Analyse: Wie die Deutschen mit Propaganda in den Medien von höheren Ausgaben für die Nato überzeugt werden sollen

Wer einmal analysiert, was die Medien in Deutschland gerade veranstalten, der kommt um das böse Wort „Propaganda“ nicht herum. Glauben Sie nicht? Überprüfen Sie selbst und entscheiden Sie, ob Sie zu einem anderen Ergebnis kommen.

In Deutschland macht der Druck der Nato auf Deutschland Schlagzeilen, gefälligst das „2-Prozent-Ziel“ einzuhalten. Ich habe schon aufgezeigt, was dieses Ziel eigentlich bedeutet. Es ist nichts weiter, als ein Sieg der Lobbyisten des militärisch-industriellen Komplexes. Man will sich mit den ungehemmten Rüstungsausgaben eine goldene Nase verdienen.

Es geht keineswegs um die Abwehr einer konkreten Bedrohung. Russland hatte 2017 einen Verteidigungshaushalt von 61 Milliarden Dollar, die Nato hatte ca. 1.000 Milliarden. An diesen Zahlen sieht man sofort, dass die „russische Bedrohung“ ein Witz ist, mit dem die Öffentlichkeit eingelullt werden soll. Und die 1.000 Milliarden würden noch um einige hundert Milliarden steigen, wenn die Nato-Staaten auf die 2 Prozent kommen, die Erhöhung der Ausgaben umfasst also alleine schon mehr Geld, als das gesamte Verteidigungsbudget Russlands. Man fragt sich, wer hier wen bedroht.

Aber nehmen wir mal an, es gäbe eine konkrete Bedrohung für die Nato. Dann würde man diese Bedrohung analysieren und konkret sagen, was gebraucht wird. Also so und so viele Flugzeuge, Panzer und so weiter. Man würde auf die Bedrohung konkret reagieren. Davon ist aber heute gar nicht die Rede, es geht nur um Geld und es ist völlig egal, was davon gekauft wird, Hauptsache die Rüstungsindustrie verdient Geld. Das ist ausgesprochen entlarvend, aber in den Mainstream-Medien, die über ihre Eigentumsverhältnisse mehr oder weniger direkt mit der Rüstungsindustrie verbunden sind, wird diese Frage nie gestellt.

Die Propaganda für mehr Rüstungsausgaben läuft auf Hochtouren, allein der Spiegel hat in der letzten Woche folgende Artikel veröffentlicht, die entweder die „russische Bedrohung“ beschworen haben oder für die Einhaltung des 2-Prozent-Ziels die Werbetrommel gerührt haben: „Audiostory – Spart Deutschland die Nato kaputt?„, „Verteidigungsausgaben – Spart Deutschland die Nato kaputt?„, „Georgiens Präsidentin Surabischwili – „Wir sollten entschlossen sein, den Russen nicht in die Hände zu spielen“„, „Streit ums Geld beim Nato-Treffen – Maas beschwört Deutschlands Bündnistreue„, „Rede vor dem US-Kongress – Nato-Chef warnt vor Russland„, „Nato-Jubiläumstreffen – Trump erklärt Deutschland zum Prügelknaben„, „A Precarious Alliance – Patience Wears Thin with Germany’s NATO Spending„, „Interview with NATO Secretary General Stoltenberg – The U.S. and President Trump ‚Are 100 Percent Behind‘ Us„, „Russland und Ukraine – Nato kündigt stärkere Präsenz im Schwarzen Meer an„, „Kritik an Bundesregierung – „Wir unterschätzen, welchen Frust unsere 1,5-Prozent-Ansage auslöst“„, „Der Wortbruch„, „Ich gehe davon aus, dass die Deutschen ihre Versprechen einhalten„, „Streit über Militärausgaben – Ist Deutschland unzuverlässig, Frau von der Leyen?„, „Verteidigungsausgaben – Nato-Generalsekretär Stoltenberg besteht auf deutschen Budgetzusagen

Das sind 13 Artikel (wenn ich keinen übersehen habe), die den deutschen Leser von der Notwendigkeit höherer Ausgaben für das Militär überzeugen sollen. 13 Artikel in einer Woche allein im Spiegel!

Was ist das anderes, als eine Propaganda-Kampagne? Der Leser wird täglich in mehreren Artikeln mit dem Thema bombardiert: „Russland ist böse“, „Deutschland verrät die Nato, weil es nicht genug für die Nato ausgibt“.

Erinnern Sie sich noch an die Zahlen? 61 Milliarden russische Militärausgaben bedrohen die Nato mit 1.000 Milliarden Militärausgaben.

Nachtrag: Nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, sind an dem Tag beim Spiegel noch mehrere derartige Artikel erschienen, die in der Liste fehlen. Es sind also nicht 13, sondern mehr als 15 Artikel in einer Woche alleine beim Spiegel.

Nachtrag 2: Der Spiegel ist fleißig heute und hat noch mehr Artikel zum Thema veröffentlicht, wir sind mittlerweile wohl bei 17 oder 18 Artikeln allein beim Spiegel in einer Woche. Aber ein Artikel passt so gut Thema „Propaganda“, dass ich auf ihn eingehen möchte. In einem Kommentar möchte uns Christiane Hoffmann vom Spiegel erklären, warum wir mehr für das Militär ausgeben sollen.

Der Artikel beginnt direkt ein wenig kritisch, aber er endet, wenig überraschend, mit der Erkenntnis, dass wir mehr für Waffen ausgeben müssen. Begründung von Frau Hoffmann:

„Die Welt von heute ist nicht sicherer als vor 30 Jahren: Das Spannungsverhältnis zu Russland, der militärische Aufstieg Chinas, die Aufrüstung im Nahen Osten, die Krisenländer in Nordafrika, der neue Kriegsschauplatz im Cyberspace bedrohen Europas Sicherheit.“

Da sollten wir uns ihre Punkte doch einmal anschauen!

Das Spannungsverhältnis zu Russland: Es war doch der Westen, der mit der Unterstützung des Maidan-Putsches die Ukraine destabilisiert und damit den Konflikt mit Russland vom Zaun gebrochen hat. Und es war die Nato, die die Arbeit des Nato-Russland-Rates einseitig eingestellt hat. Und es ist die Nato, die mit ihrer Stationierung von Soldaten in Osteuropa gegen die Nato-Russland-Akte verstößt. Und es waren die USA, die den ABM-Vertrag gekündigt haben und nun ihren Raketenschild gegen Russland in Europa aufstellen. Und den INF-Vertrag haben doch auch die USA gekündigt. Und so weiter und so fort. Was genau hat also Russland getan außer auf diese Provokationen zu reagieren?

Der militärische Aufstieg Chinas: Ja, das ist geschehen. Aber was geht das die Nato an? Die Nato ist das Nordatlantische Verteidigungsbündnis, China liegt aber am anderen Ende der Welt, am Pazifik. Und China hat in den letzten 150 oder 200 Jahren niemanden angegriffen und ein chinesischer Angriff auf Europa oder Nordamerika ist nicht zu erwarten. Wenn die Nato also ein „Verteidigungsbündnis“ ist und nicht etwa ein „Weltbeherrschungsbündnis“, dann kann der Nato China herzlich egal sein, es bedroht kein Nato-Mitglied.

Die Aufrüstung im Nahen Osten: Wenn der Westen und vor allem die USA nicht wie wild Waffen in diese Region verkaufen würden, gäbe es diese Aufrüstung dort gar nicht. An allen Kriegen, die es im Nahen Osten in den letzten 60 Jahren gegeben hat, war mindestens ein Staat des Westens als Initiator beteiligt, mit Ausnahme vielleicht einiger israelischer Kriege. Die Nato-Staaten verkaufen dort selbst ihre Waffen und nehmen das dann als Rechtfertigung für die eigene Aufrüstung? Das nenne ich mal eine tolle Argumentationskette!

Die Krisenländer in Nordafrika: Da hat Frau Hoffmann wohl vergessen, dass es vor dem Angriff der Nato auf Libyen gar keine Krise in Nordafrika gab. Die Nato hat sich diese Krise selbst gebastelt und will sie nun als Argument für ihre Aufrüstung anführen? Wieder ein sehr überzeugender Punkt!

Wir sehen also, dass die Nato all die „Gefahren“, gegen die wir laut Frau Hoffmann dringend aufrüsten sollen, selbst geschaffen hat. Oder im Fall China die „Gefahr“ weder Nordamerika noch Europa betrifft, falls es die „Gefahr“ denn überhaupt gibt, denn China hat wie gesagt in den letzten 200 oder mehr Jahren niemanden angegriffen.

Bleibt der Kriegsschauplatz Cyberspace: Um uns vor Hackerangriffen zu schützen bracht es keine hunderte Milliarden Dollar, das geht deutlich günstiger.

Ich frage mich ernsthaft, ob die Kommentatoren und Redakteure im Spiegel den Unsinn, den sie ihren Leser verkaufen, wirklich selber glauben…

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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