Wie geht es weiter in Afghanistan?
Für Experten außerhalb Afghanistans ist es derzeit schwer, die Lage in dem Land einzuschätzen oder gar Prognosen abzugeben. Daher ist es interessant, was Menschen vor Ort berichten. Russland hat seit einiger Zeit ein Kamerateam mit einem erfahrenen Kriegsberichterstatter in Kabul, der sich frei bewegen kann und täglich mehrere Berichte nach Russland schickt. Er wurde in einem Interview gefragt, wie er die Lage einschätzt und ich habe den Artikel des russischen Fernsehens darüber übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Westliche Medien haben berichtet, dass Mitglieder der radikalen Taliban-Bewegung in Afghanistan Informationen über Afghanen sammeln, die vor dem Abzug der ausländischen Truppen mit den westlichen Streitkräften zusammengearbeitet haben. Werden die Taliban Repressionen organisieren? Evgeniy Poddubny, der Korrespondent des russischen Fernsehens in Kabul, sprach in einer Sendung des Radiosenders Vesti FM darüber. Er erinnerte daran, dass Afghanistan in der Nacht des 31. August, als das amerikanische Militär das Land verließ, zum ersten Mal seit 20 Jahren sich selbst überlassen wurde.
Ihm zufolge ist nicht ganz klar, was die Taliban als Nächstes tun werden, auch nicht mit den Informationen über die Menschen, die mit dem Westen zusammenarbeiten. Aber „es ist kategorisch unmöglich dass sie Repressionen durchzuführen.“
„Die Führer des politischen Flügels der Taliban machen keinen Hehl daraus, dass sie auf internationale Anerkennung warten“, so Poddubny. Die „friedliebende Rhetorik“ sei jedoch nur in der Hauptstadt Kabul zu hören, so der Korrespondent. Hinzu kommt, dass die Erklärungen des politischen Flügels der Bewegung nicht immer mit den Aktionen des militärischen Flügels übereinstimmen.
„Dies ist die schwierigste Zeit für die Taliban. Wie sollen sie eine Regierung bilden, wie inklusiv wird sie sein, wie sollen sie mit anderen ethnischen und religiösen Gruppen umgehen und wie werden sich die Ereignisse in Afghanistan entwickeln, all das wird sich zeigen“, so Poddubny weiter. „Die Taliban werden ohne internationale Unterstützung nicht in der Lage sein, die Situation unter Kontrolle zu halten; es würde keinen Staat geben. Für einen Staat ist einfach nicht genug Geld da. Aber manchmal haben interne Kämpfe ihre eigenen Regeln.“
Erschwerend kommt hinzu, dass die Taliban über keine hierarchisch feste Befehlskette verfügen.
Der Korrespondent beantwortete auch eine Frage zur epidemiologischen Situation im Lande. Die Aufnahmen aus Afghanistan zeigen: Es gibt dort keine antiviralen Maßnahmen und es sieht so aus, als ob es das Coronavirus dort gar nicht gibt.
„In einem Land, in dem der Preis eines Menschenlebens gegen Null geht, ist das Coronavirus das Letzte, woran man denkt“, antwortete er.
Am 31. August verließ der letzte amerikanische Soldat Afghanistan. US-Präsident Joseph Biden hatte bereits im Mai den Abzug der Truppen aus der Islamischen Republik angekündigt. Vor diesem Hintergrund ist die Lage in Afghanistan sehr viel komplizierter geworden. Die Taliban haben den größten Teil des Landes unter ihre Kontrolle gebracht, Kabul kampflos besetzt und die nordöstliche Provinz Panjsher ist die einzige Provinz, die der Bewegung noch Widerstand leistet. Präsident Ashraf Ghani ist zurückgetreten und hat das Land verlassen. Die Taliban sind dabei, eine Regierung zu bilden; sie haben noch nicht entschieden, wer das Land führen wird.
Ende der Übersetzung
2 Antworten
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>>als das amerikanische Militär das Land verließ,<<
Besser: …rausgeschmissen worden sind……
*** es sieht so aus, als ob es das Coronavirus dort gar nicht gibt. ***
Sie lassen sich von einem relativ normalen Grippe Erreger, nicht ins Bockshorn jagen.
Gieb es das genauso wie in allen anderen Staaten der Welt. Halt ! Bis auf ein kleines helles Russisches Dorf, mit einem Mutigen Anführer.