Pressefreiheit in der EU: Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht, ihre Computer beschlagnahmt
In Lettland, bekanntermaßen einem EU-Mitglied, sind am Freitag Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht und ihre Computer beschlagnahmt worden. Das verstößt gegen alle Regeln der Pressefreiheit und die Beschlagnahmung der Computer und Telefone verstößt außerdem gegen den besonderen Schutz, unter dem Journalisten und ihre Quellen stehen.
Der Lettische Dienst für Staatssicherheit (so heißt dieser lettische Geheimdienst tatsächlich) hat am Freitag mitgeteilt, gegen sieben Personen vorgegangen zu sein, die eines Verstoßes gegen EU-Sanktionen verdächtigt werden. Dabei seien auch „eine bedeutende Menge an Informationen und Datenträgern sichergestellt“ worden. Dass es sich bei den sieben Personen um Journalisten handelt, wird nicht erwähnt.
Die Pressefreiheit in der EU
Den Journalisten wird vorgeworfen, Geld von jemandem erhalten zu haben, der unter EU-Sanktionen steht, was strafbar ist. Das Problem dabei ist, das ist nur ein Vorwand. Es geht um den Chef einer russischen staatlichen Medienholding, Dmitri Kisseljow, den Leser des Anti-Spiegel als Moderator der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ kennen. Die Medienholding Rossija Segodnja (Russia Today), deren Chef er ist, steht jedoch nicht unter EU-Sanktionen, wie jeder Interessierte leicht überprüfen kann.
Zu dieser Medienholding gehören russische Nachrichtenagenturen wie Sputnik, mit denen die Journalisten in Lettland zusammengearbeitet haben. Da aber auch die nicht unter EU-Sanktionen steht, wird klar, dass es sich bei den Anschuldigungen nur um Vorwände handelt, um Journalisten im Baltikum einzuschüchtern, besser nicht mit den bösen Russen zusammenzuarbeiten.
In ihrem Vorgehen sind die baltischen Staaten konsequent, auch Estland hat vor einem Jahr allen Journalisten, die für Sputnik arbeiten, mit Strafverfahren gedroht, wenn sie nicht augenblicklich bei ihrem Arbeitgeber kündigen. Nun trifft es auch freiberufliche Journalisten.
Die EU spielt sich mit schöner Regelmäßigkeit als Hüterin der Presse- und Meinungsfreiheit auf, aber das gilt nur, wenn man die Meinung der EU vertritt, wer eine andere Meinung hat, für den gelten Presse- und Meinungsfreiheit nicht, wie der Fall Assange oder auch die verschiedenen Vorgänge im Baltikum, aktuell in Frankreich und so weiter und so fort zeigen. Brüssel, das sonst bei angeblichen oder tatsächlichen Verstößen gegen die Pressefreiheit immer hysterisch aufschreit, hat keine der genannten Einschränkungen der Pressefreiheit kritisiert.
Das russische Fernsehen hat detailliert über das rigorose Vorgehen der lettischen Behörden gegen die Journalisten berichtet. Leider halten deutsche „Qualitätsmedien“ das nicht für berichtenswert. Ich habe daher den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Als „Strafaktion“ und „ein eklatantes Beispiel für Verstöße gegen die Presse- und Meinungsfreiheit“ hat das russischen Außenministerium das Vorgehen der lettischen Staatssicherheit gegen russischsprachige Journalisten bezeichnet. Unsere Diplomaten forderten Brüssel und die OSZE auf, die Provokationen gegen Mitarbeiter von Baltnews und Sputnik angemessen zu beurteilen. Innerhalb eines Tages wurden ihre Wohnungen durchsucht, sie wurden festgenommen, dann unter Auflagen entlassen und mit Gefängnisstrafen bedroht.
Aus Riga berichtet unser Korrespondent.
So sieht Meinungsfreiheit aus: Durchsuchungen in Büros und Wohnungen von Journalisten. Elektronische Datenträger und Dokumente wurden beschlagnahmt. Und auf der Website der lettischen Staatssicherheit gab es eine offizielle Meldung: „Die bei der Untersuchung gewonnenen Informationen lassen den Verdacht aufkommen, dass wirtschaftliche Ressourcen an eine Person weitergegeben wurden, gegen die wegen Aktivitäten, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, Sanktionen der Europäischen Union verhängt wurden.“
Die Journalisten arbeiten mit der Nachrichtenagentur Rossiya Today zusammen. Die wird von dem bekannten Journalisten und Moderator Dmitri Kisseljow geleitet. Die Sanktionen gegen ihn sind seit langem in Kraft. Gegen die Agentur gab es nie Sanktionen. Es ist eine seltsame Geschichte.
„Lettland will, wie man sagt, päpstlicher sein, als der Papst und interpretiert persönliche Sanktionen als Sanktionen gegen die Organisation. Das ist eine gewisse Boshaftigkeit. Das sind freie Journalisten – Autoren, Fotografen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens -, die nicht bei der Agentur Sputnik angestellt sind, sondern für Sputnik nur Texte schrieben oder Fotos schicken, und damit ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben. Was ist daran falsch? Warum werden diese Menschen verfolgt?“, sagte Dmitri Kisseljow, Generaldirektor von Russia Today.
„Am Morgen kam das Sonderkommando der Staatssicherheit aus insgesamt insgesamt sechs Personen in meine Wohnung. Zunächst dauerte die Durchsuchung etwa vier Stunden und dann folgten ein paar Stunden Verhör. Ich wurde gemäß Artikel 84 zum Verdächtigen erklärt. Das ist, kurz gesagt, ein Verstoß gegen das Sanktionsregime“, sagt der politische Aktivist Vladimir Linderman.
Der Vorfall ist ungeheuerlich, weil er Journalisten betrifft. Das russische Außenministerium gab eine Erklärung ab: „Wir betrachten die aggressiven Maßnahmen der lettischen Staatssicherheit, die am 3. Dezember gegen Sputnik-Mitarbeiter in Riga und russischsprachige Journalisten ergriffen wurden, als ein eklatantes Beispiel dafür, dass die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft – die Freiheit der Medien und der Meinungsäußerung – mit Füßen getreten werden.“
Ein Versuch, den Pressesprecher der lettischen Botschaft in Moskau telefonisch zu kontaktieren, ist nicht gelungen. Die Antwort auf einen Brief enthält nur leere Worte:
„Wir beantworten gerne Fragen der Medien, aber leider kann die Botschaft im Moment nicht mehr kommentieren, als die Staatssicherheit bereits in ihrer Pressemitteilung zur Verfügung gestellt hat“, so die Botschaft.
Die Mutigsten haben heute im Zentrum von Riga ein Meeting zur Unterstützung der Journalisten abgehalten. Unter den Teilnehmern war die Europaabgeordnete Tatjana Ždanoka. Sie schützt die Interessen nationaler Minderheiten in Lettland, einschließlich der Russen.
„Meine letzte Anfrage betraf am 16. März die Veröffentlichungen des Films „Lettische Legion“, in dem der blutrünstige Liquidator von Babi Jar und spätere Leiter des Rigaer Ghettos, Friedrich Jeckeln, in einem positiven Licht dargestellt wurde. Und es gab keine Reaktion auf meine Anfrage. Solche (wie die Journalisten, Anm .d Üers.) werden bei uns verfolgt, aber es wird abgelehnt, offene Neofaschisten zu verfolgen und faschistische Mörder und Kriminelle werden in Filmen gelobt“, sagt Tatjana Ždanoka, Mitglied des Europäischen Parlaments.
Die Meinung eines Journalisten, der schon lange in Lettland arbeitet und nicht plant, seine berufliche Tätigkeit einzustellen, zeichnet ein ziemlich genaues Bild von den Geschehnissen.
„Was wollen die erreichen? Das, was alle faschistischen und Nazi-Regierungen wollen. In Lettland sind etwa 40 Prozent der Bevölkerung Russen. Wir haben hier schon gelebt, als es den Staat Lettland noch nicht gab, es gab keine Nation der Letten. Wir leben schon lange hier, aber sie sollen uns zu Letten machen“, erklärt Juri Alekseev, Chefredakteur des Portals Imhoclub.lv.
Es wurde Hausarrest angedroht. Aber bisher haben die Behörden geringere Auflagen, wie Reiseverbote gegen die Betroffenen verhängt. Der Vorwurf, auf den nicht nur eine Geldstrafe, sondern auch eine Gefängnisstrafe droht, wurde nicht aufgehoben. Die Ermittlungen dauern an.
Ende der Übersetzung
Übrigens spielt Facebook das Spiel mit und hat den Account von BaltNews, einer betroffenen Medien in Lettland, in diesen Tagen gelöscht, wogegen das russische Außenministerium protestiert hat.
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