Wie jetzt? – Der Westen fordert Syrien auf, die al-Qaida nicht zu bekämpfen

Haben Sie schon mal von Idlib gehört? Nein, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen oft von Idlib hören werden. Denn Idlib ist die letzte Bastion von al-Qaida in Syrien und wird demnächst von der syrischen Armee angegriffen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann.
 
Daher hören wir auch immer wieder in den Medien, wie westliche Politiker, egal ob Macron, Merkel oder heute Trump Syrien auffordern, dort nicht anzugreifen. Merkwürdig, dass westliche Staatschefs jemanden auffordern, al-Qaida zu verschonen.
 
Die Begründung ist natürlich, dass man ein Blutbad unter der Zivilbevölkerung verhindern will. Nur ist das scheinheilig. Als die USA mit ihren regionalen Verbündeten die Stadt Mossul im Irak vom IS befreit haben, da hörten wir kaum etwas darüber in den Medien, dabei hat man dort überhaupt keine Rücksicht auf die Zivilisten genommen. Aber Kritik in westlichen Medien oder Politik gab es praktisch nicht.
 
Auch hat sich der Westen weder um die Opfer noch um die Folgen seines Bombardements in Libyen gekümmert, wo der vom Westen gewollte Sturz Gaddafis hunderttausend Menschenleben gekostet hat. Auch für den Jemen fehlt, selbst auf Nachfrage auf der Bundespressekonferenz, jede Kritik der Bundesregierung an den zivilen Opfern, die der Krieg von Saudi-Arabien und den USA fordert.
 
Im übrigen ist die Situation rund um die Region Idlib recht komplex, wird aber in Deutschland nicht erklärt. Seit über einer Woche berichte ich regelmäßig über das Thema, daher hier die wichtigsten Beiträge in chronologischer Reihenfolge, falls Sie sich über die Situation in Idlib informieren wollen.
 
Völlig von den deutschen Medien unbeachtet fand bereits am 24. August ein hochrangiges Treffen in Moskau statt, bei dem sich die Türkei und Russland über das Vorgehen in Idlib beraten haben. Am Freitag wird es ein Treffen geben, bei dem dann auch der Iran dabei ist. Wenn man sich dabei auf ein gemeinsames Vorgehen einigen kann, wird der Beginn der Offensive nicht mehr lange auf sich warten lassen.
 
Am 26. August deckte AP auf, dass die USA zumindest im Jemen mit al-Qaida zusammen arbeiten, natürlich gab es in den deutschen Medien dazu keine Berichte. Dies wirft natürlich auch ein besonderes Licht darauf, dass sich die USA derzeit so sehr dafür einsetzen, dass Syrien Idlib nicht angreift. Denn dort sitzt eine Splittergruppe von al-Qaida, die Haiat Tahrir al-Scham, früher bekannt als al-Nusra-Front.
 
Russland meldete vor über einer Woche, dass die Dschihadisten einen Giftgas-Vorfall planen, den sie der syrischen Regierung in die Schuhe schieben wollen, was wiederum als Vorwand für einen US-Militärschlag dienen soll. Dies wurde sogar in einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates thematisiert, die Russland einberufen hatte. Kein Wort darüber in den deutschen Medien.
 
Sowohl die USA als auch Russland haben deswegen Kriegsschiffe und Flugzeuge in die Region verlegt. Kein Wort damals in den deutschen Medien darüber.
 
Vor 6 Tagen gab es Meldungen über ein Geheimtreffen zwischen den USA und Syrien über einen US-Truppenabzug aus Syrien. Interessanterweise wurden diese Meldungen nicht von den USA dementiert, sondern von Moskau. Laut den Meldungen forderten die USA für ihren Abzug unter anderem einen Anteil am syrischen Öl.
 
Im Spiegel gab es erst vor 5 Tagen einen ersten Bericht, der jedoch kurz und fast nichtssagend war. Bemerkenswert war lediglich, dass der Spiegel auch darüber berichtete, dass die Rebellen Giftgas besitzen und die Gefahr besteht, dass sie es einsetzen könnten. Aber natürlich gab es am nächsten Tag bereits einen Artikel im Spiegel, in dem davon keine Rede mehr war, sondern nur vor einem Giftgas-Angriff Assads gewarnt wurde.
 
Und vor 3 Tagen bestätigte ausgerechnet CNN indirekt die russischen Meldungen über einen geplanten und inszenierten Giftgas-Zwischenfall durch die Dschihadisten.
 
Nachtrag: Noch an dem Tag, an dem ich diesen Beitrag geschrieben habe, gab es erste Berichte über russische Luftangriffe auf Idlib, später gab das russische Verteidigungsministerium bekannt, es handle sich dabei um Vergeltungsschläge für fortwährende Angriffe der Dschihadisten mit Sprengstoff-Drohnen.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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