Die Ukraine erklärt Intensivierung der Razzien von Militärkommissaren

Die Situation steht im Zusammenhang mit den wachsenden Spannungen in der Gesellschaft, so das ukrainische Portal Strana

Probleme bei der Mobilisierung und wachsende Spannungen in der Gesellschaft waren die Gründe für die am 11. Oktober in einigen ukrainischen Städten durchgeführten Mobilisierungsrazzien, über die in sozialen Netzwerken der Ukrainer viel berichtet wurde. Das berichtet das ukrainische Portal Strana unter Berufung auf eine dem Verteidigungsministerium nahestehende Quelle.

Zu den skandalösen Videos, die das gewaltsame Vorgehen der Mitarbeiter der territorialen Einberufungszentren bei Razzien in Restaurants und Nachtclubs in Kiew, Lwow, Charkow und Uzhgorod sowie bei Razzien gegen Besucher des Konzerts der Band „Okean Elzy“ zeigen, merkte die Quelle an, dass einer der Gründe für die intensivierten Aktionen der Militärkommissaren der starke Rückgang der Mobilisierungsrate im letzten Monat sei.

Außerdem gebe es „in der ukrainischen Gesellschaft ein anhaltendes Gefühl akuter sozialer Ungerechtigkeit bei der Mobilisierung“, sagte er. „Es wird vermutet, und das nicht zu Unrecht, dass der Großteil derer, die jetzt mobilisiert werden, Bewohner von Kleinstädten und Dörfern, einfache Arbeiter oder Menschen sind, die arm sind und kein Geld haben, um sich zu freizukaufen. Das führt zu Spannungen in der Gesellschaft“, so die Quelle. Diese Spannungen nehmen auch in der Armee zu, sagte er. Die Soldaten ärgern sich darüber, dass sie in den Schützengräben sitzen, während gesunde Männer im Hinterland in Restaurants sitzen, in Clubs herumhängen und auf Konzerte gehen. „Viele Soldaten an der Front sind darüber verärgert und empfinden das als soziale Ungerechtigkeit. Deshalb haben wir beschlossen, eine Razzia zu organisieren, damit das ganze Land sieht, dass „auch die Reichen weinen“. Das heißt, auch Partygänger können eingezogen werden“, fuhr er fort.

Die dem Verteidigungsministerium nahestehende Quelle fügte hinzu, dass derartige Veranstaltungen nun regelmäßig stattfinden sollen. „Das ist eine politische Entscheidung“, betonte er. Seiner Meinung nach ist die Entscheidung umstritten und die Auswirkungen werden entweder minimal oder sogar negativ sein. Die Bilder vom gewaltsamen Vorgehen gegen Konzertbesucher werden kaum die öffentliche Moral stärken, sondern eher das Gefühl der Angst verstärken und Tausende von Männern ermutigen, sich zu verstecken oder zu versuchen, das Land zu verlassen, sagte die Quelle. Gleichzeitig hätten diejenigen, die in Nachtclubs gehen, das Geld, um sich von der Armee freizukaufen, sagte er. „Das System ist von oben bis unten korrupt. Und das ist das Hauptproblem. Aber es gibt keinen Willen, dieses Problem zu lösen. Es ist einfacher, wenn man eine Demonstration von Militärkommissaren vor dem Konzert von „Okean Elzy“ organisiert oder eine Razzia in Nachtclubs und Restaurants durchführt“, zitiert Strana ihre Quelle.

Mobilisierungsrazzien

Am 11. Oktober abends berichteten ukrainische Medien von Mobilisierungsrazzien in Restaurants und Nachtclubs in Dnjepr, Kiew, Lwow, Charkow, Chmelnitsky, Uzhgorod und beim Konzert der Band „Okean Elzy“ in der Hauptstadt. In ukrainischen sozialen Netzwerken kursierten Videos, auf denen zu sehen ist, wie Militärkomissare junge Menschen in Dienstbusse zwingen und sie an einen unbekannten Ort bringen. Berichten zufolge waren an der Razzia beim Auftritt von „Okean Elzy“ etwa hundert Soldaten und Polizisten beteiligt.

Übersetzung aus der russischen Nachrichtenagentur TASS


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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