Politico: Pashinjan will sich von Russland distanzieren und sich dem Westen annähern

Laut der Zeitung sagte der armenische Premierminister, sein Land solle nach Unabhängigkeit streben, und bezeichnete ein Modell, bei dem es darum geht, Verteidigung zu suchen, als sehr anfällig

Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan sagte, Armenien solle sich von Moskau distanzieren und versuchen, sich dem Westen anzunähern. Das geht aus einem Artikel von Politico hervor, dessen Korrespondent mit dem armenischen Premierminister sprach.

Der Zeitung zufolge sagte Paschinjan, dass sich Russlands „Fähigkeiten [im Transkaukasus] aufgrund der Situation in der Ukraine verändert haben“. Politico berichtet, ohne direkt zu zitieren: Paschinjan erkennt die Notwendigkeit an, den alten Verbündeten Russland zu verlassen, und stellt fest, dass es noch ein langer Weg ist, bis die westlichen Länder die volle Unterstützung bieten, die Armenien braucht.

„Wir wollen ein unabhängiges, souveränes Land sein. Wir müssen Wege finden, um nicht zum Schauplatz eines Interessenkonflikts zwischen dem Westen und dem Osten oder dem Norden und dem Süden zu werden“, zitierte die Zeitung Paschinjan. Er fügte hinzu, dass Armenien nach Unabhängigkeit streben sollte und nannte ein Modell, bei dem es darum geht, Verteidigung zu suchen, als anfällig, egal bei wem man diese Verteidigung sucht.

Der armenische Premierminister kritisierte erneut die Aktivitäten der russischen Friedenstruppen im Zusammenhang mit den Ereignissen im Latschin-Korridor, sagte aber, dass die Lage in der Region ohne sie kaum besser wäre.

In letzter Zeit hat die armenische Führung Moskau wiederholt wegen der Lage in der Region kritisiert. Darüber hinaus hat Jerewan die zivile EU-Mission, die seit Anfang des Jahres an der Grenze zu Aserbaidschan tätig ist, eingeladen und sich anschließend für eine Erhöhung der Zahl der Beobachter ausgesprochen. Ebenfalls im September begannen die gemeinsamen Militärmanöver Eagle Partner zwischen Armenien und den USA auf dem Gebiet der Republik.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, wies darauf hin, dass die Äußerungen armenischer Politiker oft eine „Rhetorik am Rande der Frechheit“ seien, und dass Moskau wegen der jüngsten Aktionen Armeniens immer mehr Fragen an Jerewan habe. Am 8. September wurde der armenische Botschafter Vagharshak Harutyunyan ins russische Außenministerium vorgeladen, wo wegen des unfreundlichen Verhaltens Jerewans streng protestiert wurde. Gleichzeitig betonte das russische Außenministerium, dass Moskau fest davon ausgeht, dass Russland und Armenien Verbündete bleiben und dass alle Vereinbarungen über die Entwicklung und den Ausbau der Beziehungen zum Wohle der Völker beider Länder vollständig umgesetzt werden.

Übersetzung aus der russischen Nachrichtenagentur TASS


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. Paschinjan ist natürlich ein übler Verräter seines Volkes, woran man sieht, daß man es noch schlimmer treffen kann als mit Scholz und Merkel. Armenien kann sich nur auf sich selber verlassen, da Rußland auch nie wirklich an seiner Seite stand, sondern im Konflikt mit Aserbaidschan auch gesehen hat, auf welcher Seite die Stulle gebuttert ist.

    Um die Spannungen dort einordnen zu können, muß man unbedingt folgende Sachverhalte kennen, die ich nur kurz aufliste:

    • Bergkarabach und der Latschin Korridor als einziger Zugang, wichtig vor allem für die Armenier selber, die dort leben;
    • Bedeutung der südarmenischen Provinz Sjunik, die einen Korridor zum Iran bildet, den der Iran wohl verteidigen wird;
    • Bedeutung des projektierten Sangesur Korridors von Aserbaidschan in die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan, zu der ein türkischer Landzipfel reicht.

    Die letzten beiden Korridore könnten koexistieren, aber es ist fraglich, ob nicht auch dort eher der Krieg gesucht wird. Denn weitere westliche Partner haben neben der Türkei ein Interesse am Sangesur Korridor. Wen juckt es schon in London oder Washington, wenn in Armenien ein bißchen geballert wird?

  2. Man muss schon ein gewaltiger Trottel oder Marionette sein um im Zeitalter der Emanzipation vieler Länder vom Westen und dem wirtschaftlichen und moralischen Niedergang des Westens sich ausgerechnet dem Westen anzunähern bzw. unterzuordnen.

    Dass das armenische Volk wie auch das armenische Militär nach der Pfeife von dem Selensky Nr. 2 tanzt ist erstaunlich.

  3. Erpressung oder Schmiergeld? Geopolitisch ein guter Standort für Ami-Militär, da kann man
    Russen und Iranern gehörig auf den Sack gehen. Das Volk verraten und verkauft. Wie hier.
    Was mich in meiner Naivität erstaunt, warum man direkten Nachbarn ans Bein pisst und lieber
    in den Darmausgang eines Überseegangsters kriechen mag.

    1. Sie haben die Antwort doch selber schon gegeben – Erpressung oder Schmiergeld.

      Paschinjan wird wohl persönlich seinen Nutzen daraus ziehen können, und seine Entourage auch, so er eine hat. Die Armenier in Bergkarabach / Arzach sind ihnen wohl eher wumpe. Dem Volk werden ein paar falsche Hoffnungen gemacht und gut. Allerdings seltsam ruhig dort, wenn man bedenkt, daß sie dank Paschinjan schon einen Krieg verloren und ihn noch nicht zum Teufel gejagt haben.

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