Demokratie?

Unmittelbar vor den Wahlen in Moldawien wurden Räume der Opposition durchsucht

Unmittelbar vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in Moldawien am heutigen Sonntag wurden massenhaft Räume von Oppositionsparteien durchsucht und Vertreter der Opposition unter Vorwänden verhaftet.

Über die Wahlen in Moldawien habe ich viel berichtet und gestern noch einmal in einem Artikel gezeigt, wer die Kandidaten sind und wofür sie stehen. Aber die Wahlen sind überschattet von massiven Manipulationen und Druck auf die Opposition in Form von Hausdurchsuchungen und Verhaftungen, während die pro-westliche Präsidentin Sandu hofft, für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden.

Schon Anfang Oktober haben die moldawischen Strafverfolgungsbehörden über tausend Durchsuchungen in Büros und Wohnungen von Aktivisten des oppositionellen Blocks „Pobeda“ („Sieg“) durchgeführt, in deren Folge bis zu drei Dutzend Personen festgenommen wurden. Ilan Shor, der Vorsitzende des Oppositionsblocks, bezeichnete die Anschuldigungen als unbegründet und die Durchsuchungen in den Büros der Partei als ein Spektakel vor den Wahlen.

Die Wahlen selbst waren für die pro-westliche Präsidentin trotz massiver und offener Manipulationen ein Misserfolg, denn sie verfehlte die Mehrheit der Stimmen vor allem im Land deutlich und musste in die Stichwahl. Dass sie überhaupt über 40 Prozent der Stimmen erhalten hat, hatte sie nur den Stimmen der im Westen lebenden Exil-Moldawier zu verdanken. Für die etwa eine halbe Million Exil-Moldawier im Westen hatte die Regierung über 230 Wahllokale eröffnet, für die regierungskritische halbe Million Exil-Moldawier, die in Russland leben, hat die Regierung hingegen nur zwei Wahllokale eröffnet.

So hat die pro-westliche Präsidentin Sandu ihr Wahlergebnis verbessert und das umstrittene Referendum zum EU-Beitritt offiziell knapp mit etwa 50,3 Prozent gewonnen, wobei es zumindest bei dem Referendum jedoch den Verdacht der Wahlfälschung gibt, denn sein Ergebnis hat sich während der Auszählung der letzten zehn Prozent der Stimmen massiv verändert, nachdem es nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen noch nach einer deutlichen Ablehnung des Referendums ausgesehen hat.

Nach der ersten Runde der Wahlen haben die moldawischen Strafverfolgungsbehörden am 29. Oktober in den Städten Comrat und Cimislia in der gagausischen Autonomie weitere Durchsuchungen bei der Opposition wegen angeblichem Kauf von Wählerstimmen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen durchgeführt.

Am 1. November meldete die moldawische Polizei nach weiteren massenhaften Durchsuchungen in 13 Bezirken des Landes die Festnahme von vier Personen wegen angeblicher Wählerbestechung. Laut der Polizei handelt es sich bei den Verhafteten wieder um Aktivisten des Oppositionsblocks „Pobeda“.

Für die heute anstehenden Stichwahlen lässt diese massive Unterdrückung der Opposition nichts Gutes erwarten.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Ich weiß schon jetzt, dass trotz den massiven Behinderungen der Opposition bei den Wahlen in Moldawien durch Frau Sandu unsere Medien nach der Wahl behaupten werden, die Opposition habe die Wahlen verfälscht.

    Wen wundert es da noch, dass immer mehr Menschen auf unsere westlichen Medien verzichten, man weiß ohnehin im voraus, was SPIEGEL, BILD SZ, FAZ, ZEIT u.s.w. bringen.

  2. Ich rate mal:
    Nach Auszählung der Hälfte der Stimmen hängt alles noch in der Schwebe,
    aber wenn später die Briefwahlstimmen dazu kommen, bei 80%, 90% Auszählung und später wird sich das Ergebnis massiv zugunsten von Sandu verschieben.
    lol

    1. „Bei der Präsidentenwahl in … Moldau zeichnet sich ein knappes Rennen ab. Nach Auszählung von mehr als zwei Drittel der Stimmen liegt nach Angaben der Wahlkommission der Herausforderer Alexandr Stoianoglo mit rund 52 Prozent vorn – vor der proeuropäischen Amtsinhaberin Maia Sandu.

      Dabei handelt es sich um einen Zwischenstand, nicht um eine Hochrechnung. Entscheidend dürften die Stimmen von Hunderttausenden Moldauern im Ausland sein.“
      (FAZ)

  3. Beim Org.-Komitee: ‚Deutschlandfunk feat. von der Leyen‘ liegen die Nerven blank, weil es in den 16 Uhr News heißt: „Polizei in Moldau hat Hinweise auf russische Wahlbeeinflussung: Die Polizei in der Hauptstadt Chisinau teilte mit, ihr lägen glaubwürdige Hinweise darauf vor, dass Wähler in organisierten Transporten zu Stimmlokalen in anderen Landesteilen gebracht würden – was nach geltendem Recht in Moldau nicht zulässig ist. In diesem Zusammenhang würden auch Meldungen über Passagierflüge von Russland nach Belarus, Aserbaidschan und in die Türkei überprüft. Dies dürfte sich auf Wahllokale in ausländischen Botschaften Moldaus beziehen.“

    Das alles erinnert an Ulbrichts: „Wahlen ja, aber wir, EU-Sowjet, müssen alles unter Kontrolle haben!“

    Die Panik ist mir auch verständlich: eine EU-Niederlage in Moldawien könnte auf dem gesamten Balkan zu ‚riesiger Ernüchterung‘ führen. Soweit Thomas in anderen Beiträgen auf vdL’s Putsch reflektiert, bleibt ein Aspekt noch vorläufig unbeleuchtet: Uschis Putsch könnte sich als ‚Kaiser ohne Kleider‘ herausstellen!

    (Beweis: ‚Resolutionen‘ der EUP sind immer gar fürchterlich … nur wer nimmt die überhaupt wahr?

    Wenn also Leyen eine Wagenburg-Athmosphäre-gegen-Putin zimmern will, gilt immer noch Abraham Lincoln: Man kann das ganze Volk eine Zeit lang täuschen und man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen, aber man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.

  4. In einem deutschen Internetradio (DAB) wird der ehemalige moldauische Staatsanwalt Alexander Stoianoglo (von Sandu entlassen) seit heute morgen in allen Nachrichtensendungen als „Freund korrupter russischer Oligarchen“ bezeichnet.

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