Ohne Kritik der Medien: Merkel will Bruch von Grundgesetz und Völkerrecht nicht ausschließen
Merkel hat eine Teilnahme Deutschlands an potenziellen Militärschlägen der USA gegen Syrien nicht ausgeschlossen. Das ist insofern bemerkenswert, weil seit Montag ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vorliegt, dass derartige Militärschläge als klar völkerrechtswidrig bezeichnet.
Man möchte es kaum glauben, aber die deutsche Bundeskanzlerin, die im Amtseid unter anderem geschworen hat, „das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen“, schließt einen Bruch des Grundgesetzes ausdrücklich nicht aus.
In dem Gutachten des Bundestages heißt es unmissverständlich: „Im Ergebnis wäre eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an einer Repressalie der Alliierten in Syrien in Form von „Vergeltungsschlägen“ gegen Giftgas-Fazilitäten völker- und verfassungswidrig.“
Auch kann die Regierung darüber nicht selbst entscheiden, sondern braucht ein gesondertes Mandat des Bundestages. In dem Gutachten wird festgestellt, dass das bestehende Mandat des Bundestages nur den Kampf gegen den IS abdeckt, aber keine Angriffe gegen Syrien selbst. Daher kann Deutschland nicht an US-Militärschlägen gegen Syrien teilnehmen, ohne ein neues Bundestagsmandat: „Für eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Militärschlägen gegen das Assad-Regime in Syrien wäre daher verfassungsrechtlich eine neue Mandatierung durch den Deutschen Bundestag erforderlich (dazu unter 3.), wobei der ins Auge gefasste Militäreinsatz nach den Regeln des ius ad bellum völkerrechtskonform (dazu 2. und 3.1.) sowie verfassungskonform (dazu 3.2.) sein muss.“
Allerdings sagt das Gutachten auch ganz klar, dass die Regierung dem Bundestag keine Anträge vorlegen darf, die dem Grundgesetz oder dem Völkerrecht widersprechen: „Die parlamentarische Mandatierung eines solchen Bundeswehr-Einsatzes würde sich dann erübrigen, da der Bundestag nur Auslandseinsätze mandatieren darf, die auf einer tragfähigen verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlage beruhen“
Damit ist eine Beteiligung Deutschlands an Militärschlägen gegen Syrien auf legalem Wege unmöglich. Wenn Merkel und andere Politiker nun trotzdem solche Militärschläge nicht ausschließen oder wie Röttgen sie sogar explizit fordern, dann reden sie völlig schamlos davon, dass deutsche Grundgesetz zu brechen.
Und das ist noch nicht einmal alles, denn das Gutachten sagt sogar, dass sich strafbar macht, wer als Abgeordneter für ein Mandat stimmt, dass Militärschläge gegen Syrien ermöglicht: „Strafbar machen kann sich nach § 13 Abs. 4 VStGB eine Person, „die tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken“ – mithin auch Abgeordnete eines Parlaments, das den Auslandseinsatz der Streitkräfte zu mandatieren hat.“
Und strafbar wäre nicht nur, die Beteiligung Deutschlands an Bombardierungen in Syrien, schon die bloße Unterstützung jeder Art wäre strafbar: „Somit kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob Deutschland sich mit Bundeswehr-Tornados aktiv am Kampfgeschehen bzw. an der Zerstörung von Chemiewaffen-Fazilitäten der syrischen Regierung beteiligt; auch die (bloß) militärisch-logistische Unterstützung eines solchen Militäreinsatzes wäre nach dem Recht der Staatenverantwortlichkeit als Unterstützung eines völkerrechtwidrigen Handelns selber völkerrechtswidrig.“
Ich habe heute ausführlich in den deutschen Medien gesucht, aber ich habe keine Hinweise auf Kritik gefunden. Merkel schließt einen Verfassungsbruch nicht aus und bekommt kein Wort der Kritik dafür. Die USA kündigen einen Bruch des Völkerrechts an und die Medien erwähnen das nicht.
Man stelle sich einmal vor, Russland würde völkerrechtswidrig ein anderes Land bombardieren, was da in den deutschen Medien los wäre. Man würde hysterisch nach neuen Sanktionen rufen. Aber wenn die USA es tun, dann werden sie dafür nicht kritisiert, im Gegenteil dürfen deutsche Medien und Politiker bis hin zu Bundeskanzlerin dies sogar noch gut finden.
Der Westen beruft sich immer gerne auf das Völkerrecht und bekommt regelmäßig Schaum vor dem Mund, wenn ein Staat aus Sicht des Westens das Völkerrecht bricht, Aber die eigenen Verstöße gegen das Völkerrecht, werden verschwiegen oder sogar gelobt. Das nennte man normalerweise Doppelmoral.
Übrigens ist auch der derzeitige Einsatz der Bundeswehr gegen den IS in Syrien völker- und verfassungsrechtlich umstritten: „Die völkerrechtlichen Grundlagen dieses Mandats sind bis heute umstritten; die Fraktion DIE LINKE hatte 2016 gegen die parlamentarische Mandatierung dieses Einsatzes ein Organstreitverfahren beim BVerfG anhängig gemacht, über das bis heute aber noch nicht entschieden wurde“
Wollen wir mal abwarten, wie das Verfassungsgericht entscheidet und wie dann die Regierung reagiert.
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