Das Ringen um Kasachstan

Xi Jinping auf Staatsbesuch in Kasachstan

Kasachstan ist ein strategisch wichtiger Staat in Zentralasien. Für die USA beispielsweise ist das Land von Interesse, weil es ihnen die Möglichkeit gibt, geografisch zwischen Russland und China Fuß zu fassen, weil es aus verschiedenen Gründen ein Druckmittel gegen den Iran darstellt und im Kampf gegen die Taliban genutzt werden kann.

Für Russland und China ist Kasachstan eine Priorität für Handelsbeziehungen und für die Schaffung einer multipolaren Weltordnung. Der Westen versucht jedoch, Kasachstan zu einer Mauer für Russland und China anstatt zu einer Brücke zu machen.

Kasachstan versucht einen Balanceakt zwischen den Weltmächten. Es lässt die Arbeit von amerikanischen NGOs zu, die dafür bekannt sind, sich in die Politik anderer Länder einzumischen und bei Bedarf auch Farbrevolutionen zu veranstalten, aber es versucht auch, seinen historisch engen Kontakt zu Russland zu behalten und baut auch seine Beziehungen zu China stetig aus, wobei es auch schon mal versucht, die Verbündeten Russland und China in seinem Interesse gegeneinander auszuspielen.

Deshalb ist der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping von großer Bedeutung. Um das zu verstehen, muss man muss wissen, was ein Staatsbesuch ist. Bei einem Staatsbesuch wird der Gast mit allen Ehren, mit Pomp, Staatsbankett und so weiter empfangen. Diplomatisch gesehen ist ein Staatsbesuch auch eine Ehrerbietung an den Gast. Die meisten Reisen von Politikern sind sogenannte „Arbeitsbesuche“, offizielle Staatsbesuche sind selten.

China wirbt um Kasachstan

China ist in Zentralasien und insbesondere in Kasachstan sehr aktiv. Die beiden Länder pflegen seit langem freundschaftliche Beziehungen – China ist Kasachstans wichtigster Handelspartner – und der Handelsumsatz zwischen beiden Ländern erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 31,5 Milliarden US-Dollar. Im Energiesektor arbeiten beide Länder aktiv zusammen. Kasachstan ist reich an Bodenschätzen wie Öl, Gas und Uran und China kontrolliert bis zu 30 Prozent der kasachischen Ölproduktion.

Der chinesische Botschafter Zhang Xiao in Kasachstan verwies vor dem Staatsbesuch auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Automobilbau, grenzüberschreitender elektronischer Handel und alternative Energien. Am Abend des 1. Juli, am Vorabend der Ankunft des chinesischen Staatschefs, stimmte der kasachische Präsident Tokajew einem Abkommen mit China über die Entwicklung aller Arten von Transportmitteln zu. Die Verteidigungsminister Chinas und Kasachstans erörterten eine Ausweitung der militärischen Zusammenarbeit, einschließlich der Möglichkeit gemeinsamer Manöver.

Der chinesische Botschafter in Kasachstan zitierte vor dem Besuch seines Präsidenten dessen Worte wie folgt:

„Ein altes chinesisches Sprichwort sagt: ‚Der Sieg liegt in der Einheit und Solidarität‘, und in Kasachstan sagt man: ‚Die Finger mögen verschieden sein, aber die Hand ist dieselbe – die Handlungen mögen verschieden sein, aber das Ziel ist dasselbe‘. Wir sind bereit, Schulter an Schulter mit unseren kasachischen Partnern den Weg zum gemeinsamen Wohlstand und zur Wiederbelebung der Nation, zu neuen Horizonten der chinesisch-kasachischen Freundschaft zu ebnen“.

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat vor seinem Staatsbesuch einen Artikel über Kasachstan verfasst. Darin sprach er über die Entwicklung des bilateralen Handels, die Vorteile der Visafreiheit, versprach, die Unabhängigkeit Kasachstans zu unterstützen und nannte die Hauptrichtungen der Entwicklung der strategischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern.

Das sind aus seiner Sicht die Stärkung der traditionellen gegenseitigen Unterstützung, zu der er schrieb:

„Die chinesische Seite hat stets die Bemühungen Kasachstans unterstützt, seine nationale Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität zu schützen, einen unabhängig gewählten Entwicklungsweg zu verfolgen, eine Innen- und Außenpolitik zu betreiben, die den Wohlstand des Staates sichert, und lehnt jede Einmischung äußerer Kräfte in die inneren Angelegenheiten Kasachstans ab. Entwicklung und Stärkung von vier Grundprinzipien: gegenseitiger Respekt, gute Nachbarschaft, gegenseitige Unterstützung und gegenseitiger Nutzen im Interesse der Aufrechterhaltung einer dauerhaften Dynamik in der Entwicklung der bilateralen Beziehungen“

Weiter schrieb er, dass in China Krise und Chance eng miteinander verbunden seien. China und Kasachstan seinen mit noch nie dagewesenen Bedrohungen und Herausforderungen konfrontiert, aber gleichzeitig würden sich daraus auch neue Chancen und Möglichkeiten ergeben. Er warb dafür, „Hegemonismus, Machtpolitik und Blockkonfrontation abzulehnen, eine gerechte und geordnete Multipolarität in der Welt zu fördern, eine integrative und für alle zugängliche Wirtschaft zu unterstützen“.

Das waren deutliche Spitzen in Richtung USA, die ihre Weltmachtstellung (Hegemonie) um jeden Preis zu halten versuchen, anstatt eine gerechte und gleichberechtigte Weltordnung (Multipolarität) zuzulassen. Und dass seine Aussage, beide Länder sollten „eine integrative und für alle zugängliche Wirtschaft“ unterstützen offene Kritik an den westlichen Sanktionen ist, die ungehorsame Staaten mit ihren Sanktionen aus der Weltwirtschaft ausschließen wollen, ist offensichtlich.

Kasachstan zwischen Ost und West

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die internationale Rolle Kasachstans stetig gewachsen. „Ein Land in der Mitte des Kontinents sollte zur Brücke zwischen Europa und Asien werden“, sagte der erste Präsident Kasachstans Nasarbajew einst. Seine These ist heute aktueller denn je. Der von Kasachstan nach dem Zerfall der Sowjetunion verfolgte außenpolitische Kurs der politischen Neutralität hat in der Tat Früchte getragen, denn Kasachstan ist zu einem aktiven Teilnehmer an den Integrationsprozessen im postsowjetischen Raum geworden.

Die Eurasische Wirtschaftsunion, die im Westen gerne als russisches Projekt zur Ausübung wirtschaftlicher Macht bezeichnet wird, war in Wirklichkeit die Idee von Nasarbajew. Kasachstan spielt auch eine wichtige Rolle bei der zentralasiatischen Integration, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und der OVKS einerseits und der OSZE andererseits.

Die US-Aktivitäten in Zentralasien haben jedoch nicht nachgelassen, im Gegenteil. Nach Angaben des russischen Außenministeriums waren 2020 über 2.000 westliche NGOs und vom Westen sogenannte „unabhängige Medien“, die von den westlichen NGOs finanziert werden, in den GUS-Staaten aktiv. Schon vor der Eskalation in der Ukraine hat allein die US-Behörde USAID ein gesondertes Budget für antirussische Propaganda in Höhe von fast 600 Millionen Dollar jährlich gehabt. Diese Summen sind seit 2022 natürlich enorm gewachsen, seit die USA offen mit allen Mitteln gegen Russland vorgehen und die GUS-Länder gegen Russland in Stellung bringen wollen.

Vor allem in Kasachstan sind die umtriebigen US-NGOs sehr aktiv. Eine der bekanntesten NGOs des Landes ist KazAID. Im vergangenen Jahr hat Washington der Organisation 50 Millionen US-Dollar gespendet. KazAID ist bekannt für ihren Einfluss auf lokale kasachische Journalisten. Und die Medien sind bekanntlich eines der wichtigsten Instrumente zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung.

Das Ringen um Kasachstan geht also weiter und der kasachische Präsident Tokajew führt einen Balanceakt durch, indem er auf allen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen versucht.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Wer sich zwischen zwei Stühle setzt – landet ziemlich unsanft – das wird Tokajew ganz schnell lernen… – besser an Georgien und den Umgang mit diversen „ngo’s“ orientieren….

  2. Sich neutral zu verhalten, ist für mich nicht schändlich. Habe einige Zeit versucht, über das Land Informationen zu erhalten und durfte feststellen, daß eine gewisse Ablehnung innerhalb der Bevölkerung gegen Russland vorherrscht.
    Die Art und Weise wie versucht wird, den Drahtseilakt zu vollziehen, sehe ich als sehr problematisch an, da sich jetzt schon gewisse Tendenzen abzeichnen.
    Aber es ist nun mal die Entscheidung, die sie selbst wählen, wie es enden wird. Möglicherweise, können sie das auch vollbringen und bleiben Unabhängig und weiterhin neutral zum Wohl des Landes. Immerhin bin ich zu weit weg um es „richtig“ beurteilen zu können.
    angenehmen Aufenthalt in Absurdistan=BRD

    1. Was ist das denn schon wieder ?
      Staatsbesuch Xi Jinping in Kasachstan , mehr gab es nicht zu berichten ?
      Na dann werde ich mal ein paar Informationen nachliefern !
      Es geht hauptsächlich um das 24. Treffen des Rates der Staatschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) in Astana also ein SOZ-Gipfel wo Xi Jinping gleichzeitig auch zu Staatsbesuchen in Kasachstan und Tadschikistan auf Einladung des kasachischen Präsidenten Qassym-Schomart Toqajew und des tadschikischen Präsidenten Emomali Rahmon anreiste !
      Dieser SOZ-Gipfel ist nicht unwichtig , denn dort sind neben Putin auch die Mongolei , Aserbaidschan , Pakistan , Türkei und halt auch Xi Jinping mit dabei !
      Dagegen ist der Staatsbesuch von Xi quasi die Nachspeise .
      Wurde im Artikel nicht mal erwähnt , warum ?

  3. ….der User „Nobbi62“ hat fast schon alles geschrieben.. …es geht bei diesem wichtigen SCO – Treffen um die weitere Konsolidierung der beteiligten Staaten im Sicherheitsbereich !!.. ..Russland hat mit den OVKS – Truppen, hat dem Herrn Tokajew, doch schon mal seinen „Ar…h“ gerettet im Januar 21 !!… …nach der Bereinigung der „Globalisten – Ukraine“ durch Russland, wird Herr Tokarew einiges ändern müssen !!..😈

  4. Die Idee eine neutrale Brücke in Zentralasien zu sein hat gewiß ihre Vorteile. Und das nicht nur für Kasachstan, auch Russland und China müßten sich dann nicht langfristig streiten.
    Doch ob der Westen ein neutrales Kasachstan erträgt? Es steht eher zu vermuten, dass man solange wie man eine Chance sieht Kasachstan zu einem US-Vasall zu machen wird man um das Land werben, wenn das nicht mehr brauchbar erscheint, wird man es destabilisieren so wie viele andere Länder vor ihm.

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