Putschversuch

Was über den gescheiterten Putschversuch in Bolivien bekannt ist

In der Nacht gab es einen Putschversuch in Bolivien, der aber gescheitert ist. Der Anführer der Putschisten wurde festgenommen.

In der Nacht gab es einen offenbar von den USA unterstützten Putschversuch in Bolivien, der aber gescheitert ist. Der Anführer der Putschisten wurde festgenommen.

Nachdem der Putschversuch in Bolivien gescheitert ist, fasse ich hier den aktuellen Stand der Lage zusammen. Die bolivianische Regierung erhebt im Zusammenhang mit dem Putschversuch Vorwürfe gegen die USA. Hier übersetze ich eine Zusammenfassung der russischen Nachrichtenagentur TASS über die Lage in Bolivien nach dem Putschversuch, anschließend fasse ich noch einmal die Hintergründe zusammen.

Beginn der Übersetzung:

Das Wichtigste über den Staatsstreich in Bolivien

Am 26. Juni versammelten sich Soldaten vor dem Regierungsgebäude in der faktischen Hauptstadt Boliviens, La Paz. Der ehemalige Armeechef des Landes, Juan Jose Zúñiga, erklärte seine Absicht, „das Heimatland zurückzuerobern“.

Die TASS hat die wichtigsten Informationen über die Situation in Bolivien zusammengefasst.

Ablauf der Ereignisse

  • Präsident Luis Arce schrieb auf X über „seltsame Bewegungen einiger Armeeeinheiten“ im Lande.
  • Soldaten besetzten den Platz vor dem Regierungsgebäude in La Paz und versuchten, das Gebäude zu stürmen.
  • Angeführt wurden sie von General Juan Jose Zúñiga, der zuvor aus der Armeeführung entlassen worden war. Er war seines Postens enthoben worden, nachdem er erklärt hatte, er sei bereit, den ehemaligen Präsidenten Evo Morales zu verhaften.
  • Zúñiga sagte, er wolle „das Heimatland zurückerobern“, rief zum Wiederaufbau der Demokratie auf und forderte die Freilassung der politischen Gefangenen, darunter die ehemalige amtierende Präsidentin des Landes, Jeanine Añez.
  • Anèz selbst, die wegen eines Staatsstreichs zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, verurteilte die Geschehnisse vom Gefängnis aus.
  • Die Angestellten in den Regierungs- und Parlamentsgebäuden wurden evakuiert.

Reaktionen der Regierung

  • Die Regierung rief die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung auf. Argentinien, Brasilien, Guatemala, Honduras, Iran, Kolumbien, Kuba, Nicaragua, Mexiko, Panama, Peru, die Organisation Amerikanischer Staaten, die EU, die UNO und Venezuela bekundeten ihre Solidarität mit der Regierung Arce.
  • Der Präsident vereidigte die neue Führung der Streitkräfte.
  • Der neue Armeechef José Wilson Sánchez Velásquez forderte die regierungskritischen Soldaten auf, in ihre Kasernen zurückzukehren, woraufhin sie begannen, den Platz zu verlassen.
  • Anschließend wandte sich Arce vom Balkon des Regierungsgebäudes aus an seine Anhänger. Er dankte der Bevölkerung des Landes und den Präsidenten der anderen Staaten für ihre Unterstützung.
  • Verteidigungsminister Edmundo Novillo erklärte, die Regierung habe die Streitkräfte des Landes vollständig unter Kontrolle.

Folgen und Ermittlungen

  • Zúñiga wurde festgenommen. Er wird des Terrorismus beschuldigt. Er wurde bereits zu einem ersten Verhör vorgeladen. Der General sagte, er habe am 23. Juni mit Präsident Arce gesprochen und wurde von ihm gebeten, ihm zu helfen, „seine Popularität zu steigern“.
  • Ebenfalls verhaftet wurde der ehemalige Marinechef Juan Arnes Salvador.
  • Der Innenminister des Landes, Carlos del Castillo, sagte, dass mindestens neun Personen verletzt worden seien.
  • Er sagte auch, dass noch nicht alle an dem versuchten Staatsstreich Beteiligten festgenommen worden seien.
  • Laut Castillo versuchte Zúñiga, die Polizei auf seine Seite zu ziehen, und behauptete, er habe die „Unterstützung der internationalen Gemeinschaft“.

Die politische Lage in Bolivien

  • Im November 2019 trat Evo Morales inmitten von Protesten gegen seine Wiederwahl, die vom Militär unterstützt wurde, als bolivianischer Präsident zurück. Die zweite stellvertretende Sprecherin des Oberhauses des Landes (der Senatskammer), Jeanine Añez, kündigte an, dass sie bis zur Durchführung von Neuwahlen das Amt des Präsidenten übernehmen würde, und ernannte ihr Kabinett.
  • Im Oktober 2020 fanden in dem Land Neuwahlen statt. Morales‘ Gegenkandidat Luis Arce wurde Präsident.
  • Im November 2022 löste Arce die Militärführung ab und verkündete während der Zeremonie die Gefahr eines Putschversuchs im Land.
  • Mitte Juni beschuldigte der Wirtschaftsminister des Landes, Marcelo Montenegro, die US-Botschaft und mehrere andere diplomatische Vertretungen, einen „sanften Staatsstreich“ gegen die Regierung Arce vorzubereiten, als es zu Protesten wegen Treibstoffmangels kam.
  • Am 25. Juni wurde die amerikanische Geschäftsträgerin ins Außenministerium gerufen, um ihre Unzufriedenheit über das Vorgehen der Botschaftsbeamten zum Ausdruck zu bringen, das sie als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes betrachtete.

Ende der Übersetzung

Die Hintergründe

In Bolivien gab es schon im November 2019 einen Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Morales. Der damalige Putsch war vom Westen organisiert, und zwar so offen, dass Medien den Putsch in allen Details schon Anfang Oktober 2019 voraussagten. Darüber habe ich seinerzeit ausführlich berichtet, meinen Artikel inklusive der Links zu den „prophetischen“ Artikeln einen Monat vor dem Putsch finden Sie hier.

Bolivien ist für die USA deshalb so interessant, weil es die weltweit größten Lithium-Vorkommen beherbergt. Dieses Metall, das in der Vergangenheit kaum jemanden interessiert hat, ist heute ungemein wichtig geworden und der Grund liegt in der Klimadebatte, denn das Lithium wird für die Batterien von Elektroautos gebraucht.

Der bolivianische Präsident Morales wollte die Schürfrechte für das Metall aber nicht an westliche Konzerne abtreten, sondern das Lithium von bolivianischen Firmen abbauen lassen. Und noch dreister war aus Sicht der US-Regierung: Er wollte sogar eine eigene Produktion der Lithium-Batterien aufbauen, anstatt die Wertschöpfung westlichen Konzernen zu überlassen.

Das war aus Sicht der US-Konzerne inakzeptabel, daher wurde versucht, Morales bei dem Putsch zu stürzen.

Das gelang auch und eine Putschregierung unter der pro-amerikanischen Präsidentin Jeanine Anez übernahm unter dem Applaus des Westens die Macht, was zu Protesten in Bolivien führte, die bürgerkriegsähnliche Zustände annahmen und viele Todesopfer forderten. Elon Musk, der wegen seiner Firma Tesla einer der größten Nutznießer gewesen wäre, wenn das bolivianische Lithium unter Kontrolle der USA gekommen wäre, hat 2020, als ein User sich über den Putsch und die vielen Todesopfer bei der Niederschlagung der Proteste gegen den Putsch beschwerte, dazu sogar auf Twitter gepostet:

„Wir putschen jeden weg, den wir wollen! Komm damit klar.“

Den Tweet hat Musk allerdings dann schnell wieder gelöscht. Zu viel Ehrlichkeit kann ja auch geschäftsschädigend sein.

Im Oktober 2020, ein Jahr nach dem Putsch, fanden Neuwahlen statt, die die Putschisten krachend verloren haben. Sie mussten ihre Ämter räumen.

Nachdem die neue, demokratisch gewählte Regierung an der Macht war, wurden die Putschisten vor Gericht gestellt und Putsch-Präsidentin Anez wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Wer steckt wohl dahinter…?

Wenn man sich die aktuellen Meldungen anschaut und bedenkt, dass der putschende General unter anderem die Entlassung von Anez aus dem Gefängnis gefordert und sie als „politische Gefangene“ bezeichnet hat, dann wird klar, welche Kräfte hinter dem Putschversuch stecken.

Und noch etwas ist bezeichnend: In den USA gab es, als der Putsch begann, kaum Berichte in US-Medien über den Putsch und auch noch keine Reaktion der US-Regierung.

Das ist verräterisch, denn wenn in irgendeinem Land etwas passiert, was der US-Regierung nicht gefällt, dann ist sie mit Reaktionen ausgesprochen schnell. Wenn es hingegen in einem Land zu einem von den USA unterstützten Putschversuch kommt, dann schweigt die US-Regierung dazu in der Regel so lange, bis klar ist, ob der Putschversuch erfolgreich war.

Wenn er erfolgreich war, dann erklärt die US-Regierung, dass die Demokratie gesiegt habe, oder sie ruft die Putschisten pflichtschuldig dazu auf, möglichst bald Wahlen abzuhalten. Aber sie geht nicht gegen die Putschisten vor und verurteilt den Putsch auch nicht.

Wenn er hingegen nicht erfolgreich war, dann fordert die US-Regierung die Einhaltung der Menschenrechte beim Umgang mit den Putschisten, was im Klartext bedeutet, dass die US-Regierung fordert, die Putschisten möglichst gar nicht zu bestrafen.

Dieses Verhaltensmuster der US-Regierung kann man seit Jahrzehnten bei jedem Putsch oder Putschversuch beobachten, weshalb recht klar war, wen die US-Regierung bei dem aktuellen Putschversuch in Bolivien unterstützt.

Die Vorwürfe der bolivianischen Regierung an die USA bestätigen offenbar, dass die USA einen erneuten Versuch gemacht haben, das Lithium Boliviens unter ihre Kontrolle zu bekommen.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

  1. Heute wie vor 90 Jahren. Jedes Land „darf“ sich entscheiden, welche Seite es wählt. Wenn alle sich entschieden haben, geht es richtig los.
    Ein wenig wie in der Schule, wenn die Kinder Mannschaften wählen, um dann Völkerball zu spielen.

  2. Man kann sagen: „Immer wenn von Freedom and Democracy geredet wird ist das Gegenteil gemeint!“
    Und nicht alle Völker sind so unwissend und verblödet wie De!
    Gerade Bolivien: Man „google“ den „Bolivianischen Wasserkrieg“! Das ist ein Lehrstück an zivilem Mut und Bereitschaft zur Selbstaufopferung gegen eine korrupte Regierung im Verbund mit US-Wasserkonzernen.

  3. Ich habe evo morales vor einigen Jahren selbst reden hören. Er war ein toller Präsident der zb den alten eine Rente hat zukommen lassen. Habe 3 Jahre da gelebt. Was die katholische Kirche und die USA dort treiben ist derart krank dass es als deutscher teilweise schwer ist das auszuhalten. Schon damals wurde versucht Herrn morales töten zu lassen, er selbst war der Anführer von Bauern die für ihre Rechte gekämpft haben. Das ist alles viel zu umfangreich um darüber schreiben zu können. Seit damals widert mich die katholische kirche nur noch an, davon erfährt man im Westen kein Wort. Will gar nicht wissen wieviel Pädophile dort ungestört ihr Unheil treiben und geschützt werden von den USA und der Kirche. Das ist teils mit Worten nicht wiederzugeben. (als Bsp soll reichen dass bei einem bauernprotest der gewaltsam niedergeschlagen wurde Zeugen meinten dass sie nicht sicher waren ob die Kinder die sie ins Feuer geworfen haben schon tot waren) so eine Scheisse meine ich…

    1. Hmm , was in dem Artikel nicht angesprochen wurde , recht zeitnah vor dem Putsch gab es in Bolivien Bestrebungen sich richtung BRICS zu nähern !
      Kurz vor seiner Verhaftung machte man ein Bild von Juan Jose Zúñiga , wie Er in einem gepanzerten Fahrzeug telefonierte und mit der Hand ein OK-Zeichen gab .
      Somit dürfte klar sein das Er wusste das man davon ein Bild machte , Insider wussten das zu deuten , denn es war wohl ein Hinweis auf die Zusammenarbeit einer bekannten Drei-Buchstaben-„Putschagentur“ !
      Auch hierbei sollte klar sein das diese Geschichte auch eine ganz faule Nummer war !
      Hier ist noch nicht klar für welche Seite Juan Jose Zúñiga wirklich gearbeitet hat !

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