Fracking vs. Nord-Stream 2 – Der Gaskrieg um den europäischen Markt

Um den europäischen Gasmarkt tobt ein Wirtschaftskrieg zwischen den USA und Russland. Russland liefert seit den Zeiten von Helmut Schmidt zuverlässig Gas nach Europa, nun wollen die USA den Markt für ihr Fracking-Gas erobern.
Es wird immer behauptet, dass Europa unabhängiger in der Gasversorgung werden müsse. Und es wird angeführt, dass Russland sein Gas als Druckmittel einsetzt. Ein Blick auf die Chronologie zeigt jedoch, dass dies schlicht unwahr ist. Bei den Versorgungsproblemen der Vergangenheit gingen die Probleme von der Ukraine aus, die mehrmals ihre Gasrechnungen an Russland nicht bezahlte, was nach Monaten, in denen Russland Gas unbezahlt an die Ukraine lieferte, dazu führte, dass Russland die Belieferung bis zur Begleichung der offenen Rechnungen einstellte.
Nun ist das Problem, dass eine wichtige Pipeline zur Versorgung Europas durch die Ukraine verläuft und die Ukraine einfach Gas abzapfte, das für Europa gedacht war, was wiederum zu Engpässen in der Versorgung in Südosteuropa führte.
Um diese Probleme zu umgehen und den steigenden Bedarf in Europa zu decken, wurde seinerzeit die Ostsee-Pipeline Nord-Stream gebaut. Eine weitere Pipeline sollte durch das Schwarze Meer nach Bulgarien führen, um tatsächlich unabhängig von der Ukraine als Transitland zu werden. Diese Projekt wurde von Brüssel schließlich gestoppt, obwohl das arme Bulgarien die Einnahmen aus dem Gastransit dringend brauchte.
Gleichzeitig hatte in den USA der Fracking-Boom begonnen und die USA wurden von einem Importeur von Gas zu einem Exporteur. Und sie begannen nach Märkten zu suchen. So begann der Druck auf Brüssel, zukünftig Fracking-Gas zu kaufen und plötzlich redete man in Brüssel von der Abhängigkeit vom russischen Gas, die es zu vermindern galt.
Bei dem Gipfel in Helsinki nannte Trump Putin in diesem Zusammenhang auch offen einen „Konkurrenten“. Ein Begriff, den Obama noch vermied. Aber Trump nennt die Dinge beim Namen.
Nun gab es heute das Treffen zwischen Juncker und Trump. Anschließend verkündete Trump, dass Europa nun „massiv“ mehr Gas von den USA kaufen werde. Und in der Tat sind die bereits in vorauseilendem Gehorsam gebauten Gas-Terminals in Europa absolut nicht ausgelastet, trotzdem soll gerade in Schleswig-Holstein ein weiteres Terminal gebaut werden, dass, wenn es nicht rentabel sein sollte, schon Zusagen für staatliche Subventionen in der Tasche hat. Es wäre also interessant zu wissen, was heute tatsächlich vereinbart wurde.
Denn eines ist bekannt: das Fracking-Gas ist mindestens 20-30% teurer, als das russische Erdgas. Die Förderung ist teurer, die Verflüssigung und der Transport auf speziellen LNG-Tankern sind ebenfalls teurer, als der Transport durch Pipelines.
Unter dem Vorwand der „Diversifizierung der Gasversorgung“ wird also von den USA in Brüssel Druck gemacht, Fracking-Gas zu kaufen, obwohl dies zu einer Erhöhung der Energiekosten führen wird. Sowohl für die Verbraucher, als auch für die Industrie.
Da Russland seit 40 Jahren, auch auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, zuverlässig Gas liefert, müsste man eigentlich meinen, dass Europa mit einem seit langen zuverlässigen Lieferanten, der auch noch billiger liefert, als die neuen Konkurrenten, hoch zufrieden ist. Aber Fehlanzeige.
Und pünktlich nach dem heutigen Treffen von Juncker und Trump, veröffentlicht der Spiegel einen ausführlichen Artikel mit Kritik an einem Lobbyisten von Nord-Stream. Kritik an Lobbyisten finde ich sehr löblich und notwendig, aber hier entsteht der Eindruck, es ginge tatsächlich darum, die im Bau befindliche neue Pipeline Nord-Stream 2 in ein schlechtes Licht zu rücken. Denn in dem Artikel werden die amerikanischen Interessen nicht erwähnt. Man müsste doch den Gesamtzusammenhang herstellen, oder nicht?
Auch wird mit keinem Wort der Druck der USA erwähnt, Nord-Stream 2 zu stoppen. Sogar von US-Sanktionen gegen beteiligte europäische Energieversorger ist immer wieder mal die Rede.
Ob die Veröffentlichung von Kritik an Nord Stream nur ein paar Stunden nach dem Treffen von Juncker und Trump wirklich Zufall ist?
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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