Das russische Fernsehen über Urlaub im „Corona-freien“ Tansania
Deutsche Medien warnen in letzter Zeit verstärkt vor Urlaub in Tansania, weil dort Corona ignoriert wird. In Russland wird ganz anders über Urlaub im „Corona-freien“ Tansania berichtet.
In der Sendung „Nachrichten der Woche“ hat das russische Fernsehen am Sonntag über den Boom von Tansania als Urlaubsland berichtet. Auch ich habe übrigens Freunde, die gerade dort Urlaub gemacht haben, weil praktisch alle anderen Urlaubsländer wegen Corona geschlossen sind.
Während deutsche Medien wegen der angeblichen Corona-Gefahr vor Tansania warnen, wird im russischen Fernsehen nicht vor der Gefahr durch Corona in Tansania gewarnt. Der Bericht des russischen Fernsehens warnt vor der Malaria und strahlt damit fast eine gewisse Nostalgie der Vor-Coronazeit aus. Ich habe den Bericht übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Aufgrund des Coronavirus bleiben die beliebtesten Urlaubsorte in Europa, Asien oder dem Nahen Osten geschlossen. Orte, wohin man zum Sonnenbaden reisen kann, kann man an den Fingern abzählen. Aber man sollte deshalb nicht sofort ein Ticket nach Tansania oder Kenia kaufen. Alle reden von Sansibar und sie stürmen los. Das ist typisch für uns. Sich vorzubereiten und die Gehirne einzuschalten? Das ist unsere Sache nicht. Darüber, wie der Afrika-Urlaub für unvorbereitete russische Touristen enden kann, berichtet Alexander Evstignejew.
„Machen Sie das nicht nach!“ Die Jungs prahlen vor den Touristen mit ihren Sprüngen von der Kaimauer. Dieses Ufer ist der touristische „Kilometer Null“ von Stone Town. Hier, neben dem berühmten Sultanspalast, laden Fremdenführer zu einem Rundgang durch die Altstadt ein. Bisher kann er nur wenige Sätze auf Russisch. Aber er lernt und spricht lange mit Touristen aus Russland. Auf der fernen Insel im Indischen Ozean hat man schnell erkannt: Russisch zu können lohnt sich. Fremdenführer Jumo bestätigt uns dann in einem Interview für 10 Dollar: „Wir lieben die Russen, sie haben uns gerettet. Das Coronavirus hat unsere Wirtschaft schwer getroffen. Und die Russen haben uns buchstäblich gerettet. Wir möchten, dass so viele Russen wie möglich nach Sansibar kommen.“
Touristen aus Russland strömen auf die Insel. Bis vor 10 Jahren war Russisch hier eine exotische Sprache. Jetzt haben die Russen auf der Suche nach dem exotischen Afrika die gesamte Insel für sich entdeckt, von einer Küste bis zur anderen.
Es gibt zwei große Inseln: Sansibar und Pemba. Und insgesamt umfasst der Archipel 75 Inseln. In der Werbung der Reisebüros sieht man türkisfarbenes Meer, Palmen überall und weißen Sand. Mehr weiß man nicht von der Insel. Nur die Snobs mäkeln: „Economy-Class-Malediven“.
Tansania ist das klassische Afrika. Hitze, Exotik und völlig unhygienische Bedingungen. Das Unbekannte zieht uns an. Es fördert das Abenteurertum – und man kann der Pandemie wenigstens irgendwohin entkommen, wenn auch nur auf eine Insel im Ozean.
Beim Transfer am Flughafen in Addis Abeba, der wegen Covid leer ist, erklärt uns Marina, warum sie ins ferne Afrika fliegt, mit dem man früher buchstäblich kleinen Kindern Angst gemacht hat. Halb scherzhaft sagt sie: „Hoffentlich wird alles gut gehen. Wir haben eine Versicherung abgeschlossen. Sie kostet 1000 Rubel (ca. 11,50 Euro) und deckt Covid ab“, freut sich Marina.
In Wirklichkeit deckt sie weder Covid, noch Malaria, noch die Schlafkrankheit, noch den Strauß von afrikanischen Fiebern – Gelbfieber, Denguefieber, Ebola – ab. All das, woran jeder Tourist möglichst nicht denkt, wenn er ein Ticket kauft. Und die Reisebüros winken ab: Malariamücken, Tsetsefliegen – das klingt sogar lustig, alt und unmodern.
„Du merkst nicht einmal, wenn du gestochen wirst. Das passiert noch, bevor Du Dein Mückenspray aus dem Koffer holen kannst“, sagt der Tourist Ilya Shahrai.
Er war ein einzigartiger Tourist und hat sich auf die Reise vorbereitet. Er wurde gegen Gelbfieber geimpft, noch in Moskau startete er die Malaria-Prophylakte. Aber er hat sie nicht zu Ende gemacht, das Gepäck mit der Reiseapotheke wurde in den ersten Tagen des Urlaubs gestohlen. Ilja brachte Malaria aus Tansania nach Hause. Tests, Konsiliums, schließlich die Diagnose und Behandlung. Das läuft nicht bei jedem so.
In einem Moskauer Vorort versuchen die Ärzte einen Mann vor der Schlafkrankheit (Trypanosomose) zu retten. Dmitriy kam mit Kopfschmerzen zurück. Es stellt sich heraus, dass er von einer Tsetse-Fliege gestochen wurde.
Aus Russland kann man ohne Impfung dorthin fliegen (Anm. d. Übers.: gemeint ist hier nicht die Corona-Impfung). Man braucht keine Gelbfieber-Impfdokumente, um nach Sansibar zu fliegen. Gegen die Schlafkrankheit und Malaria gibt es praktisch keine Impfungen, man muss sich auf Prävention und Glück verlassen. Drei Russen sind in den letzten sechs Monaten nach ihrem Urlaub auf Sansibar gestorben.
Malaria wirkt sich auf die Leber aus. Plasmodien vermehren sich, geraten in den Kreislauf und töten den Patienten.
„Es gibt mehrere Todesfälle durch Malaria, die aus Sansibar hergebracht wurden, was wiederum die Daten der Weltgesundheitsorganisation bestätigt, dass Sansibar kein von tropischer Malaria freies Gebiet ist“, sagte Jewgeni Morosow, Professor am Institut für Parasitologie, Tropenkrankheiten der Marcinovsky Sechenov Universität.
Der Verkäufer sagt, wir waren die ersten Russen, die bei ihm einen Malariatest und Pillen zur Vorbeugung gekauft haben. Das Schlüsselproblem: Sie sind absolut unvereinbar mit Alkohol. Daher stellt sich für die Mehrheit der russischen Touristen die Frage, ob sie diese Pillen im Urlaub nehmen oder nicht, überhaupt nicht.
Seine Vorfahren wurden in der Zeit des Sklavenhandels nach Sansibar gebracht. Hafez, ein Fremdenführer, will uns das nicht-touristische Stone Town zeigen. Kostenlos, um sich zu unterhalten. Natürlich fordert der Millionär aus den Slums später eine Gebühr, hier werden Touristen immer belogen. In der Zelle des ehemaligen Sklavengefängnisses, in der fünfzig Sklaven eingesperrt waren, erzählt er uns, wie wichtig die Ausländer in der Zeit der Pandemie sind.
Mit dem Beginn der europäischen Pandemie haben die Europäer ihre Liebe zu Sansibar verloren und sehen die Verbreitung des Virus als Bedrohung an, man spricht hier von der „Covid-Apartheid“. Tansania hat erklärt, dass es im Land kein Corona gibt. Immerhin testete der Präsident hier in Tansania vor laufenden Kameras Maschinenöl, seine Ziege und eine Papaya auf das Coronavirus. Die Papaya hatte Pech und zeigte einen positiven Test.
Eigentlich gibt es auf Sansibar Corona, aber irgendwie auch wieder nicht. Dafür gibt es einen Fünfjahresplan um eine Million Touristen anzulocken. Wie der Minister für Tourismus und Kulturerbe Lela Mohammad Mhussa sagt, setzt man große Hoffnungen auf russische Urlauber: „Westeuropa ist vorbei. Die Europäer stehen selbst unter Schock. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf Osteuropa, und Russland ist hier ein sehr interessanter Geschäftspartner.“
Valentina ist seit sechs Monaten auf Sansibar, sie hat sich eingelebt. In ihrem Blog gibt sie Tipps für Touristen. Gehen Sie nicht im Badeanzug außerhalb des Strandes – die Insel ist immerhin muslimisch. Keine Fotos von Kindern machen, es ist eine afrikanische Insel voller Mystizismus. Gehen Sie nachts nicht aus, Sie könnten ausgeraubt werden, das Land ist eines der zehn ärmsten auf dem Kontinent. Und wenn Sie krank werden, warten Sie nicht mit der Behandlung, bis Sie zu Hause sind.
„Menschen, die ihre Kinder mitnehmen, sollten darüber nachdenken, warum sie das tun, damit sie später nicht mit ihren kleinen Kindern von Krankenhaus zu Krankenhaus laufen“, rät Professor Jewgeni Morosow.
Anfang März ist in Tansania und vor allem auf Sansibar Regenzeit und die Zeit der Mücken. Die Malaria-Saison beginnt.
Ende der Übersetzung
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