EU-Kommission schickt 50 Mio. Euro „Hilfe“ nach Venezuela und verschweigt, für wen das Geld ist
In Venezuela bleibt die Lage angespannt, heute hat es gleich mehrere Meldungen gegeben, die ich hier zusammenfassen will. Unter anderem geht es um „humanitäre Hilfe“ der EU für Venezuela, wofür gerade wieder 50 Millionen Euro bereitgestellt wurden, ohne dass ersichtlich ist, wer das Geld bekommen soll.
Zu Venezuela gibt es derzeit so viele Meldungen, dass man schon sortieren muss, worüber man etwas genauer berichten möchte. So gab es wieder Stromausfälle und die Regierung verkündete, drei Terroranschläge auf die Stromversorgung verhindert zu haben. Unterdessen hat Guaido mal wieder angekündigt, dass er einen Plan für die Machtübernahme hat, den er heute verkünden möchte. Wegen des Zeitunterschiedes wird es in Deutschland aber dann schon Abend oder Nacht sein.
Allerdings darf bezweifelt werden, dass er einen wirklichen Plan hat, denn bisher dauert sein Putschversuch schon über zwei Monate und er hat schon so viele Pläne verkündet, dass auch dies wohl nur wieder eine Durchhalteparole ist.
Interessanter ist das schon eine Bekanntmachung der EU-Kommission. Die gab heute bekannt, „weitere 50 Millionen Euro Nothilfe zur Linderung der größten Not in Venezuela“ bereitzustellen. Damit belaufe sich die gesamte Hilfe der EU in „seit 2018 auf 117,6 Millionen„.
Diese Nachricht fand ich bei der russischen Nachrichtenagentur TASS und habe dann auf der Seite der EU-Kommission nach einer Bestätigung gesucht. Da die TASS als Nachrichtenagentur sehr akkurat arbeitet, habe nicht am Wahrheitsgehalt der Meldung gezweifelt, sondern Informationen gesucht, wie genau die EU helfen will und wer die Hilfe genau bekommen soll. Bei der TASS gab es dazu keine Informationen.
Leider hat auch die EU-Kommission dazu nichts veröffentlicht. In der Pressemeldung wurden lediglich einige EU-Kommissare mit wolkigen, politischen Statements zitiert, aber kein Wort über Empfänger und Verwendung der Gelder.
Nun ist das Problem, dass die EU sich nicht einig ist, wen sie in Venezuela als Regierung anerkennt. Einige Länder, darunter Deutschland, erkennen Guaido an, andere, wie zum Beispiel Italien, tun das explizit nicht.
Will die EU das Geld der venezolanischen Regierung geben, dann stellt sich die Frage, welcher der beiden Regierungen sie das Geld überweist. Maduro hält man für korrupt, dem wird man es nicht geben wollen, obwohl er die Macht hat und tatsächlich damit helfen könnte. Gibt es man es Guaido, dann könnte mit dem Geld niemandem geholfen werden, weil der dafür keine Infrastruktur hat. Oder bekommen es Hilfsorganisationen? Dann würde mich interessieren, welche genau. Und handelt es sich um finanzielle Hilfe oder werden für das Geld Hilfsgüter gekauft? Auch dann bleibt aber die Frage, wer diese bekommen soll, um sie an die notleidende Bevölkerung zu verteilen.
Da es dazu keine Informationen gibt, habe ich kurzerhand auf der Seite der EU-Kommission die Möglichkeit genutzt und diese Frage gestellt. Ich habe also schriftlich angefragt, wer die Hilfe bekommt und ob es sich dabei um finanzielle Hilfe oder um Sachleistungen handelt.
Die EU-Kommission verspricht, innerhalb von drei Arbeitstagen zu antworten, sollte sie antworten, werde ich die Antwort veröffentlichen. Nachtrag: Ich habe Antwort bekommen und diese hier veröffentlicht. Raten Sie mal, wie informativ die Antwort war, bevor Sie auf den Link klicken.
Ich habe früher schon berichtet, dass es einen klaren Grund gibt, warum Guaido sich im Januar so überstürzt und mit voller Rückendeckung der USA zum Übergangspräsidenten erklärt hat. Es geht nicht um Demokratie oder leidende Menschen in Venezuela, ja nicht einmal um das Öl des Landes. Das Öl ist ein langfristiger Grund, aber der Grund für die Eile im Januar ist ein anderer: Im Dezember waren zwei russische strategische Bomber für einige Tage in Venezuela. Russland und Venezuela verhandeln über einen Militärstützpunkt für Russland. Und dass die Russen Kriegsschiffe und Bomber in Venezuela, direkt vor der Haustür der USA stationieren, ist für Washington inakzeptabel.
Da mussten die USA – aus ihrer Sicht – aktiv werden.
Russland liefert übrigens humanitäre Hilfe in das Land und die Regierung Maduro hat weitere Hilfslieferungen aus Russland angekündigt. In diesen Tagen sind wieder zwei russische Militärtransporter mit Tonnen an Hilfslieferungen, aber auch mit dem Stabschef der Landstreitkräfte Russlands, Wassili Tonkoschkurow, angekommen. Man darf annehmen, dass dabei die Gespräche über eine militärische Zusammenarbeit weitergehen.
Vor diesem Hintergrund ist die Hektik und die scharfe Wortwahl der USA gegenüber der Regierung von Präsident Maduro verständlich: Es geht ihnen darum, eine russische Militärpräsenz in der Karibik zu verhindern und nicht um Menschenrechte, Demokratie und notleidende Menschen in Venezuela. Wenn es den USA tatsächlich irgendwo auf der Welt um diese Dinge gehen würde, dann hätten sie in Libyen, Irak, Afghanistan, Kosovo und all den Ländern, denen sie in den letzten 20 Jahren „Demokratie und Wohlstand“ bringen wollten, eigentlich noch genug zu tun.
Besonders zynisch wird es übrigens, wenn sich der Sicherheitsberater von Präsident Trump dazu äußert. Er ist sauer und schimpft auf Twitter über eine „Einmischung ausländischer Mächte„, die die „Vereinigten Staaten nicht tolerieren werden„.
Der Mann hat doch richtig Humor, oder? Ausgerechnet das Land, dass sich ständig überall einmischt und notfalls auch illegale Kriege führt, wenn eine „einfache Einmischung“ der USA nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, beschwert sich über Einmischungen von außen!
Was die USA dürfen, dürfen andere noch lange nicht. So verstehen die USA das Völkerrecht.
Der Tweet von Bolton lautet wörtlich:
„Die Vereinigten Staaten werden nicht tolerieren, dass sich feindliche ausländische Militärmächte in die gemeinsamen Ziele der westlichen Hemisphäre – Demokratie, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit – einmischen. Das venezolanische Militär muss zum Volk Venezuelas stehen.“
Nun aber hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages festgestellt, dass es ein Bruch des Völkerrechts ist, wenn Deutschland (oder ein anderes Land) den Putschisten Guaido anerkennt, da eine solche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes laut UN-Charta, also dem Fundament des Völkerrechts, ausdrücklich verboten ist.
Damit kommen wir zum nächsten Problem: Da die Bundesregierung Guaido anerkennt, verstößt sie nach Meinung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gegen das Völkerrecht. Und im Grundgesetz verpflichtet sich Deutschland, das Völkerrecht zu achten, sodass die Regierung in der Konsequenz auch die deutsche Verfassung bricht, auf die sie ihren Eid geschworen hat.
Hinzu kommt, dass sich Guaido selbst auch aus Sicht der venezolanischen Verfassung illegal an die Macht putschen will, denn laut dem Artikel 233 der Verfassung Venezuelas, auf den er sich beruft, müsste der Vizepräsident im bestehenden Fall Übergangspräsident werden und nicht Parlamentspräsident Guaido.
Offensichtlich ist der deutschen Regierung klar, dass sie sich auf sehr dünnem Eis bewegt, wie man an den Antworten sehen kann, die sie Anfang März dazu mehreren Journalisten bei der Bundespressekonferenz gab. Die Sprecher der Regierung sind allen Fragen ausgewichen, in einem Fall war die Antwort des Außenministeriums sogar „Schweigen“, wie dort offiziell von der Regierungsbank verkündet wurde.
Die Bundesregierung folgt in Venezuela blind den Vorgaben der USA, mit deutschen Interessen hat das nichts zu tun. Und das ist auch der Bundesregierung bewusst, wie man an ihrer inkonsequenten Haltung erkennen kann. So schickte Guaido einen Mann nach Berlin, den er zum Botschafter Venezuelas in Deutschland ernannt hat. Nun müsste die Bundesregierung diesen eigentlich anerkennen, wenn sie Guaido anerkennt. Tut sie aber nicht. Offiziell ist auch aus deutscher Sicht immer noch der Vertreter Maduros der venezolanische Botschafter in Berlin.
Diese Logik verstehe, wer will.
Es zeigt sich bei den Bundespressekonferenzen zum Thema Venezuela, dass die Bundesregierung hier keine eigene Politik verfolgt, für die sie Argumente hat, sondern dass sie blind einer Politik folgt, die aus Washington vorgegeben wird.
So sind die Bundespressekonferenzen zum Thema Venezuela derzeit ein absurdes Theater, bei dem die Bundesregierung offen der Lüge überführt wird und man deutlich sieht, dass sie keine schlüssigen Argumente für ihr Verhalten hat. So auch vor einigen Tagen, als Außenminister Maas in einem Interview erklärte, dass Maduro keine Hilfe für die notleidende Bevölkerung ins Land lässt, was angesichts der massiven Hilfslieferungen, die viele Länder nach Venezuela schicken, eine glatte Lüge ist.
Sein Ministeriumssprecher konnte einem fast leid tun, so wie er sich dort winden musste. Aber nur fast. Er kann sich ja einen anderen Job suchen, wenn es ihm zu viel wird, diese Politik weiter zu vertreten.
Nachtrag: Am Abend hat Guaido mitgeteilt, dass seine „Operation Freiheit“ auf den 6. April angesetzt ist und er rief seine Anhänger im ganzen Land auf, an dem Tag zu protestieren und Präsident Maduro zu stürzen. Bleibt abzuwarten, was da passieren wird, die letzte von ihm ausgerufene Aktion zum Sturz Maduros am 23. Februar hatte keinerlei Folgen, man wird am 6. April sehen, ob er eine Anhängerschaft mobilisieren kann und inzwischen mehr Unterstützung genießt, als zu Beginn seines Putsches vor zwei Monaten.
Eine Antwort
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Herr Röper, ich glaube nicht, dass Sie von der EU eine befriedigende Erklärung bekommen, die einer Antwort auf Ihre Frage entspricht. Aber, wir werden sehen. Ansonsten ist die Dreistigkeit, mit der die USA ihren Herrschaftsanspruch über „ihre“ Kolonie Venezuela kommentieren, kaum zu überbieten. Aber, die USA werden uns erneut eines besseren belehren und noch dreistere Forderungen stellen!