Getreideabkommen

Die EU-Propaganda über die Lebensmittelpreise im Faktencheck

Als Russland aus dem Getreideabkommen ausgestiegen ist, hat die EU verkündet, die Preise für Weizen würden nun explodieren und Russland wäre für eine kommende Hungerkatastrophe verantwortlich. Schauen wir uns einmal an, wie sich die russische Entscheidung auf den Weizenpreis ausgewirkt hat.

Als Russland am 17. Juli aus dem Getreideabkommen ausgestiegen ist, haben sich europäische Politiker aufgeregt und Russland vorgeworfen, es nutze den Hunger als Waffe, weil die Preise für Getreide nun explodieren würden, wenn das ukrainische Getreide nicht mehr über das Schwarze Meer exportiert werden kann.

Der Spiegel zum Beispiel hat an dem Tag gleich in mehreren Artikeln darüber berichtet, damit seine Leser auch wissen, was sie darüber zu denken haben. Unter der Überschrift „Außenministerin in New York – Baerbock verlangt von Putin Verlängerung des Getreideabkommens“ hat der Spiegel zum Beispiel geschrieben:

„Außenministerin Annalena Baerbock hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin dazu aufgefordert, einer Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide zuzustimmen. »Unterlassen Sie es, Hunger als Waffe einzusetzen«, sagte sie am Rande ihres Besuchs bei den Vereinten Nationen in New York. Der Kremlherrscher zeige einmal mehr, dass er in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht einmal auf die Schwächsten Rücksicht nehme, so Baerbock.“

Schon seine morgendliche Zusammenfassung der Ereignisse des kommenden Tages hatte der Spiegel mit der Überschrift „Die Lage am Morgen – Putins Spiel mit dem Hunger“ versehen.

Wie üblich haben sich die Aussagen der EU-Politiker und der westlichen Medien mal wieder als reine Propaganda erwiesen, denn der Preis für Weizen ist heute sogar niedriger als vor dem Ausstieg Russlands aus dem Abkommen.

Das war Maria Sacharowa, der Sprecherin des russischen Außenministers, einen sarkastischen Kommentar wert, den sie aber – wie üblich – mit Fakten und Quellen belegt hat, die jeder überprüfen kann. Ich habe ihren Kommentar, den sie auf Telegram gepostet hat, übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Kaum hatte sich Russland vor einem Monat aus der Schwarzmeer-Getreide-Initiative (oder, wie Journalisten sie nennen, dem „Getreide-Abkommen“) zurückgezogen, ging es los.

Josep Borrell versprach der ganzen Welt eine „Welternährungskrise“, die Chefin der EU-Kommission Ursula von der Leyen nannte den Rückzug Russlands aus dem Abkommen einen „zynischen Schritt“. Und die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, ging so weit, dass der Rückzug Russlands aus der Initiative ein „Akt der Grausamkeit“ sei.

Es ist lustig, dass die Hauptlieferanten von Waffen in das Konfliktgebiet und die Urheber des Staatsstreichs in der Ukraine von „Grausamkeit“ sprechen.

Pierre-Olivier Gourinch, Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, versprach einen Anstieg der Getreidepreise um bis zu 15 Prozent. Das ist derselbe IWF, der seit neun Jahren Finanzmittel in die sterbende ukrainische Wirtschaft pumpt und die hässlichen Parasiten am Leben erhält.

Schauen wir uns nun an, wie die Situation tatsächlich aussieht.

Unmittelbar nach Russlands Ankündigung der Aufkündigung des „Abkommens“ am 17. Juli kam es tatsächlich zu einem leichten Preisanstieg auf dem Weizenmarkt. In den folgenden Tagen kehrten die Preise für Futures auf Weizen jedoch auf das vorherige Niveau zurück und sanken sogar um 1,13 Prozent auf 261 Dollar pro Tonne.

Stand 21. August dieses Jahres liegen die Preise für Weizen bei 253 Dollar pro Tonne (6,10 Dollar pro Scheffel). (Anm. d. Übers.: Heute, am 23. August, steht der Weizenpreis übrigens bei 248 Dollar)

Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei den Weltmarktpreisen für Mais. Am 17. Juli dieses Jahres fiel der Preis für diese Kulturpflanze um 1,51 Prozent auf 199 US-Dollar pro Tonne. Der aktuelle Preis liegt bei 188 Dollar pro Tonne (4,83 Dollar pro Scheffel).

Nach den Prognosen echter Experten (und nicht politisierter IWF-Spezialisten) können die Getreidepreise mittelfristig aufgrund zahlreicher Faktoren leicht schwanken, aber nach Angaben des Internationalen Getreiderats gibt es derzeit keine globalen Krisen bei der Produktion und dem Handel mit Getreide. Die Weltmarktpreise sind im Vergleich zur vorherigen Saison rapide gesunken: bei Weizen um 35 Prozent, bei Mais um 26 Prozent und bei Gerste um 41 Prozent. (Anm. d. Übers.: In der Tat lag der Weizenpreis im Sommer 2022 bei 400 bis 450 Dollar)

Einer der Hauptlieferanten von Weizen im Erntejahr 2022/23 wird übrigens Russland sein (45,5 Millionen Tonnen). Die Ukraine wird voraussichtlich nur 14,5 Millionen Tonnen liefern (sogar weniger als Australien).

Das bestätigen Experten der britischen The Economist Intelligence Unit. Sie stellen fest, dass die Weizenernte in der Ukraine im laufenden Wirtschaftsjahr im Vergleich zu 2021/2022 um 32 Prozent auf 22,5 Millionen Tonnen zurückgehen wird. Im Landwirtschaftsjahr 2023/24 werden es 19 Millionen Tonnen sein, und die Exporte werden weiter auf 10 Millionen Tonnen sinken.

Unser Land erfüllt bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen und industriellen Gütern, Düngemitteln, Energie und anderen wichtigen Waren weiterhin verantwortungsbewusst und gewissenhaft seine Verpflichtungen aus internationalen Verträgen. Wir sind uns sehr wohl bewusst, wie wichtig das für die sozioökonomische Entwicklung der Länder Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und des Nahen Ostens sowie für die Gesundheit, das Leben und das Wohlergehen der Menschen in diesen Ländern ist.

Das bestätigt die Initiativen von Präsident Wladimir Putin, Zehntausende von Tonnen russischer Düngemittel (die in europäischen Häfen festgesetzt wurden) und Getreide (jeweils 25.000 bis 50.000 Tonnen) kostenlos an bedürftige Länder (Burkina Faso, Simbabwe, Mali, Somalia, die Zentralafrikanische Republik und Eritrea) abzugeben. (Anm. d. Übers.: Dass EU-Staaten ganze Schiffsladungen mit Düngemittel, die Russland umsonst an notleidende afrikanische Länder liefern will, seit über einem Jahr in ihren Häfen blockieren, verschweigen die westlichen ausgesprochen gewissenhaft)

Ende der Übersetzung

Dass Russland unter anderem Burkina Faso und Mali kostenlos mit Getreide beliefert, während die EU das trotz voller Getreidesilos nicht tut und sogar russische Düngemittel, die Russland verschenken will, in ihren Häfen festhält, ist in den westafrikanischen Ländern, den ehemaligen französischen Kolonien, natürlich bekannt. Diese Tatsache ist vor dem Hintergrund der Krise um Niger und die Reaktion der ECOWAS-Staaten ein wichtiges Detail.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Das alles ist ein Spiel mit gezinkten Karten. Ich muss mich bei Thomas zutiefst bedanken. Alles, was er so schreibt, lässt sich nach prüfen! Nur absolut dumme Menschen verunglimpfen ihn. Und keiner von denen kann ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen. Investigativer Journalist trifft es wohl ganz gut. Und immer mehr nehmen wahr, was er schreibt und sagt. Er dürfte somit ein wichtiger Baustein für eine bessere Zukunft sein. Mach bloß weiter so! Nur die Wahrheit hilft den menschen

  2. @Uwe

    Sie vertauschen „Nicht wollen“ mit „Nicht können“
    Und zu mindestens hier in deutschen sind wir am Ende
    Weil die absolute Mehrheit nichts dagegen tun will und nicht weil sie nichts tun kann….

    Fängt schon bei sich informieren an indem man alle Seiten sich anhört
    Aber die meisten deutschen lesen Bild und gucken Tagesschau, weil sie es so wolle und nicht weil sie sich auch anderweitig informieren könnten

    1. „Aber die meisten Deutschen lesen Bild und gucken Tagesschau“
      —> Was für ein Unsinn! In welchem Jahrhundert lebst du, im 20.? Und dass du vermutlich kein Deutscher bist, sehe ich schon an deiner Schreibe, das ist ja grottenschlecht! 🤮

  3. Ein wichtiger Bestandteil bei Kriegen u. Militäroperationen sind immer die Medien. Da wird gelogen was die Tinte hergibt. Auch wenn dies für andere Völker, die reine Katastrophe ist.
    Die Folgen das Vietnam und Laos Krieges sind Heute noch sehr Präsent..

    https://www.wikiwand.com/de/Liste_von_Militäroperationen_der_Vereinigten_Staaten

    Mit dem was beim Militär in einem Monat verprasst wird könnte man die armen Länder, mindestens ein Jahr lang ernähren.
    Mitunter wäre es schon interessant, einmal die Frage zu stellen – die EU hat mini. 200 Mrd. € eingefroren. Ähnlich sieht es bei der USA aus. Wie sehe es aus wenn Russland den Spieß umdreht?

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