Trotz oder dank der Sanktionen?

Russland ist laut Weltbank auf Platz 4 der größten Volkswirtschaften aufgestiegen

Nachdem Russland bereits Deutschland als fünftgrößte Volkswirtschaft abgelöst hat, ist es laut der Weltbank nun auch an Japan vorbeigezogen und steht auf Platz 4 der größten Volkswirtschaften der Welt. Deutsche Medien finden nicht, dass ihre Leser und Zuschauer davon erfahren sollten.

Laut der Weltbank hat Russland 2023 Japan als viertgrößte Volkswirtschaft abgelöst. Vor Russland (6,45 Billionen Dollar) sind nun nur noch Indien (14,6 Billionen Dollar), die USA (27,4 Billionen Dollar)und China (35 Billionen Dollar), während Japan (6,3 Billionen Dollar) und Deutschland (5,9 Billionen Dollar) nun hinter Russland zurückgefallen sind.

In deutschen Medien habe ich darüber keinen einzigen Bericht gefunden. Die Deutschen sollen weiterhin glauben, dass sie eine starke Wirtschaft haben und dass Russland ein wirtschaftlicher Zwerg sei, dabei hat Russland Deutschland schon im Jahr 2022 als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst. Aber die Deutschen müssen ja nicht alles wissen.

Um zu verstehen, wie die westlichen Medien die Legende vom armen Russland und dem reichen Westen aufrecht erhalten, muss man sich anschauen, wie das BIP gemessen wird.

Wie das BIP gemessen wird

Die Schwierigkeit bei der Berechnung des Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist, dass man es nach sehr unterschiedlichen Methoden messen kann, ironisch gesagt, nach dem Motto „Glaube nur der Statistik, die du selber gefälscht hast“. Die Frage ist immer, was man eigentlich messen oder überprüfen will.

Es gibt zunächst das nominale und das reale BIP. Beim nominalen BIP geht es um den Wert aller Waren und Dienstleistungen in Marktpreisen. Das bedeutet, dass steigende (Markt-)Preise, also Inflation, das BIP erhöhen. So kann selbst bei sinkender Produktion das nominale BIP steigen, wenn nur die Inflation hoch genug ist.

Um diesen Effekt auszuschließen, gibt es das reale BIP. Dabei wird durch die Festsetzung von Basispreisen die Inflation herausgerechnet, man bekommt also einen klaren Einblick in die Entwicklung der Produktion und Dienstleistungen.

Nun ist aber auch hier die Schwierigkeit offensichtlich, wenn man verschiedene Länder mit verschiedenen Währungen vergleichen will. Schließlich legen die Länder unterschiedliche Basispreise fest und das auch noch in unterschiedlichen Währungen, deren Wechselkurse sich im Laufe des Berechnungszeitraums verändern.

Um diesen Effekt auszugleichen, gibt es die Messung des BIP nach Kaufkraftparität (KKP oder englisch PPP). Der Punkt ist nämlich, dass ein und dasselbe Produkt in verschiedenen Ländern teurer oder billiger sein kann und dass das gleiche auch für die Löhne gilt. In der Schweiz sind die Löhne höher als in Deutschland, aber wer mal da war, der sieht, dass dort dafür auch alles viel teurer ist. Von ihren höheren Löhnen haben die Schweizer nur dann einen Vorteil, wenn sie zum Einkaufen oder in den Urlaub ins Ausland fahren, im Alltag zu Hause heben die höheren Preise die höheren Löhne weitgehend auf.

Das BIP kann also auf sehr unterschiedliche Weise gemessen werden und dabei können auch sehr unterschiedliche Ergebnisse rauskommen. Richtig oder falsch ist keine Methode. Wer zum Beispiel die Entwicklung in einem Land über die Jahre messen will, der ist mit dem realen BIP gut bedient.

Wenn man aber verschiedene Länder vergleichen will, ist das BIP nach PPP die Methode der Wahl. Denn bloß weil eine Tasse Kaffee in der Schweiz das Doppelte kostet, wie in Deutschland, ist es trotzdem immer noch die gleiche Tasse Kaffee. Wer also das BIP, sprich die Summe der produzierten Güter und Dienstleistungen (vereinfacht gesagt, die Anzahl an verkauften Tassen Kaffee), in verschiedenen Ländern vergleichen will, und nicht die Preisunterschiede, der muss das BIP in PPP zur Hand nehmen.

Laut der Weltbank ist Russland nach dem BIP in PPP zur viertgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Die westlichen Medien ziehen für ihre Statistiken jedoch das nominale BIP heran, bei dem die höheren Preise im Westen vorgaukeln, die Wirtschaft der westlichen Staaten sei viel größer als die russische Wirtschaft, dabei sind nur die Preise im Westen höher als in Russland.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

22 Antworten

    1. Im derzeitigen Europa sollte man solche Kaffeetassen Vergleiche auch tunlichst unterlassen und nicht propagieren. Kommt der Kaffee doch (zum Beispiel) aus Südamerika ist ist somit Ausdruck der kulturellen Aneingnung. Das KKP bildet somit nur die milliardenfache kulturelle Aneignung ab.
      In Europa sollte man ein Kilo Frühkartoffeln oder Äpfel als Vergleichswert wählen. Da die moderne Ökonomie hier auch ständig Äpfel mit Birnen vergleicht, wären letztere wahrscheinlich noch geeigneter ^^

      1. Und ganz wichtig: russische Äpfel sind Ausdruck kultureller Aneignung der imperialistischen Russen, während deutscher Kaffee grundsätzlich fair gehandelt wurde, also mit derlei üblen Machenschaften nix zu tun hat. Zumal bei uns alle Imperialisten durch die aufopfernde Arbeit der woken Kampfbrigade „Cancel Culture“ vor der Ausrottung stehen. Sollten doch noch irgendwelche Restimperialisten übrig bleiben, kommen die selbstgeißelnden Green-Dealer zum Einsatz. Da bleiben dann keine Übeltäter mehr übrig, getreu der Devise der Hygienemafia: Tötet 99,9% aller Viren und Keime ab.
        Und wenn das noch nicht reicht, kommen die Allzweckwaffen zum Einsatz: AB, MASZ, UvdL, AH, RH, OS, …
        Da bleibt dann mit deren Doppelwumsen nix mehr übrig von dem antisemitischen Gesocks. (Sarkasmus Ende)

      2. Egal wie einfach und strukturiert etwas dargestellt wird: es gibt immer jemanden, der es vermag die klare Struktur durch ideologischen Unfug zu verwässern.

        Natürlich ist eine Währung generell ein schlechter Vergleichswert, aber er ist das beste was wir haben, wenn man quantifiziert messen vergleichen möchte.

  1. Letztlich ist es sogar noch schlimmer. Sogar weitaus schlimmer.
    Jeder erwirtschaftete Wert kann nur einmal ausgegeben werden. Und jeder solcher Wert kommt aus der sogenannten Wertschöpfenden Industrie, das sind die die aus der Natur oder von anderen (im weitesten Sinne) etwas nehmen und es veredeln. Autos herstellen, aus Erzen Metalle und Maschinen machen usw.
    Jeder solcher Wert wird dann in Geld (siehe oben) umgewandelt und bewertet. Aber die Grundlage bleibt. Der Anteil an der wertschöpfenden Industrie sinkt im Westen und besonders in den USA. Jeder andere Wert (und damit irgendwann auch jedes andere mit Wert behaftete Geld) muss aus diesem Reservoir schöpfen.
    Insbesondere die Finanz- und Militärindustrie. Je weniger wir im Westen Rohstoffe u.a. aus dem Rest der Welt importieren um sie zu veredeln und dann weiter zu verkaufen, desto mehr schrumpft unser echtes BIP, ganz egal wieviele Sondervermögen wir finden.
    In einem normalen Wirtschaftkreislauf heben sich ein Kredit auf der einen Seite und die Tilgung auf der anderen Seite auf. Es kommt zu keinem Mißverhältnis im BIP. Heutzutage ? Die EZP druckt soweit ich weiß jeden Tagg 1 Milliarde Euro und kauft damit Unternehmensschulden, von denen alle wissen dass sie nie zurück gezahlt werden, diese tauchen also durchweg positiv im BIP auf. Würden die Spekulationsschulden (Derivate und Co.) allein der Deutschen Bank im regulären BIP auftauchen, wären wir die letzten in der Weltrangliste. Tun sie also nicht. usw usf

  2. Nicht alles was zählt ist zählbar.
    Der nominelle BIP ist Zahlenzauber,
    der reale inflationsbereinigte BIP pro capita lässt schon eher eine Bewertung zu, ist aber ein reiner Durchschnittswert und sagt nichts über die Verteilung des Vermögens aus. Lebenssstandard, Innovation, politische Lage und soziales Gefüge sind zusätzliche Indikatoren um die wirtschaftliche Bewertung eines Landes abzurunden.

  3. Russland mag die größere Wirtschaft haben. Aber wir sind die mit den meisten Formularen, den höchsten Steuern und Abgaben und dem schnellsten Absturz einer Wirtschaft, den die Welt je gesehen. Weltmeister!

  4. Für das größte Land der Erde ist der 4. Platz immer noch viel zu gering. 😉
    Dagegen ist für die kleine BRD der 6. Platz eigentlich immer noch ein gigantischer Erfolg. Da ist noch sehr viel Platz für den Abstieg. 😉

    1. „ Für das größte Land der Erde ist der 4. Platz immer noch viel zu gering.“
      Therotisch ja, Prob ist die relativ geringe Bevölkerung.
      Der Unterschied zur BRD:
      In Russland wird die Bevölkerung inzwischen als wertvolle Quelle des allgemeinen Wohlstands angesehen und nicht als Nutzvieh(Human Resource) das am Ende des Verwertungszyklus auf den Müll gehört.

      1. Das BIP, das sieht man schon an den unterschiedlichen Berechnungsarten, ist eine sehr abstrakte Kenngröße. Denn BIP kann man nicht essen.
        Weil mit dem BIP auch Kapitalgeschäfte mit erfasst werden, kann der BIP in einem Land sehr hoch ausfallen, während die halbe Bevölkerung schon am verhungern ist.
        Hinzu kommt, dass die Konzerne ihre Einnahmen international verschieben.
        Wahrscheinlich hat Delaware weltweit das höchste BIP, weil dort die meisten Briefkästen montiert sind.

        Um abschätzen zu können was BIP bedeutet, müsste man eigentlich fragen: „Wem gehört das BIP?“
        Wer hat denn mehr Geld wenn das BIP steigt?
        Weshalb wird das BIP auf Länder bezogen, wenn hinterher noch nicht einmal die jeweilige Regierung mehr Geld im Haushalt hat?
        Kanzlerin Merkel hat sehr lange behaupten können, Deutschland ginge es gut, weil das BIP gut aussah, obwohl sich die Lebensbedingungen für die Allgemeinheit schon sehr drastisch verschlechtert hatten.

        Auch ist es sehr lustig, dass sich der 2% Beitrag zur Nato am BIP orientiert, aber dann aus dem Staatssäckel bezahlt werden muss. BIP hat nichts mit Steuereinnahmen zu tun.

        Auch bei Russland ist die bessere BIP Platzierung teilweise auch dem Umstand geschuldet, dass Geschäfte die zuvor bei ausländischen Konzernen verbucht wurden, jetzt von inländischen Firmen betrieben werden. Ein höheres BIP sagt also nicht zwangsläufig, dass das Geschäftsaufkommen insgesamt gestiegen ist.

  5. Es gibt einen alten Witz: Wenn ich deine Schuhe für 1000 Euro putze und du meine Schuhe für 1000 Euro reinigst, dann haben wir saubere Schuhe und das BIP unseres Landes wird um 2000 Euro steigen.

  6. Würde man die Einnahmen aus Finanz, Versicherungs, Marken und Patentgeschäften rausnehmen, da sie kein wirklichen Mehrwert oder irgendwelche Waren herstellen, würden alle westlichen Länder eher weiter hinten landen.
    Aber solcherlei Berechnungen werden nicht gemacht, aus guten Grund.

      1. Das kommt noch hinzu …. sowie andere Arten leistungslosen Einkommens. Beispiel: der ganze Zertifizierungswahn, der gleich doppelt wirtschaftsschädlich ist, weil er bei Dienstleistern (insbeosndere im öffentlichen Bereich) einen enormen Batzen ausmacht, Zeit stiehlt, in falsche Sicherheit wiegt und keinen, aber absolut keinen Mehrwert bringt.

        Zieht man dann die Zulieferbetriebe dieses geballten Unfugs noch ab (beispielsweise in meiner Sparte), dann kommt noch mehr mehrwertlose Beschäftigungstherapie dazu, mit der bis 2020 im Westen nahezu Vollbeschäftigung gewährleistet wurde. Beschäftigung ohne Mehrwert sozusagen.

  7. Danke an diese EU/USA Fuzzis ! Obwohl es anders geplant war, haben eure Sanktionen den russischen Bären aus seinem ewigen Winterschlaf geweckt und nun tritt er euch auf die Füße !
    Da darf man mal lauthals lachen und klatschen !!!

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