Doppelmoral der Medien zu Julian Assange: „Staatsgeheimnis“ ist nicht gleich „Staatsgeheimnis“
Die Doppelmoral der deutschen Medien im Falle von Julian Assange wird heute wieder besonders deutlich, wenn sich zum Beispiel der Spiegel beschwert, dass Journalisten von Reuters irgendwo auf der Welt im Gefängnis sitzen, es aber kein kritisches Wort zur Inhaftierung von Julian Assange gibt.
Journalisten für ihre Arbeit einzusperren, ist ein Verbrechen gegen die Meinungsfreiheit, egal ob das in Myanmar oder in Großbritannien geschieht. Da mache ich – im Gegensatz zu den deutschen Medien – keinen Unterschied.
In Myanmar wurden vor einiger Zeit Journalisten wegen ihrer Arbeit verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Der Spiegel schrieb dazu heute:
„Die beiden Reuters-Mitarbeiter Wa Lone und Kyaw Soe Oo hatten über die Tötung von zehn Angehörigen der muslimischen Rohingya-Minderheit berichtet. Basierend auf einem Gesetz aus der Kolonialzeit wurden sie im September für schuldig befunden, „Staatsgeheimnisse“ verraten zu haben“
In diesem Fall setzt der Spiegel das Wort „Staatsgeheimnisse“ in Anführungsstriche und ist ganz entsetzt aufgrund der Inhaftierung. Merkt der Spiegel gar nicht, dass die USA gegen Assange mit dem gleichen Argument vorgehen? Warum ist es schlecht, wenn Myanmar sich darauf beruft, aber völlig in Ordnung, wenn die USA sich darauf berufen?
Nochmal: Beides ist schlecht! Aber noch schlimmer ist es, wenn sogenannte Journalisten von einem ehemaligen Nachrichtenmagazin es in einem Fall in Ordnung finden und nicht kritisieren!
Stattdessen hat der Spiegel in diesen Tagen einfach die Rechtfertigungen von Ecuadors Präsidenten zitiert und damit war die Sache für den Spiegel im Fall Assange erledigt.
Das mag in deutschen Ohren unglaublich klingen, aber da lobe ich mir die russischen Medien. Dort tobt noch immer ein Sturm der Entrüstung über die Verhaftung von Assange. Egal, ob im am Wochenende oder auch noch heute, das russische Fernsehen thematisiert Assange Verhaftung nach wie vor.
Das russische Fernsehen berichtet heute über die aktuelle Reise des Präsidenten von Ecuador nach Washington. Er hatte sich erst vor kurzem auf Twitter über „Hilfen“ aus den USA gefreut:
„Hervorragende Neuigkeiten! Wir bekommen mehr als 10 Mrd. Dollar. 6 Millionen von der Weltbank, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Anden-Entwicklungsbank. Und 4,2 Milliarden Dollar bekommen wir vom IWF.“
All dies sind natürlich Kredite, für die Ecuardor dann auf lange Zeit Zinsen zahlen muss, aber er kann nun Wohltaten verteilen, und wenn die später folgende Überschuldung ihren Preis kostet, dann ist er längst nicht mehr im Amt und ein anderer kann das Schlamassel ausbaden. Aber gegen dieses Geld aus US-kontrollierten internationalen Banken wurde Assange verkauft. Und die Banken machen dabei sogar ein gutes Geschäft!
Aber Assange ist beliebt in Ecuador und während sich der Präsident in Washington belobigen ließ, kam es zu Hause zu Zusammenstößen mit Demonstranten, die gegen die Auslieferung von Assange protestierten und fast bis zum Präsidentenpalast vordringen konnten.
Und die Rhetorik in Washington, die die US-Bürger von der Richtigkeit der Verhaftung von Assange überzeugen soll, klingt wie in Myanmar. Außenminister Pompeo, der vorher CIA-Direktor war, sagte kürzlich, Wikileaks sein ein „privater feindlicher Geheimdienst“. Der Präsident Ecuadors machte sich die Rhetorik auch zu eigen und sprach davon, Assange hätte die Botschaft in London zu einem „Zentrum der Spionage“ gemacht.
Wo ist jetzt der Unterschied zwischen Myanmar und den USA?
Und wie muss man Journalisten nennen, die nicht konsequent für die Freiheit der Presse und für Menschen wie Assange, die echte Skandale aufgedeckt haben, einstehen?
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