Die "Mythen" der EU-Kommission

Teil 8: Die Führung der EU ist natürlich (k)eine Marionette der USA

Die EU-Kommission hat 13 angebliche Mythen über den Krieg in der Ukraine veröffentlicht, die ich in einer Artikelserie vorstelle. In diesem Teil geht es um die Frage, ob die EU ein US-Vasall ist und um die schädlichen Auswirkungen der Sanktionen.

Ich beschäftige mich in dieser 13-teiligen Artikelserie mit einer Seite, die die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland online gestellt hat und die den Titel „13 Mythen über den Krieg Russlands in der Ukraine – und die Wahrheit“ trägt. Man sollte meinen, dass die EU-Kommission in der Lage ist, angebliche russische „Mythen“ mit überzeugenden Belegen für „die Wahrheit“ zu widerlegen. Doch weit gefehlt.

In diesem achten Teil der Artikelserie beschäftigen wir uns mit einem weiteren von der EU-Kommission genannten „Mythos“, der lautet:

„Mythos 8: Europa ist schwach. Die EU und ihre Staats- und Regierungschefs sind Marionetten der USA. Die EU-Sanktionen verursachten eine weltweite Nahrungsmittelknappheit, indem sie russische Agrarerzeugnisse verboten, und eine Energiekrise, indem sie russische Öl- und Gasimporte verboten.“

„Marionettenstaaten oder Vasallen der USA“

Die Erläuterungen der EU-Kommission beginnen wie folgt (Links aus dem Original):

„Kremlnahe Kanäle stellen europäische Staaten regelmäßig als Marionettenstaaten oder Vasallen der USA und der NATO dar, um sie herabzuwürdigen. Lesen Sie dazu unsere Analyse der Behauptungen des Kremls über die verlorene Souveränität der EU. Im Februar 2024 brachte die angeblich schwache und gespaltene EU jedoch den politischen Willen auf, eine 50 Milliarden-Ukraine-Fazilität zu genehmigen, um die Erholung der Ukraine finanziell zu unterstützen.“

Als Belege für ihre Behauptungen verlinkt die EU-Kommission zwei Artikel des EU-Portals „EU vs. Disinfo“ und eine eigene Pressemeldung. Das Projekt, zu dem das Portal gehört, ist die „East StratCom Task Force“ des Europäischen Auswärtigen Dienstes, also der Behörde, die von Josep Borrell, geleitet wird. Die EU-Task Force, die (russische) Fake News aufdecken soll, wurde am 1. September 2015 gegründet. Wir erinnern uns: Die Ereignisse in der Ukraine nach dem Maidan 2014 haben bei sehr vielen Menschen Misstrauen gegenüber westlichen Medien geweckt. Um diesem Misstrauen zu begegnen, hat die EU ihre Fake-News-Jäger gegründet.

Ich habe mehrmals über diese Fake-News-Jäger berichtet (siehe hier oder hier). Die Fake-News-Jäger der EU sind sehr kreativ und denken sich gerne selbst Fake News aus.

Der zitierte Absatz hat keinen Informationsgehalt, außer, dass die EU-Kommission sich selbst dafür lobt, „den politischen Willen“ aufgebracht zu haben, 50 Milliarden Euro in der Ukraine zu versenken. Das dazu geschaffene Instrument ist die sogenannte „Friedensfaszilität“ der EU, eine Bezeichnung, an der Orwell seine wahre Freude hätte, weil die EU mit der „Friedensfaszilität“ Waffenkäufe und Kriegsverlängerung finanziert, also das Gegenteil von Frieden.

Und dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten „Marionettenstaaten oder Vasallen der USA“ sind, wird im Westen natürlich niemand eingestehen, aber die Fakten sprechen nun einmal für sich. Man nehme nur die Erniedrigung von Kanzler Scholz, als US-Präsident Biden neben Scholz stehend versprach, den Nord Streams „ein Ende zu setzen“, wenn Russland in der Ukraine eingreift, oder ob wir die Nicht-Reaktion der deutschen Regierung auf die von Biden so offen angekündigte und dann erfolgte Sprengung der Nord Streams nehmen.

Welcher souveräne Staat würde sich so etwas bieten lassen, ohne auch nur eine kritische Frage zu stellen? Immerhin waren die Nord Streams nach finanziellem Schaden inklusive der Folgenkosten gemessen der größte Terroranschlag der Weltgeschichte. Der finanzielle Schaden übertrifft inklusive der Folgekosten durch die explodierten Energiepreise sogar den Schaden von 9/11.

Die EU ordnet sich widerspruchslos und zum eigenen Schaden den Interessen der US-Regierung unter, egal, ob es um die Russland- oder um die China-Politik geht, um nur die zwei wichtigsten Beispiele zu nennen. So verhalten sich nur „Marionettenstaaten oder Vasallen“. Oder Leute, die einfach nur strohdumm sind.

„Die EU ist nicht Russlands Feind“?

Weiter schreibt die EU-Kommission (Link aus dem Original):

„Die EU ist nicht Russlands Feind. Doch die bilaterale Beziehung wird durch Russlands unprovozierte und nicht gerechtfertigte groß angelegte Invasion in der Ukraine schwer beeinträchtigt. Der Europäische Rat hat gegen Russland und Belarus 12 Sanktionspakete verabschiedet. Diese Beschränkungen sollen Russlands Fähigkeit schwächen, den Krieg zu finanzieren, und insbesondere die politische, militärische und wirtschaftliche Elite treffen, die für den Krieg verantwortlich ist. Indem Russland Sanktionen auferlegt werden, möchte die EU ein starkes Signal der Entschlossenheit und Einheit an den Kreml senden und Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung vermindern.“

Auch das ist nur heiße Luft. Natürlich ist die EU Russlands Feind, das bestätigen all die offiziellen Erklärungen von Verantwortlichen in der EU. Baerbock sagte offen, die EU führe einen Krieg gegen Russland, Borrell fordert ständig härtere Angriffe gegen Ziele Russland, baltische und polnische Politiker sind ausgewiesene Russland-Hasser, die sogar offen die Zerschlagung Russlands fordern. Von EU-Kommissionschefin von der Leyen und ihrem pathologischen Hass auf alles Russische, gar nicht zu reden.

Wer Angriffe auf Ziele in einem anderen Staat fordert, wer einem anderen Staat eine strategische, ja vernichtende Niederlage beibringen will, wer sogar davon träumt, einen anderen Staat zu zerschlagen, der ist nun einmal ein Feind dieses anderen Staates. Dass die EU-Kommission bestreitet, Russland als Feind zu sehen, ist regelrecht absurd.

Auch dass die EU-Sanktionen „insbesondere die politische, militärische und wirtschaftliche Elite“ Russlands treffen sollen, ist Unsinn. Wie oft haben EU-Politiker offen gesagt, dass jeder Russe unter den Sanktionen leiden soll, damit sich die Russen in ihrer Unzufriedenheit endlich gegen ihre Regierung stellen?

Wenn die EU-Sanktionen „insbesondere die politische, militärische und wirtschaftliche Elite“ Russlands treffen sollen, warum hat die EU dann alle Flugverbindungen zwischen der EU und Russland per Sanktionen verboten, was Millionen einfacher Russen trifft, die nun nicht mehr zum Urlaub oder zum Besuch von Freunden und Verwandten nach Europa reisen können? Das ist eines von wirklich zahllosen Beispielen, die zeigen, dass die EU mit ihren Sanktionen die einfachen Russen und nicht „die politische, militärische und wirtschaftliche Elite“ Russlands treffen will.

Auch der Wunsch der Führung der EU, die russische Wirtschaft mit den Sanktionen zu zerschlagen, den die EU nach der Eskalation in der Ukraine als offizielles Ziel verkündet hat, hätte die einfachen Russen getroffen, die quasi über Nacht verarmt wären, wenn der Plan denn aufgegangen wäre.

Die Sanktionen „schlossen Nahrungsmittel und Düngemittel explizit aus“?

Abschließend schreibt die EU-Kommission (Links aus dem Original):

„Hinsichtlich der internationalen Auswirkungen der Sanktionen gelten für EU-Sanktionen wichtige Ausnahmen. Sie schlossen Nahrungsmittel und Düngemittel explizit aus. Eine Hauptquelle für steigende Energiepreise waren nicht die Sanktionen, sondern Russlands Invasion in die Ukraine im Jahr 2022.“

Das ist dreist gelogen.

Ja, die EU hat den Import vor allem von russischen Düngemitteln in die EU nicht verboten, aber nur, weil die EU die russischen Düngemittel dringend braucht. Durch die Explosion der Gaspreise ist die Düngemittelproduktion in der EU unrentabel geworden und die EU braucht die russischen Düngemittel. Russland ist übrigens nun zum wichtigsten Düngemittellieferant der EU geworden.

Aber den Export von russischen Düngemittel in andere Länder, vor allem in die ärmsten Länder Afrikas, die die russischen Düngemittel wirklich dringend brauchen, den behindert die EU mit ihren Sanktionen. Das ging so weit, dass russische Schiffe, die kostenlose Lieferungen mit Düngemitteln für afrikanische Länder geladen hatten, in Häfen der EU festgesetzt wurden. Die UNO musste monatelange Verhandlungen führen, bis die EU die Schiffe und die Ladungen wieder freigegeben hat.

Gleiches gilt für russische Nahrungsmittel, deren Export die EU mit ihren Sanktionen gegen russische Banken behindert. Wie sollen andere Länder, vor allem die ärmsten der Welt, russische Nahrungsmittel kaufen, wenn sie sie dank der westlichen Sanktionen gegen russische Banken nicht bezahlen können?

Dass die EU russische Nahrungsmittel formal nicht auf die Sanktionslisten gesetzt hat, ist daher reine Augenwischerei für das „dumme Volk“, denn de facto behindert die EU mit ihren Sanktionen den Handel mit russischen Lebensmitteln, was die Weltmarktpreise für Lebensmittel erhöht und vor allem den ärmsten, ohnehin von Hunger bedrohten Ländern geschadet hat.

Das zeigt einmal mehr, dass der Zynismus der EU kaum zu überbieten ist. Und die EU-Kommission lügt darüber, dass sich die Balken biegen.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

    1. … das würde bei uns nun eher als rechter, homophober Whataboutismus durchgehen und man wäre verbrannt bis an sein Lebensende! Soviel zum „Correctiv“ismus von heute.

      Aber egal, alte Männer sind hin und wieder gefährlich, denn sie haben nicht mehr so viel zu verlieren und bevor man dem lieben Herrgott entgegentritt wird man sich früher, oder später doch mal ehrlich machen, was auch immer das für den einzelnen Denker unter uns bedeutet…. Politiker vor!!!

      Die EU (oder besser gesagt die einzelnen Länder unter Ihnen) müssen sich endlich mal wieder ums Volk kümmern und um gute Nachbarschaft bemühen. Deshalb sollte man so früh wie möglich sich von diesem bedingungslosen Transatlantismus befreien und endlich sich mit einer freundschaftlichen Beziehung zum globalen Osten bemühen. Natürlich ohne die NATO!!! Freiwillige vor…

  1. Danke für die Originalzitate der grenzdebilen EU. Wenn man das noch einmal liest, fällt es immer wieder schwer, nicht schamvoll im Boden zu versinken, dass man Einwohner dieser geistig umnachteten, tollwütigen Irrenanstalt ist.
    Diese Irren haben nun tatsächlich die Leitung dieser Einrichtung übernommen …. Hollywood hätte es nicht besser inszenieren können……

  2. lat. „narratio“: dt. Erzählung. „narrator“: dt. Erzähler – im Fremdwörterbuch wird „Narrativ“ nur insofern erwähnt, daß es ungebräuchlich sei.
    Irgendjemand hat es ausgegraben und seither erlebt das einen geradezu phantastischen Boom. Ich hatte zwar davor gehört, war aber doch überrascht über sein plötzliches Auftauchen?
    Na gut, der Autor des Textes: „Zentrale Narrative der kremlfreundlichen Desinformation Teil 3: „Verlorene Souveränität““ erläutert zumindest, welche Bedeutung er dem „Narrativ“ zuschreibt.

    Narrativ ist eigentlich wertneutral. Erst ein Adjektiv würde es einfärben. Das unterschwellige Narrativ, z.B.

    Ich finde, besser fährt man mit „Glaubenssatz“.

    Beispiel aus dem Text:

    „Seitdem haben sich noch viele solcher Beispiele dieses Narrativs in kremlfreundlichen Kanälen verbreitet, zum Beispiel: Die Ukraine wird von Fremden regiert und die baltischen Staaten sind keine echten Länder.“

    Mein Vorschlag: „Seitdem haben sich noch viele solcher Glaubenssätze in kremlfreundlichen Kanälen verbreitet, zum Beispiel: Die Ukraine wird von Fremden regiert und die baltischen Staaten sind keine echten Länder.

    Spart Platz und klingt viel besser.

  3. Ich habe das schon verstanden, der Link mit den „Narrativen“ führt in die Abgründes des Jubeljournalismus.

    Die Gegner der „Verschwörungstheorien“, also der Mainstream, interessiert sich nicht für Beweise, Indizien, Dokumente, Zeugen, Tatsachen, der will uns glauben machen, wir hätten nur einen Hohlraum zwischen den Ohren, den die „Verschwörungsautoren“ nach Belieben mit krudem Zeugs vollstopfen können, und wir sind denen dann bedingungslos hörig.

    Technisch ist es ja umgekehrt. Wir schauen uns – so sollte es zumindest sein – die Dokumente an und bilden uns ein Urteil. Der Zuschauer der Tagesschau glaubt alle die Widersprüchlichkeiten und Behauptungen aus dem TV-Apparat, weil er unfähig ist, das kolportierte Bild zu vervollständigen. Und weil er unfähig ist, die Interessen dahinter zu erkennen.

    1. Praktisch hat bisher jede „Rechtfertigung“, jede „Kampagne“, jedes Aufbegehren des Mainstreams gegen „Verschwörungstheorien“ dazu geführt, daß dessen Basis weiter bröckelte. Die Wahlniederlagen des Parteienkartells sind das Ergebnis der fortlaufenden Bissigkeit.
      Wer sich ständig erklärt, wer sich ständig angegriffen fühlt, wer Kritiker verfolgt und einsperrt, wer Prügelknaben braucht, wer nur ein Narrativ zuläßt und alle anderen verurteilt, macht sich unglaubwürdig.

      Besser man hält den Mund.

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