn man in den Medien die Standardformulierung liest, die Informationen kämen „aus ungenannter Quelle.“ Das gilt auch in diesem Fall, allerdings ist die Formulierung, die Reuters benutzt, ungewöhnlich ausführlich und füllt einen ganzen Absatz:
„Reuters hat eine Abschrift des Telefongesprächs des Präsidenten eingesehen und sich das Audio angehört, um das Gespräch zu authentifizieren. Das Material wurde unter der Bedingung der Anonymität von einer Quelle zur Verfügung gestellt, die nicht berechtigt war, es zu verbreiten.“
Offensichtlich beobachten wir mal wieder die Washingtoner Intrigen, denn wenn eine Person, die dem US-Präsidenten so nahe steht, dass sie an solche Dinge herankommt, diese dann an die Presse weitergibt, dann ist das ein offener Angriff auf Biden. Es drängt sich der Eindruck auf, dass man sich im Weißen Haus darauf vorbereitet, den dementen Präsidenten zu entsorgen und ihn daher nun bewusst mit schlechten Nachrichten in Verbindung bringt.
Das wäre durchaus logisch, denn man könnte all die Probleme in den USA (Afghanistan, Corona-Desaster, Arbeitslosigkeit, Inflation, etc.) Biden in die Schuhe schieben, seine Demenz öffentlich sichtbar machen und ihn mühelos als amtsunfähig erklären und absetzen. Danach hätte die neue Präsidentin Harris einen Neustart und könnte sich als die Heldin aufspielen, die die Probleme löst.
Was die deutschen Medien daraus gemacht haben
Es ist ziemlich eindeutig, dass Biden vorher von dem kommenden Desaster wusste und wenn Sie sich nun fragen, warum Sie vom Inhalt dieser Reuters-Meldung in den deutschen „Qualitätsmedien“ nichts gehört haben, dann habe ich die Antwort: Sie haben wahrscheinlich davon gehört, denn praktisch alle deutschen Medien haben darüber berichtet. Nur haben die das Ganze vollkommen anders dargestellt.
In der FAZ lautete die Überschrift des Artikels über die Reuters-Meldung zum Beispiel „VOR MACHTÜBERNAHME DER TALIBAN: – Biden lobte Afghanistans Militär“ und die anderen deutschen Medien haben ganz ähnlich getitelt.
Aber dies ist der Anti-Spiegel, daher schauen wir uns den Spiegel-Artikel über die Reuters-Meldung an. Im Spiegel lautete die Überschrift „Veröffentlichtes Telefonat zwischen Biden und Ghani – »Sie haben eindeutig das beste Militär«“ und der Artikel begann mit folgender Einleitung:
„In seinem letzten Telefonat mit Afghanistans damaligem Präsidenten scheint sich Biden der bevorstehenden Gefahr nicht bewusst zu sein. Stattdessen lobt er die afghanische Armee – und spricht von einem »Wahrnehmungsproblem«.“
Der Spiegel-Artikel ist geschickt aufgebaut und man kann dem Spiegel nicht vorwerfen, er würde lügen. Er berichtet über das meiste (aber eben nicht alles), was Reuters gemeldet hat. Der Spiegel betont in seinem Artikel immer wieder, dass die Gefahr niemandem bewusst gewesen sei. So beginnt der Artikel mit folgenden Worten:
„In dem letzten Telefongespräch zwischen Joe Biden und Aschraf Ghani besprachen der amerikanische und der damalige afghanische Präsident politische und militärische Strategien – doch keiner von beiden schien auf die bevorstehende Eroberung des Landes durch die Taliban vorbereitet zu sein. Das zumindest geht aus einem Mitschnitt des Telefonats hervor, der der Nachrichtenagentur »Reuters« vorliegt.“
Der Spiegel nimmt seinen Lesern das Denken ab und baut den Artikel so auf, dass er immer wieder betont, dass niemand sich der Gefahr bewusst gewesen sei. In dieses Mantra eingebettet geht der Sinn von Bidens oben zitierten Worten verloren, obwohl der Spiegel sie – allerdings erst ziemlich am Ende des Artikels – wörtlich zitiert.
Der Spiegel erweckt in seinem Artikel so den Eindruck, Biden habe die Gefahr nicht gesehen, es sei bei der zitierten Aussage Bidens nur um die „Wahrnehmung“ gegangen, nicht um die militärische Lage selbst.
Da das russische Fernsehen am Mittwoch auch über all diese und noch einige andere Vorkommnisse in den USA berichtet habe, habe ich den Beitrag aus den russischen Abendnachrichten übersetzt, Sie finden ihn hier. Entscheiden Sie selbst, wo Sie sich umfassender informiert fühlen, bei den deutschen oder den russischen Medien.
Warum der Trick funktioniert
Der Spiegel (und all die anderen „Qualitätsmedien“) kann diesen Eindruck nur vermitteln, weil er nicht über das zweite Telefonat berichtet hat. Dass Reuters in der gleichen Meldung auch von dem zweiten Telefonat zwischen den US-Militärs und Präsident Ghani berichtet hat, das erfahren Leser in Deutschland nicht.
Nur deshalb funktioniert der Trick, den Leser mit mehrmals wiederholten Formulierungen darüber, dass die Gefahr niemandem bewusst gewesen sei, einzulullen und den Eindruck zu erwecken, dass es in dem Telefonat nur um die „Wahrnehmung“ gegangen sei und nicht um die verzweifelte militärische Lage in Afghanistan und das Belügen der Öffentlichkeit. Wenn die „Qualitätsmedien“ auch aus dem Telefonat der US-Generäle zitiert hätten, wäre es wesentlich schwerer, diesen falschen Eindruck bei den Lesern zu erwecken.
Dieses Beispiel zeigt mal wieder: „Lückenpresse“ ist das eigentlich gefährliche, denn wenn die Leser etwas nicht wissen, können sie auch nicht darüber stolpern. „Lügenpresse“ ist zwar ärgerlich, aber eine Lüge kann der Leser erkennen. Da die „Qualitätsmedien“ die Menschen in Deutschland bei vielen Themen im Tal der Ahnungslosen halten, muss man nicht wundern, womit die Eliten in Deutschland durchkommen.
In diesem Zusammenhang weise ich auf mein Buch „Abhängig beschäftigt“ hin, denn dort bin ich auf das Thema, wie und von wem die Menschen in Deutschland dumm gehalten werden (sollen), detailliert eingegangen. Die Buchbeschreibung finden Sie hier.
Eine Antwort
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Finde es überflüssig, immer wieder zwischen Lügen- und Lückenpresse zu unterscheiden. Letztlich ist das doch nur eine Diskussion über Methodiken, die in der Propaganda verwendet werden.
Wenn man stattdessen das Faktum voraussetzt, dass Massenmedien Propaganda- Medien sind, kann man sich darauf konzentrieren, für wen sie Propaganda machen und die Aufmerksamkeit in diese Richtung lenken. Soll heissen, der aufgeklärte Leser muss dann nur noch wissen, wem das Medium gehört/wer es bezahlt und welche Interessen diese Gruppe verfolgt. Das finde ich viel interessanter.
Letztendlich ist die Diskussion über Lügen/Lücken ’nur‘ eine Detail-Diskussion über Methoden.