Kriegsgefahr

Russisches Fernsehen: „Die Welt als Geisel des US-Wahlkampfes“

Die Frage, ob es wegen Angriffen mit westlichen Waffen auf Ziele im russischen Hinterland zum Dritten Weltkrieg kommt, wird in Washington entschieden. Da wird jedoch alles dem Wahlkampf untergeordnet, was in Russland mit Sorge beobachtet wird.

Westliche Medien haben es kaum zur Kenntnis genommen, aber in russischen Medien ist die Frage des Beschusses russischer Ziele mit westlichen Langstreckenwaffen das wohl beherrschende Thema, denn das birgt die Gefahr eines Dritten Weltkrieges. Das war am Sonntagabend auch das beherrschende, aber nicht das einzige Thema im Bericht des USA-Korrespondenten im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens, den ich, wie jede Woche übersetzt habe.

Beginn der Übersetzung:

Die Welt als Geisel des US-Wahlkampfes

Im Falle eines Raketenangriffs steht Großbritannien buchstäblich nackt da. Es hat kein Raketenabwehrsystem, nicht einmal eine US-Raketenabwehr. Und ein Raketenabwehr-Warnsystem hat Großbritannien schon gar nicht. Nicht einmal in der Entwicklung. Was hat es also? Arroganz, Intrigen und klassische englische Höflichkeit.

London und Washington beschließen zunächst, den für den gesamten Westen fatalen Schritt alleine zu besprechen. Doch die Journalisten im Weißen Haus lassen den US-Präsidenten und den britischen Premierminister nicht einmal mit diesem Treffen beginnen.

„Herr Präsident, was können Sie zu den Kriegsdrohungen von Wladimir Putin sagen?“

„Ich kann Ihnen sagen: Seien Sie still, bis ich spreche, OK?“, antwortete Biden.

„Aber was können Sie über die Kriegsdrohung sagen? Das ist eine ernste Bedrohung.“

„Sie müssen still sein, während ich meine Erklärung abgebe. OK?“

Wladimir Putin hat seine Warnung ausgesprochen, und nun müssen die strategischen Verbündeten die Reaktion Moskaus auf Raketenangriffe auf Zentralrussland abwarten. Und sich die Frage stellen: Sind die USA, Großbritannien und Europa bereit, offen in den Krieg einzutreten?

„Was würden Sie Wladimir Putin über die Kriegsdrohung sagen, Herr Präsident?“, fragte ein Journalist dann.

„Ich denke nicht viel an Wladimir Putin“, war Bidens Antwort.

US-Außenminister Anthony Blinken und der britische Außenminister David Lammy sind gerade erst aus Kiew zurück und sie sitzen mit am Tisch. Sie haben von Selensky einen Plan für Angriffe mitgebracht.

Washington und London haben die Liste von Zielen bereits, es sind etwa 300, und sie haben sie im Detail studiert.

„In den vergangenen Wochen kamen ukrainische Beamte nach Washington und brachten eine Liste von Zielen mit. Ich habe mit dem ukrainischen Verteidigungsminister gesprochen, und er sagte, dass diese Liste auch Flugplätze enthält. Die Waffen, über die die Ukraine bereits verfügt, können an verschiedenen Teilen der Front eingesetzt werden, zum Beispiel für Angriffe auf die Krim“, sagte ein CNN-Journalist.

Auf der Liste für Angriffe mit ATACMS- und Storm Shadow-Raketen stehen neben Flugplätzen auch Munitions- und Treibstoffdepots, Militärbasen und Verkehrsknotenpunkte. Sowohl amerikanische als auch britische Soldaten, die in Kiew und anderen ukrainischen Städten sind, warten auf grünes Licht.

„Die USA haben bereits grünes Licht für den Einsatz ihrer Waffen auf russischem Territorium gegeben, neu an der ganzen Sache ist die Reichweite. Die Ukrainer warten sehnlichst auf das Ergebnis des Treffens und die Genehmigung zum Einsatz von amerikanischen, britischen und französischen Langstreckenwaffen“, sagte der ehemalige US-Botschafter in der Ukraine William Taylor.

Biden und Starmer wagten es nicht, ihre Entscheidung laut zu verkünden. Großbritannien forderte, es sofort zu tun, während Washington, so wird vermutet, beschloss, zu warten. Haben die etwa Angst, fragten britische Reporter ihren Premierminister nach dem Treffen: „Haben Sie nicht den Eindruck, dass Präsident Putin Ihnen Angst machen will, indem er mit einem Krieg mit der NATO droht?“

„Es gibt nur einen Grund, warum wir diese Treffen abhalten, nämlich weil Putin unrechtmäßig in die Ukraine einmarschiert ist. Um das Problem so schnell wie möglich zu lösen, müssen wir nicht nur mit unseren Verbündeten hier in den USA, sondern auch mit unseren Freunden in der NATO sprechen“, sagte Starmer nach seinem Treffen mit Biden.

Wie kann man Russland besiegen und trotzdem am Leben bleiben? Um die Verantwortung abzuschieben, haben sie beschlossen, eine Woche zu warten. Der gesamte NATO-Block wird am Rande der UN-Generalversammlung in New York zusammenkommen. Selensky, der versprochen hat, Biden seinen neuen Siegesplan vorzustellen, wird ebenfalls dorthin kommen. Das Weiße Haus hat diese Woche eine geheime US-Strategie zur Ukraine an den Kongress geschickt, heißt es. Einer der wichtigsten Punkte sei die Erhöhung der Schlagkraft und die Aufhebung der Beschränkungen für die Reichweite der Angriffe.

Die Öffentlichkeit im Westen wird bereits moralisch darauf auf diese Aktionen vorbereitet. Und jetzt wird mit neuem Elan über die Pläne Moskaus gesprochen, fast die halbe Welt zu erobern.

„Glauben Sie wirklich, dass Putin Paris erreichen will?“

„Paris, nicht, aber die baltischen Staaten, ja, Polen, ja, auch Finnland muss sich fürchten“, sagt der ehemalige US-Botschafter bei der NATO Kurt Volker.

Wessen Rakete den ersten Schlag auf Zentralrussland ausführen wird, eine amerikanische, britische oder französische, ist egal.

In der Sitzung des UN-Sicherheitsrats erklärte der ständige Vertreter Russlands, Wassili Nebensya, ausführlich, was als nächstes geschehen wird: „Wenn die Entscheidung, die Beschränkungen aufzuheben, wirklich getroffen ist oder getroffen werden soll, bedeutet das, dass die NATO-Länder von diesem Moment an einen direkten Krieg mit Russland beginnen. In diesem Fall werden wir natürlich gezwungen sein, entsprechende Entscheidungen zu treffen, mit allen Konsequenzen für die westlichen Aggressoren. Die Tatsache, dass ukrainische Nationalisten formell auf den Knopf drücken werden, spielt keine Rolle: Die NATO wird zum Beteiligten an militärischen Aktionen gegen eine Atommacht. Ich denke, ich muss nicht erklären, welche Folgen das haben kann.“

Den Dritten Weltkrieg entfesseln, um im Weißen Haus zu bleiben. Zwei Monate vor den Wahlen ist die Regierung der Demokraten bereit, aufs Ganze zu gehen. Aber die ganze Welt ist die Geisel des aktuellen US-Wahlkampfes. Bei der ersten TV-Debatte zwischen Harris und Trump fiel der Name des russischen Präsidenten 12 Mal. Zum ersten Mal überhaupt musste Harris über die Ukraine sprechen.

„Ich habe mich ein paar Tage vor der russischen Offensive mit Selensky getroffen. Ich habe ihm amerikanische Informationen darüber mitgeteilt, wie er sich verteidigen könnte. Ein paar Tage später war ich an der Ostflanke der NATO, in Polen und Rumänien. Dank unserer Unterstützung bleibt die Ukraine eine unabhängige und freie Nation. Wenn Trump Präsident wäre, wäre Putin jetzt in Kiew“, sagte Kamala Harris.

Das bedeutet, dass sich unter Harris, sollte sie die Wahl gewinnen, in Bezug auf die Ukraine nichts ändern wird. Und die Demokraten bereiten sich darauf vor, sie zur Kriegspräsidentin zu machen. Und wenn Biden auf dem Höhepunkt der aktuellen Eskalation plötzlich zurücktritt, dann wird Harris als Vizepräsidentin automatisch Oberbefehlshaberin.

Dann, so Trump in der TV-Debatte, sei die Katastrophe bereits vorprogrammiert: „Er hat Atomwaffen. Die reden nicht einmal darüber. Niemand denkt darüber nach. Vielleicht droht er nicht damit. Aber er hat sie. Nur damit Sie es verstehen, die haben Kamala geschickt, um ein Friedensabkommen zu schließen, bevor der Krieg begann. Aber alles, was sie sagten, war oberflächlich und dumm. Sie haben die falschen Dinge gesagt. Der Krieg hätte nie beginnen dürfen. Biden hatte keine Ahnung, wie man mit Putin spricht. Und jetzt wird es nur noch schlimmer, und das könnte uns zum Dritten Weltkrieg führen“, sagte Donald Trump.

Sie sprachen in der Debatte zehn Minuten lang über den Krieg. Die Moderatoren brachten Trump immer wieder dazu, die richtige Antwort zu geben.

„Wollen Sie, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt?“

„Ich möchte, dass der Krieg endet. Ich möchte Menschenleben retten“, antwortete Trump.

„Nur um Ihren Standpunkt klarzustellen, glauben Sie, dass es im Interesse der USA ist, wenn die Ukraine diesen Krieg gewinnt?“

„Ich glaube, es ist im besten Interesse der USA, dass der Krieg endet“, blieb Trump stur.

Trumps Partner und republikanischer Vizepräsidentschaftskandidaten J.D. Vance legte Trumps Plan zur Beendigung des Krieges zum ersten Mal offen: „Wahrscheinlich sieht er in etwa so aus: Die Teilung wird entlang der etablierten Frontlinien erfolgen. Die Ukraine behält ihre Souveränität, Russland erhält Neutralitätsgarantien von der Ukraine, sie tritt nicht der NATO bei, sie tritt nicht, Sie wissen schon, irgendwelchen anderen Blöcken bei“, sagte Vance.

Wie die Debatte endete, hat Amerika selbst nicht verstanden. Harris war nervös, aber hat eindeutig nicht versagt. Sie spielte aktiv mit ihrer Mimik, als sie sich Trumps Anschuldigungen anhörte. Das intensive Training kam ihr eindeutig zugute, auswendig gelernte Phrasen und kalibrierte Schläge saßen, als Antwort auf Ausbrüche über die Verbrechen illegaler Einwanderer verwandelte sich Harris wie erwartet in eine Staatsanwältin: „Es ist lächerlich, von jemandem, der der Verletzung der nationalen Sicherheit, des Betrugs, der Beeinflussung vergangener Wahlergebnisse und der sexuellen Belästigung verdächtigt wird, etwas über Verbrechen zu hören“, sagte Kamala Harris.

„All diese Klagen wurden gegen mich angestrengt, weil ich ihr politischer Gegner bin. Sie hat das Land zu einer Waffe gemacht. Ich bekam einen Kopfschuss, weil sie mich als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet haben“, parierte Trump.

Vielleicht sah Trump wegen des Attentats bei der Debatte mürrisch aus. Aus irgendeinem Grund fragten die Moderatoren nicht einmal nach dem Attentat. Kamala Harris hingegen lächelte und nannte sich mehrmals hintereinander die Kandidatin des zukünftigen Wandels. Aber sie konnte sich nicht von Biden distanzieren, in dessen Schatten sie in den letzten Jahren gestanden hat.

„Der Grund, warum Harris so vertraut und verständlich erscheint, ist, dass den Amerikanern vor ein paar Jahren dasselbe in Form eines 77-jährigen Mannes namens Joe Biden verkauft wurde“, sagte US-Moderator Rob Schmitt.

Da das eineinhalbstündige Duell zwischen Trump und Harris von sechs Millionen Zuschauern im Fernsehen verfolgt wurde, das ist mehr als beim Sparring zwischen Trump und Biden, wurde die aktuelle Debatte bereits als die Debatte des Social-Media-Zeitalters bezeichnet. Neben Memes von Katzen und Enten, die angeblich von illegalen Einwanderern gefressen werden, erfahren die Wähler jetzt auch durch kurze Videos etwas über die Programme der Kandidaten. Insgesamt wurden die Videos Hunderte Millionen Mal aufgerufen.

Am Ende hat sich jeder selbst zum Sieger erklärt. Aber die neuen Umfragen sind für die Republikaner beunruhigend. Kamala Harris liegt jetzt fünf Prozent vor Trump. Und weil sie an sich selbst glaubt, fordert Harris eine Fortsetzung der Wahl: „Vor zwei Tagen hatten Trump und ich eine Debatte. Haben Sie sie gesehen? Haben Sie? Ich denke, wir alle verdienen eine zweite Debatten-Runde. Die Wähler haben eine Debatte verdient“, sagte Harris bei einer Wahlveranstaltung.

Ein erneutes Treffen mit Kamala Harris will Trump nicht mehr, vor allem nicht bei feindlich eingestellten Fernsehsendern. Außerdem unterscheiden sich Harris und Biden im Grunde nicht, sagt er.

Die lang erwartete Ankündigung, dass die Sängerin Taylor Swift Kamala Harris unterstützt, was laut den Strategen der Demokratischen Partei eine ganze Armee ihrer treuen Fans zu den Urnen locken dürfte, blieb im Getümmel nach der Debatte fast unbemerkt.

Trump beendete seinen persönlichen Kontakt mit Harris wahrscheinlich mit dem Händedruck bei der Zeremonie zu Ehren der Opfer von 9/11 in New York. Die nächste Debatten-Runde wird bereits in zwei Wochen zwischen den Vizepräsidentschaftskandidaten stattfinden.

Darüber, wer in Washington den Hörer abnehmen wird, wenn die Konfrontation mit Russland einen kritischen Punkt erreicht, wird in den europäischen Hauptstädten in diesen Tagen mit Spannung spekuliert. Denn alles, was jetzt in Amerika geschieht, ist nur der Logik des Wahlkampfes untergeordnet. Und die derzeitige Regierung hat es eilig, den verhängnisvollen Schritt zu tun, nach dem es für Bidens Nachfolger kein Zurück mehr geben wird.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. Es wäre nun wirklich an der Zeit zur Beendigung der weltweiten Bedrohungslage, dass derjenige, der tatsächlich in der Lage ist durch ein „Nein, Herr Präsident Biden“ „SO NICHT“, Wir wollen Frieden, keinen Krieg.

    Doch der Depp turnt in Usbekistan rum um Arbeitskräfte für Deutschland zu rekrutieren.

    https://www.tagesschau.de/ausland/asien/scholz-abkommen-usbekistan-100.html

    Also, würde ich in Wiebaden leben, würde ich mal schnell die Rollos runterlassen und verduften….

    1. @ „Denn alles, was jetzt in Amerika geschieht, ist nur der Logik des Wahlkampfes untergeordnet. Und die derzeitige Regierung hat es eilig, den verhängnisvollen Schritt zu tun, nach dem es für Bidens Nachfolger kein Zurück mehr geben wird.“

      Und genau das, ist auch meine einzige Hoffnung für Deutschland, da die Entscheidung nicht ohne die klare Aussage durch den Kongress gemacht werden kann, nun den Krieg ohne Kriegserklärung gegen die Russen zu starten. Und detr Kongress ist eben auch im Wahlkampf-Fiber.

      Und wer sich Fox-News im Original anschaut der weiß sehr gut, dass die Entscheidung wer Präsident wird in den USA sich von der Migrations-Frage zu der Frage wandelt:

      Wählst du Harris…. wählst du „Krieg gegen Russland“
      Wählst du Trump … wählst du „Frieden für Amerika“

      1. Ich sehe das etwas anders !
        Die Zeit ist gekommen das Russland in der Ukraine einen Schlussstrich ziehen MUSS !
        Wird das nicht passieren , trägt Russland eine Mitschuld daran wenn es in Europa eskalieren sollte !
        Dieser ganze Wahlkampfdreck in Amerika ist doch nur Beschäftigungskram für die Menschen !
        Ich will so nicht mehr von den Alternativen informiert werden , kriegt endlich die Kurve !
        Vor allen Dingen , lernt endlich mit der Wahrheit umzugehen !

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