Nach Streit mit den USA um S-400 und F-35: Türkei will russische SU-35 Kampfjets kaufen

Der Riss zwischen den USA und der Türkei dürfte sich weiter vertiefen, denn am Freitag wurde gemeldet, dass die Türkei kurz davor steht, russische Kampfflugzeuge anstatt der amerikanischen F-35 zu kaufen.

Die USA haben der Türkei unter Obama nicht erlaubt, Flugabwehrraketen von Typ Patriot zu kaufen. Die Türkei ist darauf angewiesen, dass andere Nato-Staaten ihre Patriots in der Türkei stationieren, um den Luftraum zu schützen. Früher waren das deutsche Einheiten, heute sind es spanische. Da die Türkei sich aus dieser Abhängigkeit befreien wollte, hat sie schließlich das russische System S-400 gekauft, dass nicht nur billiger, sondern auch besser ist, als die US-Patriots.

Die USA haben darauf wütend reagiert und dem Nato-„Partner“ Sanktionen angedroht, wovon sich die Türkei aber nicht abschrecken ließ. Daraufhin haben die USA den Verkauf von F-35-Kampfflugzeugen an die Türkei gestoppt. Da die Türkei aber moderne Kampfflugzeuge haben möchte, machten schon länger Gerüchte die Runde, die Türkei könne nun stattdessen russische Flugzeuge kaufen. Es wurde spekuliert, dass es sich entweder um SU-35 oder um den neuen Jäger SU-57, der demnächst in Dienst gestellt wird, handeln könnte.

Die ersten S-400 sind inzwischen in der Türkei angekommen. Trotzdem meldet Reuters aktuell, dass die USA noch immer versuchen, die Türkei vom Kauf weiterer S-400 abzubringen.

Das dürfte jedoch kaum gelingen, die Türkei hat sich bei dem Thema bisher nicht einschüchtern lassen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändert. Im Gegenteil: Jetzt wurde gemeldet, dass die Türkei kurz davor steht, mit Russland einen Vertrag über die Lieferung von 36 Kampfflugzeugen vom Typ S-35 abzuschließen.

Ebenfalls nicht zu Erheiterung der USA dürfte beitragen, dass Russland und die Türkei den US-Dollar in ihrem zwischenstaatlichen Handel ausgeschlossen haben, damit sie nicht durch US-Sanktionen behindert werden können. Russland hat eine eigene Alternative zum internationalen Zahlungssystem SWIFT aufgebaut, dem sich türkische Banken nun anschließen werden.

Die Spannungen zwischen der Türkei und den USA – und damit die Anzahl anti-türkischer Berichte in den deutschen Medien – dürften sich also demnächst noch einmal erhöhen.

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. In den vergangenen 60 Jahren gab es, so viel ich weiß, sieben Putsche und Putschversuche in der Türkei, allesamt durchs Militär. Jedesmal ging es darum, die türkische Regierung wieder auf NATO-Kurs zu bringen.
    Erdogan weiß das. Er weiß auch, dass er, um seine neoosmanischen Fantasien ausleben zu können, sich mit Russland arrangieren muss. Von Seiten der NATO hatte die Türkei bisher vor allem eine wichtige Aufgabe: Der russischen Schwarzmeerflotte den Zugang zum Mittelmeer zu verwehren. Einen Möchtegernsultan mag man da nicht haben, der ist zu unberechenbar.

    Russland sieht die ganze Sache natürlich anders. Die Ambitionen Erdogans zu unterstützen, scheint ein recht geringer Preis für einen barrierefreien Bosporus zu sein. Aufgrund des EU-Türkeideal werden die europäischen NATO-Staaten zögern, militärisch gegen die Türkei vorzugehen. Von der Seite hat man also eher wenig zu befürchten. Putin könnte zudem Russlands Stellung als neue Schutzmacht in Nahost weiter festigen. Dass er derjenige ist, der das letzte Wort hat, kann man schön bei den Treffen in Sotschi sehen. Erdogan muss jedesmal alleine die Treppe hocheilen. Putin kommt ihm keine Stufe entgegen.

    Sollte sich die Türkei vollends aus der NATO verabschieden und sich stattdesssen z.B. der SOZ annähern, würden die geostrategischen Karten in Europa völlig neu gemischt. Die russische Flotte könnte auf diese Weise eine starke Präsenz im östlichen Mittelmeer gewinnen, inklusive den dortigen bisher wenig erschlossenen Gas- und Ölvorkommen. Der nächste logische Schritt aus russischer Sicht wäre es dann, die Beziehungen zu Ägypten auszubauen, zwecks besserer Kontrolle des Suezkanals.

    Europa wäre dann in einer ähnlichen Situation wie 1453. Es wäre nicht mehr Herr seiner östlichen Handelswege. Das werden vielen Geldeliten nicht wollen und auf einen Krieg drängen. Ob es den in naher Zukunft geben wird, weiß ich nicht. Wenn es jedoch einen Krieg zwischen NATO und Russland gibt, so halte ich ihn am Bosporus für wahrscheinlicher als im Baltikum. Da geht es einfach um mehr und man könnte ihn via Türkei als Stellvertreterkrieg führen. Die Truppenverlegungen und Manöver der NATO im Ostseeraum könnten hier schlicht auch ein Ablenkungsmanöver sein.

    1. “ Die russische Flotte könnte auf diese Weise eine starke Präsenz im östlichen Mittelmeer gewinnen, inklusive den dortigen bisher wenig erschlossenen Gas- und Ölvorkommen.“
      Warum sollte Russland, das vor eigenen Ressourcen praktisch überquillt Interesse an anderer Länder Ressourcen haben?
      Warum sollte sich Russland militärisch irgendwohin ausbreiten?
      Russland hat niemals in irgendwelche Handelsrouten eingegriffen, das ist die Spezialität der NATO-Länder.
      Russland begegnet anderen Ländern grundsätzlich auf Augenhöhe und hält seine Versprechen und Verträge IMMER ein. Dein Beispiel mit den Treppenstufen halte ich für unbegründete Feindseligkeit.

  2. “ Die Türkei ist darauf angewiesen, dass andere Nato-Staaten ihre Patriots in der Türkei stationieren, um den Luftraum zu schützen. “

    Wovor bzw. vor wem muss die Türkei denn ihren Luftraum schützen?

    1. Gute Frage, wovor die Türkei ihren Luftraum schützen muss ?

      Vielleicht vor den
      selbst ausgerüsteten und ausgebildeten Terroristen, falsch deklarierte Flugobjekte befreundeter Staaten, Flugobjekte von Feinden oder als indirekten erweiterten Schutz für Russland?

      Such dir etwas aus passen alle und dann ist da der Zypern Streit und der Traum vom osmanischen Reich der noch immer geträumt wird. Diesen Traum zu verfolgen würde unweigerlich die NATO auf die Bildfläche bringen.

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