Ukraine-Update: Eine Hiobsbotschaft nach der anderen diese Woche

Soziale Katastrophen, Angriffe auf Journalisten, immer neue Forderungen, das Abkommen von Minsk zu ignorieren, Neuigkeiten zum Stand der Ermittlungen zu den Todesschüssen auf dem Maidan und vieles mehr. Was in den letzten acht Tagen in der Ukraine geschah.

Da die Ukraine in der deutschen Berichterstattung derzeit keine Rolle spielt, solange sie nichts mit Trump zu tun hat, bringe ich in unregelmäßigen Abständen ein Update und fasse die aktuellen Entwicklungen aus dem gebeutelten Land zusammen. Und in den letzten acht Tagen gab es einige interessante, aber traurige Neuigkeiten.

Die erste Nachricht betrifft das von Selensky gewünschte Treffen im Normandie-Format bestehend aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine. Selensky braucht das Treffen vor allem innenpolitisch, um zu zeigen, dass er es mit seinem Versprechen für Frieden im Osten des Landes ernst meint. Allerdings muss die Ukraine einige Zusagen umsetzen, bevor es zu einem solchen Treffen kommen kann. Die Steinmeier-Formel, die nach einigem Hin und Her von Kiew unterschrieben wurde, muss als Gesetzesinitiative in das Parlament und eine Entflechtung der Truppen Kriegsgebiet muss beginnen. Beides hat Kiew bisher nicht umgesetzt.

Anstatt sich nun um diese Dinge zu kümmern, begann Kiew seinerseits Bedingungen zu stellen. Der ukrainische Unterhändler in der Kontaktgruppe des Normandie-Formates, der ehemalige ukrainische Präsident Kutschma, hat gefordert, bevor es zu einem Frieden kommen könne, müssten die Rebellenorganisationen in Donezk und Lugansk aufgelöst werden. Im Minsker Abkommen ist davon nichts zu finden, im Gegenteil: Es geht dort um einen Frieden zwischen Kiew und den Rebellen und nicht darum, dass eine Seite de facto kapitulieren und sich selbst auflösen solle. Die Rebellen sollen laut dem Minsker Abkommen wieder in die Ukraine eingegliedert werden und eine vollständige Amnestie erhalten. Die Details des Abkommens von Minsk finden Sie hier.

Damit ist ein Treffen im Normandie-Format derzeit noch unrealistischer geworden, denn anstatt auch nur eine eingegangene Verpflichtung umzusetzen, stellt Kiew immer neue Forderungen. Der Optimismus, dass Selensky den Krieg tatsächlich beenden kann, schmilzt wie Eis in der prallen Sonne.

Ein weiteres Problem, dass auch im Minsker Abkommen erwähnt ist, ist die totale Blockade des Donbass durch die Ukraine. Im Minsker Abkommen hatte Kiew sich schon im Februar 2015 verpflichtet, diese Hungerblockade wieder aufzuheben. Geschehen ist das bis heute nicht und Russland liefert seit dem August 2014 humanitäre Hilfe in den Donbass. Die OSZE führt darüber genau Buch und meldet jeden Hilfskonvoi. Am 17. Oktober hat die OSZE den nach ihrer Zählung 85. Konvoi gemeldet, das bedeutet, dass Russland in 60 Monaten 85 Konvois mit Hilfslieferungen in den Donbass geschickt hat. Bei der Ladung handelt es sich um Baumaterial zur Ausbesserung von Kriegsschäden, um Lebensmittel, medizinisches Material und so weiter.

Kiew argumentiert ja, dass die Menschen dort alle Ukrainer seien und wieder unter die Kiewer Herrschaft zurück müssten. Gleichzeitig hungert Kiew die Menschen jedoch aus und wenn Russland humanitäre Hilfe liefert, ist das für Kiew ein Grund, eine diplomatische Protestnote einzureichen. Die folgte am 18. Oktober als Reaktion auf die russische Hilfslieferung.

Zu diesem Thema der Hungerblockade gehört auch, dass Kiew alle sozialen Zahlungen in den Donbass eingestellt hat. Selbst die minimalen ukrainischen Renten werden an die Rentner im Donbass seit Sommer 2014 nicht mehr ausbezahlt (offiziell erst ab November 2014, aber die Überweisungen wurden schon im Juli eingestellt), weshalb Russland damals mit den Hilfslieferungen begonnen hat, denn die Hilfsgüter werden im Donbass kostenlos an Rentner ausgegeben, die ansonsten verhungern würden. Inzwischen zahlen die Rebellen zwar Renten an die Rentner in den Gebieten aus, aber die Lage ist und bleibt angespannt.

Die ausstehenden Rentenzahlungen, die Kiew den Rentner im Osten schuldet, addieren sich nach Angaben der Ombudsfrau für Menschenrechte bei der Rada in Kiew, Ludmilla Denisova, auf mittlerweile über 1,6 Mrd. Dollar.

Wenn man bedenkt, dass die Menschen vor fast sechs Jahren auf dem Maidan für ein besseres Leben demonstriert haben, muss man den Kopf schütteln. Nach dem Maidan ist die Ukraine komplett verarmt. Das geht so weit, dass die Gesellschaft für Konsumforschung in Nürnberg in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Ukraine es nun geschafft hat: Sie ist jetzt auch offiziell das ärmste Land Europas, bisher war das nach den meisten Studien Moldawien. Die Ukrainer haben zum Leben im Durchschnitt nur 1.830 Dollar pro Jahr, das sind pro Monat in Euro weniger als 140 Euro. Versuchen Sie davon mal Lebensmittel, Heizung und so weiter und so fort zu bezahlen. Und das ist der Durchschnitt, was bedeutet, dass sehr viele Menschen dort noch viel weniger zum Leben haben.

Apropos Maidan: Die neue Kiewer Regierung hat der Welt ja 2014 versprochen, die Todesschüsse vom Maidan (ca. 100 Tote) zügig aufzuklären, gleiches galt für die Tragödie von Odessa (ca. 50 Tote) zwei Monate später. Passiert ist in Sachen Aufklärung bis heute nichts.

Aus Kiew wurde nun gemeldet, dass die Staatsanwaltschaft die leitenden Staatsanwälte gefeuert hat, die in Sachen Maidan die Ermittlungen leiten. Es wurden keine Gründe angegeben. Einer Aufklärung der Todesschüsse, die dann der Anlass für den folgenden Putsch waren, sind wir damit aber wohl kaum näher gekommen.

Und auch in Sachen Pressefreiheit sieht es düster aus in der Ukraine. Kritische Journalisten oder Regierungskritiker leben dort seit dem Maidan gefährlich und viele sind ermordet worden. Erst im Juli wurde ein TV-Sender mitten in Kiew aus einem Granatwerfer beschossen. Und die Situation wird keineswegs besser unter der neuen Regierung. Der ukrainische Journalistenverband hat nun gemeldet, dass es in diesem Jahr bereits 55 Angriffe auf Journalisten gab, 19 davon in dem Zeitraum zwischen Juli und September.


Wenn Sie sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahres 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 670 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.

https://anti-spiegel.com/2019/in-eigener-sache-mein-buch-ueber-die-ukraine-ist-in-zwei-wochen-lieferbar/
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. Grundsätzliches:
    Wir : https://donbassstimme.wordpress.com/ ( mit der Facebookseite ) denken sehr wohl, uns zur tatsächlichen Situation in Donezk und Lugansk äussern zu können. Eben durch die langjährigen persönlichen Kontakte in die einzelnen Ministerien, zu Pressevertreter usw., nicht zuletzt eben auch ins Millitär. Nicht zu vergessen auch zu einigen Abgeordneten in Donezk und Lugansk, sowie im Rahmen des Projektes „Volksdiplomatie“ mit Andreas Maurer – weiteren Menschen aus Norwegen und Italien, auch weitergehende Kontakte … wovon fünf , leider ermordet wurden seit 2014. Einige auch in Kampfhandlungen ums Leben kamen. Der bisher größte Verlust an großen Menschen, die man kennen lernen durfte, ist zweifellos Alexander Sachartschenko.
    Begonnen wurde 2014 mit dem damaligen offiziellen Chef der offiziellen Website der DVR , „Colonel Cassad „, also Boris Roshin…. Die „stinknormalen “ Leute in den Gruppen und Foren aus Donezk und Lugansk, runden dann das Gesamtbild ab. Man sollte davon ausgehen, dass auch wir nun nach 5 Jahren, sehr wohl die Propaganda ( die nun auch gelebt wird- speziell vom Informations-Minsterium in Donezk :-)) und die Wirklichkeit unterscheiden können. ( Auch wenn man jetzt wieder sauer ist auf den Frank 🙂 )

    Im übrigen, gewisse Personen aus VoiceDonbass sehr wohl dazu beitragen durch Spendenaktionen in den 5 Jahren in Europa- in Israel- in den Staaten bis hin zu Australien, dass die Konvois etwas länger werden…

    Warum (Hier) so detailliert?

    Die Darstellung des Anti-Spiegel, bezogen auf die eigene Leistungsfähigkeit der „Rebellen“, mag vielleicht aus russischer Sicht zutreffen, da eben zwar gezählte, in der Masse jedoch unvorstellbar hohe Anzahl von Tonnen an Hilfslieferungen, mittlerweile (Dem Herrn sei Dank) ankamen und auch weiter werden ankommen müssen. Doch sollte recherchiert werden, wie hoch die Leistungen der beiden Donbass-Staaten an „Sozialleistungen“ mittlerweile tatsächlich sind. Wie hoch die Leistungskraft der Donbass-Wirtschaft tatsächlich ist, (nach der Verstaatlichung vieler Betriebe) die diese Leistungen des Staates dann auch erst ermöglichen. Dies alles OHNE Hilfe Weiterer . Diese Menschen im Donbass „sind das Salz der Suppe“. Sie kämpfen (quasi gegen die gesamte Westwelt) und ernähren sich fast ( Fakt) von selbst.

    Es kommt hier ( Anti-Spiegel) nicht rüber . Leider.

    Es sind nicht die bemitleidenswerten Menschen, wie es sich anfühlt, liest man es.(Anti-Spiegel) Es sind Kämpfer des Lebens und mit der Waffe. Jeder, ob an der Front oder im Bäckerladen, kämpft seinen Kampf fürs Ganze.

    Was ist denn das Ganze?
    Einfach zu erklären. Einfach den Erhalt der eigenen Identität als das, was man geboren ist. Das , was man in die Wiege gelegt bekam. das was man ist. Russe. Und sonst nix. Punkt.
    Wobei es eben so ist, dass es ja nun mal „DEN RUSSEN “ auch nicht gibt. Es gibt nur die gemeinsame Identität. Und die Donbass-Menschen haben nun mit dem Verlust der eigenen Kinder gelernt, was die „Wertewesten-Ideologie“ tatsächlich darstellt:
    Mittlerweile wissen sie (z.Bsp) auch, wo die kleinen Fehlerchen im Bildungssystem der Russen liegen… und korrigieren es so, dass man trotzdem die Bildungsabschlüsse in Russland auch anerkannt bekommen. …. und..und …und…

    Wertewesten-Menatalität :
    „Und bist du nicht willig, dann gebrauche ich die Gewalt! “

    Kurzum 1: Die Menschen leben. Sie leben in der Regel BESSER als die Banderas hinter den Kampflinien .
    Kurzum 2 : Die Menschen hinter den Kampflinien können im Großen und Ganzen, sie alle mal kreuzweise am Arsch lecken mit ihrem Scheiß “ Minsk2″ . Das wird es nicht geben. Nicht in diese Bandera-Ukraine.

    Was wird es denn geben?

    Frieden. Den wird es geben. Allerdings wird, sollte Putin nicht schleunigst was “ Syrisches“ einfallen, dann werden die Donbass -Menschen, sich den Frieden erkämpfen. Und es wird ein Fiasko für die Bandera-Ukraine. Dagegen wird Debalzewo ein …..

Schreibe einen Kommentar