Abgeschossenes russisches Flugzeug – Der Spiegel stellt Putins Aussagen falsch dar

Der Spiegel spielt den Vorfall um ein vor der syrischen Küste abgeschossenes Flugzeug herunter. Und der Spiegel erweckt den falschen Eindruck, Russland hätte seine Einschätzung des Vorfalles im Lauf des Tages geändert, was jedoch nicht wahr ist.
 
Das Flugzeug wurde gestern am späten Abend von der syrischen Luftabwehr abgeschossen. Heute Morgen teilte das russische Verteidigungsministerium mit, dass die israelischen Flugzeuge das im Landesanflug befindliche russische Flugzeug zwischen sich und die von den israelischen Flugzeugen Ziele in Syrien gebracht und so das russische Flugzeug als „Deckung“ vor der syrischen Luftabwehr missbraucht. Man sprach von einem „feindlichen Akt“ Israels, der im Widerspruch mit den „partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Israel“ stehe.
 
Hinzu kommt, dass es eine Vereinbarung zwischen Russland und Israel gibt, nach der Israel die russische Armee über Angriffe auf Syrien vorab informiert, um eine Konfrontation mit den Russen zu vermeiden. Die Russen können dann das Gefahrengebiet verlassen, bevor es tatsächlich gefährlich wird. Heute Nacht soll Israel Russland erst weniger als eine Minute vor dem Angriff informiert haben, weshalb das russische Flugzeug keine Möglichkeit hatte, die Gefahrenzone zu verlassen.
 
An dieser Einschätzung der russischen Regierung hat sich nichts geändert. Ich verfolge heute die russischen Nachrichtensender im russischen Fernsehen, das Thema beherrscht die Berichterstattung heute.
 
Der Spiegel schreibt jedoch: „Auch der russische Präsident Wladimir Putin äußerte sich zu dem Zwischenfall. Es sei sicher, dass Israel das Flugzeug nicht abgeschossen habe.
 
Das hat aber auch niemand je behauptet.
 
Der Spiegel schreibt weiter: „Nach einer ersten Darstellung Russlands vom Dienstagmorgen hatten vier israelische Kampfjets vom Typ F-16 am späten Montagabend begonnen, die syrische Stadt Latakia zu bombardieren. In der Nähe befanden sich die französische Fregatte „Auvergne“ und die russische Propellermaschine Il-20.
 
Diese Formulierung unterstellt, dass sich an dieser „Darstellung“ Russlands im Lauf des Tages etwas geändert hätte, das aber stimmt nicht. Russland bleibt bislang bei genau dieser „Darstellung“.
 
Und weiter heißt es im Spiegel: „Russland hatte die Schuld zunächst einem der israelischen Flugzeuge gegeben. So habe sich der israelische Jet hinter der russischen Propellermaschine verborgen, lautete die Erklärung des russischem Verteidigungsministeriums. Damit habe die israelischen Luftwaffe den Abschuss des Aufklärungsflugzeugs durch die syrische Luftabwehr provoziert
 
Daran hat sich nichts geändert, Russland bleibt bei dieser Sichtweise und ich verstehe nicht, wie der Spiegel es so aussehen lassen kann, als hätte sich daran etwas geändert.
 
Putin hat sich dazu heute bei einer Pressekonferenz mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban geäußert, nachdem eine Journalistin ihn danach gefragt hatte. Putin sprach von einer Tragödie und vermied eine direkte Schuldzuweisung. Er machte klar, dass dies ein anderer Fall ist, als der Abschuss eines russischen Kampfflugzeuges durch die Türkei vor zwei Jahren, weil Israel heute im Gegensatz zur Türkei damals nicht selbst auf das russische Flugzeug geschossen habe. Er sprach davon, dass es möglicherweise eine Verkettung tragischer Umstände sei, man dies aber noch genau prüfen müsse. Gleichzeitig sagte er aber ganz deutlich, dass er hinter den Erklärungen des russischen Verteidigungsministeriums steht und dass diese mit ihm abgesprochen waren. Er hat also die Vorwürfe, die gegen Israel erhoben wurden, keineswegs zurückgenommen. Als Reaktion kündigte er an, dass Russland reagieren und Maßnahmen zur Sicherheit seiner Soldaten ergreifen werde, „die alle bemerken werden“.
 
Wer Putins Politik verfolgt, der weiß, dass Putin kein Mann ist, der vorschnell handelt. Er prüft immer sehr genau, bevor er sich festlegt. Bleibt abzuwarten, worauf er sich in diesem Fall festlegen wird und wie die angekündigten Maßnahmen Russlands tatsächlich aussehen werden.
 
Interessant ist die Frage, warum der Spiegel den falschen Eindruck erwecken will, dass sich Russlands Meinung zu dem Fall heute im Laufe des Tages geändert hätte. Jedenfalls ist die Art, wie der Spiegel Putins Aussagen auf der Pressekonferenz aus dem Zusammenhang reißt und in ein falsches Licht rückt, bemerkenswert. Und wer kein Russisch versteht, kann es nicht überprüfen.
 
Um Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild zu machen, hier der komplette Wortlaut von Putins Antwort auf der Pressekonferenz: „Wenn Menschen sterben, vor allem unter so tragischen Umstände, ist das immer eine Tragödie, eine Tragödie für das Land und für die Hinterbliebenen. Ich spreche den Hinterbliebenen als erstes mein Beileid aus. Was Ihren Vergleich mit den Ereignissen angeht, als die Türkei unser Flugzeug abgeschossen hat, so ist dies heute doch eine andere Situation. Damals hat der türkische Jäger absichtlich unser Flugzeug abgeschossen. Heute sieht es nach einer Verkettung tragischer Umstände aus, weil das israelische Flugzeug unser Flugzeug nicht abgeschossen hat. Aber wir müssen das auf jeden Fall noch sehr genau untersuchen. Unsere Sicht der Dinge hat das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation heute zum Ausdruck gebracht und das war mit mir voll und ganz abgestimmt. Was unsere Reaktion angeht, die wird in erster Linie die Erhöhung der Sicherheit unserer Soldaten in der Syrisch-Arabischen Republik betreffen. Und das werden derartige Schritte sein, die alle bemerken werden.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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