Demokratie?

Moldawische Regierung schließt Oppositionsbündnis von Präsidentschaftswahl und EU-Referendum aus

In Moldawien wurde der Vereinigung der Oppositionsparteien die Teilnahme an den im Oktober anstehenden Präsidentschaftswahlen, mit denen zeitgleich auch ein Referendum über den Kurs zum EU-Beitritt abgehalten werden soll, verboten.

Ich habe erst vor etwa einer Woche über den offen geplanten Wahlbetrug berichtet, den die pro-westliche moldawische Regierung bei den im Oktober anstehenden Präsidentenwahlen und gleichzeitigem Referendum über den Kurs zum EU-Beitritt offen vorbereitet. Dabei ging es darum, dass die moldawische Regierung auf die in den Westen ausgewanderten Moldawier setzt, wo sie viele Wahllokale öffnen und Briefwahl anbieten will, während sie in Russland, wohin auch viele Moldawier ausgewandert sind, möglichst wenige Wahllokale öffnen will und Briefwahl untersagt hat.

Dass die pro-westliche Regierung unter Präsidentin Sanud eine Wahlniederlage fürchten muss, haben die Kommunalwahlen im letzten Herbst gezeigt. Damals hat Sandus Partei wenig überraschend verloren, obwohl die Regierung nur zwei Tage vor der Wahl 8.605 Kandidaten der stärksten Oppositionspartei von den Wahllisten streichen ließ, woran sich aber weder die OSZE noch die westlichen Medien oder Politiker gestört haben.

Oppositionsbündnis wird die Teilnahme an der Wahl verboten

Um einen Machtwechsel zu erreichen, haben sich die Oppositionsparteien des Landes zu einem Oppositionsblock zusammengetan und sich auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten geeinigt. Da die größte Oppositionspartei Shor von der Sandu-Regierung verboten wurde und gegen ihren Parteichef juristisch vorgegangen wird, ist er aus dem Land zunächst nach Israel und dann nach Russland geflohen.

Daher fand der Kongress moldawischer Politiker, auf dem die Bildung des Oppositionsbündnisses beschlossen wurde, im April in Moskau statt. Die Opposition ist gegen den EU-Kurs von Sandu, den sie für den wirtschaftlichen Niedergang Moldawiens verantwortlich macht. Weil das Land traditionell enge wirtschaftliche Verbindungen zu Russland hatte, die Sandu zum großen Teil abgebrochen hat, fordert die Opposition eine Rückkehr zu den früheren Wirtschaftsverbindungen und den Beitritt Moldawiens zur Eurasischen Wirtschaftsunion.

Auf dem Kongress wurde die Gründung des Blocks „Sieg“ beschlossen, dem die wichtigsten Oppositionsparteien angehören. Der Exekutivausschuss des Blocks wurde von Ilan Shor, dem in Moldawien verfolgten Parteichef der nach ihm benannten Shor-Partei, geleitet, gegen den die USA Sanktionen verhängt haben.

Die Zentrale Wahlkommission Moldawiens hat den Antrag des Oppositionsbündnisses „Sieg“ auf Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen und am Referendum über die angestrebte EU-Integration des Landes am 7. August „aufgrund festgestellter Verstöße“ abgelehnt. Der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission sagte dazu:

„Die Kommission hat den Antrag des Blocks Sieg auf der Grundlage der festgestellten Verstöße abgelehnt. Nach Prüfung der von den Antragstellern aus vier Parteien eingereichten Unterlagen stellte die Kommission fest, dass diese eine Reihe von Empfehlungen ignoriert haben.“

Die Vertreter des Blocks hätten Anweisungen der Wahlkommission nicht befolgt, die Verstöße beim Namen des Blocks, seiner Finanzierung und andere Aspekte beträfen. Die Registrierung des Blocks unter dem Namen „Sieg-Victoria“ sei nicht möglich, weil der dem Namen einer seiner Mitgliedsparteien mit dem Namen Victoria ähnelt. Diese Partei könne aus dem Block austreten und bei der Wahl als Konkurrent zum Block antreten. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die in Moldawien für illegal erklärte Partei Shor dem Block angehört, deren Vorsitzender Ilan Shor in Moldawien verurteilt wurde und auf der Fahndungsliste steht.

Der Westen lenkt die Prozesse

Auffällig ist, dass es offensichtlich nicht die moldawische Regierung ist, die diese Prozesse lenkt. Wie schon beim Oppositionsführer Ilan Shor, gegen den die USA Sanktionen verhängt haben, hat die EU vor einigen Tagen gegen andere moldawische Oppositionelle Sanktionen verhängt, die die moldawische Regierung umgehend gegen ihre eigenen Staatsbürger umgesetzt und deren Konten gesperrt hat.

Sanktionen sind jedoch de facto reine Willkür, denn eigentlich braucht es in jedem Land einen Gerichtsbeschluss, um die Konten eigener Staatsbürger zu sperren. Wenn eine Regierung per Sanktionen gegen die politische Konkurrenz im eigenen Land vorgeht, anstatt ordentliche Gerichte etwaige Vorwürfe überprüfen zu lassen, dann kann von Demokratie und Rechtsstaat keine Rede mehr sein.

Trotzdem hat die moldawische Regierung am 3. August die Konten einiger Oppositioneller gesperrt, nachdem die von der EU beschuldigt wurden, die Lage in Moldawien zu destabilisieren, und die deshalb auf die EU-Sanktionslisten gesetzt wurden. Auf der schwarzen Liste stehen neben führenden Oppositionspolitikern auch Chefs von Medienunternehmen, die der moldawischen Regierung kritisch gegenüberstehen.

Daraus kann man folgern, dass die EU die Sanktionen zur Bekämpfung der moldawischen Opposition einsetzt, um die pro-europäische Sandu-Regierung zu unterstützen, die angesichts der zunehmenden Armut im Lande eigentlich kaum Chancen bei den anstehenden Wahlen hat.

Aufgrund der massiven Wirtschaftskrise und der zwischenzeitlich auf 30 Prozent gestiegenen Inflation kommt es in Moldawien seit Jahren zu Massenprotesten, bei denen der Rücktritt der pro-westlichen Präsidentin und ihrer Regierung gefordert wird. Als Reaktion beschuldigte Sandu ihre Gegner, einen Staatsstreich vorzubereiten, rief den Notstand aus, ging gegen die Opposition vor, leitete gegen führende Oppositionelle Strafverfahren ein und hat zwölf Fernsehsender verboten.

All das passiert mit Unterstützung des Westens, der das offenbar als demokratisch empfindet.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

20 Antworten

  1. Desinformation durch weglassen.

    Für das Verbot der „größten Oppositionspartei Shor“ und deren Führer gibt es ja durchaus Begründungen und entsprechende Gerichtsurteile. Egal wie man dazu steht, spricht es Bände, dass das zugrundeliegende Thema hier einfach übergangen und das Ganze als politische Willkür geframt wird.

    Es gibt speziell im Fall von Moldau zahlreiche Belege dafür, dass Proteste gegen die aktuelle Regierung gezielt gesteuert und finanziert wurden. Ilan Shor hat, nach dem das durch Journalisten nachgewiesen wurde, auch persönlich eingeräumt, dass Protestierende bezahlt und transportiert wurden. Seine Erklärung war, „dass niemand beim Protestieren Hunger und Durst leiden soll“. Beim Maidan haben alle sofort Schaum vor Mund aber andersherum ist das natürlich gar kein Problem. Doppelmoral at its best.

    Es ist falsch, dass sich die wirtschaftliche Lage in Moldavien verschlechtert. Nach einem schlechten 2022 sind die Wirtschaftsdaten 2023 und auch die Prognosezahlen für 2024 positiv. Auch liest man, wenn man nach Gründen für Moldaus Probleme sucht von „Coronaeinbruch“ „Dürre im Agrastaat Moldau“ und „Inflation und Probleme durch Reduktion vergünstigter Energielieferungen Russlands“. Ist es da möglicherweise etwas verkürzt und populistisch der aktuellen Regierung einfach die Schuld für jedes Unheil in die Schuhe zu schieben?

    Es ist durchaus gut begründbar, dass Moldau ein Staat ist in dem Interessen kollidieren und an dem aus beiden Richtungen politisch „gezogen“ wird. Wer aber hier westliche politische Einflussnahme als „Werk Satans“ geiselt aber die russische Einflussnahme verschweigt, der betreibt eben auch nur einseitige Meinungsmache.

    https://www.youtube.com/watch?v=9y13AXEnMwY

    1. @DnRI 🤔 da wird Moldawien Deutschland wirtschaftlich wohl bald überholen 🤣 nicht auszudenken, wenn die ihre Energielieferungen aus Russland bezahlt hätten🤔 da würde dem Weg wirtschaftlich an die Weltspitze nichts im Wege stehen zumal sich die EU bes. Deutschland für die erheblich teureren Energien und Rohstoffe entschieden hat nur um seinem Imperator zu gefallen. 🤣🤣🤣🤣🤣

    2. DnRI„Nach einem schlechten 2022 sind die Wirtschaftsdaten 2023 und auch die Prognosezahlen für 2024 positiv.“
      Ja klar man schickt ein paar Milliarden Steuergeld dort hin und schon schaut die die Wirtschaftsdaten dort besser aus.
      Da braucht es nicht mal viel davon..
      Aber schon ok wen sie glauben das Moldawien langfristig besser auf dieser Schiene werden sie und so manche anderen ein schmerzhaftes Erwachen werden

      1. *Ja klar man schickt ein paar Milliarden Steuergeld dort hin und schon schaut die die Wirtschaftsdaten dort besser aus.*

        Bei subventioniertem Gas oder Zusatzrenten aus Russland ist das natürlich was ganz anderes. Moskau macht das aus reiner Nächstenliebe, die durchtriebene EU will sich nur Einfluss erkaufen um das Land danach auszubeuten. Überzeugend?

        Ist doch super für Moldavien aus allen Richtungen Geschenke, könnte man sich doch glatt mit einrichten. Dumm nur, dass die russischen Geschenke gezielt in die separatistischen Regionen gehen und damit innerstaatliche destabilisierende Tendenzen stärken. Was danach kommen kann, kennt man ja nun zur Genüge, Anerkennung irgendwelcher Gebiete und Minderheiten, Einmarsch, Grenzverschiebung, Annektion. Aber ich vermute Russland wird dieses Spiel nicht mehr sehr oft überzeugend spielen können, und irgendwann läuft es Gefahr ,dass China es zB. mit der Manchurei genauso hält, dann ist natürlich dann schwierig dagegen zu argumentieren. „Wenn es das Volk will“, es sind immerhin „historische chinesische Gebiete“ ich habe gehört chinsische Einwanderung und Investitionen sind dort bereits ein Thema von gewissem Interesse.

        1. Die moldawische Wirtschaft ist in einem traurigen Zustand. Das GDP-PPP per capita liegt hinter afrikanischen Ländern wie Libyen, Botswana, Gabun, Äquatorialguinea. Und das auf Pump, denn die Staatsverschuldung hat unter der Nazisse Rekordhöhe erreicht.

  2. Also ist es in Moldawien wie in Deutschland. Politische Konkurrenten bekommen Auftrittsverbote, werden diffamiert oder willkürlich verhaftet. Die Frage ist nur, entwickelt sich Deutschland in Richtung Diktatur und die anderen folgen uns, oder folgen wir den anderen?

  3. Tja, ich hoffe doch mal das die Europäer nicht vergessen, wen sie das alles zu verdanken haben.
    Wären die Russen 1941 nicht so paranoid gewesen und hätten nicht den Nationalsozialismus aus Angst vor Verwechslung in “ Hitlerfaschismus “ umbenannt und mit massiver Propaganda verbreitet und fälschlicherweise 1945 behauptet das der Faschismus ja in Europa nun besiegt sei, damit aber dem tatsächlichen Faschismus den Nährboden bereitet hat, müsste Russland den Geist den sie damals aus der Flasche gelassen haben eben heute nicht bekämpfen.

  4. Immer wieder erstaunlich wie leicht ein Land von Verbrechern übernommen werden kann. Und immer wieder dieses widerliche Befehl und Gehorsam-Gebaren. Der Polizei und dem Militär ist es scheinbar scheißegal werde da welche Befehle gibt. Befehl ist Befehl. Jawohlll!

  5. So viel zu westlichen Demokratischen Verständnis.. kein Aufschrei im westlichen Medien Wald kein Aufschrei vom westlichen ach so tollen demokratischen politischer Elite..
    Man dreht sich halt alles wie man es braucht..

Schreibe einen Kommentar