UN-Resolutionen zu Israel und Sudan

Lieber Spiegel, wer ist hier „gemein, fies und zynisch“?

Im UN-Sicherheitsrat fanden in den letzten Tagen mehrere Abstimmungen statt. Der Spiegel bezeichnete Russland wegen seines Vetos bei einer der Abstimmungen als "gemein, fies und zynisch", verschwieg aber eine zum Verständnis wichtige Abstimmung, bei der die USA tatsächlich "gemein, fies und zynisch" waren.

In den UN-Sicherheitsrat wurden in den letzten Tagen mehrere Resolutionen eingebracht. Eine davon war am Montag ein von Großbritannien und Sierra Leone ausgearbeiteter Aufruf zu einem Ende der Gewalt im Sudan. In dem Entwurf wurden die Kriegsparteien des Bürgerkrieges aufgefordert, „die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen“. Zudem müsse humanitäre Hilfe gewährleistet werden.

Russland hat dagegen als einziges Land ein Veto eingelegt, was dem Spiegel einen Artikel mit der Überschrift „»Gemein, fies und zynisch« – Russland blockiert Uno-Resolution für Feuerpause im Sudan“ wert war, in dem der Spiegel beispielsweise schrieb:

„Der britische Außenminister David Lammy kritisierte die Haltung Russlands als »gemein, fies und zynisch«. Es sei eine Botschaft an die Kriegsparteien, dass sie ungestraft handeln könnten. »Dieses russische Veto ist eine Schande und zeigt der Welt einmal mehr das wahre Gesicht Russlands.«“

Über die Motive Russlands für das Veto haben Spiegel-Leser nur folgendes erfahren:

„Der stellvertretende russische Uno-Botschafter Dmitry Polyanskyj warf Großbritannien vor, sich in innere Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen. Den Befürwortern des Resolutionsentwurfs hielt er vor, mit zweierlei Maß zu messen, wenn sie Israel einen Freibrief für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Gazastreifen erteilten, dies im Sudan aber verhindern wollten.“

Für Spiegel-Leser ist die Sache damit klar, Russland ist eben ein grausames Land, dem das Leid der Menschen im Sudan egal ist.

Russlands Motive

Der Spiegel hätte die Erklärungen von Polyanskyj vollständig zitieren können, denn dann wäre einiges klarer geworden. Die TASS berichtete nämlich, Russland habe die von Großbritannien und Sierra Leone vorbereitete Resolution zum Sudan nicht unterstützt, weil London versuche, sich die Möglichkeit zu verschaffen, sich in die Angelegenheiten des Landes einzumischen und dort „das politische und soziale Engineering“ voranzutreiben.

Im Klartext, London geht es um die Wiedergewinnung seines Einflusses in seiner ehemaligen Kolonie, indem es in der Resolution einseitig Partei für die Rebellen ergreift, nicht um Frieden. Russland wirft den Briten vor, den Konflikt im Sudan angeheizt zu haben, um dort eine ihnen genehme Regierung zu installieren.

Der stellvertretende russische UNO-Botschafter sagte:

„Während der Arbeit an dem Entwurf haben die sich sehr bemüht, an den wichtigsten Stellen Erinnerungen an die rechtmäßige Regierung des Sudan aus dem Text zu entfernen. Ihre Position ist absurd und inakzeptabel, auch angesichts der Tatsache, dass die sudanesische Regierung ihr Land in internationalen Organisationen vertritt, die Kontrolle über die wichtigsten Prozesse im Land ausübt und humanitäre Hilfe verteilt, während die Sudanesen selbst in den von der Regierung kontrollierten Regionen Zuflucht und Schutz suchen. Wir können diese Haltung nur als einen Versuch werten, sich Möglichkeiten zur Einmischung in die sudanesischen Angelegenheiten und zum weiteren politischen und sozialen Engineering zu verschaffen, wie es im Frühjahr 2023 geschah, als die Versuche, Entscheidungen zu fördern, die von der Bevölkerung des Landes nicht mitgetragen wurden, den Grundstein für die Tragödie legten, die sich im Sudan abspielt.“

Gleichzeitig stellte er fest, dass Russland „mit allen Kollegen im Rat darin übereinstimmt, dass der Konflikt im Sudan eine baldige Lösung erfordert“, und er sagte weiter:

„Es ist auch klar, dass der einzige Weg, dies zu erreichen, darin besteht, dass die Kriegsparteien ein Waffenstillstandsabkommen schließen. Wir sehen es als Aufgabe des UN-Sicherheitsrates an, sie dabei zu unterstützen. Dies sollte jedoch konsequent und offen geschehen und nicht dadurch, dass den Sudanesen durch Beschlüsse des Rates die Ansichten einzelner Mitglieder des Rates aufgezwungen werden, die von ihren postkolonialen Vorstellungen über die künftige Struktur des Landes geprägt sind. Das Hauptproblem des britischen Projekts besteht darin, dass es auf einem falschen Verständnis davon beruht, wer für den Schutz der sudanesischen Zivilbevölkerung, die Kontrolle und die Sicherheit der Grenzen des Sudan verantwortlich ist und wer über die Einladung ausländischer Streitkräfte in das Gebiet des Sudan entscheiden kann. Mit wem sollen die Beamten der Vereinten Nationen denn zusammenarbeiten, um Probleme zu lösen und Hilfe zu planen? Wir zweifeln nicht daran, dass diese Rolle ausschließlich von der sudanesischen Regierung wahrgenommen werden kann, aber die britischen Autoren versuchen eindeutig, ihr dieses Recht abzusprechen.“

Man kann dazu stehen, wie man will, aber Russland ist mit seinem Veto vor allem seiner Linie treu geblieben, dass man sich nicht von außen in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen darf, was gemäß UN-Charta ja auch verboten ist. Die britische Resolution war jedoch so formuliert, dass sie darauf ausgelegt war, die rechtmäßige sudanesische Regierung zugunsten der Rebellen, die den Krieg angefangen haben, zu schwächen. Es ging um britische Machtpolitik, nicht um den Wunsch Londons nach Frieden.

Das Veto der USA

Zwei Tage später fand im UN-Sicherheitsrat eine weitere Abstimmung, dieses Mal zu Israels Vernichtungskrieg, statt, über die ich im Spiegel jedoch keinen Bericht gefunden habe.

Der Resolutionsentwurf wurde von zehn nicht ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats ausgearbeitet und bestand aus neun Absätzen, von denen der erste „einen sofortigen, bedingungslosen und dauerhaften Waffenstillstand fordert, der von allen Parteien eingehalten wird“. Außerdem wurde in der Resolution die Freilassung aller in Gaza festgehaltenen Geiseln, die Einhaltung des Völkerrechts durch alle Beteiligten und der Zugang der Zivilbevölkerung von Gaza zu humanitärer Hilfe gefordert.

Diese Resolution haben die USA mit ihrem Veto blockiert, während 14 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates dafür gestimmt haben. Das war schon das fünfte Mal seit der Eskalation des Nahostkonflikts im Oktober 2023, dass die USA Resolutionen mit Forderungen nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen blockiert haben.

Der russische UNO-Botschafter Vassily Nebenzya zitierte danach in seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat fast wörtlich, was der amerikanische UNO-Botschafter zuvor über Russland gesagt hatte:

„Wir sind schockiert, dass die USA ihr Veto gegen den aufrichtigen Versuch, das Leben von Palästinensern und Israelis zu retten, eingelegt haben. Aber vielleicht sollten wir darüber nicht überrascht sein. Seit Monaten verwirren die USA alle und behindern die Bemühungen des Rates, eine Reaktion des Sicherheitsrates auf die katastrophale Situation in Gaza zu entwickeln, indem sie sich auf eine Seite des Konflikts schlagen, um ihre eigenen politischen Ziele auf Kosten palästinensischer Leben voranzutreiben. Ich hoffe, Sie haben erkannt, dass dies ein fast wörtliches Zitat aus der Erklärung des Ständigen Vertreters der USA zur Abstimmung über die Resolution zum Sudan ist. Unserer Ansicht nach ist das Zitat sehr treffend. Wir danken unseren amerikanischen Kollegen, dass sie es uns erspart haben, einen großen Teil unserer Erklärung zu dieser Abstimmung auszuarbeiten.“

Darüber kann jeder seine eigene Meinung haben, aber um sich die zu bilden, muss man die Argumente beider Seiten kennen. Der Spiegel war nicht der Meinung, dass seine Leser dieses Wissen haben sollten und hat außerdem über diese Abstimmung zum Thema Israel nicht einmal berichtet.

Aber Spiegel-Leser wissen nicht einmal dass sie tief im Tal der Ahnungslosen leben.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. @Thomas Röper – dieserArtikel ist MSM-Niveau und grenzwertig zu Propagaanda
    Ich vermisse den Text der Resolution, bei der Russland Veto eingelegt hat. Nur dann kann man das beurteilen. Nur die Begründung zu veröffentlichen reicht nicht.

  2. Mir reicht auch die grundsätzliche Kurzfassung. Das Geschreibsel von der UNO ist mir echt zu anstrengend.
    Dass die USA Pro-Völkermord sind, ist ohnehin die Regel bei diesen Faschisten. Mich interessierten also nur die Einwände Russlands zum Sudan.

    Vielen Dank

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