"Ziemlich willkürlicher Prozess"

Wie die Bildung der EU-Kommission in Russland erklärt wird

Politico hat am Mittwoch gemeldet, dass die neue EU-Kommission vom EU-Parlament gebilligt wurde. Für die TASS war das ein Anlass, den Lesern zu erklären, wie die EU-Kommission eigentlich gebildet wird.

Die EU ist ein sehr merkwürdiges und nicht eben demokratisches Gebilde, was man vor allem daran merkt, wie die „Regierung“ der EU, also die EU-Kommission, gebildet wird. Mit Demokratie hat das nichts zu tun, aber darum soll es hier nicht gehen.

Nachdem Politico am Mittwoch gemeldet hat, dass die neue EU-Kommission nach einigem Hin- und Her vom EU-Parlament gebilligt wurde, hat die russische Nachrichtenagentur TASS in ihrer Meldung darüber auch erklärt, wie der Prozess der Bildung der EU-Kommission eigentlich abläuft. Ich werde den entsprechenden Teil der TASS-Meldung übersetzen und danach noch eine Anmerkung zum Verständnis hinzufügen.

Beginn der Übersetzung:

Die EU-Kommission hat insgesamt 27 Mitglieder, eines aus jedem EU-Mitgliedstaat. Die EU-Kommissare sind keine Vertreter ihrer Länder, außerdem ist es ihnen strengstens untersagt, Lobbyarbeit für nationale Interessen zu betreiben; sie müssen im Rahmen ihrer Befugnisse „im Interesse der gesamten Europäischen Union“ arbeiten. Wäre die EU ein Staat und keine internationale Organisation, würden die Funktionen der EU-Kommission am ehesten den Funktionen der Regierung entsprechen, und die Funktionen der EU-Kommissare den Ressorts der Fachminister.

Die Bildung der EU-Kommission ist ein mehrstufiger Prozess. Zunächst wird der Leiter der EU-Kommission auf einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs bei Konsultationen hinter verschlossenen Türen ernannt. So wurde von der Leyens Mandat im Juni verlängert. Danach übermitteln die EU-Länder dem Chef der EU-Kommission Vorschläge für Kandidaten für die Posten der EU-Kommissare. Dabei verlangte von der Leyen, entgegen den grundlegenden Vereinbarungen der EU, die besagen, dass ein Land einen Kandidaten für die EU-Kommission nominiert, zwei Kandidaten: je einen Mann und eine Frau, unter dem Vorwand, für die Rechte der Frauen zu kämpfen. In der Praxis verdoppelte sie damit ihre Möglichkeiten, passende Kandidaten auszuwählen. Dieser Prozess wurde im August abgeschlossen.

Danach verteilt der Chef der EU-Kommission die Befugnisse zwischen den Kommissaren. Dieser Prozess ist ziemlich willkürlich, denn bei jeder neuen Zusammensetzung der EU-Kommission können die Befugnisse zwischen den verschiedenen Ressorts der EU-Kommissare neu verteilt werden, so dass die Namen der Ressorts jedes Mal anders lauten. Auch können EU-Kommissare aus ein und demselben Staat in verschiedenen Zusammensetzungen der EU-Kommission unterschiedliche Befugnisse erhalten. So war beispielsweise der ungarische Kommissar Oliver Varhey, der zu den fünf verbleibenden Mitgliedern der vorherigen EU-Kommission gehört, zuvor Kommissar für Erweiterung, doch nun wird er das Ressort des EU-Kommissars für Gesundheit und Veterinärwesen erhalten. Die anderen vier sind der Slowake Maroš Šefčovič, die Kroatin Dubravka Šujica, der Lette Valdis Dombrovskis und von der Leyen selbst. Alle außer von der Leyen erhalten neue Ressorts.

Ende der Übersetzung

Für Russen klingt das alles sehr absurd, vor allem die Tatsache, dass EU-Kommissare in verschiedenen Kommissionen vollkommen unterschiedliche Ressorts erhalten können. Der Grund dafür ist, dass Minister in Russland keine Politiker, sondern Fachleute, also Experten für ihr Ressort, sind. Der russische Außenminister Lawrow ist Berufsdiplomat, der russische Gesundheitsminister ist ein Mediziner, der sich in Gesundheitsbehörden hochgearbeitet hat, also auch weiß, wie eine Behörde funktioniert, und so weiter.

Dass jemand Minister oder EU-Kommissar werden kann, der von seinem Ressort keine Ahnung hat und noch nie auf dem Gebiet gearbeitet hat, für das er als Minister verantwortlich sein soll, klingt für Russen vollkommen idiotisch. Wenn beispielsweise eine Ursula von der Leyen mal Familienministerin, dann Arbeitsministerin und dann auch noch Verteidigungsministerin war, dann ist jedem Russen klar, dass diese Frau nichts geleistet haben kann, weil sie unmöglich auf all diesen Fachgebieten, in denen sie ja auch zuvor nie gearbeitet hat, Kompetenz haben kann.

Und dass in Deutschland ein studierter Philosoph, dessen einzige Berufserfahrung das Schreiben von (ziemlich erfolglosen) Kinderbüchern war, Wirtschaftsminister geworden ist, ist in Russland ohnehin ein Lacher.

Kurz und gut, für Russen ist das westliche System, das Berufspolitiker ohne jedes Fachwissen auf Ministerposten spült, schlicht unverständlich. Daher hat die TASS auf diesen Punkt so explizit hingewiesen, denn die meisten Russen wissen gar nicht, dass das im Westen so läuft, und wenn man es ihnen zum ersten Mal erzählt, erntet man sehr ungläubige Blicke.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

6 Antworten

  1. Mal ein generelles Wort ….

    Der Artikel ist mal wieder ein Paradebeispiel zur Darstellung des Eigenkonzeptes des Hausherrn, wie ich es verstehe. Eben den Deutschen zu vermitteln, wie der „Otto Normal“ in Russland tickt.

    Und das ist bedeutend mehr wert, als viele der hier kommentierenden User denken.
    https://anti-spiegel.ru/2024/tass-trumps-neue-praesidentschaft-wird-sich-grundlegend-von-der-ersten-unterscheiden/#comment-315519

  2. „Für Russen klingt das alles sehr absurd, vor allem die Tatsache, dass EU-Kommissare in verschiedenen Kommissionen vollkommen unterschiedliche Ressorts erhalten können.“

    Ich kann verstehen, daß man die Vorgehensweisen von „Absurdistan“ nicht nachvollziehen kann.
    Aber in Absurdistan ist eben alles möglich, ganz nach Bedarf.

    BAERBOCK DROHT CHINA – DEUTSCHLAND ENTBLÖSST EIGENE DOPPELMORAL

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock droht der Volksrepublik mit „ernsthaften Konsequenzen“. Warum? Weil Geheimdienstberichte angeblich aufzeigen, dass China Drohnen an Russland liefert. Bundeskanzler Olaf Scholz ermahnte den chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei ihrem Treffen am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro, keine Waffen an Russland zu liefern.

    Das chinesische Außenministerium reagiert prompt: „Wir liefern keine Waffen in Kriegsgebiete“ – im Gegensatz zu den westlichen Nationen.

    Und während Baerbock gegen China wetterte, verkündete Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, dass Deutschland selbst 4.000 Kampfdrohnen vom Typ HX-2 Karma an die Ukraine liefern wird. Deutlicher konnte die Bundesregierung ihre Doppelmoral nicht entblößen. Die neue Stimmungsmache gegen China droht das Verhältnis zu dem wichtigsten deutschen Handelspartner weiter zu zerrütten.

    https://www.youtube.com/watch?v=ngCeX9HCQKY

  3. Es ist ein Schauermärchen in mehreren Etappen, aber das Grundkonstrukt ist immer das selbe:

    1. Man wählt nicht demokratisch
    2. Die Gewählten sind abhängig
    3. Die meisten Abhängigen haben keine Ahnung und oder sowieso keine Berufserfahrung.

    und das einzig vielleicht existierende Kontrollorgan, das Europaparlament hat noch weniger Rechte als das Parlament zu Kaiser Wilhelms Zeiten.

    Na dann Prost und gute Nacht! Was will man dazu noch sagen.. Ach ja:

    Die CDU will nun die Hürden für die Zulassung von kleinere Parteien noch verschärfen. Man will damit (Vorsicht jetzt kommt´s) —> die Demokratie stärken!

  4. Putin hat der Welt gerade mitgeteilt: (Maschinelle Übersetzung)

    MOSKAU, 21. November — RIA Novosti. Wladimir Putin gab eine Erklärung zur Lage in der Spezialeinsatzzone ab.

    „Ich möchte das Personal der russischen Streitkräfte, die Bürger unseres Landes, unsere Freunde auf der ganzen Welt sowie diejenigen, die weiterhin Illusionen über die Möglichkeit hegen, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, über die Ereignisse informieren, die sich heute im Gebiet des SVO ereignen, und zwar nach dem Einsatz von Langstreckenwaffen westlicher Produktion auf unserem Territorium“, sagte er.

    Der Präsident betonte, dass die Streitkräfte der Ukraine am 19. November Einrichtungen in der Region Brjansk mit sechs ATACMS-Raketen und am 21. November mit Storm Shadow-Systemen in Kursk angegriffen hätten. Die Luftabwehrsysteme hätten den Angriff abgewehrt, es gab keine Opfer und keine ernsthaften Schäden.

    Der Staatschef stellte fest, dass es unmöglich sei, Langstreckenwaffen für Angriffe gegen Russland einzusetzen, ohne Spezialisten aus den Ländern, in denen sie hergestellt wurden. Ihm zufolge habe der Konflikt in der Ukraine nach diesen Angriffen Elemente eines globalen Charakters angenommen, aber der Einsatz solcher Waffen werde den Verlauf seiner Operationen nicht beeinflussen. Putin sagte auch, dass russische Truppen erfolgreich entlang der gesamten Kontaktlinie vorrückten.

    Der Präsident sagte auch, dass es am Donnerstag in Dnepropetrowsk gelungen sei, das Unternehmen Juschmasch erfolgreich zu treffen, das unter anderem Raketentechnik herstellte. Er stellte klar, dass der Angriff von einer ballistischen Rakete mit atomwaffenfreier Hyperschallausrüstung durchgeführt wurde.

    Darüber hinaus betonte Wladimir Putin, dass das internationale Sicherheitssystem von den USA zerstört worden sei. Diese hätten mit der Aufkündigung des Vertrags zur Abschaffung von Mittel- und Kurzstreckenraketen im Jahr 2019 einen Fehler begangen. Er stellte fest, dass Washington die Welt in Richtung eines globalen Konflikts dränge.

    Putin fügte hinzu, dass Russland im Falle einer Eskalation entschlossen und spiegelbildlich reagieren werde. Er warnte diejenigen, die daran zweifeln, dass Moskau auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet sei. Seiner Meinung nach sind solche Zweifel vergeblich. Der Präsident stellte fest, dass Moskau bereit sei, kontroverse Fragen mit friedlichen Mitteln zu lösen, aber auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet sei, es werde immer eine Antwort geben.

    Putin gab außerdem den erfolgreichen Test der neuesten Mittelstreckenrakete „Oreshnik“ bekannt. Ihm zufolge fangen moderne Luftabwehrsysteme Oreshnik-Raketen nicht ab, sie greifen Ziele mit einer Geschwindigkeit von Mach 10 an, was 2,5 bis 3 Kilometern pro Sekunde entspricht. Gegen die neuesten russischen Waffen gebe es derzeit keine Mittel, sagte Putin.
    Das Oreshnik-Raketensystem werde als Reaktion auf die aggressiven Aktionen der NATO-Staaten gegen Russland unter Kampfbedingungen getestet, fügte der Staatschef hinzu.
    Russland werde Zivilisten in der Ukraine und Bürgern anderer befreundeter Staaten anbieten, die Zonen möglicher Zerstörung im Voraus zu verlassen, betonte der Präsident.

    1. Danke für diesen Beitrag.

      Putin gab außerdem den erfolgreichen Test der neuesten Mittelstreckenrakete „Oreshnik“ bekannt. Ihm zufolge fangen moderne Luftabwehrsysteme Oreshnik-Raketen nicht ab, sie greifen Ziele mit einer Geschwindigkeit von Mach 10 an, was 2,5 bis 3 Kilometern pro Sekunde entspricht. Gegen die neuesten russischen Waffen gebe es derzeit keine Mittel, sagte Putin.

      Aber gegen die ACTAMS hat Oreshnik natürlich überhaupt keine Chance. (Ironie)

      Medienbericht: USA liefern Kiew veraltete ATACMS-Raketen
      Einige der ATACMS-Raketen, die Washington an Kiew geliefert hat, waren bereits 2015 unbrauchbar, heißt es in einer Recherche der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Die milliardenschwere Ukraine-Hilfe sei für die USA ein Vorwand, um das eigene Arsenal zu modernisieren.

      https://freedert.online/international/226692-medienbericht-usa-uebergeben-ukraine-veraltete/

Schreibe einen Kommentar