Gipfeltreffen in Genf

Kremlsprecher nennt Bedingungen für einen Austausch von Navalny

Eines der Themen, die bei den Gipfeltreffen der USA und Russlands zur Sprache gekommen ist, ist der Austausch von Gefangenen, die in dem jeweils anderen Land im Gefängnis sitzen. Kremlsprecher Peskow hat sich am Tag nach dem Treffen auch zu einem möglichen Austausch von Navalny geäußert.

Bei den Gesprächen über den Austausch geht es um vier Männer, von denen jeweils zwei in Russland und zwei in den USA einsitzen. Der Spiegel hat in einem Artikel über die vier Männer berichtet, wobei natürlich die in Russland verhafteten Amerikaner als unschuldige Geiseln Russlands dargestellt werden, während die in den USA gefangenen Russen als überführte Schwerverbrecher beschrieben werden. Der Spiegel kann halt nicht anders…

Die in Russland inhaftierten Amerikaner

Paul Whelan, ein 51-jähriger ehemaliger Marineinfanterist, wurde vor einem Jahr von einem Moskauer Gericht wegen Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt. Whelan behauptet, er sei in eine Falle gelockt worden und die bei ihm gefundenen Unterlagen seien ihm untergeschoben worden. Der Spiegel zitiert ihn aus einem BBC-Interview mit den Worten, das Leben im Gefängnis sei eine „sehr, sehr düstere Existenz„.

Das kann nicht überraschen, ich habe noch von keinem Strafgefangenen – egal, in welchem Land – gehört, dass er das Leben im Gefängnis als Luxusurlaub bezeichnet. Aber der Spiegel will seine Leser schließlich in die anti-russische Richtung beeinflussen, weshalb die Passagen über die in Russland inhaftierten Amerikaner nicht ohne solche an die Emotionen der Leser appellierenden Formulierungen auskommen können.

Trevor Reed ist ein 29-jähriger ehemaliger Marineinfanterist, der in Russland verhaftet wurde, nachdem betrunken eine Schlägerei angefangen hat, bei der er auch Polizisten angegriffen hat, was der Spiegel natürlich als konstruierte Anschuldigungen darstellt. Die emotionale Komponente über Reed in dem Spiegel-Artikel ist seine Klage, er sei im Gefängnis an Covid-19 erkrankt und bekomme keine Medikamente.

Die in den USA inhaftierten Russen

Wiktor But ist ein Russe, den die USA in Thailand haben festnehmen lassen. Er wurde in den Medien durch den Film „Lord of War“ von 2005 mit Nicholas Cage bekannt. Die USA werfen ihm Waffenhandel vor und er wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Die Passage über ihn im Spiegel klingt entsprechend düster und während der Spiegel die Klagen der in Russland inhaftierten Amerikaner emotional zitiert, vergisst der Spiegel zu erwähnen, dass But seit 2020 im US-Gefängnis an einer unbehandelten Entzündung im Kiefer leidet.

Konstantin Jaroschenko haben die USA 2010 in Liberia verhaften lassen und in die USA gebracht, wo er wegen Drogenschmuggel zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Auch die Passage über ihn klingt im Spiegel entsprechend unsympathisch und seine Klagen über die Haftbedingungen in den USA werden nicht erwähnt, obwohl der den USA Folter, verweigerte medizinische Behandlungen und anderes vorwirft.

Ist ein Austausch von Navalny möglich?

Da das Thema der Gefangenenaustausche nach dem Gipfeltreffen Schlagzeilen gemacht hat und von beiden Präsidenten auf ihren Pressekonferenzen (ich habe beider Pressekonferenzen übersetzt, die von Putin finden Sie hier, die von Biden finden Sie hier) erwähnt wurde, haben russische Journalisten Kremlsprecher Peskow nach einem möglichen Austausch von Navalny gefragt. Peskow sagte dazu:

„Wenn sich plötzlich herausstellt, dass er ein Bürger der Vereinigten Staaten ist und für die Geheimdienste arbeitet, wenn das bestätigt wird, oder besser gesagt, wenn die Amerikaner das offiziell bestätigen. Ich glaube nicht, dass es anders geht.“

Das ist ein „vergiftetes Geschenk“, denn sollten die Amerikaner darauf eingehen, dann würden sie die Vorwürfe Russlands bestätigen, dass Navalny für die amerikanischen Geheimdienste arbeitet. Obwohl das kaum ernsthaft bestritten werden kann, weil die Indizien einfach zu deutlich sind, bestreiten die USA es trotzdem. Beispiele für die Indizien finden Sie hier, hier und hier.

Das Problem ist, dass die USA natürlich nicht eingestehen können, dass sie Navalny gesteuert haben, ja, dass er ein Produkt ihrer Geheimdienste ist. Das würde ihn in Russland endgültig diskreditieren und die jahrelange Arbeit des Westens, um den Nationalisten Navalny medial als Kämpfer für Demokratie und Freiheit aufzubauen, wäre auf einen Schlag umsonst gewesen.

Daher dürfte es kaum zu einem Austausch von Navalny kommen, zumal Putins Pressesprecher auch gesagt hat, die USA hätten einen möglichen Austausch von Navalny gar nicht angesprochen.

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Ja lustig. Wieso sollten die Amis den haben wollen?
    Der ist nur in Russland wirksam. Er soll Russland destabilisieren.

    Im Westen könnte er wirksam der Propaganda im eigenen Land dienen, wäre aber bald verschlissen. Eine Runde durch die Talkshows, dann wärs vorbei. Da der Typ auch noch so unsympathisch rüberkommt, wär das kein Dauerbrenner.

Schreibe einen Kommentar