Nach verlorenem Krieg um Bergkarabach: Putschversuch in Armenien

In Eriwan, der Hauptstadt Armeniens, läuft ein Putschversuch. Hier finden Sie den aktuellen Stand von Donnerstagmittag.

Der verlorene Krieg um Bergkarabach lässt Armenien auch nach Monaten nicht zur Ruhe kommen und nun unternimmt die Armee einen Putschversuch. Armenien war in dem Krieg chancenlos gegen die technisch weit überlegene Armee Aserbeidschans und vor allem gegen die türkischen Drohnen, die auf aserbeidschanischer Seite zum Einsatz gekommen sind. Im Ergebnis kam durch russische Vermittlung ein Frieden zu Stande, in dem große Teile von Bergkarabach an Aserbeidschan gegangen sind, zu dem sie völkerrechtlich auch gehören. Aber im Ergebnis wurden tausende Armenier aus dem Gebiet vertrieben, was in Armenien den politischen Druck noch weiter erhöht hat.

Das Militär in Armenien gibt dem Premierminister des Landes, Paschinjan, die Schuld an der Niederlage und auch die Opposition fordert wegen des verlorenen Krieges schon länger seinen Rücktritt. Nun hat sich die Lage zugespitzt. Die Armeeführung hat den Rücktritt Paschinjans und seiner Regierung gefordert, Paschinjan hat im Gegenzug den Generalstab entlassen. Die Opposition ruft zu Demonstrationen „zur Unterstützung der Armee“ auf. Das russische Fernsehen zeigte Bilder aus Eriwan, auf denen Paschinjan mit seinen Anhängern durch die Stadt zieht und per Lautsprecher verkündet, sein Rücktritt löse keines der Probleme des Landes.

Russland war sowohl in dem Krieg neutral, als auch jetzt. Russland ist an Stabilität in der Region interessiert und hat gute Beziehungen zu Armenien und Aserbeidschan, weshalb Russland als Vermittler von beiden Seiten anerkannt wurde und so schließlich ein Ende der Kämpfe erreichen konnte. Russland ist im Zuge des Verteidigungsbündnis der GUS-Staaten mit Armenien verbündet, da Aserbeidschan aber nicht Armenien angegriffen hatte, sondern die nicht anerkannte Republik Bergkarabach, konnte Russland sich bei den Kämpfen neutral verhalten. Auch in dem aktuellen inneren Konflikt verhält Russland sich neutral. Der Kreml forderte beide Seiten auf, Ruhe zu bewahren und die Gesetze und die Verfassung des Landes zu achten.

Die TASS hat in einem kurzen Artikel den aktuellen Stand zusammengefasst, weshalb ich den Artikel der TASS übersetze.

Beginn der Übersetzung:

Das Militär hat Paschinjans Rücktritt gefordert. Was über die Lage in Armenien bekannt ist

Der Ministerpräsident der Republik nannte die Forderung der Offiziere einen Militärputsch

MOSKAU, 25. Februar. /TASS/. Der Generalstab der armenischen Streitkräfte forderte am Donnerstag den Rücktritt von Ministerpräsident Nikola Paschinjan. Als Antwort verkündete der die Entlassung des Chefs des Generalstabs Onik Gasparyan, bezeichnete die Forderung der Offiziere als Militärputsch und forderte seine Anhänger auf, sich im Zentrum von Eriwan zu versammeln.

TASS hat die wichtigsten Informtionen gesammelt, die über das, was in der Republik geschieht, bekannt ist.

Konfliktursachen

Der Grund für den Konflikt ist der Streit über den Einsatz von in Russland erworbener taktischer Iskander-Systeme während des Konflikts in Bergkarabach.

Ex-Präsident Sersch Sargsjan sagte Anfang der Woche, das armenische Militär hätte die Iskander in den ersten Tagen der Kämpfe einsetzen sollen. Als Reaktion darauf sagte Paschinjan, dass diese Waffen ineffektiv gewesen seien.

Das armenische Verteidigungsministerium weigerte sich, die Erklärung des Premierministers zu kommentieren, aber der Erste stellvertretende Chef des Generalstabs, Tiran Chatschatrjan, nannte Pashinjans Worte unseriös. Am Morgen des 25. Februar kündigte der Regierungschef die Absicht an, die nationalen Streitkräfte zu reformieren.

Erklärung des Generalstabs

Am 25. Februar veröffentlichte der Generalstab eine Erklärung, in der er den Rücktritt Paschinjans und der gesamten Regierung forderte. Das Dokument wurde von Gasparjan, seinen Stellvertretern, Abteilungsleitern und Korps unterzeichnet. Ihrer Meinung nach sind „der Ministerpräsident und die Regierung Armeniens nicht mehr in der Lage, in dieser Krise und in dieser für das armenische Volk schicksalhaften Situation angemessene Entscheidungen zu treffen.“

Paschinjan reagierte, indem er die Aktionen des Militärs als Putschversuch bezeichnete und seine Anhänger aufrief, sich auf dem Platz der Republik im Zentrum von Eriwan zu versammeln. Er verkündete auch seine Entscheidung, den Generalstabschef und seinen ersten Stellvertreter zu entlassen.

Gemäß der Verfassung wird der Generalstabschef auf Vorschlag des Premierministers vom Präsidenten ernannt und seines Amtes enthoben. Wenn der Präsident dem Vorschlag des Regierungschefs nicht zustimmt, tritt er automatisch nach 15 Tagen in Kraft. Die Administration von Präsident Armen Sarkissjan erklärte, er habe den Vorschlag Paschininjans bereits erhalten, aber noch nicht unterzeichnet.

Die „Bewegung zur Rettung des Vaterlandes“, die 17 Parteien vereint, die Gegner des amtierenden Premierministers sind, begrüßte die Erklärung des Generalstabs und rief ihre Anhänger auf, sich zu einer Kundgebung auf dem Freiheitsplatz zu versammeln.

Die Position Moskaus

Russland, das ein wichtiger Verbündeter Eriwans ist und über eine Militärbasis auf dem Territorium der Republik verfügt, hat die Ereignisse im Land bereits als eine innere Angelegenheit des Landes bezeichnet. Das russische Außenministerium hat bereits eine offizielle Erklärung abgegeben.

Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten, bekräftigte diese Position und wies darauf hin, dass der Kreml die Situation „mit Besorgnis“ beobachte. Er weigerte sich auch, Paschinjans Worte über die Iskander zu kommentieren, und fügte hinzu, dass russische Waffen wiederholt ihre Wirksamkeit in verschiedenen Teilen der Welt gezeigt hätten.

Ende der Übersetzung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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