Unbeachtet von den Medien droht ein bewaffneter Konflikt zwischen der Türkei und den USA in Syrien
Ein Thema findet in diesen Tagen in den deutschen Medien nicht statt, nämlich Syrien. Dabei gibt es aus Syrien durchaus interessante Neuigkeiten, die demnächst international hohe Wellen schlagen können. Es geht um einen von der Türkei angekündigten Angriff auf US-kontrollierte Gebiete in Syrien.
Nun fragt sich der deutsche Leser wahrscheinlich erst einmal verwundert: „Wie jetzt? US-kontrollierte Gebiete in Syrien?“
Ja, die USA haben Teile Syriens de facto besetzt und dort tausende Soldaten stationiert, die in Zusammenarbeit mit Islamisten oder Kurden diese Gebiete kontrollieren. Man muss nicht darauf hinweisen, dass eine solche Besetzung syrischer Gebiete durch die USA ein eklatanter Bruch des Völkerrechts ist. Daran hat man sich bei den USA ja ohnehin schon lange gewöhnt.
Am Mittwoch bereits hat Erdogan angekündigt, eine dritte militärische Operation in Syrien zu beginnen, um gegen Kurden vorzugehen, die er als Bedrohung für die Türkei ansieht. Es ist nicht klar, ob dies mit Russland oder Assad abgesprochen ist. Aber da es um Gebiete geht, die de facto unter der Kontrolle der USA stehen, die die Kurden unterstützen, ist das momentan auch nicht einmal die wichtigste Frage.
Die USA begründen ihre Anwesenheit dort mit dem Kampf gegen den IS, bei dem die Kurden, die von den USA unterstützt werden, angeblich eine zentrale Bedeutung haben. Erdogan jedoch sieht die Kurden als Terroristen an, die eine Gefahr für die Türkei darstellen. Dieser Konflikt zwischen Erdogan und den USA schwelt schon eine ganze Weile, denn Erdogan hat sich oft beschwert, dass die USA die Kurden mit Waffen beliefern, die dann gegen türkische Streitkräfte eingesetzt werden.
Das ist für sich genommen schon ein starkes Stück, denn die Türkei und die USA sind zumindest formal Verbündete in der Nato und dass jemand dem Feind seines Verbündeten Waffen liefert, ist nicht eben ein freundschaftlicher Akt.
Ich stelle das ganz objektiv fest, ohne dabei Partei zu ergreifen. Man unterstützt die Feinde seiner Verbündeten nicht, man unterstützt normalerweise seinen Verbündeten. Wenn es anders herum ist, wie in diesem Fall, steht das Bündnis an sich in Frage. Und genau das sehen wir in dem Verhältnis zwischen den USA und der Türkei ja schon seit einiger Zeit.
Am Freitag hat Erdogan noch einmal wiederholt, dass das fragliche Gebiet am Fluss Euphrat entweder von Kurden „gesäubert“ wird oder aber dass die Türkei diese Säuberung ansonsten selbst durchführt. Die USA haben auf Erdogans Pläne reagiert und „behaupten, dass die Kurden im Kampf gegen den IS von entscheidender Bedeutung sind“
Das Problem ist, dass es in dem Gebiet gar keinen IS mehr gibt. Die Reste des IS in Syrien sind in und um Idlib im Nordwesten Syriens eingeschlossen. Eine Offensive der Russen und Syrer gegen das Gebiet, die vor einigen Monaten erwartet wurde, konnte nach einem Abkommen zwischen der Türkei, dem Iran und Russland erst einmal abgewendet werden, aber der Konflikt schwelt ebenfalls weiter vor sich hin.
Das fragliche Gebiet, um das es zwischen den USA der Türkei jetzt geht, liegt jedoch ganz woanders und damit weit weg von den Resten des IS. Die Aussage der USA, zusammen mit den Kurden den IS zu bekämpfen, ist vorgeschoben. Die USA haben dort ganz andere Ziele. Der Streit mit Erdogan ist bekannt und jeder Nadelstich, den die Kurden der Türkei zufügen, freut die USA. So haben die USA Beobachtungsposten strategisch so aufgebaut, dass die Türkei im Falle eines Angriffs wohl auch US-Soldaten treffen würde. Die Folgen eines Konfliktes zwischen Nato-Partnern USA und Türkei kann man sich kaum ausmalen und ich bin sicher, dass Erdogan dies auch nicht möchte.
Das andere Ziel der USA ist es immer noch, Assad zu schwächen, also werden sie immer Vorwände finden, ihre illegale Präsenz in Syrien zu verlängern, nur damit sie die Kontrolle über die Gebiete nicht an die syrische Regierung zurückgeben müssen.
Aber die Rhetorik ist schon sehr besorgniserregend, wenn ein Pentagon-Sprecher mitteilt: „„Unilaterale Militäraktionen im Nordosten Syriens durch eine Partei, insbesondere da US-Personal anwesend oder in der Nähe sein kann, sind von großer Bedeutung“, sagte Commander Sean Robertson, ein Sprecher des Pentagons, in einer Erklärung. „Wir würden solche Aktionen für unannehmbar halten.““
Darauf erwiderte Erdogan: „Unser Ziel sind nicht die amerikanischen Soldaten, sondern die Terrororganisationen, die in der Region aktiv sind“
Beide Seiten scheinen also zu allem entschlossen und man muss abwarten, wie sich die Lage entwickelt, aber sie könnte der derzeit an Krisen ohnehin reichen Geopolitik eine weitere schwere Krise hinzufügen.
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